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Husserl und der Buddhismus

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Abstract

In Husserls Auseinandersetzung mit dem Buddhismus in der Rezension ,,Über die Reden Gotamo Buddhas“ (1925) sowie in dem Manuskript ,,Sokrates-Buddha“ (1926) lassen sich wesentliche Eigenarten feststellen, die ihn von anderen wichtigen abendländischen Denkern der Gegenwart unterscheiden. Zwar verfügte Husserl sicher über eine eingeschränkte Kenntnis des Buddhismus und steht in dieser Hinsicht wahrscheinlich hinter Schopenhauer, Nietzsche, Bergson, Russell, Jaspers, Heidegger und Scheler zurück, welche dem orientalischen Denken durchaus näher stehen. Dennoch zeugt Husserls Bemühen umso mehr von einer respektvollen Haltung gegenüber dem buddhistischen Denken, als seine Untersuchung frei vom Hochmut der wissenschaftlichen Vernunft bleibt und ganz von dem echten Willen zu einem besseren Verständnis der fremden Tradition getragen ist.

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Notes

  1. E. Husserl, ,,Über die Reden Gotamo Buddhas“ (1925). Hua XXVII, S. 125–126. Im Folgenden abgekürzt als ,,Rezension“.

  2. E. Husserl, ,,Sokrates-Buddha“ (Husserl 2010, S. 1–17). Im Folgenden abgekürzt als ,,Manuskript“. In diesem Manuskript stellt Husserl bereits zu Beginn die Frage: ,,Wie steht die Erkenntnis im indischen Denken? Wie steht dieses zum sokratischen?“

  3. Der Titel des Kaizo-Artikel ,,Erneuerung“ ist Husserls Übersetzung des chinesisch-japanischen Worts ,,Kaizo“. In seinem Brief an Albert Schweitzer 1923 schreibt er: ,,Mein Thema lautete in Beziehung auf den Titel der Zeitschrift ,Erneuerung‘“. Vgl. Hua XXVII, S. XI, Hua Dok III/VII, S. 253. Diese Übersetzung von ,,Kaizo“ basiert sehr wahrscheinlich auf der englischen Übersetzung ,,Reconstruction“, die durch T. Akita – ein Vertreter des Kaizo-Magazins – im Einladungsbrief an Husserl zum Ausdruck kam (Vgl. Hua Dok III/VIII, S. 273), die aber nicht ganz zutreffend ist. Eine angemessenere Übersetzung wäre etwa ,,Umgestaltung“ oder. ,,Umwandlung“, was sich mit dem Husserlschen Begriff ,,Erneuerung“ nicht deckt.

  4. Die Reden Gotamo Buddhas (Neumann 1922).

  5. Vgl. Hua XXVII, S. 125: ,,Wohl die höchste Blüte indischer Religiosität, einer in Schau und ringender Tat rein nach innen gewandten – ich möchte sagen, einer nicht ,transzendenten‘, sondern ,transzendentalen‘ …“.

  6. Vgl. Schuhmann (2004) and Lau (2004–2005).

  7. Husserl schreibt im Jahre 1935 an seine Tochter Elisabeth: ,,Ich las jetzt dazwischen Anderes: Albert Schweitzer über indische Religionen …“ (Hua Dok III/IX, S. 455). Obgleich Schuhmann der Herausgeber des zehnbändigen Briefwechsels von Husserl ist, hatte er dies wohl nicht mehr in Erinnerung als er schrieb: “There is no evidence that Husserl studied any other works of the Indian tradition in his later life.” Schuhmann (2004, S. 148).

  8. Vgl. Luft (2010, S. 3).

  9. Da Schuhmann die Husserlschen Überlegungen zu Buddha in den letzten 4 Seiten des Manuskripts nicht lesen konnte, meinte er irrtümlich, dass Husserl nur – wie am Anfang des Manuskripts – über das indische Denken spreche, und nicht vielmehr – wie der Titel suggeriert – den Buddhismus zum Thema hätte. Insofern wäre es sogar angebracht, den Titel des Aufsatzes “Husserl and Indian Thought” zu korrigieren.

