In the 19th century, a transition took place from the classical to the modern ideal of science: Science would no longer be regarded as a categorical-deductive system of absolute truths, but instead as a hypothetical-deductive system of problematically conditional propositions. In this process, the synthetic a priori also took on more and more of the status of something problematically conditional, which could be found out and corrected empirically, and was itself even ultimately contingent upon empiricism. Along the way, it lost (...) its original purpose, namely to formulate the conditions for the possibility of objective knowledge. To the extent that one continues to attribute objectivity to scientific knowledge, however, the question of the synthetic a priori remains current. The present volume aims to trace the historical roots and varied interpretations of the synthetic a priori while also seeking new approaches toward a contemporary reinterpretation of this fundamental concept. // -/- Im 19. Jahrhundert vollzieht sich der Übergang vom klassischen zum modernen Wissenschaftsideal: Die Wissenschaft wird nicht mehr als kategorisch-deduktives System absoluter Wahrheiten, sondern als ein hypothetisch-deduktives System problematisch-konditionaler Sätze angesehen. Damit erlangt auch das synthetische Apriori mehr und mehr den Status von etwas Problematisch-Konditionalem, das vermöge der Empirie aufgefunden und nachkorrigiert wird, schlussendlich sogar selbst von der Empirie abhängt. Es büßt dabei seinen ursprünglichen Zweck ein, nämlich die Bedingungen der Möglichkeit objektiver Erkenntnis zu formulieren. Sofern man wissenschaftlicher Erkenntnis Objektivität zugesteht, bleibt jedoch die Frage nach dem synthetischen Apriori aktuell. Das vorliegende Buch will einerseits den historischen Wurzeln sowie verschiedenen Interpretationen des synthetischen Apriori nachspüren und andererseits nach Ansätzen für eine zeitgemäße Reinterpretation dieses fundamentalen Begriffes fragen. (shrink)
Nach einer kurzen Erinnerung an einige von Keplers Hauptwerken, in denen traditionelle und moderne Elemente eingehen (Abschnitt 1), wird zwei Beispielen die Differenz zwischen diesen beiden Elementen näher untersucht. Das erste Beispiel, Keplers Naturbegriff, dient zur Diskussion der Kritik qualitativer Unterscheidungen. Hierbei stehen Keplers Verhältnis zur aristotelischen Naturauffassung und die Relevanz dieser Relation für die moderne Wissenschaftsauffassung im Mittelpunkt (Abschnitt 2). Das andere Beispiel befasst sich mit dem absoluten Wahrheitsanspruch von Keplers Wissenschaft und rückt damit exemplarisch eine Differenz (...) zur modernen Wissenschaftsauffassung in den Vordergrund (Abschnitt 3). Anschließend werden umfassender traditionelle Elemente der frühneuzeitlichen Wissenschaft, wie sie Kepler vertrat, dem modernen Wissenschaftsverständnis gegenübergestellt. Nachdem damit die Entfernung Keplers zur Gegenwart gleichsam maximiert ist, wende ich mich den Wissenschaftsauffassungen von Wolfgang Pauli und Werner Heisenberg zu, die in bemerkenswerter Nähe zu Keplers vormodernen Ansichten stehen und doch ganz im Kontext der Moderne entwickelt wurden (Abschnitt 4). Obwohl also in jüngster Zeit ganz differente Einstellungen zu Keplers Verhältnis zur modernen Wissenschaft vertreten wurden, lässt sich doch eine Tendenz zur Abstandsvergrößerung in dieser Relation ausmachen (Abschnitt 5). (shrink)
Die Natur ist als Thema in der Phänomenologie von Husserl bis zu Schmitz wenig bearbeitet worden. Der Grund ist teilweise in der respektvollen oder auch kritischen Distanz vieler Phänomenologen zur Naturwissenschaft zu suchen, teils darin, dass es auf dem Feld der Selbstgegebenheit - Leib, Gefühl, zwischenmenschliche Beziehungen - zunächst die eigentlichen Entdeckungen zu machen galt. Selbst die Leibphilosophie wurde nicht als ein Teil einer Phänomenologie der Natur entwickelt. Doch ist der Leib nicht die Natur, die wir selbst (...) sind? Im vorliegenden Band unternehmen Forscher verschiedener Herkunft die gemeinsame Anstrengung, mit dem Thema Natur der Phänomenologie ein neues Forschungsfeld zu eröffnen. Dabei wird nicht nur an die phänomenologische Bewegung angeknüpft, sondern auch an aristotelische goethische Naturwissenschaft, soweit sie als phänomenologisch betrachtet werden kann. Damit wird die Absicht verfolgt, die Phänomenologie der Natur als eine alternative Erkenntnisweise im Unterschied zur herrschenden naturwissenschaftlich-technischen zu entwickeln. Nach der Entfaltung des Programms wird zunächst die goethische Naturwissenschaft als ein Paradigma von Naturphänomenologie dargestellt. Dann werden die Beiträge aus der phänomenologischen Bewegung (Husserl, Klages, Schmitz) durchmustert. Und schließlich werden Fallbeispiele gegenwärtiger phänomenologischer Erforschung der Natur vorgeführt. Dabei geht es einerseits um Beiträge von seiten goetheanischer Wissenschaft (Botanik und Wärmelehre), andererseits um Beispiele, die im Rahmen der Naturphilosophie entstanden sind (Phänomenologie von Wind und Wetter, Phänomenologie des eigenen Leibes als Natur, Phänomenologie der Stoffe). (shrink)
