Zusammenfassung
Hinsichtlich der Beziehungen zwischen dem Bauhaus und dem Wiener Kreis gilt Carnap als eine zentrale Figur. Tatsächlich war er mit mehreren Protagonisten des Bauhaus-Kreises über Jahrzehnte befreundet und hielt sowohl am Dessauer Bauhaus als auch am New Bauhaus in Chicago Vorträge. Dabei konnte er als Gemeinsamkeit jedoch nur die Übereinstimmung des Lebensgefühls konstatieren. Eine theoretische Fundierung der Bauhaus-Maximen schloss er vor dem Hintergrund seines nonkognitivistischen Standpunktes aus, kritisierte stattdessen sogar die Texte von Bauhäuslern als metaphysisch.
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5.1 Vorbemerkung
Carnaps Beziehungen zum Bauhaus wurden in der Vergangenheit wiederholt thematisiert, meist in Hinblick auf das übergeordnete Verhältnis zwischen dem Logischen Empirismus und den progressiven Strömungen der Zwischenkriegszeit, sei es der politisch-gesellschaftlichen, sei es der kulturell-künstlerischen. Dabei ging es entweder um die Frage, wie sich der Nonkognitivismus der Logischen Empiristen mit deren sozialreformerischem Engagement vertrug,Footnote 1 oder um die Skizzierung eines Modernismus, dem sich Logischer Empirismus und künstlerische Avantgarde gemeinsam verpflichtet fühlten.Footnote 2 Ein Blick in Carnaps bislang unveröffentlichte Korrespondenz, Tagebücher und Vortragsmanuskripte ermöglicht bezüglich beider Themenfelder nun eine differenziertere Darstellung, macht allerdings auch einige Korrekturen erforderlich.
5.2 Kein Vorspiel: Carnap und das Weimarer Bauhaus
Die Vermutung liegt nahe, dass Carnap bereits in seiner Jenaer Zeit mit dem Bauhaus in Berührung kam. Schließlich verkehrte er in dieser Phase nicht nur räumlich, sondern auch mental und institutionell im Umfeld der Weimarer Avantgardeschule. Schon der jugendbewegte Sera-Kreis, zu dem Carnap gleich zu Beginn seines Studiums im Sommersemester 1910 stieß, befasste sich mit vielen der lebensreformerischen Themen, aus deren Geist heraus später die Gründung des Bauhauses erfolgte. Zudem pflegte man zum künstlerischen Weimar von Anfang an gute Kontakte: regelmäßig nahmen etwa Studierende der Weimarer Musik- sowie der Kunsthochschule an den Sonnenwendfeiern in Jena teil,Footnote 3 wie umgekehrt die Sera-Leute an kulturellen Festlichkeiten in Weimar;Footnote 4 zusammen beteiligte man sich an dem Werkbundfest 1913 bei Bad Kösen.Footnote 5
Möglichkeiten, mit dem Bauhaus auf institutioneller Ebene in Berührung zu kommen, waren dann durch die (zeitgleich mit der des Bauhauses erfolgten) Gründung der Jenaer Volkshochschule gegeben. Carnap hatte sich wie viele seiner Freunde und Bekannten in der neuen Einrichtung engagiert:Footnote 6 er gehörte zusammen mit seiner Frau und seiner Mutter zu den Gründungsmitgliedern,Footnote 7 gab gleich im ersten Semester einen Kurs über Algebra,Footnote 8 besuchte aber auch Veranstaltungen von FreundenFootnote 9 und nahm an Wochenkursen der Jenaer Volkshochschule in Eisenach (Ende Mai, Anfang Juni 1920) und Weimar (Ende August 1921) teil.Footnote 10 Volkshochschule und Bauhaus begriff man als „zwei geistige Bewegungen, die in ihren Ursprüngen und Zielen übereinstimmen“,Footnote 11 wie sich der damalige Geschäftsführer der Thüringer Volkshochschule Reinhard Buchwald rückblickend erinnerte, um allerdings anschließend festzustellen, dass es kaum zu Kontakten kam.Footnote 12 Und die wenigen, die es gab, fanden ohne Carnap statt. So weilte er beide Male in Freiburg, als Walter Gropius an der Volkshochschule in Jena referierte,Footnote 13 und von den insgesamt drei „Weimarwochen“, die die Jenaer Volkshochschule veranstaltete, nahm er nur an der ersten teil, bei der ein Besuch des Bauhauses nicht vorgesehen war.Footnote 14 Carnap berichtet dann auch nur von einem Museumsbesuch mit den beiden Freunden Flitner und Erwin Räuber nach Abschluss der Veranstaltung.Footnote 15
Gropius hätte Carnap überdies (am 1. Dezember 1924) im Jenaer Kunstverein hören können, ebenso andere Bauhäusler wie Adolf Meyer (am 2. November 1924), Paul Klee (am 26. Januar 1924) oder Wassily Kandinsky (am 15. März 1925).Footnote 16 Doch auch an diesen Tagen war Carnap stets in Freiburg, und während der großen Bauhaus-Ausstellung vom 15. August bis zum 30. September 1923, in die auch das von Gropius umgebaute Jenaer Stadttheater integriert war, hielt Carnap sich in Mexiko auf.Footnote 17 Andere, vom Jenaer Kunstverein gezeigte Ausstellungen mit Beteiligung von BauhäuslernFootnote 18 werden in Carnaps Tagebüchern ebenfalls nicht erwähnt. Dies verwundert angesichts der Tatsache, dass der Jenaer Kunstverein Carnaps Freundeskreis schon früh als wichtige Bildungsinstitution gegolten hatte.Footnote 19
Nicht zuletzt hätte Carnap über Familienbande mit dem Weimarer Bauhaus in Kontakt treten können, da seine Cousine Hedwig von Rohden dort Ende Januar 1920 eine Vorführung der von ihr mitentwickelten „Loheland-Gymnastik“ gab.Footnote 20 Carnap hielt offensichtlich viel von dieser modernen Körperschulung,Footnote 21 praktizierte sie sogar selbst,Footnote 22 und besuchte im Juli 1920 seine Cousine in der bei Fulda liegenden Frauensiedlung „Loheland“,Footnote 23 um dort diese spezielle Gymnastik unter Anleitung zu betreiben. Allerdings ist nicht bekannt, ob Carnap bei der Aufführung in Weimar zugegen war, da seine Tagebücher in diesem Zeitraum eine Lücke aufweisen. In den überlieferten Bänden taucht das Weimarer Bauhaus jedenfalls an keiner Stelle auf. Und auch im Rückblick auf diese Zeit hielt Carnap diese Einrichtung keiner Erwähnung wert, im Gegenteil wundert er sich im nicht publizierten Teil seiner Autobiographie:
It is strange that the main interests of most of my friends during my student years were not theoretical and scientific but rather literary and artistic: they studied various fields in the humanities, e.g. the history of literature, the history of art, the ethical and aesthetic problems of philosophy, and similar areas.Footnote 24