  10. Hua XXVII, S. 125f.

  11. Held (1989, S. 137).

  12. Hua XXVII, S. 125.

  13. Husserl (2010, S. 16).

  14. Sandhinir-mokcana-vyuha-sutra VI; The Scripture on the explication on underlying meaning (Keeman 2000, S. 72).

  15. Vgl. Ni (2010b, S. 77ff).

  16. Husserl (2010, S. 16).

  17. Husserl (2010, S. 5).

  18. Vgl. Ouyang (1995, S.1).

  19. Kern (2010, S. XXI).

  20. Vgl. Husserl (2010, S. 10, 15). Husserl hat hier nicht gesagt, um was für ,,ein ähnliches Prinzip“ es sich in der Ethik handeln soll. Er sagt nur, ,,jede Willenssetzung (Willensmeinung) [ist] entscheidbar und steht unter einem Analogon des Satzes vom Widerspruch“. Ein solches Prinzip kann m. E. etwa heißen, dass jeder das Gute tun und das Schlechte vermeiden soll. Oder man kann auch den kategorischen Imperativ bei Kant als ein sogenanntes ,,ähnliches Prinzip“ betrachten.

  21. Husserl (2010, S. 13–14).

  22. Husserl (2010, S. 13).

  23. Husserl (2010, p. 16). Herv. v. Verf.

  24. Vgl. oben Anm. 14.

  25. Vgl. z.B. Jingwu (1995, S. 85f).

  26. Der Antichrist 23 (Nietzsche 1999, S. 189).

  27. Die zwischen dem 16. und 17. Juni 2010 veranstaltete ,,Erste Yogācāra-Buddhismus Konferenz“ im berühmten Tempel Lingying in Hangzhou/VR (China) mit dem Thema ,,Yogācāra-Buddhismus und Phänomenologie im Vergleich“ stellt einen wichtigen Schritt in Richtung einer Zusammenarbeit zwischen buddhistischen und phänomenologischen Forschern im chinesischen Kulturraum dar.

  28. Husserl (2010, S. 13).

  29. Husserl (2010, S. 5).

  30. Ebd.

  31. Ebd.

  32. Vgl. Stcherbatsky (1994, Introduction, §§ 6–11).

  33. Hua XXII, S. 125f.

  34. Husserl (2010, p. 17).

  35. Hua XVIII, S. 59–62.

  36. Hua XXV, S. 3.

  37. Hua XXVIII, S. 69.

  38. Hua VI, S. 201.

  39. Husserl (2010, S. 9).

  40. Vgl. Scheler (1980a, b, S. 47, 65, 202, 266).

  41. Husserl (2010, p. 5).

  42. Husserl (2010, S. 15.

  43. Husserl (2010, S. 10.

  44. ,,Meditation über die Idee eines individuellen und Gemeinschaftslebens in absoluter Selbstverantwortung“ (1924), (Hua VIII, S. 201).

  45. Vgl. Husserl (2010, S. 6).

  46. Husserl (2010, S. 13).

  47. Vgl. Husserl (2010, S. 6, 13). Husserl weist hier auf zwei Formen der Autonomie hin, einerseits die Erkenntnisautonomie: ,,Ein theoretisches Leben kann autonom heißen, sofern es in Sachen des Urteils eben nichts anderes als doxische [?] Evidenzbegründung zulässt“; andererseits die praktische Autonomie: ,,Autonom kann man einen Willen nennen, der auf Einsicht in die absolute praktische Wahrheit seines Zieles beruht und ausschließlich durch diese Einsicht bzw. diesen Wert bestimmt ist.“

  48. Vgl. Husserl (2010, S. 9).

  49. Ähnlich heißt es in der Bibel: ,,die Wahrheit wird euch frei machen“ (Johannes 8, 32).

