Abstract
Ich will meine Gedanken folgendermaßen zusammenfassen: Ein spontanes und früh erlerntes Glaubenserlebnis ringt immer mit einer wissenschaftlichen Analyse. Zwar wird die Religionspsychologie negativ aufgefaßt, aber sie hilft uns auch einzusehen, wie solch eine Einstellung entstehen kann. Die intensive Glaubenserfahrung enthält immer eine Totalitätsorientierung, die den eigentlichen Grund in transzendentalen Größen sucht. Eine aufgezwängte Umorientierung bringt immer einen gewissen Schmerz mit sich. Eine religionspsychologische Analyse der Glaubensmotive führt jedoch auch zu einem Verständnis für das wichtige Zusammenspiel, das die Symbol-motive der Tradition haben, und müßte auch mit den persönlich erlebten Situationen seit der Kindheit rechnen. Dadurch, daß man Zusammenspielsmöglichkeiten zwischen den historisch gegebenen Modellen und den individuellen Situationen findet, geschieht ein Wechsel, der wichtige Modelle des menschlichen Lebens vertieft und ins Bewußtsein bringt. Dies ist doch kein selbstverständlicher oder automatischer Prozeß, sondern falsche Verbindungen und negative Bindungen sind auch möglich. Hier muß eine religionsspychologische Ethik entwickelt werden. Große Aufträge erwarten uns in der Zukunft. Das oben Erwähnte kann man auch so ausdrücken: Der Glaube an Gottes Wirken ist nicht streitig mit dem Handhaben wissenschaftlicher Modelle. Ebensowenig wie das Brot und der Wein des Abendmahls was anderes als Brot und Wein zu sein brauche, ebensowenig brauchen das Gesundbeten, das Zungenreden, die Prophezeiung, die Stigmatisierung, ja des Lebens heilige Momente etwas anderes zu sein als die Ergebnisse menschlich gegebener Prozesse, um Gottes Gegenwart zu erleben. Durch die innere symbolische Interaktion wird menschliche Dürftigkeit in eine Heiligkeit mit Ewigkeitswert verwandelt - und umgekehrt: Die jahrhundertelange Mythologie findet ihre menschliche Inkarnation