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Publicly Available Published by De Gruyter (A) September 9, 2018

Nicholas L. Wright, Divine Kings and Sacred Spaces: Power und Religion in Hellenistic Syria (301–64 BC), Oxford (BAR) 2012 (BAR International Series 2450) XII, 167 S., 216 Abb., ISBN 978-1-4073-1054-1 (brosch.) £32,–

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Wright Nicholas L. Divine Kings and Sacred Spaces: Power und Religion in Hellenistic Syria (301–64 BC) BAR Oxford (BAR International Series 2450) 1 167 216 Abb. 2012 978-1-4073-1054-1 (brosch.) £32,–


Die Forschung zum Seleukidenreich hat in den vergangenen Jahren einen erheblichen Aufschwung erfahren und gegenüber dem quantitativ deutlich höheren Niveau für die Ptolemäer Boden gutmachen können. Dies ist – jenseits vieler Aufsätze – nicht zuletzt etwa an den Arbeiten von Kay Ehling (Untersuchungen zur Geschichte der späten Seleukiden [164–63 v. Chr.], Stuttgart 2008), Laurent Capdetrey (Le pouvoir séleucide. Territoire, administration, finances d’un royaume hellénistique [312–129 avant J.C.], Rennes 2007) und Paul Kosmin (The Land of the Elephant Kings. Space, Territory, and Ideology in the Seleucid Empire, Cambridge [Mass.] 2014) ersichtlich. Außerdem hat die kontinuierliche Erforschung der babylonischen Keilschrifttafeln (vgl. bes. I. Finkel – R. van der Spek, Babylonian Chronicles of the Hellenistic Period [BCHP]: http://www.livius.org/sources/about/mesopotamian-chronicles/? Stand: 22. 01. 2018) zu einem erheblichen Wissenszuwachs beigetragen; ein solcher besteht auch für die komplexe Münzprägung (A. Houghton – C. C. Lorber – O. Hoover, Seleucid Coins. A Comprehensive Catalogoue, New York 2002–2008). Aufgrund der kulturell, sprachlich und landschaftlich äußerst heterogenen Verhältnisse im Seleukidenreich sind aber auch Studien gefragt, die regionalspezifische Eigenheiten hervortreten lassen. Sie sind vor allem für die Beantwortung eines Bündels von Grundfragen zur seleukidischen Herrschaft wichtig, nämlich nach dem Umgang der Dynastie und ihrer Helfer mit den indigenen Kulturen, nach den Formen und dem Ausmaß der Akkulturation, nach dem Verhalten der einheimischen Eliten.

Ein hierfür besonders relevanter Aspekt ist der der Religion, was für die fragliche Zeit nicht nur die Kultpraxis für alte und neue Götter meint, sondern auch die kultische Verehrung der Könige selbst. Hier ordnet sich die vorliegende Studie ein, die auf eine Dissertation zurückgeht, die W(right) 2010 an der Macquarie University eingereicht hat. Damit möchte er zu einem „understanding of the religious climate of the Seleucid kingdom“ und „of the relationship between the kings and the belief systems of their subjects“ (xi) beitragen. Die Arbeit ist jenseits von Einleitung (vii–xi) und Zusammenfassung (151 f.) in sechs Teile gegliedert; beigefügt sind noch ein Stemma der Seleukidenkönige (iii) und ein Appendix mit einer hilfreichen Konkordanz von antiken Orten und modernen Bezeichnungen (153).

In der Einleitung geht W. auf einige für seine Fragestellung relevante Titel ein, präsentiert methodische Überlegungen und stellt den Duktus der Arbeit vor. Indem er sich auf ‚Syrien‘ (mit den Satrapien Seleukis, Kyrrhestis und Koile-Syrien) konzentriert, gerät die Region in den Blick, die am längsten seleukidisches Herrschaftsgebiet war. Außerdem werden jenseits der Quellen – archäologische und numismatische Befunde, Inschriften und literarische Texte – Elemente zusammengestellt (z. B. Gebete, Opfer, Pilgerwesen, Monumentalarchitektur, sakrale Topographie etc.), die sich für die Erfassung von Religion und kultischer Praxis eignen.