A commentary on §§ 64-68 of Kant's "Critique of the Power of Judgment". Nach einer allgemeinen Definition von zweckmäßigen Gegenständen und deren Binnendifferenzierung in künstliche und natürliche Zwecke, setzt Kant in § 64 mit einer vorläufigen Definition des eigentlichen Untersuchungsgegenstandes ein. Dinge sind genau dann Naturzwecke, wenn sie von sich selbst Ursache und Wirkung sind. Kant veranschaulicht diese Definition am Beispiel eines organischen Gegenstandes: an einem Baum. In § 65 soll die vorläufige Definition von Naturzwecken präzisiert und von einem bestimmten (...) Begriff abgeleitet werden. Kant führt die Selbstverursachung von Organismen zunächst auf eine Bildungskraft im Inneren der Dinge zurück. Da diese Kraft aber nicht erfahrbar ist, und da sich der Mensch natürliche Organismen dennoch nur durch die Wirksamkeit einer solchen Kraft erklären kann, wird sie als ein a priori regulatives Prinzip der menschlichen Urteilskraft gedeutet, das keinen gegenstandskonstitutiven, sondern einen bloß forschungsheuristisch–regulativen Charakter hat. In den §§ 66 und 67 versucht Kant zu zeigen, daß der Mensch die Idee der Teleologie der Natur als apriorisch–regulatives Prinzip bei der Beurteilung einzelner natürlicher Organismen (§ 66) und der Natur als System der Zwecke im ganzen verwendet (§ 67). In § 68 wertet Kant die Ergebnisse der "Analytik“ wissenschaftstheoretisch aus. Da die Teleologie der Natur auf einem unabhängigen, immanenten Prinzip beruht, ist sie eine eigenständige systematische Wissenschaft, die vor allem von der Theologie, aber auch von der mathematischen Naturwissenschaft verschieden ist. (shrink)
Depending on one’s point of view, Leibniz’s early philosophy can either be regarded as preparing the conceptual foundation for the development of the later theory of monads or as an intellectual period in it own right, fascinating in itself, since Leibniz here probably more than later allows the free run of his genius. Irrespective of approach, it has, however, to be said that up to recently this period in Leibniz’s thought has not received the attention it deserves.
Forthcoming in Conference Proceedings, Jena Phänomenologie conference I Hegels Charakterisierungen der neuen, von ihm entwickelten philosophischen Form, der Phänomenologie des Geistes, stellen vor allem deswegen ein Problem dar, weil sie so zahlreich sind. Bei einigen handelt es sich um klar erkennbare Reformulierungen oder Spezifizierungen anderer, in vielen Fällen aber scheinen die Beschreibungen inkonsistent zu sein oder unterschiedliche Perioden in Hegels Denken widerzuspiegeln, das sich während der Jenaer Zeit zwischen 1802 und 1806 rasch entwickelte. Ursprünglich war eine Phänomenologie eine (...) „Wissenschaft der Erfahrung des Bewußtseins“. Sie ist auch eine „Wissenschaft der Phänomenologie des Geistes“. Sie stellt eine Einführung in das wissenschaftliche System dar und bildet zugleich den ersten Teil eines solchen Systems. Die Enzyklopädie bezeichnet die PhG als „die wissenschaftliche Geschichte des Bewußtseyns.“ Im Hauptteil nennt Hegel das Werk den „Weg der Seele, welche die Reihe ihrer Gestaltungen, als durch ihre Natur ihr vorgesteckter Stationen durchwandert, daß sie sich zum Geiste läutere, indem sie durch die vollständige Erfahrung ihrer selbst zur Kenntniß desjenigen gelangt, was sie an sich selbst ist” (55). Berühmt ist seine Bezeichnung der Phänomenologie als „Weg des Zweifels“, ja, als „Weg der Verzweiflung“, und als „ausführliche Geschichte der Bildung des Bewußtseyns selbst zur Wissenschafft“. (56). (shrink)
Christian Georg Martin offers an argumentative reconstruction of the whole work, reading it as a critical ontology, namely as the attempt to abstract from all presuppositions and to immanently unfold conceptual determinations characterizing ...