So kann zusammenfassend festgestellt werden, dass Carnap während seiner Jenaer und Freiburger Jahre dem Bauhaus offensichtlich keine besondere Bedeutung beimaß,Footnote 25 wenngleich davon auszugehen ist, dass in seinem Umfeld darüber gesprochen wurde.Footnote 26 Das sollte sich erst ändern, als Carnap seinen eigenen philosophischen Standpunkt entwickelte und in größere Zusammenhänge einordnete. In Hinblick darauf erwies es sich als günstig, dass er in diesen entscheidenden Jahren für eine solche Einordnung wichtige Personen kennenlernte: neben Otto Neurath waren das vor allem der Bauhaus-Meister László Moholy-Nagy und dessen Frau, die Fotografin LuciaFootnote 27 Moholy sowie das engagierte Kunsthistorikerpaar Sigfried Giedion und Carola Giedion-Welcker, mit denen Carnap Anfang 1925 bekannt wurde. Im Gegensatz zu seinem Kunsthistorikerkollegen Roh verstand Giedion sich nicht als neutraler Wissenschaftler, sondern betrachtete es als „eine der vornehmsten Aufgaben eines Kritikers […] – Historiker, Dichter oder Journalist –, kreativen Erscheinungen den Weg zu öffnen“,Footnote 28 was vor allem für das Bauhaus galt (das ihm erst durch die Ausstellung von 1923 in den Blick geriet).Footnote 29 Können also Giedion und die Moholys als Propagandisten des Bauhauses bezeichnet werden, so finden sich bei Neurath und Roh auch skeptische Töne gegenüber der Avantgardeschule.Footnote 30
5.3 Carnap und die Neue Sachlichkeit
Für Carnap zählten sowohl der Wiener Kreis als auch das Bauhaus zur Neuen SachlichkeitFootnote 31 – schon früh hatte er hier von einer „inneren Verwandtschaft“ gesprochen.Footnote 32 Diese Einschätzung teilte er offensichtlich mit dem Schöpfer dieses Schlagworts, dem Mannheimer Museumsdirektor Gustav Hartlaub, der damit zwar zunächst nur eine 1925 gezeigte Ausstellung über Malerei betitelte.Footnote 33 Aber
im Gegensatz zu Atelierschlagworten (wie „Kubismus“) […] [sprang] es sofort auf andere Gebiete über; man bemächtigt[e] sich seiner zur suggestiven Fassbarmachung ähnlicher Bewegungen in Lebenshaltung, Architektur und Kunstgewerbe, Musik, Dichtung, Drama, Journalismus.Footnote 34
Im Bereich der Philosophie etwa war nach Hartlaub der Neuen Sachlichkeit „wesensverwandt: positivistisch!“Footnote 35 Dementsprechend seien dazuzuzählen:
die Empirie der Wiener Schule (Neuraths Empirische Soziologie) beeinflusst von dem amerikanischen „Behaviorismus“/Schlick […] Erkenntnistheorie/naturwissenschaftlich/Reichenbach „Empirische Philosophie“.Footnote 36
Ebenso gelte:
N. Sachl. bedeutet Bekenntnis zum Technischen (Maschinenwesen), zu den neuen industriellen Werkstoffen […]/N. Sachl. bedeutet ein Ja-Sagen zum neuen Menschen (moderne Frau, […], Freizügigkeit, Demokratie).Footnote 37
Und zur neusachlichen Architektur konstatierte Hartlaub:
Der Baumeister heute fühlt sich verantwortlich für den Menschen, und zwar für den freien, lebendigen Menschen schlechthin, dessen Dasein nicht mehr unter den ungeheuren Lebenshemmungen des Dogmatisch-Metaphysischen und des Dynastischen steht. […] Nicht Metaphysik, nicht Religion, nicht Feudalismus und Absolutismus im alten Sinne braucht die neue Form der „Stahlzeit“.Footnote 38
Carnap war mit dem Begriff der Neuen Sachlichkeit durch seinen Freundes- und Bekanntenkreis von Anfang an vertraut. Roh war in die Ausstellungsvorbereitungen von Hartlaub einbezogen,Footnote 39 sein Buch Nach-Expressionismus entstand in unmittelbarem Zusammenhang damit. Auch in diesem Werk wird, wenngleich nur vage, auf neusachliche Erscheinungsformen außerhalb des Bereichs der Kunst hingewiesen. Sicher diskutierte Carnap dieses Themenfeld auch mit Giedion, Moholy-Nagy und dem in Freiburg lebenden Kunsthistoriker Josef Gramm, der ebenfalls mit Roh und dem modernen Typographen Jan Tschichold bekannt war.Footnote 40 Die Person aber, mit der sich Carnap diesbezüglich am intensivsten austauschte, war weder der Künstler Moholy-Nagy noch einer der Kunsthistoriker Gramm, Giedion oder Roh, sondern der Philosoph Broder Christiansen. Der über 20 Jahre ältere Christiansen hatte 1902 in Freiburg bei Heinrich Rickert promoviert, wurde dann aber durch eine schwere Herzangina an der weiteren akademischen Laufbahn gehindert und zu einem zurückgezogenen Leben in Buchenbach gezwungen, wo er als Privatgelehrter Bücher verfasste und in einem eigenen Verlag publizierte.Footnote 41 Durch die nachbarschaftliche Nähe in dem kleinen Schwarzwalddorf kam er mit Carnap in Kontakt.Footnote 42 Wie dessen Tagebücher zeigen, war Christiansen für ihn ein wichtiger Gesprächspartner, sowohl in fachlichen als auch in privaten Angelegenheiten; Diskussionen mit Christiansen spielten auch bei der Entstehung des Aufbau eine wichtige Rolle.Footnote 43
1929 veröffentlicht Christiansen unter dem Titel Das Gesicht unserer Zeit eine umfassende Darstellung der Neuen Sachlichkeit als des Stils der Gegenwart, wobei sich für ihn ein Stil
nicht nur in der Kunst zeigt […], [sondern auch] in neuen Erziehungsmethoden, in der Frauenkleidung, in der sozialen Einstellung, in den Wissenschaften [usw].Footnote 44
Zur vollständigen Erfassung eines Stils sei allerdings die Einbeziehung des Vorhergehenden und des Nachfolgenden notwendig. So beschreibt Christiansen neben dem „heutigen“ oder „H-Stil“ auch noch den „vorgestrigen“ oder „V-Stil“, den „gestrigen“ oder „G-Stil“ sowie den „morgigen“ oder „M-Stil“. Dabei versucht er jeden dieser Stile in der ganzen Breite seiner Erscheinungsformen zu erfassen. Als wesentliche Merkmale des aktuellen Stils der Neuen Sachlichkeit macht er unter anderem aus:
exakteste Leistung und darum ein immer bereites Können, unabhängig von der Gunst des Augenblicks. […] Das widerspiegelt sich im Gepräge moderner Dinge. Die schnittige Eleganz der Autoform und sein geräuschlos leichtes Gleiten.Footnote 45 […] Können wird Selbstwert; Exponent ist der Sport. […] Das Können in reinster Form, das Können in meßbarer Form. […] Charakteristisch für das neue Lebensgefühl ist, daß sich überall an Stelle verfallender Moralen ein neues Ethos durchsetzt: das fair play des Sports.Footnote 46 […] Der H-Stil überwertet [sic] die Technik,Footnote 47 […] die technischen Wunder steigen der Zeit zu Kopf und steigern die Wertung. […] Und die Technik, die im Haus der Kultur bisher dastand wie Gesinde, wird nobilitiert. Philosophisch geschieht es durch Zschimmer und Dessauer:Footnote 48 die stellen neben die alten Reiche des Guten, Wahren und Schönen die Technik als „viertes Reich“. Noch nachdrücklicher geschieht die Nobilitierung der Technik durch die H-Kunst […], dadurch, daß der technische Klang, der technische Rhythmus, die Stimmungsqualität des Technischen zur Stildominante wird in der H-Kunst.Footnote 49 […] Die Bauhausschule gibt dem Tanz Innenklänge der Technik und mechanisiert ihn bis zu den Grotesken der Holzstäbetänze.Footnote 50 […] Und zum ersten Mal gewinnt das Technische seinen vollkommenen ästhetischen Ausdruck. Bisher hatte die Technik kein eigenes Gewand, und sie blieb entweder in nackter Häßlichkeit belassen, oder sie lieh von Tempeln und Domen sinnlose Verkleidung. Ich betrachte es als die beste Leistung der H-Kunst, daß sie in ihren Industriebauten endlich den Stil der Technik gefunden hat. H-Stil [bedeutet] Überbewertung der Ratio. Trumpf ist das Rationalste aller Ratio: die Zahl. […] [M]an schätzt das Artefakt höher