Dieser Beitrag diskutiert „kulturelle Fragen“ in klinischer Ethik am Beispiel der Hymenrekonstruktion. Zunächst werden drei grundsätzliche Argumente genannt: 1) Wenn „kultur-sensitive“ Themen in klinischer Ethik explizit als solche diskutiert werden, kann das zu einem essentialistischen Verständnis von Kultur beitragen. Stattdessen wird in diesem Beitrag für ein dynamisches Verständnis von Kultur argumentiert und für eine grundsätzlich kontextsensitive, pluralistische klinische Ethik. 2) Klinische Ethik fokussiert häufig auf die individuelle Arzt-Patienten-Beziehung. Public Health Ethik und Globale Bioethik sind dagegen eher mit den strukturellen Bedingungen (...) von Gesundheit und Gesundheitsversorgung befasst. Der Beitrag argumentiert für eine systematischere Verknüpfung dieser verschiedenen Ebenen. 3) „Migration“ als bioethisches Thema wird häufig unter „Kultur“ subsumiert. Doch diese beiden Themen sind nicht koextensiv, stattdessen umfassen beide Bereiche jeweils unterschiedliche Fragestellungen. Insbesondere im Bereich von „Migration“ bestehen in der Bioethik noch Forschungslücken. Auf diesen Ausgangsüberlegungen aufbauend wird die Hymenrekonstruktion aus ethischer Sicht diskutiert und dafür argumentiert, sie nur als ultima ratio durchzuführen. Zugleich sollte über die Unmöglichkeit eines Jungfräulichkeitsnachweises aufgeklärt werden. Es bleibt eine Herausforderung, „kultursensitive“ Gesundheitsversorgung zu leisten, dabei jedoch ein essentialistisches Kulturverständnis und Stereotypisierung zu vermeiden. Dieser Beitrag argumentiert für eine grundsätzliche Kontextsensitivität in einer globalisierten, heterogenen Welt, in der die Verbindung zwischen individuellem Handeln und strukturellen Gegebenheiten bewusst wird. (shrink)

ZusammenfassungDieser Beitrag diskutiert „kulturelle Fragen“ in klinischer Ethik am Beispiel der Hymenrekonstruktion. Zunächst werden drei grundsätzliche Argumente genannt: 1) Wenn „kultur-sensitive“ Themen in klinischer Ethik explizit als solche diskutiert werden, kann das zu einem essentialistischen Verständnis von Kultur beitragen. Stattdessen wird in diesem Beitrag für ein dynamisches Verständnis von Kultur argumentiert und für eine grundsätzlich kontextsensitive, pluralistische klinische Ethik. 2) Klinische Ethik fokussiert häufig auf die individuelle Arzt-Patienten-Beziehung. Public Health Ethik und Globale Bioethik sind dagegen eher mit den strukturellen Bedingungen (...) von Gesundheit und Gesundheitsversorgung befasst. Der Beitrag argumentiert für eine systematischere Verknüpfung dieser verschiedenen Ebenen. 3) „Migration“ als bioethisches Thema wird häufig unter „Kultur“ subsumiert. Doch diese beiden Themen sind nicht koextensiv, stattdessen umfassen beide Bereiche jeweils unterschiedliche Fragestellungen. Insbesondere im Bereich von „Migration“ bestehen in der Bioethik noch Forschungslücken. Auf diesen Ausgangsüberlegungen aufbauend wird die Hymenrekonstruktion aus ethischer Sicht diskutiert und dafür argumentiert, sie nur als ultima ratio durchzuführen. Zugleich sollte über die Unmöglichkeit eines Jungfräulichkeitsnachweises aufgeklärt werden. Es bleibt eine Herausforderung, „kultursensitive“ Gesundheitsversorgung zu leisten, dabei jedoch ein essentialistisches Kulturverständnis und Stereotypisierung zu vermeiden. Dieser Beitrag argumentiert für eine grundsätzliche Kontextsensitivität in einer globalisierten, heterogenen Welt, in der die Verbindung zwischen individuellem Handeln und strukturellen Gegebenheiten bewusst wird. (shrink)

Every infant has a right to bodily integrity. Removing healthy tissue from an infant is only permissible if there is an immediate medical indication. In the case of infant male circumcision there is no evidence of an immediate need to perform the procedure. As a German court recently held, any benefit to circumcision can be obtained by delaying the procedure until the male is old enough to give his own fully informed consent. With the option of delaying circumcision providing all (...) of the purported benefits, circumcising an infant is an unnecessary violation of his bodily integrity as well as an ethically invalid form of medical violence. Parental proxy ‘consent’ for newborn circumcision is invalid. Male circumcision also violates four core human rights documents—the Universal Declaration of Human Rights, the Convention on the Rights of the Child, the International Covenant on Civil and Political Rights, and the Convention Against Torture. Social norm theory predicts that once the circumcision rate falls below a critical value, the social norms that currently distort our perception of the practice will dissolve and rates will quickly fall. (shrink)

In this article we focus on female genital mutilation. We analyse this problem as one of the most important issues of multiculturalism, which is also coming to the attention of the public in Italy as a consequence of the growing number of immigrants from African countries. The fundamental problem is about the acceptability of this practice: can female genital mutilation be permitted and, if so, on what basis? We will try to cope with this as a genuine conflict between culture-relative (...) values and universal values, such as human rights. Some attention will be drawn to Italian law. Finally, the impact on nurses of requests for genital mutilation will be described. (shrink)

I work at a research institute where the staff spends its time thinking about ethical issues that arise with progress in medicine, the life sciences, and technology. After such thinking, we make public policy recommendations. We pride ourselves in the diversity of our staff: there is a doctor, a lawyer, a linguistic anthropologist, a political scientist, a theologian, some philosophers, and so on. Both men and women do research and we are religiously diverse: Catholics, Jews, Protestants, and atheists.

Human rights may be the most globalized political value of our times. The rights paradigm has been criticized, however, for being theoretically unsound, legalistic, individualistic and based on the assumption that there is a given and universal humanness. Its use in the area of health is relatively new. Proponents point to its power to frame health as an entitlement rather than a commodity. The problems and the possibilities of a rights approach in addressing health ethics issues are explored in this (...) article. (shrink)