Von den zahllosen Vorstellungen, die heute dem öffentlichen Reden über Natur zugrundeliegen, gehört die aristotelische Naturbegrifflichkeit zweifellos immer noch zu den einflußreichsten. Während in der Tradition des aristotelischen Denkens Natur und Technik zwei verschiedene Seinsweisen bezeichnen, verwerfen die Naturwissenschaften jede substantielle Unterscheidung zwischen den beiden Sphären. Die zunehmende Technisierung der Welt macht zudem einen Begriff problematisch, der im wesentlichen das von humanen Eingriffen Ungestörte subsumiert. Kann das öffentliche Verständnis, soweit es aristotelisch geprägt ist, die Tendenz zur Veränderung und (...) Ersetzung von Natur durch Technik überhaupt noch angemessen erfassen? Dieser Frage möchte ich auf zwei Ebenen nachgehen. Zum einen setze ich die aristotelische Unterscheidung von Natur und Technik weitestgehend als Dichotomie voraus, sehe von ihren lebensweltlichen Bezügen ab und konfrontiere sie exemplarisch mit einigen, teils schon vollzogenen, teils zu erwartenden Verschiebungen im Verhältnis dieser beiden Sphären. Insofern die Binnenperspektive der Individuen außer Betracht bleibt und es sich vornehmlich um Prozesse handelt, die die Grundlagen der materiellen Lebensverhältnisse betreffen, könnte man von der „gesellschaftlichen Ebene“ sprechen. Im Ergebnis zeigt sich ein spezieller, zunehmend verengter Kontext, in dem die Entgegensetzung noch sinnvoll Anwendung findet(I). Zum anderen rekonstruiere ich die aristotelische Begrifflichkeit im Horizont eines lebensweltlichen Verständnisses. Hierbei werde ich weniger von einer wechselseitigen Ausschließung der beiden Sphären ausgehen als von der Annahme, daß Natur und Technik die gegenüberliegenden Ränder eines Übergangsfeldes von Zuständen bezeichnen, in denen beide gleichsam gemischt enthalten sind. Die begrifflichen Hilfsmittel für diese Vermittlung finden sich bei Aristoteles selbst. Es handelt sich um die Individuationsprinzipien Stoff und Form, die in ihrer Anwendung auf die Definition von Natureine differenziertere Wahrnehmung des Technischen gestattet. (shrink)
This contribution analyzes the general relation between nature and laboratory with respect to the alternative of a ,,presented" and a ,,self-presenting nature". It is argued that as essentially presented by technological means, ,,nature in the laboratory" has to be considered as a dimensionally reduced nature already incorporated to the objective world of man. The basic precondition of the emergence of laboratory science on the threshold of modern times was the introduction of a concept of an ,,active physics" which itself presupposed (...) the abandonment of a given ,,metaphysical" order of phenomena, especially in the sense of the Aristotelian substance-accidence-scheme. The logic of a suchlike forced ,,presentation of nature", and also the logic of the modern technology-dependent ways of progress in knowledge can precisely be analyzed within the theoretical framework of the Paul-Lorenzen-School (,,Methodological constructivism"). The concept of a ,,self-presenting nature", on the other hand, requires a genuine reflection of a philosophy of nature which is able to focus on the aspects of self-reference and differentiality of the genuine instances of nature. Finally three starting-points of a non-laboratorial way of thinking nature are discussed. German Der Beitrag analysiert das Verhältnis von Natur und Labor unter dem Gesichtspunkt der Alternative von ,,sich zeigender und ,,gezeigter Natur, wobei die im Labor auf dem Wege einer wesentlich technisch-praktischen Erwirkung konkret ,,gezeigte Natureine der Gegenstandswelt des Menschen immer schon integrierte (und insoweit dimensional verkürzte) Natur ist. Die entscheidende Voraussetzung für die Entstehung der Laborwissenschaft an der Schwelle zur Neuzeit war die Einführung eines Konzepts ,,handelnder Physik, das seinerseits die Preisgabe einer vorgängigen ,,metaphysischen Ordnung der Phänomene (insbesondere im Sinne des Substanz-Akzidens-Gefälles) voraussetzt. Die Logik dieses ,,Zeigens der Natur ebenso wie die des modernen, technologieabhängig gewordenen Erkenntnisfortschritts ist wissenschaftstheoretisch mit den Mitteln des Methodischen Konstruktivismus präzise beschreibbar. Für den alternativen Begriff einer ,,sich zeigenden Natur als wesentlich polydimensionaler, einheitsbegrifflich nicht einholbarer Totalität bedarf es jedoch einer genuin naturphilosophischen Reflexion, die insbesondere die mit dem Natürlichen verbundenen Komponenten der Selbstbezüglichkeit und der Differentialität zu thematisieren vermag. Abschließend werden drei Ansatzpunkte eines ,,nichtlaboratorischen Naturdenkens diskutiert. (shrink)
In einer anspruchsvollen Lesart der Transzendentalphilosophie geht es dieser darum, der Welt in und durch die Einheit unseres Denkens eine letztliche Anerkennung als objektive Gegebenheit, man mag sie Natur oder Materie nennen, zu verschaffen. Die radikalste Version bleibt in dieser Hinsicht immer noch die Fichtes, der das Denken in der Funktion des Bestimmens zunächst auf das Subjekt des Denkakts selbst richtet. In dieser reflexiven Handlung, die Fichte in der GWL 1794 Tathandlung nennt, soll die Einheit von Theorie und (...) Praxis als wirkliche Einheit des noch Ungetrennten aufgewiesen werden. (shrink)