als das Gewachsene. Das Maschinenprodukt ist stilgemäßer als die nie ganz berechenbare Arbeit der Hand.Footnote 51 […] [N]üchterne, unverstiegene Wirklichkeit: Viel Mut und Freude, festzustellen und auszusprechen, was ist. Überall helle Sicht, grelle Tatsächlichkeit.Footnote 52 […] [In der] Wirklichkeitsnähe der Moderne […] bekommen nun auch ihr Recht die Kleinzwecke des erdnahen Alltagslebens. [So rühmt] man an dem ersten Entwurf le Corbusiers zum Völkerbundgebäude besonders […], daß hier die Autozufuhr und die Bürobeleuchtung Kernstücke des Planes sind.Footnote 53 […] H-Stil: radikale Vereinfachung. Alles Verwickelte, alles Problematische schiebt man beiseite. […] Man mutet sich nicht mehr zu, als man zu erfüllen mag. […] [Zudem] klare Ordnung. […] Alles soll leicht überschaubar sein. Sogar die Malräume nachexpressionistischer Maler sind nicht mehr malerisch unordentlich, sondern sie haben die kühle Helle und Ordnung eines Operationszimmers. […] [Außerdem] extreme Unpersönlichkeit. Nicht die individuelle Einzelform gilt, sondern die Gleichform. Jeder hält sich, jeder kleidet sich, wie alle es tun.Footnote 54 […] Wo man kann, schaltet man das Subjekt aus und das Subjektive; man wird „sachlich“; Schlagwort des H-Stils wird „die neue Sachlichkeit“. Das bedeutet in Wahrheit: man wird intersubjektiv. Geltung hat nur das Übertragbare. […] Man will und darf sich nicht absondern; stilgemäß gehört man zu Masse.Footnote 55 […] Der Entpersönlichung entspricht die Entwurzelung: man ist nicht mehr heimständig. Das Haus verliert die haltende Schrägung seines Daches; es verlangt das entlassende Flachdach. Die Familie entläßt. Positiv: ein Freigefühl unbegrenzter Weite. Negativ: Ungehaltenheit wird Haltlosigkeit.Footnote 56 […] [D]as neue Leben ist also unbelastet, unkompliziert, sachlich, realistisch; es ist mutiger, kühler, freier, selbstsicherer, unbefangener. […] Der Mensch der neuen Zeit ist […] in seiner Arbeit präzis und unbeteiligt wie eine Maschine; klar, bestimmt […]. Aus Gründen der Sauberkeit schränkt er sich ein auf das, was keiner bezweifeln kann.Footnote 57 […] Im modernen Haus fällt mehr und mehr die Grenze zwischen Drinnen und Draußen; durchgehende Fenster ohne trennenden Fenstersturz und Schlagschatten verbinden das Zimmer mit dem Garten, mit der Weite.Footnote 58 […] Der H-Stil ist statisch, nicht dynamisch. […] Das Überwertigwerden von Technik, Ratio, Geld, Logistik und allem, was nur als Mittel und also zielend einen Sinn hätte, ist statisch. […] [Überall herrscht] das zweitaktige Spiel von Kraft und hemmender Gegenkraft.Footnote 59 […] Im modernen Bau le Corbusiers: die erdhafte Schwere der Baukuben, die erdenschwere Bindung durch die Horizontalen werden in Schwebe gehalten durch die Gegenspannung, daß die Kuben überall durchbrochen werden mit Luft und Licht und daß ihre Schwere aufgelegt wird auf Stelzen.Footnote 60
Sodann beschreibt Christiansen die Philosophie des H-Stils:
Sie ist unpathetisch, nüchtern, extrem rationalistisch, exakt, von einer köstlichen Sauberkeit. Die Technik des Erkennens bekommt den Akzent. Mit einmal ist die Logik, bisher verscholten als grau und unfruchtbar, das lebendigste Stück der Philosophie. Enge Fühlung mit der Mathematik und Physik. Man durchforscht die wissenschaftlichen Methoden; man schält die Axiome heraus in der Sauberkeit anatomischer Präparate […]; methodische Haltung, das ist jetzt Weltanschauung! Wohl die stärkste Potenz der modernen Philosophie ist Rudolf Carnap. Sein eben erschienenes Werk „Der logische Aufbau der Welt“ zeigt eine ungewohnte Vitalität und Wucht des Denkens; dabei die Sauberkeit einer phrasenlosen Sprache.Footnote 61
Carnap brachte Christiansens Buch gleich nach Erscheinen von einem Aufenthalt in Buchenbach mit nach Wien. Am 17. Juni 1929 notiert er in sein Tagebuch:
Nachher mit Feigl bei Frau Neurath; wir lesen Christiansens „Gesicht unserer Zeit“ vor, es interessiert beide lebhaft. Später Neurath dazu.Footnote 62
Und wenige Tage später, am 22. Juni, findet sich der Eintrag
Mit Neurath in sein Büro, auch Feigl. […] Mit zu ihm, Mittagessen, ReidemeisterinFootnote 63 auch dabei. Lange und heftig mit ihm Christiansens „Gesicht unserer Zeit“ diskutiert. Ich gebe den Fehler der Außerachtlassung der sozialen Zusammenhänge zu, nehme aber trotzdem das Buch wegen guter Seiten in Schutz.Footnote 64
Es steht also zu vermuten, dass Carnaps Auffassung zur Neuen Sachlichkeit weitgehend Christiansens Ausführungen entsprach. Nur zwei Monate nach der Veröffentlichung des Buches, das ihn zu dem Philosophen der Neuen Sachlichkeit erklärte, erhielt Carnap die schriftliche Einladung zu einer Vorlesungswoche an einem der Zentren der Neuen Sachlichkeit, dem mittlerweile nach Dessau umgesiedelten Bauhaus.Footnote 65
5.4 Carnap am Dessauer Bauhaus
Carnaps Vortragseinladung verdankt sich letztendlich der Initiative von Neurath, der schon seit Längerem die Entwicklung dieser kulturrevolutionären Einrichtung verfolgte. Als Generalsekretär des von ihm gegründeten Österreichischen Verbandes für Siedlungs- und Kleingartenwesen wandte er sich wie das Bauhaus gegen „hohle Scheinarchitektur […] und mit sinnlosen Ornamenten beklebt[e]“Footnote 66 Gebäude und erklärte wie Gropius im Bauhausmanifest die gemeinschaftlich errichteten Dombauten des Mittelalters zum Vorbild modernen und somit sozialen Bauens.Footnote 67 Als im Dezember 1926 das neue Bauhausgebäude in Dessau eingeweiht wurde, zählte Neurath zu den Gästen und berichtete anschließend im österreichischen Aufbau darüber:
programmatisch [wird] der Wille zur Technik, der Wille zur sozialen Arbeit betont. Je mehr das Bauhaus diese Richtung pflegt, um so stärker wird es der großen Umwälzung dienen, die auf eine völlige Neugestaltung des gesellschaftlichen und persönlichen Lebens hinausläuft.Footnote 68
Die Möglichkeit, hierbei kooperativ mitzuwirken, schien gegeben, als sich Neurath 1929 in den Vorstand des Österreichischen Werkbundes wählen ließ. Schon im April desselben Jahres lud man den Bauhausdirektor Hannes Meyer nach Wien zu einem Vortrag ein.Footnote 69 Neurath erblickte in Meyer sicher den rechten Mann am rechten Ort, hatte er doch am Gropiusʻschen Bauhaus kritisiert, dass der
den Malern überlassene Erziehungseinfluß […] übermächtig groß [… sei und] daß die Schüler und Schülerinnen sich vorwiegend als „Künstler“, nicht als „Ingenieure“ [fühlten].Footnote 70
Ganz in diesem Sinne erklärte auch Meyer zu Beginn seines Direktorats am Bauhaus:
alle dinge dieser welt sind ein produkt der formel: (funktion mal ökonomie)
alle diese dinge sind daher keine kunstwerke:
alle kunst ist komposition und mithin zweckwidrig.
