Zur bewusstseinsanalytischen Philosophie von Walther Schmied-Kowarzik

Authors

  • Wolfdietrich Schmied-Kowarzik

DOI:

https://doi.org/10.12697/spe.2015.8.2.08

Keywords:

Walther Schmied-Kowarzik, die Formen des subjektiven Geistes, Bewusstseinsanalytische Philosophie (Phänomenologie), Kultur als Objektivation des Geistigen, Sitte und Religion als Formen des ideellen Geistes, philosophy of consciousness analysis, the forms of the subjective spirit, culture as objectification of the spiritual, custom and religion as forms of the ideational spirit

Abstract

Durch die Vermittlung des finnischen Philosophen Wilhelm Bolin wird Walther Schmied-Kowarzik (1885-1958) aus Wien/Österreich als erster Ordinarius für Philosophie an die 1919 neu gegründete estnische Landesuniversität Tartu berufen. Er sollte dort nicht nur die Fachgebiete Philosophie, Psychologie und Pädagogik nach dem Vorbild westeuropäischer Universitäten aufbauen, sondern auch dafür sorgen, dass innerhalb von zehn Jahren diese Fächer in estnischer Sprache zu fundamentalen Bausteinen der estnischen Lehrerbildung und akademischen Kultur werden können. Walther Schmied-Kowarzik vertrat eine bewusstseinsanalytische (phänomenologische) Philosophierichtung, wie sie zu Beginn des 20. Jahrhunderts aufkommt und bis heute fortbesteht. Schmied-Kowarzik geht es dabei um eine transzendentale Analyse der Formen des "subjektiven", des "objektiven" und des "ideellen Geistes". Die subjektiven Formen menschlichen Erkennens, Fühlens und Wollens in reflexiver Rückwendung zu differenzieren hatte Schmied-Kowarzik in seiner Wiener Habilitationsschrift Umris einer analytischen Psychologie (1912/1928) grundgelegt. Hierauf aufbauend, entwickelt er in seiner in Tartu erschienenen Schrift Die Objektivation des Geistigen. Der objektive Geist und seine Formen (1927) die Grundrisse einer Kulturphilosophie. Nach seiner Wegberufung an die Pädagogische Akademie in Frankfurt am Main 1927 wendet er sich sodann in seiner Ethik. Mit Berücksichtigung pädagogischer Probleme (1932) den Formen des "ideellen Geistes" zu, dem auch seine letzte, posthum erschienene Schrift Frühe Sinnbilder des Kosmos. Gotteserlebnis und Welterkenntnis in der Mythologie (1974) gewidmet ist.

Through the mediation of the Finnish philosopher Wilhelm Bolin, Walther Schmied-Kowarzik (1885-1958) from Vienna/Austria would be appointed the first full professor for philosophy at the newly founded Estonian state university in Tartu in 1919. Not only was he supposed to establish the disciplines of philosophy, psychology and pedagogy based on the model of western European universities, but was also to see that within ten years these disciplines be taught in the Estonian language and that they become the fundamental building blocks for Estonian teacher training and academic culture. Walther Schmied-Kowarzik advocated a philosophy based on a (phenomenological) analysis of consciousness as it began to surface towards the beginning of the 20th century and continues today. His interests therein were for a transcendental analysis of the forms of "subjective", "objective" and "ideational spirit". In his professorial dissertation written in Vienna, Umriss einer analytischen Psychologie (1912/1928), he laid the foundations for the differentiation of the subjective forms of human knowing, feeling, and desire through reflective thinking. Building upon this in his book Die Objektivation des Geistigen. Der objektive Geist und seine Formen (1927) published in Tartu, he developed the outlines of a philosophy of culture. After being called away in 1927 to the Pedagogical Academy in Frankfurt am Main he then turned with his book Ethik. Mit Berücksichtigung pädagogischer Probleme (1932) to the forms of the "ideational spirit", which is also the focus of his last, posthumous book Frühe Sinnbilder des Kosmos. Gotteserlebnis und Welterkenntnis in der Mythologie (1974).

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Published

2016-03-11

How to Cite

Schmied-Kowarzik, W. (2016). Zur bewusstseinsanalytischen Philosophie von Walther Schmied-Kowarzik. Studia Philosophica Estonica, 8(2), 156–174. https://doi.org/10.12697/spe.2015.8.2.08