Im §4 der Einleitung zu den Grundlinien der Philosophie des Rechts charakterisiert Hegel die Seinsweise, in der das »Reich der verwirklichten Freiheit« gegeben ist, als die einer zweiten Natur. Obwohl Hegel die spezifische Formel von der »zweiten Natur« hier nur noch ein weiteres Mal (GPhR § 151,301) direkt wieder aufnimmt, markiert sie eine ebenso grundlegende wie weitreichende Neubestimmung der Wirklichkeit der Freiheit, die in der zeitgenössischen Diskussion von erheblicher Bedeutung ist. Um genauer zu verstehen, welchen Sinn diese (...) Bestimmung der Form der Freiheit hat, ist es hilfreich, eine grundlegende Form zweiter Natur - die Gewohnheit - zu untersuchen, die Hegel in einem Abschnitt zur Anthropologie in der Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften näher charakterisiert. Ich möchte im Folgenden die Form der Gewohnheit näher bestimmen, indem ich sie als einen besonderen Typ von Wiederholung charakterisiere, der sich im Ausgang von den Wiederholungen des Triebs verstehen lässt. Durch diese Bestimmung kann deutlich werden, wie die Gewohnheit dadurch, dass sie eine lebendige Form wiederholt, den Übergang von Natur zu Geist ermöglicht, diesen Übergang jedoch zugleich stets bedroht. Diese doppelte Struktur von Ermöglichung und Gefährdung behält noch für das »Reich der Sittlichkeit« (PhdG, 264) Gültigkeit und qualifiziert die Art und Weise, in der dieses als zweite Natur existiert. Die Form der Praxis lässt sich in diesem Sinne einerseits nur im Ausgang von der Form des Lebens verstehen, hängt aber andererseits zugleich von dem Abstand ab, den die Wiederholungen der Praxis gegenüber denen des Lebens gewinnen. (shrink)
Die praktische Philosophie der Gegenwart hat in vielfacher Weise Gebrauch von dem Gedanken gemacht, dass unsere sittliche Konstitution uns zur „zweiten Natur“ wird. Diesem Gedanken kann eine therapeutische, eine affirmative und eine kritische Wendung gegeben werden: In der therapeutischen Verwendung soll uns die Erinnerung, dass praktische Vernunft uns zur zweiten Natur werden kann, helfen, einen Dualismus von Geist und Natur zu überwinden, ohne uns auf einen reduktiven Naturalismus festzulegen. In der affirmativen Wendung soll der (...) Begriff der zweiten Natur die Exzellenzform praktischen Könnens artikulieren, das gerade darin seine höchste Stufe erreichen soll, das Richtige unmittelbar sehen und tun zu können. In der kritischen Verwendung drückt die Formel schließlich aus, dass eine erworbene sittliche Konstitution, die uns zur bloßen zweiten Natur geworden ist, sich unserer freien Aneignung und Bestimmung entzieht und uns auf eine problematische Weise bestimmt. In all diesen Varianten ist bislang weitgehend unerörtert geblieben, dass die philosophische Tradition nicht nur unsere erworbenen sittlichen Tugenden als „zweite Natur“ bestimmt hat, sondern auch mit Blick auf die schöne Kunst von „zweiter Natur“ spricht. Auch das Kunstwerk ist nach einem neuzeitlichen Topos, den die Ästhetik um 1800 aufgreift und schnell verbindlich gemacht hat, als eine „andere“ oder „zweite“ Natur zu verstehen, die durch den Künstler hervorgebracht wird und von der ersten Natur spezifisch unterschieden ist: Das Kunstwerk ist ein Produkt der Freiheit, das erneut als Natur erscheint (Kant); es gibt der ersten eine „zweite Natur“ zurück, die zugleich „eine gefühlte, eine gedachte, eine menschlich vollendete“ ist (Goethe); und es vollbringt das Kunststück einer „gesetzten Unmittelbarkeit“, einer Setzung von Sein, die an die gesetzte Unmittelbarkeit der Gewohnheit erinnert (Hegel). Wenn man diese Bestimmungen etwas weiter folgt, lässt sich schnell erkennen, dass es sich hier nicht um eine zufällige Homonymie handelt, sondern dass durch die Bestimmung als „zweite Natur“ ein gemeinsamer Problemhorizont angedeutet ist, auf den sich die zweite Natur der Sitte und die andere Natur der Kunst auf unterschiedliche Weise beziehen. In welcher genauen Beziehung stehen aber nun die zweite Natur der Sittlichkeit und die andere Natur der Kunst? Das ist die Frage, der die in diesem Schwerpunkt versammelten Beiträge nachgehen. (shrink)
Die im Aufsatz vorgetragene Kritik am Leitmotiv von Georg Pichts Vorlesung "Der Begriff der Natur und seine Geschichte" kann wie folgt zusammengefaßt werden:1. Das für die Natur bedrohliche Handeln ist nicht primär als angewandte Naturwissenschaft, sondern als technisches Handeln zu bestimmen.2. Die Zerstörung von Natur ist nicht Ausdruck einer Wesensqualität von Wissenschaft, sondern allenfalls eine Nebenfolge ihrer Anwendung, primär aber eine Nebenfolge des technischen Handelns.3. Wissenschaftliches Wissen erfaßt tatsächlich die Natur nicht so, wie (...) sie von sich her ist, aber die zerstörerische Anwendung von Wissenschaft ist kein Indiz für diesen Sachverhalt.4. Bei der Anwendung von Wissenschaft überblickt niemand die Gesamtheit der Handlungsfolgen, aber das liegt nicht spezifisch an den Charakteristika der Wissenschaft, sondern an der conditio humana.5. Die Mahnung, heute die Wahrheit unserer Naturerkenntnis in Frage zu stellen, erübrigt sich, da diese Diskussion längst im Gange ist. (shrink)