alles leben ist funktion und daher unkünstlerisch.
die idee der „komposition eines seehafens“ scheint zwerchfellerschütternd!
jedoch wie entsteht der entwurf eines stadtplanes? oder eines wohnplanes? komposition oder funktion? kunst oder leben?Footnote 71
Meyers Position war im Umfeld des Wiener Kreises allerdings nicht unumstritten. Vor allem der Bruder des Wiener-Kreis-Mitgliedes Philipp Frank, der Vizepräsident des Österreichischen Werkbundes Josef Frank, der mit Neurath in Siedlerverband und Wirtschaftsmuseum eng zusammenarbeitete,Footnote 72 stand dem von Meyer vertretenen rigorosen Funktionalismus skeptisch gegenüber.Footnote 73 Zwar selbst dem modernen Architektenlager zuzurechnen, kritisierte er schon bei der (von dem späteren Bauhausdirektor Ludwig Mies van der Rohe geleiteten) Werkbund-Ausstellung „Die Wohnung“, die 1927 in der Stuttgarter Weißenhofsiedlung zu sehen war, die „Modernekulturverkünder“, die ein an das zeitgemäße Leben angeglichenes Design forderten und dabei doch nur den Geschmack der Kunstgewerbler (wozu Frank auch die modernen Formgestalter zählte) bedienten.Footnote 74
Drei Tage vor Meyers Werkbund-Vortrag in Wien referierte Josef Frank im Mach-Verein über „Moderne Weltauffassung und moderne Architektur“.Footnote 75 Der Wortlaut ist nicht überliefert, aber als Referenztext kann sicher sein Vortrag „Was ist modern?“ gelten, den er im darauffolgenden Jahr 1930 anlässlich der Tagung des Deutschen Werkbundes in Wien hielt. Darin gesteht er zwar zu:
Das flache Dach ist ein Ausdruck der nicht metaphysischen Weltanschauung, die überall Klarheit haben will[,]Footnote 76
um aber zugleich festzustellen, dass es sich dabei letztendlich nur um ein Symbol handelt, das heißt, um den Ausdruck eines Stils, der sich so wenig begründen lasse wie jeder andere Stil und doch als unentbehrlich anzusehen sei:
Wir brauchen diese Symbole wie jede andere Zeit, um uns verständlich zu machen. Eine Form muß keinen niedrig-praktischen Zweck haben, um modern zu sein.Footnote 77 […] Und so ist es auch heute nicht modern, den Menschen ästhetische Ideale darzubieten, mögen sie auch noch so verkleidet sein.Footnote 78
In diesem Zusammenhang kritisiert Frank vor allem – ohne Namensnennung – Meyers programmatische Schrift „Die neue Welt“,Footnote 79 die eine der industriellen Produktionsweise entsprechende Formgebung als allein zeitgemäße propagiert.Footnote 80
Carnap hatte weder Franks noch Meyers Vortrag in Wien gehört, da er zu dieser Zeit noch (im Anschluss an den Davoser Hochschulkurs) in der Schweiz weilte. Nach seiner Rückkehr scheint im Freundeskreis nicht weiter darüber diskutiert worden zu sein; jedenfalls findet sich in Carnaps Tagebüchern keine Bemerkung dazu. Auch Neuraths Vortragseinladung ans Bauhaus im darauffolgenden Monat scheint ihm nicht bekannt gewesen zu sein, notierte er doch just am Vortragstag in sein Tagebuch: „Neurath noch in Schweden.“Footnote 81 Erst Anfang Juli findet sich eine Erwähnung der Dessauer Schule: „Feigl fährt morgen zum Bauhaus. Neurath erzählt von Hannes Meyer.“Footnote 82 Der Bauhausdirektor war dann von Feigls sechstägiger Vorlesungsreihe über die Grundelemente der wissenschaftlichen Weltauffassung offensichtlich so angetan,Footnote 83 dass er mit Carnap den profiliertesten Vertreter dieser Richtung zu Vorträgen einlud. Allerdings muss Carnap für Meyer und seine Anhänger eine Enttäuschung gewesen sein, bot er doch für deren „modische Wissenschaftsgläubigkeit und sozialistische Weltverbesserungsideen“Footnote 84 nur bedingt argumentative Unterstützung an. Zwar konnte er erklären, dass die am Bauhaus gelehrten Gestaltungsprinzipien eine Lebensauffassung zum Ausdruck brächten, die dem Geist des Logischen Empirismus entsprächen, jedoch sei diese (Funktionalismus und Sozialismus involvierende) Lebensauffassung wissenschaftlich nicht zu begründen.Footnote 85 Dementsprechend begriff Carnap den von den Meyer-Anhängern ausgerufenen Kampf gegen die Ästhetik auch nicht in Analogie zum Kampf gegen die Metaphysik, da Letzterer allein im Bereich von Wahrheitsansprüchen und somit im Bereich der Sprache möglich sei.Footnote 86 Im Gegenteil machte Carnap die Bauhäusler auf die metaphysischen Auswüchse in ihren eigenen Schriften aufmerksam, auf die er nicht nur bei den Malern Klee und Kandinsky, sondern auch bei den Gestaltern, insbesondere Hannes Meyer, gestoßen war. Carnaps Bauhausvorträge stellten sich damit als eine Mischung aus Sympathiebekundung und Belehrung dar.
