László Tengelyi: Leben und Werk
László Tengelyi: Leben und Werk
Аннотация
Код статьи
S271326680013219-0-1
Тип публикации
Статья
Статус публикации
Опубликовано
Авторы
Шнелль Александр  
Аффилиация: Университет Вупперталя
Адрес: Германия
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Das Vorwort zu diesem Heft bietet einen kurzen Überblick über den Werdegang und die Philosophie von L. Tengelyi an. Der Autor hebt drei wichtigsten Problemfelder seiner Philosophie hervor: die Lebensgeschichte, die Erfahrung sowie die phänomenologische Metaphysik, und versucht, den Zusammenhang zwischen ihnen herzustellen. Die Hauptthese des Autors ist, dass Tengelyi ein typischer Vertreter der modernen Phänomenologie ist. Das heißt, dass wir in seiner Philosophie all jene Besonderheiten finden, die für die Phänomenologie des 21. Jahrhunderts charakteristisch sind. Das sind das Problem des Transzendentalismus, das Problem der phänomenologischen Metaphysik und das Problem eines produktiven Zugangs zur Geschichte der Philosophie.

Ключевые слова
Феноменология, феноменологическая метафизика, трансцендентализм, Тенгели
Классификатор
Получено
30.12.2020
Дата публикации
30.12.2020
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1 László Tengelyi ist einer der bedeutendsten Phänomenologen des Anfangs des 21. Jahrhunderts. Sein Werdegang ist stellvertretend für die Richtung, welche die Phänomenologie nach der dritten Phänomenologen-Generation – also 1.) nach der Generation der „Gründerväter“, 2.) nach jener der direkten Schüler bzw. der ersten französischen Phänomenologen und schließlich 3.) nach jener, die von Tengelyi selbst als die der „neuen Phänomenologen in Frankreich“ bezeichnet wurde – eingeschlagen hat. Um das näher zu erläutern, soll zunächst seine intellektuelle Biographie vorgestellt werden.
2 Tengelyi wurde 1954 in Ungarn geboren. Dort hat er studiert und auch – bis hin zu seiner 1999 erlangten Professur an der Eötvös Loránd Universität (Budapest) – seine akademische Karriere begonnen. In Budapest konnte er bereits ein starkes universitäres Wirken entfalten, aus dem mehrere bedeutsame Schüler erwuchsen. Seine philosophischen Anfänge waren, nachdem er zunächst ein komplettes Latinistik-Studium, dann ein Philosophie-Studium und schließlich auch noch ein komplettes Gräzistik-Studium absolviert hatte, philosophiehistorisch geprägt. Kant, dem er seine ersten beiden Buchpublikationen gewidmet hatte, stand dabei im Mittelpunkt seiner Interessen. Besonders dessen praktische Philosophie hatte es ihm angetan. Anfang der 1990er Jahre erlebte Tengelyi dann eine Art „phänomenologische Wende“, die ihn für theoretische Fragen, wie sie bei Husserl und Heidegger zum Tragen kamen, öffnete. Zu diesem Zeitpunkt erhielt er Einladungen ins Ausland (sei es im Rahmen von Forschungsaufenthalten oder sei es als Gastprofessor), die ihn u.a. nach Leuven, Paris und Wuppertal geführt hatten und anlässlich derer er seine phänomenologischen Forschungen vertiefen konnte. 2001 erhielt er einen Ruf an die Bergische Universität Wuppertal (als Nachfolger Klaus Helds), an der er bis zu seinem (überraschenden und frühen) Tod kurz nach seinem 60. Geburtstag auch in Deutschland anderthalb Jahrzehnte lang eine breite phänomenologische Wirkung ausübte.
3 Seine eigenständigen phänomenologischen Forschungen betrafen drei unterschiedliche Gebiete, denen er originelle Arbeiten widmete, in welchen seine phänomenologischen Interessen zwar unterschiedlich zum Ausdruck kamen, dabei sich aber doch immer in ihrer Einheitlichkeit und Kohärenz auswiesen. Diese drei Gebiete sind die Frage nach der „Lebensgeschichte“ sowie ihrer „narrativen Identität“; der Begriff der (phänomenologischen) „Erfahrung“; und schließlich das Problem der „phänomenologischen Metaphysik“.
4 Aus den Forschungen zum ersten Gebiet ging sein Buch Der Zwitterbegriff Lebensgeschichte hervor, das in modifizierten Fassungen auch auf Ungarisch, Englisch und Französisch erschien. Der Grundgedanke dieses Werks besteht darin, dass die „Lebensgeschichte“ der menschlichen Existenz in einer eigentümlichen Spannung begriffen ist. Ihrer „Identität“, die sich „narrativ“ entfaltet, steht eine „wilde Region des Sinns“ gegenüber, die sich nicht in den Rahmen dieser Identität einschreiben lässt, sondern sich einer narrativen Erfassung vielmehr entzieht. „Bewusstsein“ und „Unbewusstes“ werden hier auf die Ebene des Sinnes erhoben (welcher sich narrativ oder eben in der Erfahrung der „Wildheit“ erschließt). Analysen zur Zeitlichkeit, Alterität und Ethik (womit Tengelyi an seine frühesten Arbeiten anschließt) runden dieses erste bedeutende systematische Werk ab.
5 Der „phänomenologischen Erfahrung“ ist zwar keine eigens ausgearbeitete Monographie gewidmet, dafür aber mehrere eigenständige Artikelsammlungen, die ebenfalls in verschiedenen Sprachen erschienen sind. Dabei entwickelte Tengelyi im Anschluss an Marc Richir eine Phänomenologie der Sprache und vertiefte seine Analysen zur Selbstheit und zur Andersheit.
