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DIE PERSÖNLICHKEIT DES HL. JOHANNES KAPISTRAN (1386-1456) Die Geschichte Europas im 15. Iahrhundert kennt drei größere Kulturgebiete von starker eigener Prägung, die von bedeutenden Meistern wiederholt geschildert worden sind: die italienische Renaissance , die burgundische Hofkultur und die reiche, aber vielgestaltige brodelnde deutsche Volkslandschaft. Dieses Jahrhundert der starken Individualitäten wird noch immer vorwiegend unter dem Gesichtspunkt der profanen Kultur betrachtet. Solche Einschränkungen bringen es aber mit sich, daß in jedem dieser drei Gebiete hervorragenden, vor allem kirchlichen und religiösen Persönlichkeiten vor der Geschichte noch nicht die Gerechtigkeit widerfahren ist, die sie objektiv beanspruchen dürften. Einige von ihnen, um hier allein Johannes Kapistran zu nennen, schreiten nicht nur über alle diese drei Gebiete hin, sondern sind auch noch außerhalb Europas im Dienste der Kirche tätig1. 1. Die Quellen Eines der hervorragendsten, wenn nicht gar das primäre Quellgebiet für die biographische Erforschung der Renaissance ist die Korrespondenz der großen Persönlichkeiten. Zu diesen wird man ja ohne weiteres die hohe Gestalt des "Apostels Europas" rechnen. Sein Briefwechsel ist auch außergewöhnlich reich (es sind bis heute über 700 Stücke bekannt - der längste Brief umfaßt 297, die meistens weningstens etliche Seiten Schreibmaschine), aber dessen wissen1 Nachdem schon Jakob Burckhardt nachdrücklich auf die Wanderprediger hingewiesen hatte, war es vor allem Ludwig von Pastor, der eingehender über Kapistran berichtete. Er war dieser Gestalt bei seinen Forschungen oft begegnet und hielt eine quellenmäßige Lebensbeschreibung für eine dankbare Aufgabe. Vgl. Geschichte der Päpste, I (Friburg: 1926), 482, bzw. III 72. 206OTTOKAR BONMANN schaftliche Durchdringung und kiritische Sicherung bietet ebenso außerordentliche philologische Schwierigkeiten. Kapistran selbst hat kein geschlossenes corpus epistolarum zusammengestellt .2 Eine Druckausgabe, die eine breitere wissenschaftliche Diskussion erleichtern könnte, hat nie bestanden.3 Die noch erhaltenen und zu suchenden Brieftexte liegen über ganz Europa zerstreut. Unter den erhaltenen und bis heute bekannten Texten ist leider nur rund ein Prozent von Kapistrans eigener Hand geschrieben ; die erhaltenen Missiven sind fast alle Kopien. Predigten galten ja literarisch wohl immer als eine eigenrechtliche Größe, aber Briefe haben durch Jahrhunderte nie dieses Ansehen besessen. So wenig, wie ähnlich heute Tageszeitungen; mit der Vermittlung der Nachrichten hatten sie für die Öffentlichkeit ihren Haptzweck erfüllt. Man kopierte aus ihnen nur, was des Kopierens für wert erachtet wurde, d.h. je nach Bedarf und Belieben größere oder kleinere Teile oder auch das Ganze, kopierte gut, lopierte auch sehr schlecht. Insgesamt kennen wir von den heute rund 700 Briefen das Vielfache an Textzeugen, die herangezogen werden müssen. Auch dem Charakter nach sind diese Einheiten sehr unterschiedlich; vom einfachen Billet und Formularbrief biz suz eingehenden Beantwortung dringender Fragen sind alle Formen vorhanden; einige Briefe sind regelrechte Traktate geworden. Das genus litterarium ist zu Kapistrans Zeit noch nicht klar herausgebildet . Einzelne Stücke würden wir mehr als Flugschriften und Manifeste denn als Briefe betrachten.4 2 Von Kapistrans zweitem Generalvikariat (1449-1452) an bestand ein Registerband, der vor allem die offizielle Korrespondenz notierte, später dann privat weitergeführt wurde; vgl Hofer-Bonmann, Joh. Kapistran, ein Leben im Kampf um die Reform der Kirche, I (Heidelberg: 1964), 336-37 und 367-68. Dieser Registerband ist nachweislich (soweit bis heute bekannt) zuletzt 1780 in der Bibliothek Waddings in S. Isidoro-Rom benutzt worden, seitdem ist er spurlos in der Geschichte verschwunden; vgl Studi Francescani, 53 (1956), 286, Anm. 3. 8 Einzelne Briefe wurden im Laufe der Zeit verschiedentlich nach irgend einer Vorlage geboten, z.B. von L. Wadding in den Annales Minorum, aber auch insgesamt stellen sie nur einen kleineren Teil dar. Vgl. ebd. 291s. 4 Das Sammeln der Briefe ist noch keineswegs abgeschlossen, viele bedeutende Archive und auch Bibliotheken sind noch nicht systematisch durchsucht , ja nicht einmal die "bekannten" Hss alle definitiv erfasst d.h. alle von der Kommission noch nicht "selbst in die Hand genommen" oder gar beschrieben und zur Kollation benutzt worden. Die Kommission wendet sich vorerst einmal der kritischen Betrachtung des vorhandenen Materials zu, und intentiert (mit Gutheissung der Oberen) jetzt nach der Bearbeitung der Originalusgabe Hofers Die Persönlichkeit des Hl. Johannes Kapistran207 Unter diesen Briefen finden sich Texte von fast allen...

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