5.5 Kurzes Nachspiel: Carnap am New Bauhaus
Nach seinen Dessauer Vorträgen sollte fast ein Jahrzehnt vergehen, bis Carnap wieder in unmittelbaren Kontakt mit dem Bauhaus kam. Im Frühjahr 1937 erreichte den mittlerweile nach England gegangenen Moholy-Nagy ein von Gropius vermitteltes Angebot, in Chicago ein neues Bauhaus zu eröffnen, was er bereitwillig annahm.Footnote 87 Bei dieser Neugründung ging er insofern über die ursprüngliche Bauhauskonzeption hinaus, als er der von Gropius seinerzeit proklamierten Synthese von Kunst und Technik nun als dritten Faktor die Wissenschaft hinzufügen wollte.Footnote 88 Deshalb nahm Moholy-Nagy, in Chicago angekommen, unverzüglich Kontakt zu Carnap auf, der seit einem Jahr an der dortigen Universität eine Professur innehatte:
Nachmittags Moholy hier, […] er macht ein neues Bauhaus hier auf, fragt mich um Rat für wissenschaftlichen Unterricht; ich fahre mit ihm zu Morris, dieser ist begeistert und will mitmachen und andere Leute suchen.Footnote 89
Charles Morris war für Moholy-Nagys Anliegen die ideale Person: engagiert in der Unity-of-Science-Bewegung hatte er als Schüler von Dewey (der später dem Förderkomitee von Moholy-Nagys Schule beitreten sollte) ein stärkeres Interesse an ästhetischen Fragestellungen als die alten Wiener-Kreis-Mitglieder. So übernahm er die Federführung für die wissenschaftliche Ausbildung am New Bauhaus, dessen Kern der Kurs „Intellectual Integration“ bildete, ein Seminar, das unterschiedliche Disziplinen (Morris konnte dazu noch weitere Professoren der Universität, den Physiker Carl Eckart und den Biologen Ralph Gerard, gewinnen) aus einheitswissenschaftlicher Perspektive vorstellte.Footnote 90 Dazu erklärte Morris im ersten Prospekt der Schule:
The intent of the New Bauhaus to bring its students into direct and constant contact with current scientific thought is of great educational significance. […] And so the New Bauhaus shows deep wisdom in using contemporary science and philosophy in its educational task of reintegrating the artist into the common life.Footnote 91
Darüber hinaus entwickelte er – sicher durch die neue Tätigkeit am New Bauhaus angeregt – eine zeichentheoretische Interpretation der Ästhetik, die es ermöglichte, diese Disziplin dem Unity-of-Science-Projekt einzugliedern.Footnote 92 Dafür steht vor allem sein Text „Science, Art, and Technology“, dessen Titel das Motto des New Bauhaus darstellt.Footnote 93 Eine weitere Maßnahme zur Verwissenschaftlichung übernahm Moholy-Nagy vom ursprünglichen Bauhaus: „In addition to the regular curriculum a ‚galaxy‘ of lectures were presented to the students.“Footnote 94 In diesem Rahmen sprach auch Carnap (neben anderen ehemaligen Gastreferenten des Dessauer Bauhauses wie Richard Neutra und Sigfried Giedion) am 16. Mai 1938.Footnote 95 Sein Tagebuch hält dazu fest:
8 mein Vortrag im Bauhaus: „The Task of Science“ (Erkenntnis bestimmt nur die Mittel, nicht das Ziel). [25 $] Ich sitze am Tisch, auf meinen Wunsch, anstatt Kanzel; spreche frei und fließend (Ina sagt: bester Vortrag). Nachher wir mit Frau Moholy und Sweeney (Rechtsanwalt, Bruder des anderen) und seiner Schwester in eine Bar.Footnote 96
Das Referat stellt sich im Wesentlichen als Kompilation seiner Dessauer Vorlesungen (deren Manuskripte Carnap noch besaß) heraus.Footnote 97 Es legt (in der schriftlichen Vorlage in englisch-deutscher Mischung) dar, was Wissenschaft ist (nämlich „a system of knowledge, formuliert in der Sprache“Footnote 98) und was man infolge dessen von ihr erwarten kann und was nicht (nämlich lediglich geeignete Mittel aufzuzeigen, nicht aber die Ziele). Dazu gebrauchte Carnap wie schon in einem seiner Dessauer Vorträge das Bild von der Wissenschaft als „Wegweiser“Footnote 99 bzw. „map“.Footnote 100
Mit der Ankunft Moholy-Nagys in Chicago und seiner daraufhin einsetzenden Zusammenarbeit mit Morris schien sich – Carnaps Tagebucheinträgen nach zu urteilen – eine ähnliche Atmosphäre wie ehemals in Wien eingestellt zu haben, wo eine interdisziplinäre Gemeinschaft sowohl fachlich als auch privat in intensivem Austausch stand.Footnote 101 Verstärkt wird dieser Eindruck durch die teilweise identischen Akteure wie Carnaps (Chicagoer) Assistenten Carl Gustav Hempel und (von der Berliner Gesellschaft für empirische Philosophie kommend) Olaf Helmer, aber auch Giedion und dessen Frau Carola. Ebenso hatten sich ehemalige Bauhäusler, von Moholy-Nagy berufen, in Chicago eingefunden. Das bei ihnen vorherrschende Überlegenheitsgefühl gegenüber dem als künstlerisch-architektonisch rückständig betrachteten Gastland, wie es Tom Wolfe in seinem Essay From Bauhaus to Our House amüsant beschreibt,Footnote 102 lässt sich sicher mit dem „spirit of conquest“Footnote 103 vergleichen, von dem einige Logische Empiristen bei ihrer Ankunft in den USA laut Feigl beseelt waren. Dabei sollten sich die Bauhäusler wie die Neopositivisten in Chicago mit einem Umfeld konfrontiert sehen, das sie an die 1920er-Jahre erinnern musste. So fand sich Carnap wie ehemals in Wien an einer metaphysikfreundlichen Universität wieder und konnte im Tagebuch von der am Department bestehenden „Sorge vor zu großem Einfluß der ‚Positivisten‘“Footnote 104 berichten. Ebenso musste Moholy-Nagy ein Déjà-vu-Erlebnis haben, als ihm die konservativen Geldgeber schon nach kurzer Zeit eine Weiterfinanzierung seiner Schule verweigerten (und es dann beherzte Einzelpersonen waren, die eine Fortführung ermöglichtenFootnote 105). Was die fachlichen Auseinandersetzungen anlangt, stand nun nicht mehr wie einst in Wien die Metaphysik-Kritik, sondern die Einheitswissenschaft im Vordergrund. Dementsprechend diskutierte Giedion mit Carnap die Konzeption einer Einheit des Gefühls komplementär zur Einheit der Wissenschaft,Footnote 106 und Moholy-Nagy plante, moderne Kunstwerke unter dem Blickwinkel der Einheitswissenschaft darzustellen.Footnote 107 Wenngleich Carnap solchen Überlegungen eher skeptisch gegenüberstand,Footnote 108 so zeigen sie doch die hohe Anziehungskraft, die die Unity-of-Science-Idee in diesen Jahren besaß. Zu greifbaren Ergebnissen kam es indes nicht. Die Chicagoer Diskursgemeinschaft bestand in dieser Konstellation nur kurze Zeit: Helmer und Hempel erhielten bald schon Professuren an anderen Universitäten, Giedion intensivierte seinen Gedankenaustausch mit Gropius an der Harvard University, Moholy-Nagy starb schließlich 1946 nach schwerer Krankheit.
5.6 Resümee
Spätestens seit Beginn der 1930er-Jahre galt Carnap vielen als Philosoph der Neuen Sachlichkeit, und auch er selbst konstatierte hier eine „innere Verwandtschaft“. Diese Beziehung involvierte für ihn jedoch nicht die Möglichkeit einer theoretischen Fundierung der neusachlichen Bewegung, im Gegenteil verkündete er „für jede Ethik oder Ästhetik als normative Disziplin“Footnote 109 das Verdikt der Metaphysik. Er sah daher keinen Ansatzpunkt für eine Zusammenarbeit zwischen dem Wiener Kreis und dem Bauhaus; die Initiativen für seine Bauhausvorträge gingen dementsprechend von anderen, von Neurath und Meyer sowie später von Moholy-Nagy, aus. Carnap konnte hier nur dozierend, nicht diskutierend auftreten – seine Ansicht von dem gemeinsamen Lebensgefühl wusste er nur zu konstatieren, nicht zu erklären.Footnote 110
Notes
- 1.