6 Tengelyis systematisches Hauptwerk ist zweifelsohne sein zu Lebzeiten abgeschlossenes und einige Tage nach seinem Tod erschienenes Buch Welt und Unendlichkeit. Zum Problem phänomenologischer Metaphysik, in dem die Überlegungen zum dritten angesprochenen Forschungsfeld kulminierten. Das sehr lesenswerte, zusammen mit Hans-Dieter Gondek 2011 publizierte Buch Neue Phänomenologie in Frankreich stellte für letzteres bereits eine historiographische These bereit: Die Gemeinsamkeit der Hauptvertreter der dritten Phänomenologen-Generation (in erster Linie Marc Richir, Jean-Luc Marion und Michel Henry) bestünde in einer erneuten Betrachtung des Verhältnisses von Phänomenologie und Metaphysik. Das Hauptwerk von 2014 geht nun noch einen Schritt weiter und überlegt, welchen genuinen Beitrag die Phänomenologie zur ganz allgemein wiederauflebenden Metaphysik-Debatte in der Philosophie weltweit zu leisten vermag. Im Gegensatz zu verschiedenen Ansätzen in Frankreich vertritt Tengelyi dabei eine Metaphysik-Konzeption, die jenseits der (von Heidegger herausgestellten) Auffassung der Metaphysik als einer „Onto-Theo-Logie“ zu verorten wäre. In Anlehnung an Husserl entwickelt er dabei den Begriff einer „Metaphysik der Urtatsachen“, die, was die spezifische Herangehensweise betrifft, durch einen „methodologischen Transzendentalismus“ gestützt wird. Diese Urtatsachen sind: „Ich“, „Welt“, „Intersubjektivität“ und „Geschichte“ (bzw. „Geschichtsteleologie“). Dabei geht es einerseits um eine Umwandlung der „Metaphysica generalis“, sofern noch eine fünfte Urtatsache, nämlich die „Urtatsache des Erscheinens“ selbst, berücksichtigt und dadurch der phänomenologische Einschlag der Metaphysik deutlich wird. Andererseits setzen sich jene Urtatsachen an die Stelle von Ich, Welt und Gott in der klassischen „Metaphysica specialis“. Nach Fink und Richir wird also auch bei Tengelyi das „Erscheinen als Erscheinen“ zu einem Grundbegriff der Phänomenologie und dementsprechend der phänomenologischen Metaphysik.
7 Inwiefern ist Tengelyi also ein ganz wesentlicher Repräsentant der Phänomenologie zu Anfang des 21. Jahrhunderts? Mindestens drei Punkte sind hierfür hervorzuheben, die zu dem gerade Auseinandergelegten in engem Bezug stehen.
8 Der erste Punkt betrifft den angesprochenen Transzendentalismus. Tengelyi hebt den „methodologischen Transzendentalismus“ vom transzendentalen Idealismus ab, verfällt dabei aber nicht – in einer Art „Weltanschauungskampf“ – dem wie auch immer gearteten Realismus (auch wenn in der Phase, in der er sich dem „Erfahrungs“begriff zugewandt hatte, Ansätze zu einem „phänomenologischen Realismus“ entwickelt wurden). Tengelyi lehnt den Streit zwischen Idealismus und Realismus schlichtweg ab. Die von ihm vorgeschlagene Alternative, in der die Metaphysik der Urtatsachen mit dem methodologischen Transzendentalismus eine eigentümliche Verbindung eingeht, stellt den Begriff einer „phänomenologischen offenen Unendlichkeit“ ins Zentrum. In der Fruchtbarmachung dieses Begriffs, der eine andere Unendlichkeitsauffassung als die bei Levinas, Derrida oder Richir zu Tage fördert, besteht die von Tengelyi veranschlagte Radikalisierung des Transzendentalismus hin zu einem an Heideggers Gedanken eines „Weltentwurfs“ angelegten „metontologischen Transzendentalismus“.
9 Der zweite Punkt bezieht sich auf die Ausarbeitung einer phänomenologischen Metaphysik. Für Tengelyi kann Metaphysik phänomenologisch betrieben werden – und das heißt, der phänomenologischen Methode kann treu geblieben werden, ohne einerseits einer rein spekulativen Philosophie das Wort zu reden und andererseits auf der Stufe der Beschreibung konkreter Phänomene stehen zu bleiben. Der Begriff der „Urtatsachen“ – und insbesondere der sie kennzeichnenden „hypothetischen Notwendigkeit“ – ist, aufgrund eines eventuellen Modalitätsfehlers, umstritten. Das ändert aber nichts daran, dass Tengelyi sehr fruchtbar in die Debatte mit den „neuen Realismen“ eingreift, sofern seine Thematisierung der „Faktizität“ bzw. der „Urfaktizität“ das Problem der „Realität“ in der Phänomenologie mit neuen, eigenen Argumenten behandelt und zu dessen genauerer Bestimmung beizutragen sucht.
10 All dies vollzieht sich bei Tengelyi – und das macht schließlich den dritten Punkt aus – in einer sehr präzisen und fruchtbaren Hinwendung zur Philosophiegeschichte (sowohl im Hinblick auf die Antike als auch auf die Klassische Deutsche Philosophie). Die phänomenologische Problembehandlung lässt sich nämlich von einer denkerischen Auseinandersetzung mit diesen wegweisenden philosophischen Traditionen nicht ablösen. Tengelyis philosophische Anfänge verdankten sich Kant und Schelling – und auch seine letzten Projekte zeugten von der Absicht, insbesondere Schelling aufs Neue und in einem wesentlichen Maße Aufmerksamkeit zu schenken. Damit – will sagen: mit der Anbindung der Phänomenologie an die Klassische Deutsche Philosophie – sind offene Wege vorgezeichnet, die auch für die künftigen Phänomenologen-Generationen maßgeblich sind und bleiben werden.

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