Abstract
Nach einer verbreiteten Auffassung kann Kant die Zurechenbarkeit menschlicher Handlungen nicht erklären, weil seine Freiheitstheorie impliziere, dass ausschließlich die moralisch guten Handlungen freie Handlungen sind. Folgt man Kants Kritikern, hätte er Freiheit als ein Wahlvermögen für oder gegen das moralisch Gebotene bestimmen müssen. In diesem Aufsatz wird dafür argumentiert, dass diese empirische Definition für Kant aus erkenntniskritischen Gründen ausscheidet und er mit der nicht-empirischen Vernunfteinsicht moralischer Verpflichtung zum ersten Mal einen Definitionsgrund gefunden hat, mit dem er über die analytische Definition einer Kausalität aus Freiheit aus der ersten Kritik hinausgehen kann. Dass diese Definition die Möglichkeit der moralisch bösen Handlung nicht ausschließt, wird durch eine genaue Analyse von Kants Argument für seine sogenannte „Analytizitätsthese“ bewiesen