Abstract
Die hier skizzierte Behandlung des Antinomienproblems, die im Gegensatz zu herkömmlichen Ansätzen nicht restriktiv ist, eröffnet auch für das Gödelsche Unvollständigkeitsproblem eine neue Zugangsmöglichkeit. Hier wird transparent, warum bei der Verschmelzung eines formalen Systems mit seiner Metatheorie gewisse unentscheidbare Sätze auftreten müssen und warum sich dies auf höheren Metastufen zwingend wiederholt. Andererseits aber kann auch gezeigt werden, daß dieses Dilemma keineswegs - wie allgemein unterstellt wird - unausweichlich ist: Es erweist sich als möglich, zwei Systeme so zu koppeln, daß beide wechselseitig als Metatheorie des jeweils anderen zu betrachten sind. Das Resultat ist, daß formale Systeme antinomienfrei und, im Sinne dieser "Dualisierung", darüber hinaus als vollständige Systeme aufgebaut werden können, auch wenn die Teilsysteme selbst unvollständig sind. Ein solches duales Gegenseitigkeitsverhältnis wäre als formale Repräsentation eines "indirekten Selbstbezugs" zu deuten, der zur Folge hat, daß nun auch formale Sprachen ihre eigene Metasprache enthalten können und damit wie die Umgangssprache reflexiv sind. Gewisse These wie etwa diese: daß - unter Berufung auf Gödels Unvollständigkeitstheorem - ein "kybernetisches Modell des Bewußtseins" prinzipiell unmöglich sei, verlieren damit erheblich an Stichhaltigkeit