Abstract
In seinem überaus reichhaltigen wissenschaftlichen Lebenswerk kommt Richard Schaeffler an verschiedenen Stellen auf den Unterschied – und die große Gefahr einer Verwechslung – von ‚Bezeugen‘ und ‚Bewirken‘ zu sprechen. Die Gründe für diese gleichermaßen notwendige wie bedeutsame Unterscheidung finden sich in der Erkenntnislehre: Mit Immanuel Kant geht Schaeffler davon aus, dass unsere Vernunft der Gesetzgeber aller theoretischen und praktischen Aufgaben des Menschen ist – und dass die Vernunft sich in Wahrnehmung dieser Aufgabe unvermeidlich in Widersprüche verwickelt. Deshalb muss sich das Subjekt, wenn es seine erkenntnisfähige Vernunft selbst zum Gegenstand des Denkens macht, als „delegierter Gesetzgeber“ verstehen lernen: „Die Gesetzgebung der Vernunft, die sich in unvermeidliche Widersprüche verstrickt, muss als die Erscheinungsgestalt einer anderen Gesetzgebung verstanden werden, die diese Widersprüche hinter sich lässt: … eine göttliche Gesetzgebung.“