Im ersten Kapitel („A Macedonian hegemony“, 1–23) bestimmt W. nochmals detaillierter den regionalen Zuschnitt seiner Untersuchung, wobei das Fehlen der zu Beginn erwähnten Übersichtskarte (nicht nur im Rezensionsexemplar!) ein echtes Defizit darstellt. Außerdem gibt er einen ausführlichen, quellengestützten Überblick über die Geschichte der Dynastie, immer schon auch bezogen auf relevante Ereignisse in Syrien. Dies gilt auch für Fragen der Ethnizität im hellenistischen Osten, und zwar sowohl auf die Dynastie als auch auf das Heer bezogen – umso mehr, als neu angelegte seleukidische Siedlungen aus einer griechisch-makedonischen und indigenen Bevölkerung bestanden (was aber noch nichts über die soziale Schichtung etc. aussagt). Aufschlussreich sind vor allem die abgewogenen Überlegungen, kulturelle und ethnische Identitäten in archäologischen Befunden entdecken zu können.

W. untersucht im zweiten Kapitel „State patronage of religion“ (24–47) vorwiegend auf der Basis der Münzprägung die Gottheiten, die von den seleukidischen Königen gefördert wurden, und zwar chronologisch gegliedert. Dabei tritt zutage, dass ab der Mitte des 2. Jh.s v. Chr., also bei den späten Königen, ägyptische und semitische Einflüsse zu finden sind, zuvor aber lange Zeit Apollon prävalent war; erst später wurden auch lokale Befindlichkeiten beachtet. Die Zielgruppe dürfte vornehmlich im Militär zu suchen sein, wobei auch von einer stärkeren Monetarisierung mancher Landstriche auszugehen ist.

Das dritte Kapitel „Divine kings“ (48–70) ist dem Herrscherkult gewidmet, wobei W. anfangs ausführlich auf das synnaoi theoi-Konzept eingeht, dann aber die offizielle Titulatur und die Insignien der Göttlichkeit in der Münzprägung untersucht. Dazu zählen Stierhörner, Ziegenhornhelm, Flügeldiadem, Strahlenkrone, Kranz sowie Löwen- und Elefantenskalp; außerdem wird auf Königinnen als Gottheiten eingegangen, wobei W. die Göttlichkeit des lebenden Königs eher zurückhaltend beurteilt. Später verschiebt sich dann die Götterassimilation von Apollon zu Zeus, und es werden auch die individuellen Präferenzen der verschiedenen Linien der Dynastie erkennbar.

Im vierten Kapitel „Sacred spaces – North Syria“ (71–105), analysiert W. die Befunde für einzelne Orte, wobei deutlich wird, wie begrenzt und vielfach kaum vergleichbar unsere Evidenz ist. Vorgestellt werden das ‚Charonion‘ in Antiocheia am Orontes, ein dorischer Tempel in Seleukeia, das Zeus-Heiligtum von Baitokake und vor allem Areal B in Jebel Khalid (vermutlich Amphipolis-Nikatoris) am Euphrat mit den aktuellen Grabungsergebnissen sowie Hierapolis-Bambyke, über das wir durch Lukian, was die konkrete Kultpraxis angeht, weitaus besser informiert sind als über viele andere Heiligtümer. Die vielen aufschlussreichen Einzelbeobachtungen können hier nicht vorgestellt werden, aber es wird trotz etlicher griechischer Elemente eine große lokale Vielfalt deutlich: „Neither the layout, nor the architectural orders of temples and their sanctuaries were forced to conform to a royally ordained temple“ (104), wobei Ba’al, Atargatis und Hadad stark vertreten sind.

Das fünfte Kapitel behandelt das Pendant im Süden: „Sacred spaces – Phoenicia and Koile-Syria“ (106–142). Darin geht es um Umm el-Amed südlich von Tyros, Damaskus (ohne Überreste aus hellenistischer Zeit), das Pan-Heiligtum am Hermon, dann Gadara, Gerasa und Tel Beersheba, jeweils mit z. T. großen Ausgrabungen. Auch hier gibt es keine Uniformität, doch erklärt sich der stärkere ägyptische Einfluss durch die nähere Lage zum Land am Nil und die starke Prägung von dort, nicht zuletzt fassbar durch ptolemäische Prinzessinnen an den Schalthebeln der seleukidischen Herrschaft. Daneben lassen sich erneut semitische Kulte, aber auch griechische Überlagerungen wie im Paneion finden.

