In C. Wiesemann, A. Dörries, G. Wolfslast & A. Simon (eds.), Das Kind als Patient. Campus (2003)
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Abstract |
In der Medizin gehören Kinder neben Ausländern, Behinderten und psychiatrisch Erkrankten zu den besonders vulnerablen Patientengruppen. Im Folgenden soll die Frage nach der Würde der Kinder in medizinethischer Hinsicht behandelt werden. Dazu werden drei Thesen erläutert und begründet: (1.) das Prinzip der Menschenwürde kann nicht ganz außer Acht gelassen werden, wenn Kinder als Patienten in medizinethischer Hinsicht thematisiert werden; (2.) das Prinzip der Menschenwürde wird in der Medizinethik nicht schon vollständig durch die medizinethischen Prinzipien der Patientenautonomie und der Fürsorge für die Patienten abgedeckt; (3.)
die habituelle und bewusste Achtung der Würde des Menschen bringt immer wieder neue und bisher noch wenig beachtete Aspekte des medizinischen, therapeutischen und pflegerischen Umgangs mit Patienten und Kindern als Patienten ans Licht. Diskussionen über den Gehalt des Prinzips der Menschenwürde gehen nicht nur in der Medizinethik, sondern auch in anderen Bereichen der angewandten Ethik in der Regel von Erwachsenen aus. Erwachsene gelten als die paradigmatischen Subjekte und Objekte der Wahrnehmung, Zuschreibung und Anerkennung von Würde. Meistens denkt man nur an Erwachsene, wenn man darauf besteht, dass die menschliche Würde
(1.) vom moralischen und rechtlichen Standpunkt aus grundsätzlich zu achten ist, (2.) unter bestimmten psychologischen, sozialen und politischen Umständen gefährdet ist und (3.) in bestimmten Handlungssituationen mit anderen ethischen Forderungen in
Konflikt geraten kann. Bei Erwachsenen ist es relativ leicht, ethische Intuitionen darüber, ob in bestimmten medizinischen Handlungssituationen die Würde eines Menschen verletzt wird, zu formulieren und zu begründen. Denn bei Erwachsenen steht die Würdeverletzung in einem engen Zusammenhang mit der Berücksichtigung verschiedener ethischer Forderungen: (1.) nach Achtung der willentlichen Selbstbestimmung und der normativen Autonomie, (2.) nach Berücksichtigung von persönlichen Lebenszielen und Wertpräferenzen, (3.) nach Bewahrung von mutmaßlichen Lebenschancen (4.) nach Berücksichtigung personaler Bedürfnisse nach Anerkennung, Gegenseitigkeit, Intimität, Integrität, etc. sowie (5.) nach Wahrnehmung und Anerkennung der unverwechselbaren Individualität des Anderen. Die Angemessenheit und Erfüllbarkeit dieser ethischen Forderungen hängt nun aber von soziologischen und psychologischen Gegebenheiten ab, die bei Kindern je nach Altersgruppe und individueller Ausprägung nicht in gleicher Weise gegeben sind. Deswegen soll hier gezeigt werden, welche besondere und zusätzliche Rolle eine medizinethische Erinnerung an die
Würde der Kinder im Spannungsfeld zwischen Autonomie und Fürsorge spielen kann. Dabei zeigt sich, dass es gerade die Achtung vor der Würde des Kindes ist, die uns überhaupt erst ermöglicht, das Kind als Kind und damit als ein eigenständiges Subjekt und als ein besonderes menschliches Wesen zu entdecken.
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