  50. Husserl (2010, S. 7): ,,Hier kann erwachsen: das freie, von allen sachhaften Interessen gelöste, von allen Interessen der ,Selbsterhaltung‘ befreite theoretische InteresseSpiel der Erkenntnis.“.

  51. Husserl (2010, S. 13, Anm17).

  52. Husserl (2010, S. 13).

  53. Hua IX, S. 274, Anm. 3.

  54. Husser (2010). Mit dieser Infragestellung hängt Heideggers Stellungnahme zum Problem des Verhältnisses zwischen Wille (Interesse) und Erkenntnis sowie zwischen Praxis und Theorie zusammen. Diese Stellungnahme kommt nur implizit in Sein und Zeit, explizit aber in seinen im selben Zeitraum gehaltenen Vorlesungen zum Ausdruck, z. B. als Stellungnahme zum Verhältnis zwischen ,,Sorge und Intentionalität“ (vgl. Heidegger 1979, § 31, S. 420f).

  55. Ausführlichere Darstellungen dieser Problematik finden sich in Ni (2004, S. 20–32) sowie in Ni 2010d, S. 97ff., Ni 2010a, S. 219ff., und auch Ni 2010c, S. 277ff.

  56. Husserl (2010, S. 16).

  57. Stcherbatsky (1994, S. 29).

  58. Bergson (1932, S. 121).

  59. Antichrist 6 (Nietzsche 1999, S. 186).

  60. Husserl (2010, S. 15f).

  61. Husserl (2010, S. 13).

  62. Husserl (2010, S. 17).

  63. Vgl. Hua III/1, §§ 30, 44, 49.

  64. Ebd, S.16.

  65. Vgl. hierzu Takemura (1992, Capt. 4–5).

  66. Hua VI, S. 1, S. 90.

  67. Husserl (2010, S. 14).

  68. Husserl (2010, S. 16).

  69. Brief von Husserl an L. Levy-Bruhl, 11. III. 1935 (Hua Dok III/VII, S. 164): ,,Vielleicht werden die vorbereiteten neuen Publikationen einige Vorstellung davon geben, wie aussichtvoll und konkret die Methode ist, durch die ich gegen den schwächlichen Mystizismus und Irrationalimus eine Art Überrationalismus begründen will, der den alten Rationalismus als unzulänglich überschreitet und doch seine innersten Intentionen rechtfertigt.“

  70. Die beiden letztgenannten Phänomenologen stehen mit dem Buddhismus in einer intellektuellen Verbindung. Zur intellektuellen Beziehung zwischen M. Heidegger und dem Buddhismus vgl. auch Ni (2004, S. 20–32). Außerdem würde es sich lohnen, über die Beziehung von M. Scheler zum Buddhismus eine Monographie zu schreiben. Es ist zu beachten, dass Scheler ebenso wie Husserl die von Neumann übersetzten Reden Gotamo Buddhos studiert hat und davon beeinflusst wurde. (Vgl. Scheler 1980b, S. 88, Anm. 1.) Ferner sei darauf hingewiesen, dass er einerseits die Bekehrung bzw. die Erleuchtung Buddhas als wichtige Beispiele für seine Sympathie-Analyse benutzt (Scheler 1980b, S. 61, 71), andererseits die buddhistische Lehre kritisiert, da sie den Wert des Lebens ,,als negativen Wert betrachtet“, und ,,nur die Methode der Objektivierung des Leides durch Erkenntnis seines (vermeintlichen) Grundes im Wesen der Dinge selbst und die resignative Abfindung mit ihm“ kannte (Scheler 1980a, S. 315, 348). Somit eröffnet Scheler zahlreiche Perspektiven zur komparativen Untersuchung von Phänomenologie und Buddhismus.

  71. Vgl Hua VI, S. 14, S. 311.

  72. Vgl Hua VI, S. 331.

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Ni, L. Husserl und der Buddhismus. Husserl Stud 27, 143–160 (2011). https://doi.org/10.1007/s10743-010-9083-5

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