- 2.
- 3.
- 4.
In Flitner (1986, o. S.) findet sich ein Foto, das Carnap zusammen mit der Seragesellschaft 1910 auf einem Festzug in Weimar zeigt.
- 5.
Ein Foto mit Carnap von diesem Ereignis findet sich in Werner (2015, S. 116).
- 6.
Den Gründungsaufruf hatten u. a. Bruno Bauch, Herman Nohl, Wilhelm Rein und Eugen Diederichs unterzeichnet; vgl. N.N. (1919). Aus Carnaps Freundeskreis wurde Wilhelm Flitner Geschäftsführer der Volkshochschule Jena und Walter Fränzel Geschäftsführer der Volkshochschule Thüringen; der mittlerweile in München lebende Franz Roh steuerte Artikel für die Volkshochschulblätter bei (vgl. Roh 1920).
- 7.
Vgl. die Liste der Unterzeichner des Gründungsaufrufs der Volkshochschule Thüringen, in: Bl Volkshochschule Thüringen, 1, 4, 1919, o. S. (Nachdruck in Friedenthal-Haase/Meilhammer 1999, S. 13–16).
- 8.
- 9.
Im Wintersemester 1919/1920 nahm Carnap z. B. teil an Kursen von Fränzel über Sagen und Märchen, von Julius Frankenberger über Metaphysik und von Flitner über Geschichtsphilosophie; vgl. Carnaps Tagebucheinträge dieser Zeit in Carnap (im Erscheinen).
- 10.
Vgl. ebd. sowie Bl Volkshochschule Thüringen, 2, 7/8, 1920 und N.N. 1921.
- 11.
Buchwald (1992, S. 353).
- 12.
Vgl. ebd.
- 13.
Gropius redete am 24. Mai 1922 sowie am 14. Februar 1923 an der Volkshochschule im Rahmen der sog. Ausspracheabende (vgl. Flitner 1922 und Jenaische Zeitung Nr. 41 vom 17.02.1923), die „für alle Lehrer und Hörer“ (Volkshochschule Jena. Arbeitsplan Winter 1921. Jena: Thüringer Verlagsanstalt o. J. [1921], S. 3) offen waren. Laut Ankündigung handelte es sich dabei um „Aussprachen über Dinge, die uns gemeinsam angehen, über Beruf und Wirtschaft, Bildungs- und Weltanschauungsfragen“ (ebd.). Ob Gropius wie geplant noch einmal im Frühling 1924 an der Jenaer Volkshochschule sprach, ist nicht belegt (vgl. Volkshochschule Jena. Arbeitsplan: Ostern bis Johanni 1924. Jena: Thüringer Verlagsanstalt o. J. [1924], S. 2).
- 14.
Die unter dem Motto „Das klassische Weimar“ stehende erste „Weimarwoche“ fand unter der Führung von Flitner und Fränzel vom 22. bis zum 28. August 1921 statt. Für die beiden folgenden „Weimarwochen“ (vom 17. bis zum 24. September 1922 und vom 26. August bis zum 2. September 1923) sind Bauhausbesuche belegt (vgl. N.N. 1921, 1923; Reimers 2003, S. 357–364).
- 15.
Vgl. Carnap (im Erscheinen), Eintrag vom 28.08.1921.
- 16.
Auch andere bauhausaffine Vorträge in Jena, etwa von Eberhard Grisebach (am 13.06.1920 über „Die Krisis der modernen Malerei“), Kurt Schwitters (der am 04.07.1921 einen Dada-Abend gab), Theo van Doesburg (am 29.03.1922 über „Der Wille zum Stil“ und am 07.02.1925 über „Die Architektur als Gestaltungsproblem“), Alois Schardt (am 20.11.1922 „Über die Grundlagen der modernen Malerei“), Adolf Behne (am 08.07.1923 zur Eröffnung einer Konstruktivistenausstellung und am 12.03.1924 über „Moderne städtebauliche Fragen“) fanden in Carnaps Tagebüchern keinen Niederschlag.
- 17.
Immerhin findet sich in Carnaps nachgelassener Bibliothek der Katalog zu dieser Ausstellung.
- 18.
Eine Liste dieser Ausstellungen findet sich in Wahl (1979, S. 341).
- 19.
Vgl. Flitner (1986, S. 167–169). Auch Herman Nohl hatte dort im Februar 1913 einen Vortrag (über Franz Marc) gehalten; Carnap besuchte in dieser Zeit zwar Nohls Seminar, war bei der Veranstaltung allerdings ebenfalls nicht anwesend (vgl. Lankheit 1989, S. 14–22 sowie Carnap (im Erscheinen), Eintrag vom 16.02.1913).
- 20.
Vgl. Ackermann (2017).
- 21.
Ein früher Förderer des verwandten Ausdruckstanzes war der Initiator und Mentor des Sera-Kreises, der äußerst kulturinteressierte Verleger Eugen Diederichs, der seit der Gründung des Bauhauses zu dessen engagierten Unterstützern zählte (vgl. Viehöfer 1988).
- 22.
Vgl. Carnaps Tagebucheinträge, vor allem in den 1920er-Jahren.
- 23.
Vgl. Christinck und Spieker (2011).
- 24.
Carnap (o. J., S. B 32 f.).
- 25.
Freilich ist Carnaps Selbsteinschätzung mit Vorsicht zu genießen, war er sich doch lange Zeit seiner (durch Herman Nohl vermittelten) Beziehung zu Dilthey nicht bewusst, die ebenfalls auf diese frühen Jahre zurückgeht (vgl. Gabriel 2004, S. 16–17).
- 26.
- 27.
In Carnaps Tagebüchern und Briefen „Luzia“ genannt.
- 28.
Giedion (1956, S. 7).
- 29.
Vgl. Giedion (1954, S. 33 und 39); Giedion freundete sich bei dieser Gelegenheit mit Moholy-Nagy an, der über ihn dann auch Carnap kennenlernte.
- 30.
- 31.
Vgl. Feigl (1969, S. 637).
- 32.
Im Vorwort zum Aufbau erklärte er: „Wir spüren eine innere Verwandtschaft der Haltung, die unserer philosophischen Arbeit zugrunde liegt, mit der geistigen Haltung, die sich gegenwärtig auf ganz anderen Lebensgebieten auswirkt, wir spüren diese Haltung in Strömungen der Kunst, besonders der Architektur, […] der Erziehung, der äußeren Ordnungen im Großen“ (Carnap 1998, S. XV f.). Für Mitstreiter wie für Kritiker lag der Bezug zum Bauhaus und zur Neuen Sachlichkeit unmittelbar auf der Hand. So schrieb etwa Rolf Göldel: „Carnaps Lehre von der Rationalität im Wissenschaftlichen, seine Hoffnung auf die Berechenbarkeit der konkreten Existenz, seine Absage an alle Spekulation und Romantik lassen es für angezeigt halten, Carnap als einen Verkünder der ,neuen Sachlichkeit in der Philosophieʻ zu bezeichnen – umsomehr [sic], als er bekennt, gewissen Strömungen der gegenwärtigen Architektur (gemeint ist offenbar die rationalistische Architektur, die im ,Dessauer Bauhausʻ exponiert war) sich verwandt zu wissen“ (Göldel 1935, S. 282).
- 33.
Vgl. Buderer (1994).
- 34.
Hartlaub (1931).
- 35.
Ebd.