Der Verf., der hier eine Zusammenstellung der Kernthesen seiner Habilitationsschrift bietet , plädiert nachdrücklich dafür, der durch die Schule von Chartres repräsentierten Philosophie des 12. Jahrhunderts Eigenständigkeit zuzuerkennen und sie nicht nur als Vorläufer der Entwicklungen des 13. Jahrhunderts zu sehen. Ausgehend vom Genesis-Kommentar Thierrys von Chartres beschreibt er, wie methodisch Wissenschaft secundum physicam betrieben wird, unter Außerachtlassung allegorischer und moralischer Deutung. Erkenntnisleitend wird das Ursachenprinzip, genommen aus Platons Timaios, das vor allem durch die Kommentare Bernhards von Chartres (...) und Wilhelms von Conches bekannt wird. Der Timaios bildet zusammen mit den Schriften des Boethius die Grundlage der Wissenssystematik der Chartrenser. Das Desiderat einer Unterscheidung zwischen Erkennen aus Vernunftprinzipien und aus Offenbarung, die gerade das Schema des Boethius nicht leistet, läßt die Chatrtrenser Wissenschaftseinteilung bald an ihre Grenzen stoßen und wird erst ermöglicht durch die Rezeption der aristotelischen Analytiken. Die notwendige systematische Aneignung des Corpus Aristotelicum leistet dann vor allem Albertus Magnus. (shrink)
In der Wissenschaft spielen Visualisierungen eine immer wichtigere Rolle. Sie sind zum einen Gegenstand der Forschung und zum anderen unverzichtbares Hilfsmittel bei der Präsentation und Distribution von Forschungsergebnissen. Beides stellt neue Anforderungen an den Wissenschaftler und seine praktische wie auch theoretische Arbeit und lässt nach einer kritischen Reflexion dieses Bildhandelns fragen. Was zeigen uns MRT-Bilder in der Medizin wirklich? Wie hat die Weiterentwicklung der Mikroskopie-Technologie unsere Vorstellung von der menschlichen Zelle verändert? Welche Rolle können Bilder bei der Vermittlung (...) von Wissen im didaktischen Kontext spielen? Zeigen uns Visualisierungen die Wirklichkeit? Oder sind sie bloß ein weiterer Anhaltspunkt für die soziale Konstruktion wissenschaftlicher Erkenntnis? Kann es eine Logik der Bilder geben? In welchen Begriffen reden wir über Bilder? Ziel des Sammelbandes Visualisierung und Erkenntnis. Bildverstehen und Bildverwenden in Natur- und Geisteswissenschaften ist es, die Forschung mit und an Visualisierungen in den Einzelwissenschaften auf eine reflektierte Basis zu stellen. Zu diesem Zweck werden nicht nur die wissenschafts- und erkenntnistheoretischen Grundlagen und Herausforderungen beleuchtet, die die Verwendung von Visualisierungen mit sich bringt, sondern auch die Rolle der Visualisierungen im konkreten Anwendungsfall betrachtet. Der Band lässt dabei Geistes- und Naturwissenschaftler, Theoretiker und Praktiker in einen Dialog über den gemeinsamen Forschungsgegenstand treten. (shrink)
In der Schrift "Jenseits von Gut und Böse" erreicht Nietzsches philosophische Entlarvung des Nihilismus der überkommenen Werte ihre höchste und reifste Gestalt; als ›Vorspiel der Philosophie der Zukunft‹ konzipiert, inspiriert sie Nietzsche zu einer Neubewertung seiner frühen Schrift über "Die Geburt der Tragödie aus den Geiste der Musik", nun mit dem Vorwort: ›Versuch einer Selbstkritik‹._1885 faßte Friedrich Nietzsche den Entschluß, eine Neue Ausgabe seiner Schriften erscheinen zu lassen, die »das Eigene und Unvergleichliche in diesen Werken« herausstellen sollte. Diesem Konzept (...) folgt auch die von Claus-Artur Scheier neu herausgegebene Ausgabe der philosophischen Werke in sechs in Bänden.BAND 1 Jenseits von Gut und Böse Die Geburt der Tragödie X, 414 SeitenBAND 2 Menschliches, Allzumenschliches 1 VI, 358 SeitenBAND 3 Menschliches, Allzumenschliches 2 VI, 330 SeitenBAND 4 Morgenröthe VI, 330 SeitenBAND 5 Die fröhliche Wissenschaft / Wir Furchtlosen VI, 338 SeitenBAND 6 Zur Genealogie der Moral Götzen-Dämmerung VI, 314 SeitenDiese erste Ausgabe der philosophischen Werke Friedrich Nietzsches in der »Philosophischen Bibliothek« folgt dem 1885 von Nietzsche selbst gefaßten und begründeten Konzept einer Neuen Ausgabe seiner im eigentlichen Sinne »philosophischen« Schriften und bietet den Text nach den Originalausgaben von 1886/1887, ergänzt um die 1889 erschienene Götzen-Dämmerung.Eine »vollständige Ausgabe letzter Hand« nach dem Vorbild Goethes hat Friedrich Nietzsche nicht vorlegen können, denn am Ende war er nicht mehr Herr seiner Sinne. Doch gibt das wirklich Grund zur Klage? Oder anders gefragt: Hätte Nietzsche eine solche Ausgabe, die einfach alles versammelt, was er geschrieben hat, überhaupt gewollt und gutgeheißen? Die Frage muß offen bleiben. Doch es gibt gewiß Gründe, Nietzsche nicht mit jenen gleichzustellen, denen es auf diese Weise nur darum zu tun war, ihren Nachruhm zu sichern und nach eigenen Vorstellungen zu steuern. Denn es gibt sie ja, die von Nietzsche selbst gewollte und kritisch kommentierte Ausgabe ganz eigener Art: nämlich die durch Jenseits von Gut und Böse und die Genealogie der Moral eingerahmte Neue Ausgabe von 1886/87, die die vor dem Zarathustra veröffentlichten, mit neuen Vorreden versehenen philosophischen Schriften enthält, von denen