De Gruyter (
2003)
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Abstract
Wieviel Ethik braucht der Mensch, wieviel Ethik braucht die Wissenschaft? Vor dem aktuellen Hintergrund einer gewandelten Wissenschaftsgesellschaft von hoher Entwicklungsdynamik geht es darum, Anleitung zu ethischer Selbst- und Situationsreflexion zu geben. Denn die spektakulären Errungenschaften nicht nur im Bereich der Biomedizin haben jedenfalls vorübergehend Zonen von moralischer und ethischer Ratlosigkeit geschaffen. Sie eröffnen Spielräume, von denen nicht sicher ist, ob sie genutzt werden dürfen und sollten. Die Empfindlichkeit gegenüber den Nachteilen und Risiken der technisch-wissenschaftlichen Zivilisation ist jedenfalls dort, wo die Möglichkeiten verfügbar sind, so weit gestiegen, dass sich ihre praktische Nutzung längst nicht mehr von selbst versteht. Auch das Recht ist derzeit weder auf der nationalen noch auf der internationalen Ebene in der Lage, überzeugende Handlungsanleitung zu geben. Welche Ziele und Mittel mit den neuen Möglichkeiten aber verfolgt werden dürfen, ist in der Tat eine Frage nach der Legitimität von Bedürfnissen und der Angemessenheit der Mittel. Nicht zuletzt appelliert sie (die Empfindlichkeit gegenüber den Errungenschaften der wissenschaftlich-technischen Gesellschaften?) potentiell auch an die Tugend der Selbstbeschränkung, die vielleicht dort noch wirksam wird, wo andere Steuerungsmechanismen versagen oder zu schwach sind. Diese komplexe Problemlage bei der Suche nach einer neuen Wertordnung an den Grenzen der Anwendung von Forschung und Wissenschaft hat der Ethik derzeit eine unerwartete Konjunktur beschert.