- 36.
Ebd.
- 37.
Ebd.
- 38.
Hartlaub (1929, S. 276 f.).
- 39.
Vgl. Hartlaub (2000 [1923]). Hartlaub verwendete hier schon die Bezeichnung „Neue Sachlichkeit“; diese spezielle Schreibweise mit großem N wurde allerdings nicht überall adaptiert, vgl. z. B. die redaktionellen Anmerkungen zu einem Textauszug aus Rohs Buch Nach-Expressionismus (unter der Überschrift „Gegenständlichkeit“) in: Der Cicerone 17 (1925), S. 1113–1118, hier 1113.
- 40.
Zu Carnaps regem Gedankenaustausch mit den genannten Personen vgl. Carnap (im Erscheinen), passim.
- 41.
Vgl. Steinfeld (2016, S. 7–17).
- 42.
Seit seiner Bekanntschaft mit Elisabeth Schöndube 1912 verkehrte Carnap in Buchenbach und zog schließlich nach der Vermählung mit ihr im August 1917 ganz dorthin.
- 43.
Vgl. Carnap (im Erscheinen), Eintrag vom 04.07.1922.
- 44.
Christiansen (1929, S. 9).
- 45.
Ebd., S. 38.
- 46.
Ebd., S. 39 f.
- 47.
Ebd., S. 41.
- 48.
Gemeint sind Eberhard Zschimmer (1873–1940), der bereits 1914 im Jenaer Diederichs-Verlag eine Philosophie der Technik publizierte, und Friedrich Dessauer (1881–1963), der 1927 ein Werk gleichen Titels vorlegte.
- 49.
Ebd., S. 42 f.
- 50.
Ebd., S. 74. Der „Stäbetanz“ ist ein von dem Bauhausmeister Oskar Schlemmer und der Balletttänzerin Manda von Kreibig 1928 entwickelter Tanz, bei dem am Körper des Tänzers mehrere unterschiedlich lange Holzstäbe befestigt werden (eine Abbildung findet sich in Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen u. a. 1994, S. 17). Bezüglich des Bauhauses zeigt sich Christiansen recht gut im Bilde, wenn er es nicht pauschal dem H-Stil zurechnet: „Jeder denkt dabei an das Dessauer Bauhaus; doch das ist keineswegs stileinig: Gropius, Mart Stam [der Gastlehrer am Bauhaus war], überhaupt die Bauleute, und von den Malern Albers und Schlemmer haben viele H-Züge; dagegen die Maler Feininger, Kandinsky und Klee sind Gestrige; und der Wortführer [Ernst] Kállai [mit dem Carnap näher bekannt war] vermittelt diplomatisch glatt zwischen den Stilen“ (Christiansen 1929, S. 10 f.).
- 51.
Ebd., S. 43 f.
- 52.
Ebd., S. 45.
- 53.
Ebd., S. 46.
- 54.
Ebd., S. 47 f.
- 55.
Ebd., S. 49.
- 56.
Ebd., S. S. 51.
- 57.
Ebd., S. 52.
- 58.
Ebd., S. 53 f.
- 59.
Ebd., S. 57.
- 60.
Ebd., S. 58.
- 61.
Ebd., S. 106. Die erwähnte „phrasenlose Sprache“ zeichnet nicht zufällig Carnaps Stil aus, hatte er doch ein entsprechendes Lehrbuch Christiansens durchgearbeitet. So findet man in seinem Tagebuch am 9. April 1924 den Eintrag: „abends mit Elisabeth aus Christiansen Schule des Schreibens geübt“ (gemeint ist Christiansen 1919). Auch noch später fragte Carnap bei Christiansen um Schreibstil-Beratung nach (vgl. den Tagebucheintrag vom 19. August 1930).
- 62.
In Carnaps Freiburger Freundeskreis wurde Christiansens Werk ebenfalls intensiv gelesen, so sehr, dass man bereits im Sommer des Erscheinungsjahres bei einem Tanzabend eine Scharade mit Tänzen im V-, G-, H- und M-Stil veranstaltete (vgl. Carnap (im Erscheinen), Eintrag vom 11.08.1929; in Christiansen 1929, S. 72–75, werden die unterschiedlichen Tanzstile in einem separaten Kapitel behandelt). Gramm verfasste im Anschluss an Christiansen eine eigene Studie, in der ebenfalls die Verbindung von Bauhaus-Stil und Positivismus konstatiert wird; vgl. Gramm (1931, S. 155 f.).
- 63.
Marie Reidemeister arbeitete am Gesellschafts- und Wirtschaftsmuseum von Neurath, den sie 1941 heiratete.
- 64.
Carnaps Verteidigung des Werkes ist bemerkenswert, wenn man bedenkt, auf welches Fundament Christiansen seine Einsichten gründet: „Stilerkenntnis gelingt nicht mit den Mitteln der exakten Erfahrungswissenschaft“ (Christiansen 1929, S. 10). „Stilerkenntnis hat also keine schlechthin übertragbare Methode; sie bedarf der persönlichen Intuition. Stile erfaßt nur, wer hellhörig ist für die Innensprache der Formen und Dinge und ihre Zusammengehörigkeiten genau erfühlt“ (ebd., S. 11).
- 65.
Vgl. Bernhard (im Erscheinen).
- 66.
- 67.
- 68.
Neurath (1926b, S. 210).
- 69.
Vgl. bauhaus. zeitschrift für gestaltung, 3(2) (1929), S. 26. Das Manuskript zu Meyers Vortrag ist abgedruckt in Meyer (1980b, S. 54–62).
- 70.
Neurath (1926b, S. 210).
- 71.
Meyer (1928, S. 12). Mit vergleichbarer emphatischer Berufung auf „das Leben“ formulierten Neurath, Carnap und Hans Hahn: „Die wissenschaftliche Weltauffassung dient dem Leben und das Leben nimmt sie auf“ (Neurath u. a. 1929). Entsprechend begann Carnap seinen ersten Bauhausvortrag „Wissenschaft und Leben“ mit dem Satz: „Ich arbeite in Wissenschaft, Sie in (sichtbarer) Formgestaltung; beides nur Seiten des einen Lebens“ (RC 110-07-49).
- 72.
Vgl. Gmeiner und Pirhofer (1985).
- 73.
Zu Franks Bauhaus-Kritik vgl. Long (2002, S. 115–118).
- 74.
Vgl. Frank (2008 [1927]). Konsequenterweise sollte Frank, als er 1932 mit der Leitung der Wiener Werkbundsiedlung betraut wurde, keinen der in Stuttgart beteiligten Architekten einladen, aus Deutschland überhaupt nur den dort marginalisierten Hugo Häring; aber auch (der Schweizer) Hannes Meyer blieb unberücksichtigt; vgl. Posch (2012).
- 75.
- 76.
Frank (1930, S. 401).
- 77.
Ebd.
- 78.
Ebd., S. 406. Zu Franks Moderne-Konzeption vgl. Czech (2008).
- 79.
Vgl. Meyer (1980a [1926]). Carnap als überzeugtem Esperantisten (vgl. Lins (im Erscheinen)) und Verwender einer Kurzschrift (Stolze-Schrey) wird in diesem Meyer-Text durchaus Modernität attestiert, wenn es heißt: „Wir lernen Esperanto. Wir werden Weltbürger. […] Im Esperanto konstruieren wir nach dem Gesetz geringsten Widerstandes eine übernationale Sprache, in der Einheitskurzschrift eine traditionslose Schrift“ (Meyer 1980b [1929], S. 221 f.).
