Abstract
Interessenbasierte Vertragstheorien sollten moralische Gefühle als Sanktionen betrachten und sich der Frage ihrer Rechtfertigung widmen. Als moralische Sanktionen gelten nach einer üblichen Auffassung Instanzen von selbst etablierten und zuverlässigen Reaktionsmustern einer Gemeinschaft, die einen Regelbruch unvorteilhaft machen. Nur weil sie nicht naturgegeben sind, stellt sich die Frage ihrer Rechtfertigung. Ich argumentiere dafür, dass moralische Gefühle eine Art von Wahrnehmungen sind und sich daher in genau dem Sinn kontrollieren lassen, der für Sanktionen wesentlich ist. Wir erlernen sie im Prozess der Sozialisation und passen sie im Normalfall langfristig so an, dass sie im Einklang mit der gesellschaftlichen Meinung stehen. Daher sind sie durch die Gemeinschaft selbst etabliert. Aber kurzfristig gesehen treten sie in bestimmten Situationen automatisch ein und liefern so zuverlässige Anreize für regelkonformes Verhalten. Ich wende mich damit explizit gegen eine These Peter Stemmers, der moralischen Gefühlen den Status von Sanktionen abspricht, weil sie nicht hinreichend unter unserer Kontrolle seien