der Autor selber sagte: »Sie werden bemerken, daß Menschliches, Allzumenschliches, die Morgenröte, die fröhliche Wissenschaft einer Vorrede ermangeln: es hatte gute Gründe, daß ich damals, als diese Werke entstanden, mir ein Stillschweigen auferlegte – ich stand noch zu nahe, noch zu sehr ›drin‹ und wußte kaum, was mit mir geschehen war. Jetzt, wo ich selber am besten und genauesten sagen kann, was das Eigene und Unvergleichliche in diesen Werken ist und inwiefern sie eine für Deutschland neue Literatur inaugurieren, würde ich mich zu solchen zurückblickenden und nachträglichen Vorreden gerne entschließen. Meine Schriften stellen eine fortlaufende Entwicklung dar, welche nicht nur mein persönliches Erlebnis und Schicksal sein wird: – ich bin nur der Erste, eine heraufkommende Generation wird das, was ich erlebt habe, von sich aus verstehn und eine feine Zunge für meine Bücher haben. Die Vorreden könnten das Notwendige im Gange einer solchen Entwicklung deutlich machen.« Mit der 1990 unter dem Titel ›Friedrich Nietzsche: Ecce auctor‹ vorgelegten Edition der Vorreden von 1886 hatte Claus-Artur Scheier zum ersten Mal darauf aufmerksam gemacht, daß Nietzsche die für die Neue Ausgabe seiner im eigentlichen Sinne »philosophischen« Schriften verfaßten Vorreden als in sich geschlossenen, genealogisch angelegten Versuch einer selbstkritischen Neubewertung und Einordnung seines Werkes ansah: »Von der Vorrede zur Geburt der Tragödie bis zur Vorrede des letztgenannten Buchs [der ›Genealogie der Moral‹] – das gibt eine Art ›Entwicklungsgeschichte‹«. Jetzt sah sich Nietzsche im Zenit seiner Schaffenskraft, und die Neue Ausgabe sollte den Mitte 1885 gefaßten Plan vorantreiben, »eine große Schul-Tätigkeit als Philosoph auszuüben […]. Die Bücher heraus aus diesem Winkel!!! Es sind meine Angelhaken; wenn sie mir keine Menschen fangen, so haben sie keinen Sinn!«. (shrink)
Die 'Krisis der europäischen Wissenschaften und die transzendentale Phänomenologie', Husserls letztes, unvollendetes Werk, geht auf Vorträge zurück, die er 1935 in Wien und Prag gehalten hat. Die beiden Prager Vorträge gestaltete er zu einer größeren Schrift aus, die eine neue und »eigenständige Einleitung in die transzendentale Phänomenologie« darstellen sollte.In dieser Schrift unternimmt er den Versuch, auf dem Wege einer philosophiehistorischen Besinnung auf die Ursprünge wissenschaftlichen Denkens und kritischen Philosophierens die Notwendigkeit einer transzendentalphänomenologischen Umorientierung der Philosophie zu begründen. Er kritisiert (...) den Objektivitätsanspruch modernen wissenschaftlichen und philosophischen Denkens und schlägt statt dessen die »Lebenswelt«, also die noch vortheoretische, vor jeder Wissenschaft zugängliche Welt, als Ausgangspunkt von Wissenschaft und Philosophie vor.Die vorliegende Neuausgabe der Krisis-Schrift in der PhB wurde gegenüber den bisherigen Ausgaben um den 3., aus dem Nachlass überlieferten Teil erweitert, in dem Husserl die Problematik des »Lebenswelt«-Begriffs entfaltet. (shrink)
Erste vollständige deutsche Übersetzung des berühmten Briefwechsels zwischen Descartes und Elisabeth von der Pfalz aus den Jahren 1643 bis 1649. Der Briefwechsel zwischen René Descartes und Elisabeth von der Pfalz gehört zu den eindrücklichsten philosophischen Dokumenten der Frühen Neuzeit. Die rund 60 erhaltenen Briefe, welche die junge Prinzessin und der berühmte französische Philosoph von Mai 1643 bis Dezember 1649 austauschen, zeigen auf engstem Raum die wissenschaftlichen Auseinandersetzungen und gedanklichen Umbrüche im Europa des 17. Jahrhunderts.In Elisabeth von der Pfalz findet Descartes (...)eine äußerst gelehrte Briefpartnerin. Ihre scharfsinnigen und kritischen Fragen spornen ihn an, seine philosophischen Positionen zu vertiefen und in neue Wissensgebiete vorzustoßen. So gibt er nicht nur zu, einige Aspekte seiner Philosophie bisher ungenügend erklärt zu haben, sondern legt sie in den Briefen zum ersten Mal detailliert dar: die Vereinigung von Geist und Körper, die Natur der Leidenschaften sowie die Bestimmung des höchsten Gutes oder der gerechten Regentschaft. Angeregt durch den Wissensdrang der Prinzessin liefert Descartes eigene Interpretationen wichtiger philosophischer Texte wie Senecas Über das glückliche Leben und Machiavellis Der Fürst.Die Edition enthält erstmals eine vollständige deutsche Übersetzung der Korrespondenz zwischen Descartes und Elisabeth. Sie wird um eine Auswahl philosophisch relevanter Briefe erweitert, die Descartes mit Königin Christina von Schweden und mit seinem Freund, dem französischen Diplomaten Pierre Chanut , wechselt. (shrink)