- 80.
Ähnlich wie Frank äußerte sich auch der Architekturkritiker Peter Meyer, der in diesem Zusammenhang von „Maschinenlyrik“ sprach (Meyer 1927, S. 49).
- 81.
Carnap (im Erscheinen), Eintrag vom 27.05.1929.
- 82.
Ebd., Eintrag vom 01.07.1929; vgl. Feigl (1929).
- 83.
Vgl. Bernhard (im Erscheinen).
- 84.
Kranz (1985, S. 340).
- 85.
Zu Carnaps Bauhausvorträgen im Detail vgl. Bernhard (im Erscheinen).
- 86.
Damit ging Carnap freilich ein Missverständnis an, das nicht nur am Bauhaus vorherrschte; so war es auch außerhalb der Avantgardeschule ohne Weiteres verständlich, wenn man die angesagte Damenfrisur als „antimetaphysischen Bubikopf“ (Dehn 1929, S. 39) bezeichnete.
- 87.
Vgl. Hahn (1987).
- 88.
Zur inhaltlichen Gestaltung des New Bauhaus vgl. Findeli (1990/91).
- 89.
Carnap, Tagebucheintrag vom 07.10.1937, RC 025-82-03. Carnap kam dann auch zur Eröffnung der Schule Anfang November, hielt aber im Tagebuch fest: „Zu Moholys großem Kummer gehe ich abends nicht zum feierlichen Dinner mit Vortrag von Gropius, wo ich am Sprechertisch sitzen sollte“ (Eintrag vom 09.11.1937, RC 025-82-03; Carnap nennt keinen Grund für seine Absage).
- 90.
Zur Konzeption des Kurses „Intellectual Integration“ vgl. Findeli (1995, S. 220–225).
- 91.
Morris (1972, S. 13). Die „engere Verbindung zwischen der Gestaltung und den Naturwissenschaften, der Philosophie“ usw., an der „weitgehend die drei Professoren von der Universität von Chicago mitgewirkt“ hatten (Koppe 1985, S. 366), wurde auch von den Studenten als Spezifikum des New Bauhaus empfunden.
- 92.
Vgl. Morris (1939a).
- 93.
Vgl. Morris (1939b); das in diesem Artikel verwendete Bild von der durch die Wissenschaft angebotenen Landkarte könnte Morris von Carnaps Vortrag am New Bauhaus übernommen haben.
- 94.
- 95.
Für die Behauptung, dass Carnap mehrere Vorträge an Moholy-Nagys Schule hielt (Galison 1990, S. 747), gibt es keinen Anhaltspunkt.
- 96.
Carnap, Tagebucheintrag vom 16.05.1938, RC 025-82-04. Mit der von ihm „Ina“ genannten Elisabeth (geb. Stöger) war Carnap seit 1933 verheiratet. Bei dem erwähnten „Sweeney“ handelt es sich wahrscheinlich um John Lincoln (Jack) Sweeney, dessen Bruder James Johnson Sweeney, Kunstschriftsteller und Kurator des Museum of Modern Art, Moholy-Nagy als Dozenten für das New Bauhaus gewinnen wollte (vgl. Moholy-Nagy 1969, S. 142, 153 f.).
- 97.
Der Inhalt von Carnaps überlieferten Dessauer Bauhausvorträgen ist ausführlich dargelegt in Bernhard (im Erscheinen).
- 98.
Carnap (1938).
- 99.
Ebd. und Carnap (1929).
- 100.
Carnap (1938).
- 101.
Vgl. Carnap, Tagebucheinträge vom 09.10.1937, 12.10.1937, 17.10.1937 (jeweils RC 025-82-03), 09.01.1938, 16.01.1938, 03.04.1938 (jeweils RC 025-82-04), 16.01.1939, 18.04.1939, 23.05.1939, 24.05.1939, 28.06.1939, 29.06.1939 (jeweils RC 025-82-05), 16.02.1940, 17.02.1940, 07.04.1940, 20.05.1940, 02.06.1940 (jeweils RC 025-82-06) u. a.
- 102.
Vgl. Wolfe (1981).
- 103.
Feigl (1969, S. 630).
- 104.
Carnap, Tagebucheintrag vom 08.10.1937, RC 025-82-03.
- 105.
In den 1920er-Jahren war dies nach der drastischen Mittelkürzung für das Weimarer Bauhaus der Dessauer Oberbürgermeister Fritz Hesse, in Chicago war es der Industrielle Walter Paepcke. Carnap engagierte sich ebenfalls bei der Geldbeschaffung für die Neueröffnung der Schule (vgl. Carnap, Tagebucheintrag vom 18.04.1939, RC 025-82-05), was Moholy-Nagy ihm mit einem Bild dankte (vgl. ebd. und Eintrag vom 07.04.1940). Zur detaillierten Chronologie des New Bauhaus und seiner Nachfolge-Institutionen vgl. Fiedler (1987).
- 106.
Vgl. Carnap, Tagebucheintrag vom 16.01.1939, RC 025-82-05.
- 107.
Vgl. Carnap, Tagebucheintrag vom 16.02.1940, RC 025-82-06; schon am 9. Januar 1938 hält Carnap im Tagebuch fest: Moholy-Nagy „liest mein ,Unityʻ mit Begeisterung“ (gemeint ist wohl Carnap 2011 [1934] oder die deutsche Erstfassung Carnap 1931b). Die Argumentation von Tomita (2017), wonach schon Meyer in seiner Bauhauszeit von der Konzeption der Einheitswissenschaft inspiriert war, ist nicht überzeugend, da sich Meyers Änderungen seines Textes „Die neue Welt“ sicher auf die Kritik von Otto Geldsted zurückführen lassen (vgl. Bernhard 2009) und nicht auf Gedanken des Logischen Empirismus; abgesehen davon bildet die Planungs- und Bauorganisation der Gewerkschaftsschule in Bernau kein Beispiel für Einheitswissenschaft, wo es in erster Linie um theoretische Begründung und nicht um praktische Zusammenarbeit geht.
- 108.
Vgl. Carnap, Tagebucheinträge vom 16.01.1939 (RC 025-82-05) und 16.02.1940 (RC 025-82-06).
- 109.
Carnap (1931a, S. 237). Nahezu zeitgleich erklärte auch Carnaps Diskussionspartner Roh: „Das Vorbild einer exakten Wissenschaft ist seit langem die mathematische Physik (Minkowski, Einstein, Schrödinger, Heisenberg), diese ist vom Lebensgefühl unabhängig. […] Auch eine Ethik ist (wie eine Ästhetik, das gehört zusammen) als Wissenschaft nicht möglich“ (Roh 1932). Lüdeking betont somit zu Recht, dass Carnap nie in Erwägung zog, „sich direkt in die Interpretation und Bewertung von Kunstwerken einzumischen“ (Lüdeking 1991, S. 264).
- 110.
Für viele wertvolle Hinweise danke ich herzlich Brigitte Parakenings. Carnaps Autographen aus unveröffentlichten Quellen sind zitiert mit Genehmigung der Universität Pittsburgh. Alle Rechte vorbehalten.
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Bernhard, P. (2021). Carnap und das Bauhaus. In: Damböck, C., Wolters, G. (eds) Der junge Carnap in historischem Kontext: 1918–1935 / Young Carnap in an Historical Context: 1918–1935. Veröffentlichungen des Instituts Wiener Kreis, vol 30. Springer, Cham. https://doi.org/10.1007/978-3-030-58251-7_5
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