Abstract
Diese Studie versucht, die Grundlinien der kantischen Mathematiktheorie zu entwickeln. Es zeigt sich, dass das Problem des "epistemischen Bezugs" zu mathematischen Gegenständen im Mittelpunkt steht. Kant entwickelt hierzu zwei Strategien: unter der Voraussetzung, dass mathematische Erkenntnis "Erkenntnis in concreto", also anschaulich ist, zeigt er 1762, dass diese sich von der empirischen in der Methode der Begriffsbildung unterscheidet. Dies führt auf einen "schwachen" Aprioritätsbegriff. 1770 entwickelt Kant eine anspruchsvollere Theorie: er zeigt, dass die Anschaulichkeit und Apriorität mathematischer Erkenntnis uns nötigen, ein entsprechendes ontologisches Substrat zu fordern, dass er mit Raum und Zeit identifiziert. Diese Strategie wird hier als unbefriedigend kritisiert, und es wird vorgeschlagen, die "schwächere" Konzeption von 1762 stärker zu akzentuieren: mathematische Begriffe können sich auf empirische Anschauungen beziehen; der Bezug auf reine Anschauungen ist dagegen explanatorisch überflüssig