Im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts war Zhang Dondsun einer der einflussreichsten Denker der Republik China, dessen Ansehen zum Teil auch dem Umstand zu verdanken war, dass er es wie kein anderer verstand, das abendländische Denken seinem Lebensraum auf eine Weise zu vermitteln, die mit der spezifischen Methodologie des traditionellen chinesischen Denkens kompatibel war. Zu seinen größten Verdiensten gehört ohne Zweifel die Entwicklung einer modernen Erkentnistheorie, die ihre Grundlagen im klassischen Chinesisch und in der chan-buddhistischen Epistemologie hat – was (...) in vielerlei Hinsicht eine angemessene Synthese moderner Wissenschaft und traditionellen chinesischen Denkens darstellt. Daher widmet sich dieser Artikel in erster Linie Zhang Dongsuns Theorie des Wissens. Der Philosoph selbst bezeichnete seine Theorie als „pluralistisch“ im Hinblick auf die These, dass unterschiedliche, das Verstehen und Schlussfolgern ermöglichende Elemente sich gegenseitig ausschlössen und nicht aufeinander rückführbar seien. Daher bemüht sich die Autorin um eine kritische Untersuchung der Elemente , die Zhang Dongsun in seiner epistemologischen Hauptschrift Plural Epistemology vorschlägt, in der seine Theorie am vollkommensten, systematisch und kohärent dargestellt wird. (shrink)
Hegels Identitätsthese von der Substanz als Subjekt liegt die selbstbezügliche Konzeption der Identität zugrunde, nämlich die Gleichheit mit sich selbst. Sie unterscheidet sich von allen traditionellen, nicht-selbstreflexiven Begriffen der Identitätsvarianten, etwa im Ausgang von Leibniz, Hume oder Frege , wie auch Quine. Daß die Substanz in ihrem Begriff von sich zirkulär, selbstbezüglich und a priori identisch mit sich ist, ist die Basis allen Denkens und Sprechens über das Seiende. Doch diese begriffliche Sichselbstgleichheit in der Substanz ist zugleich – dialektisch – (...)eine Ungleichheit all ihrer substantiellen Qualität mit sich, sie ist deren Selbstauflösung und Werden. Darin gehört das Andere, Negative intern zur begrifflichen Bestimmung der Substanz selber, und das Wahre in Erfahrung und Wissenschaft wird zu einem Prozeß der Abfolge von gegensätzlichen, erscheinenden Gestalten des Bewußtseins. (shrink)
Die abendländische Philosophie ist von einer durchgängigen Vorherrschaft des Allgemeinen gegenüber dem Individuellen geprägt. Da Erkennen wesentlich heißt, das Partikulare als Fall des Allgemeinen zu verstehen, besteht eine Art fatale Tendenz zur Unterordnung, eine Tendenz, deren Opfer nicht nur der einzelne Mensch ist, sondern heute auch die als beliebig ersetzbares Wegwerfprodukt verstandene Natur. Am Leitfaden der Philosophie Hans Urs von Balthasar weist das Buch den Weg zu einer Metaphysik, deren ausgezeichneter Gegenstand das individuelle, bzw. unwiederholbar singuläre Sein (...) ist. Dabei finden auch zwei vom Autor entdeckte, noch unveröffentlichte, philosophische Arbeiten des Schweizer Theologen Berücksichtigung. Über die auf anthropologischer Ebene in Existentialismus, Phänomenologie oder dem dialogischen Denken sich andeutenden Ansätze hinaus wird in kritischer Auseinandersetzung mit Hans Urs von Balthasars Denken die Frage eines ontologisch-gnoseologischen Primats des Singulären erörtert. (shrink)
Die moderne Philosophie steht im Schatten des Skeptizismus: Alle Wissensansprüche scheinen fallibel, alle Theorien nur vorläufig, alle Gewissheiten nur temporär zu sein. In dieser gespannten Situation ist die Versuchung groß, das Wesen des vernünftigen Denkens in der Form zu suchen. Vernunft gilt dann als ein allgemeines Vermögen, das bei wechselnden Inhalten seine kritische Kompetenz bewahrt. Doch solche Formalismen müssen scheitern: Wer Erfahrung nur als «Wahrnehmung» oder «Gehalt» adressiert, übergeht die dynamische und überschreitende Natur alles Erfahrens, ohne die Denken und (...) Wissen nicht zu haben sind. -/- In dieser Studie wird gezeigt, dass der Pragmatismus von Peirce und Dewey als eine Philosophie der Erfahrung gelesen werden muss, die eine effektive Kritik der formalen Vernunft formuliert. Dabei bettet sie diese Philosophie in den weiteren Kontext der philosophischen Diskussion des 20. Jahrhunderts ein, in dem der Logische Empirismus und die postanalytische Philosophie auf die dynamische Natur des Wissens reflektieren. Die Frage nach der Erfahrung, so zeigt sich, ist selbst eine Reflexion auf die geschichtliche Erfahrung einer kontingenten Moderne. (shrink)
Der Artikel befasst sich mit dem Vergleich zwischen der traditionellen philosophischen Raumauffassung und der zeitgenössischen Raumauffassung unter dem Einfluss von Einsteins Relativitätstheorie. Als eine erste Abwandlung der traditionellen philosophischen Raumauffassung wird die Vorstellung vom Raum als einer Eigenschaft existierender Wesen festgestellt, sei es als einer den materiellen Körpern zugeordneten eigenen Koordinate oder als einer alle materiellen Körper umfassenden Überordnung. Die Tradition geht von der altgriechischen Philosophie aus und reicht bis zu Descartes’ und Newtons Auffassung des absoluten Raumes. Als (...) class='Hi'>eine weitere Variante der traditionellen Raumvorstellung wird die Auffassung vom Raum als einer aprioristischen Intuition des Geistes angegeben, welche die Wahrnehmung der in einem absoluten Raum existierenden Wesen ermöglicht. Die Tradition reicht von Kants Philosophie bis hin zu den zeitgenössischen Theorien von den angeborenen aprioristischen geistigen Fähigkeiten. Die Unhaltbarkeit dieser Varianten, die den Begriff des absoluten Raumes enthalten, wurde sowohl aufgrund von Belegen zugunsten der Einstein’schen Relativitätstheorie erklärt als auch mit Hilfe der neueuklidischen Geometrien. An Beispielen aus Stephen Hawkings und Roger Penroses Abhandlungen über die Natur von Raum und Zeit wird gezeigt, dass die zeitgenössische physikalische Raumauffassung im Rahmen der philosophischen dreidimensionalen Raumauffassung erhalten bleibt. Am Beispiel der ontologischen Grundlage für die Regeln der deduktiven Logik wird das Aktualitätsmaß der aprioristischen Variante der philosophischen Raumauffassung erörtert. (shrink)
