Abstract
ZusammenfassungDie Zulässigkeit später Schwangerschaftsabbrüche nach Pränataldiagnostik wirft die Frage auf, ob die deutsche Rechtspraxis nicht widersprüchlich ist, die einerseits Ärzte dazu verpflichtet, zu früh und behindert geborene Kind zu behandeln, andererseits bei einer vorgeburtlich diagnostizierten Behinderung des Kindes aber den Abbruch einer Schwangerschaft bis zur Geburt zulässt. Der Beitrag geht der Frage nach, ob die Unterschiede, die im gesetzlichen Schutz des Lebens einerseits von ungeborenen und neugeborenen Kindern und anderseits von behinderten und nichtbehinderten Föten gemacht werden, aus ethischer Sicht verteidigt werden können. Hierzu werden zunächst weltanschaulich liberale, konservative und vermittelnde Positionen in der Bioethik zum moralischen Status menschlicher Wesen diskutiert. Abschließend wird ein eigener Vorschlag vorgestellt, der von weiten Sorgepflichten der Schwangeren gegenüber ihrem ungeborenen Kind ausgeht und die außergewöhnliche Beziehung zwischen Frau und Kind in der Schwangerschaft berücksichtigt. Diese Argumentation zeigt, dass eine liberale Regelung des Schwangerschaftsabbruchs mit einer allgemeinen medizinischen Behandlungspflicht zu früh oder behindert geborener Kinder aus ethischer Sicht vereinbar ist.