Fichte-Studien

Volume 43, 2016

Fichte und seine Zeit

Francisco Prata Gaspar
Pages 158-171

Entweder Gott oder Nichts – Nihilismus und transzendentaler Idealismus

Either God or nothing – Nihilism and transcendental Idealism. By the time of the “Atheism-Controversy” (Atheismusstreit) Jacobi wrote a “Letter to Fichte” (Brief an Fichte) in which he described the doctrine of science as Nihilism and not as Atheism. According to Jacobi, the doctrine of science would incur in to an emptiness of meaning and in to an artificial belief. Nevertheless, Fichte’s first and immediate position towards those critiques was not one of perplexity, because according to him the critiques Jacobi’s on the doctrine of science were in fact to be understood as a confusion between life and philosophy. The aim here is to discuss the distinction Fichte’s between the point of view of life and the one of the philosophy. This contribution isn’t however based only on texts that approach this distinction, but also analyses it in an illustrative way by interpreting some speculative writings of Fichte himself, specially the published exposition of his doctrine of science: the Grundlage der gesamten Wissenschaftslehre. Those texts apparently reinforce Jacobi’s position, but show in fact that Fichte is right. This way it may possible to reach a clear description of transcendental idealism, or at least as it was presented by Fichte in his Jena-period (1794–99). Anlässlich des Atheismusstreits schreibt Jacobi einen Brief An Fichte, in dem er die Wissenschaftslehre nicht als Atheismus, sondern als Nihilismus darstellt. Jacobi zufolge würde die Wissenschaftslehre an eine Sinnentleerung und an einen künstlichen Glauben verfallen. Die erste und unmittelbare Stellungnahme Fichtes gegenüber diesen Kritiken ist allerdings nicht durch Betroffenheit gekennzeichnet, weil diese Kritiken Jacobis an der Wissenschaftslehre, so Fichte, sich durch eine Verwirrung zwischen Leben und Philosophie erklären lassen. Hier geht es folglich darum, diese methodologische Unterscheidung zwischen dem Standpunkt des Lebens und dem der Philosophie zur Diskussion zu stellen. Dieser Beitrag lässt sich aber nicht nur durch eine Bezugnahme auf die Texte, die sich allein mit dieser Unterscheidung auseinandersetzen, begründen, sondern auch illustrativ, d.h. durch die Bewertung einiger spekulativen Texte Fichtes, im Besonderen seine veröffentlichte Darstellung der Wissenschaftslehre: die Grundlage der gesamten Wissenschaftslehre. Solche Texte bestärken nur anscheinend Jacobis Position, deuten aber tatsächlich, dass Fichte eigentlich Recht hat. Dadurch lässt sich vielleicht eine hervortretende Beschreibung des transzendentalen Idealismus gewinnen, wenigstens wie er sich bei Fichte in der Jenaer Zeit (1794–99) darstellte.