Rationalitätsbegriffe und Begründungsurteile
Abstract
In einer früheren Arbeit habe ich neben anderem auch Poppers Theorie
der rationalen Präferabilität der bestbewährten Theorie kritisiert und festgestellt, daß sie weder als Theorie der theoretischen Rationalität (d.i. die Rationalität des bloßen, an keinem anderen Zweck als dem des an der wissenschaftlichen Neugierde orientierten Glaubens, Meinens oder Führwahrhaltens)noch als Theorie der praktischen Rationalität (d.i. die Rationalität der auch an sonstigen Zwecken orientierten Handlungen bzw. Handlungsentscheidungen)tauglich sei. Im wesentlichen habe ich argumentiert, daß es bei der Verfolgung des Zieles, sich der Wahrheit anzunähern, um nichts rationaler sei, die jeweils bestbewährte Theorie zu präferieren als sie nicht zu präferieren (und anstelle dessen die Präferenz z.B. vom Ergebnis eines Münzwurfes abhängig zu machen). Allerdings habe ich im Rahmen dieser Kritik „rational“ mit „begründet“ i.S. von „gute Gründe haben“ gleichgesetzt (und ich halte dies auch nach wie vor für richtig). Da nun aber David Miller behauptet, daß Rationalität durchaus ohne Bezugnahme auf gute Gründe auskomme (abgesehen davon, daß gute Gründe gar nicht beizubringen und – selbst wenn es sie gäbe – völlig unnütz wären), werde ich meine Argumentation entsprechend erweitern.