Abstract
Siehe hierzu auch Manuela Lenzens Rezension "Vom Himmel hoch: Wie weit trägt die Intuition der menschlichen Intuition?" in der F.A.Z. vom 28. April 1999Im Spätmittelalter vollzog sich eine Wendung in der Entwicklung des Begriffs der Intuition, die bedeutende philosophiegeschichtliche Konsequenzen hatte, indem in ihr die neuzeitliche Spaltung in eine empiristische und eine spekulative Tradition grundgelegt wurde. Dieser Wandel wird anhand der relevanten Stellen bei Thomas von Aquin, Johannes Duns Scotus und Wilhelm von Ockham dargelegt, wobei zur Erläuterung der Ausgangssituation bei Thomas auch auf Augustinus und Anselm von Canterbury zurückgegriffen wird. In dieser bis zu Thomas reichenden Tradition war der Begriff 'intuitio' für das übernatürliche Erkennen, die Schau Gottes reserviert und konnte nur in abgeleiteter Weise, nämlich durch den reflexiven Charakter des spekulativen Erkennens, auch auf den Menschen bezogen werden. Im Lauf der weiteren Entwicklung zu Ockham hin wurde Intuition zur unmittelbaren Erkenntnis der Einzeldinge und vermischte sich mit der sinnlichen Anschauung. Damit war das Fundament des empiristischen Ansatzes gegeben, dessen wissenschaftstheoretische Implikationen schon bei Ockham zutagetraten