Der Diskurs über die Natur ist durch eine Bedeutungsvielfalt gekennzeichnet, die sich kaum unter einen einheitlichen Begriff bringen läßt. Die Naturphilosophie hat sich der Bedeutungsvielfalt des Naturbegriffes zu stellen, weil sie die Natur, das Wissen von ihr und das Verhältnis des Menschen zu ihr zum Thema hat. Die mangelnde Einheit des Naturbegriffes vermag den Realitätsgehalt und die Einheit des naturphilosophischen Gegenstandes zu gefährden. Mein Beitrag möchte dieses Problem in zwei Schritten konkretisieren und aufklären helfen. Im ersten Schritt (...) skizziere ich die differenten Formen des Gegenstandsbezuges für die zwei Strömungen des gegenwärtigen Naturdiskurses, die ich als Hauptströmungen ansehe: die naturalistische und die dualistische Strömung.' Mit diesem Teil möchte ich Ordnungsstrukturen in der Vielfalt der Bedeutungen herausstellen, die nicht schon die Einheit des Naturbegriffes voraussetzen. Im zweiten Schritt wende ich mich je einem Beispiel für den naturalistischen und den dualistischen Naturbegriff zu, um die Anwendung der Strukturelemente zu erproben und für die Entwicklung einer neuen Sichtweise der Bedeutungsvielfalt zu nutzen. Um dabei die Spannweite der Vielheit des Naturbegriffes auszuloten, habe ich mich für zwei Beispiele entschieden, die denkbar weit auseinander liegen: Der von mir ausgewählte naturalistische Begriff verbindet sich mit der Erforschung quantenphysikalischer Objekte, der dualistische mit der lebensweltlichen Erfahrung. (shrink)
The full text of this essay is available in an English translation (also in philpapers) under: Alfred Gierer, Science, religion, and basic biological issues that are open to interpretation. Der Artikel bildet das Schlusskapitel des Buches " Alfred Gierer: Wissenschaftliches Denken, das Rätsel Bewusstsein und pro-religiöse Ideen", Königshausen&Neumann, Würzburg 2019. Reichweite und Grenzen naturwissenschaftlicher Erklärungen ergeben sich zum einen aus der universellen Gültigkeit physikalischer Gesetze, zum anderen aus prinzipiellen, intrinsischen Grenzen der Bestimmbarkeit und Berechenbarkeit, zumal bei selbstbezüglichen Fragestellungen. In diesem (...) Essay geht es um deutungsoffene Grundfragen in Zusammenhang mit der Beziehung von Wissenschaft und Religion: Der Unterscheidung von Tier und Mensch, der Entstehung der mentalen Fähigkeiten der biologischen Spezies „Mensch“, den naturgesetzlichen Voraussetzungen eines „lebensfreundlichen“ physikalischen Universums, und der Reichweite wie den Grenzen einer naturwissenschaftlichen Erklärung von menschlichem Bewusstsein. Naturwissenschaft kann auf der philosophischen, kulturellen und religiösen Ebene die Mehrdeutigkeit der Welt nicht auflösen. Agnostische und religiöse Grundauffassungen werden auf Dauer ko-existieren, und die Wahl ist nicht nur eine Frage des Wissens, sondern besonders auch der Weisheit und der Lebenskunst. (shrink)
Characterizations of Kant's legal and political philosophy with regard to its affinity toward basic socio-political positions generally range between the two extremes of a social welfare state, on the one hand, and a libertarian laissez-faire state, on the other. The purpose of this article is to provide a three-tiered analysis showing that the issue of "social justice" is not raised at all within the narrower framework of Kant's legal philosophy, that instead Kant's legal philosophy is mainly neutral in the socio-political (...) sense and that Kant makes a move toward imposing an obligation on the state to attain social equality only as an issue of ethics sensu stricto. Kant's indifference toward matters of social justice are considered in relation to his concept of human nature. Finally, the author discusses the need for adopting a theory of social justice, if necessary independently from Kantian premises. Die Einordnung der Kantischen Rechts- und Staatsphilosophie hinsichtlich ihrer Affinität zu sozialphilosophischen Grundpositionen schwankt gemeinhin zwischen der Zuordnung zu den extremen Positionen des Wohlfahrtsstaats einerseits und des liberalen Nachtwächterstaates andererseits. In einer dreistufigen Analyse wird herausgarbeitet, daß sich die Frage 'sozialer Gerechtigkeit' im engeren Rahmen der Kantischen Rechts-Philosophie gar nicht stellt, daß letztere vielmehr sozialpolitisch weitestgehend neutral ist und daß sich bei Kant überhaupt nur in der Ethik sensu stricto Ansätze einer staatlichen Verpflichtung zum sozialen Ausgleich zeigen. Die Kantische Indifferenz gegenüber Fragen sozialer Gerechtigkeit wird in Bezug gesetzt zu Kants Auffassung von der menschlichen Natur; und es wird zuletzt verwiesen auf die Notwendigkeit, eine Theorie sozialer Gerechtigkeit ggf. unabhängig von Kantischen Vorgaben zu entwickeln. (shrink)