Um die „Cultic administration“ (143–149) geht es im sechsten Kapitel, was vor allem Funktionsträger und Opferorganisation meint, ebenso die Art der Opfertiere (besonders Fische). Hierfür wird erneut Material aus Jebel Khalid und aus Lukians Schrift Περὶ τῆς Συρίης Θεοῦ vorgestellt, wobei viele Beobachtungen auf Vergleichsmaterial aus Makedonien und Uruk zurückgehen.

W. fasst in den „Concluding thoughts“ (151 f.) seine Ergebnisse zusammen und stellt eine „enormous disparity“ der Befunde fest. Diese erschwert zumindest den Vergleich, wenngleich W. mit Blick auf „an integrated multidisciplinary approach to the Seleukids“ (151) optimistisch ist. Zwar gab es – anders als in der Münzprägung – keine Uniformität bei den Tempelanlagen, doch wurden in der kultischen Praxis indigene Vorstellungen beibehalten: „The Macedonian hegemony over Seleukid Syria was little more than a fragile veneer, capping but not smothering the underlying traditions.“ Um die Mitte des 2. Jh.s wurden dann auf der Ebene des Königs Veränderungen sichtbar: „Under Antiochos IV Epiphanes, Zeus, Ba’al and the king were fused into a single living manifestation of divine power“ (152); hinzu kamen eine Popularität und Omnipräsenz der höchsten syrischen Götter. Die Seleukiden passten sich also eher in die bestehende religiöse und kultische Landschaft ein, als dass sie sie brachial zu dominieren suchten.

Die Arbeit enthält 216 Abbildungen (darunter viele Münzen), Skizzen und Schemata, wobei jedoch etliche Karten (z. B. Abb. 116, 186, 198) so klein reproduziert wurden, dass sie faktisch nicht nutzbar sind. Wirklich bedauerlich ist aber, dass W., was die internationale, vor allem nicht-englischsprachige Forschung zu den Seleukiden angeht, doch auf einem eher eingeschränkten Niveau agiert; so fehlen – nur einige Beispiele – die bereits genannten Monographien von Laurent Capdetrey und Kay Ehling, ebenso diejenige von Peter Franz Mittag (Antiochos IV. Epiphanes. Eine politische Biographie, Berlin 2006). Vor allem aber hätte die Profilierung der Fragestellung von einer Auseinandersetzung mit dem einschlägigen Aufsatz von Maurice Sartre (Religion und Herrschaft: Das Seleukidenreich, Saeculum 57, 2006, 163–190), sehr gewonnen. Denn dort ist W.s Grundthese bereits pointiert aufgestellt, allerdings auf der Basis von Material aus dem gesamten Reich, und man hätte gewinnbringend die bei Sartre vorgegebene Struktur abarbeiten und den einen oder anderen Querverweis anbringen können.

Der Grundansatz von W., der sein Buch mit gelungenen Zusammenfassungen auch für einzelne Teile benutzbar macht, ist jedoch sehr zu begrüßen, zumal er der naheliegenden Versuchung weitgehend widerstand, für die hellenistische Zeit Fehlendes mit Späterem quasi zu kompensieren. Insbesondere die konzise Vorstellung der Befunde aus Jebel Khalid bringt großen Gewinn, und vor allem die sorgfältige Analyse und Zusammenführung der heterogenen Befunde für die Akkulturationsprozesse unter den späteren Seleukidenkönigen stellt einen wichtigen Baustein für weitere Vergleiche mit bereits intensiver erforschten Verhältnissen etwa in Babylonien und Baktrien dar.

Published Online: 2018-09-09
Published in Print: 2018-09-03

© 2018 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Downloaded on 25.4.2024 from https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/klio-2018-0114/html
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