In lieu of an abstract, here is a brief excerpt of the content:

Meinongs Gegenstandstheorie und Ontologie RUDOLF HALLER I DAs KAPITEL DER GESCHICHTEder 6sterreichischen Philosophie ist noch nicht geschrieben. Freilich, die Weltgeltung dcr 6sterreichischen Philosophie, wie sie durch den 'Wiener Kreis' repr~sentiert wird--d.h., jener Richtung, die heute in Osterreieh nur mehr der Historie angehSrt--ist anerkannt. Aber die Selbstandigkeit der sp~t einsetzenden phiIosophischen Entwicklung in Osterreich gegenfiber dem deutschsprachigen Raum, in dem die Tradition der Schulphilosophie abgel6st wurde durch den Kantischen Kritizismus und den spekulativen Idealismus, durch Lebensphilosophie, Phanomenologie und Existenzphilosophie, jene selbstandige Entwicklung, welche die 6sterreichische Philosophie vornehmlich als eine empiristische ausweist, harrt noch immer einer grfindlichen Erforschung. In der bekannten, wenn auch wenig gelesenen Programmschrift "Wissenschaftliche Weltauffassung: Der Wiener Kreis," i die der Anfangsbewegung des logischen Empirismus den Namen gab, wird die unmittelbare Vorgeschichte des Kreises in einem kurzen Kapitel dargestellt. Diesem historischen Selbstverst~ndnis zufolge werden neben Ernst Maeh und Ludwig Boltzmann vor allem Franz Brentano, Alois H6fler, ferner Alexius von Meiimng, Ernst Mally und Hans Pichler zu den Vorg~ngern bzw. dem Kreise nahestehenden Denkern gez~hlt. Dieses Faktum mag auf den ersten Blick verwunderlich erseheinen; folgt man aber der Geschichte genauer, als dies fiblicherweise der Fall ist, dann stellt sich uns die philosophisehe Szene um die Jahrhundertwende in einem Lichte dar, das uns den entschwundenen Zusammenhang verdeutlicht und Meinongs Position--wie im fibrigen auch die Stellung des frfihen Husserl--besser sehen l~l~t, als dies bisher mSglich war. Ffir Husserl sind erste und ernste Arbeiten in dieser Hinsieht bereits vorliegend. So hat C. A. van Peursen~ einige wesentliche Bezfige zwischen Husserl und Wittgenstein herausgestellt, gleichwie H. Lfibbe3 die Beziehungen zwischen Husserl und den frfihen deutschen 'Positivisten', insbesondere Mach, und die ~----~nlichkeiten zwischen dem sp~ten Wittgenstein und der Ph~nomenologie untersucht hat. Tats~chlieh hat Husserl den Mach-Avenariusschen Standpunkt des Prinzips der Denk6konomie im wesentlichen akzeptiert und die beiden in ihrer Grundtendenz xHsg. vom VereinErnst Mach (Wien,1929).Zum Folgenden cf. pp. 10f. 2C. A. van Peursen, "Edmund tIusserl and LudwigWittgenstein," Philosophy and Phenomenological Research, XX (1959-60), 181-197. 3H. Lfibbe, " 'Sprachspicle' und 'Geschichten': Neopositivismus und Ph~nomenologieim Sp~tstadium," Kantstudien, LII (196~61),220-243. I)ers., "Positivismus und Ph~tnomenologie (Mach und Husserl)," Beitrdge zu Philos. u. Wissenschaft. Wilhelm 8zilasi zum 70. Geb. (Mfinchen , 1960),pp. 161-184.H. G. Gadamer, "Die ph~nomenologischeBewegung,"Philos. Rundschau , XI. Jg. (1963),pp. 1-45. [313] 314 HISTORY OF PHILOSOPHY als Vorl~ufer angesehen, die er zwar in ihren erkenntnistheoretischen Argumentationen angreift, nicht aber in ihrer wissenschaftstheoretischen Position. Erst aus dieser Perspektive wird der Anspruch der Ph~nomenologie auf strenge Wissenschaftlichkeit --zweifellos auf Brentano zurilckgehend--voll verst~tndlich, erst aus dieser Vergleichsbeziehung wird deutlich, warum Husserl in den Ideen zu einer reinen P hanomenologie und phdnomenologischen Philosophie (1913) bekennen kann: "Sagt 'Positivismus' soviel wie absolut vorurteilsfreie Grilndung aller Wissenschaften auf das 'Positive', d.i., origin~r zu Erfassende, dann sind wir (d.h., die Ph~inomenologen, Anm.d.V.) die echten Positivisten. ''4 Ist erst diese Verbindung gesehen, die ja vornehmlich nur bis zur Abfassung der Logischen Untersuchungen reicht, dann sieht man um so eher die Stellung Brentanos als des Initiators jener spezifischen Auspr~gung der 6sterreichischen Philosophie, die den vom Wiener Kreis ausgesprochenen Bezug auch rechtfertigt. Brentano, so mag man etwas ilberspitzt sagen, ist der Leit- und Mai~stab der philosophischen Entwicklung in 0sterreich geworden. Auf dem Boden der Herbartschen philosophischen Psychologie konnte Brentanos deskriptive Psychologie ihren Siegeszug antreten. Philosophische Psychologie, Logik, Erkenntnistheorie und Sprachphilosophie wurden die wesentlichsten Forschungsbereiche, die Strenge wissenschaftlicher Methoden unabdingbar. Aus seiner Schule gingen hervor: Carl Stumpf und Anton Marry, Alexius Meinong und Edmund Husserl, Thomas G. Masaryk und Kasimir Twardowski, um nur die wichtigsten zu nennen. BrentanoSchiller besetzten Lehrstilhle an den meisten Universit~ten der alten Donaumonarchie : in Prag, wo die Erinnerung an den grol~en Bernhard Bolzano nie ganz versunken war, grilndete Marty die Schule der treuesten Brentanoanh~nger; sein Lehrstuhlnachfolger wird Oskar Kraus, w~hrend Alfred Kastil nach Innsbruck berufen wird, wo bereits der Brentano-Schiller Hillebrand einen Lehrstuhl hatte. Gleichfalls nach Prag berufen wird Masaryk. 5 Twardowski wird zum Begrfinder der modernen Polnischen Philosophie, zum Ffihrer der Schule von Lemberg: Jan Lukasiewicz, Kasimir Ajdukiewicz, Stanislaw Lew Tadeusz Kotarbifiski sind die eindrucksvollsten Namen...

pdf

Share