Zusammenfassung
Religiös nonkonforme Gruppen scheinen gesellschaftliche Diskussionen um das Thema Religion in besonderem Maße voranzutreiben. Anhand der jüdischen Gruppe Chabad Lubavitch will ich im folgenden zwei Debatten umreißen, in deren Verlauf die Gruppe ihre religiösen Praktiken und Lehren anpasst, aber auch gegen die von ihnen ausgelöste Kritik behaupten kann. Ihr Entzünden von Chanukkah-Leuchtern auf öffentlichen Plätzen US-amerikanischer Städte führt Ende der 1980er Jahre zu einer Kontroverse um Religion im öffentlichen Raum. Da sie offen als orthodoxe Juden auftreten, werden sie gleichzeitig zur Zielscheibe einer innerjüdischen Diskussion, die sich kritisch mit den zunehmenden Übertritten zur jüdischen Orthodoxie auseinandersetzt. Das Agieren der Chabad Lubavitcher verdeutlicht, wie religiös nonkonforme Gruppen einen festen Bestandteil der Gesellschaft darstellen und durch Anpassung wie auch durch Selbstbehauptung das Thema Religion im öffentlichen Raum aktiv mit- und ausgestalten. Gleichzeitig zeigen sich in den Debatten jüdische Spezifika, die neue religionswissenschaftliche Fragestellungen eröffnen.
Abstract
Religious nonconformist groups are often the object of criticism and opposition. In the last decades the Jewish group Chabad Lubavitch caused quite a stir in the United States. Their public lightening of Chanukkah candles arose the question of religion in public anew. The authority of their leader and their orthodox lifestyle is also an object of criticism. This criticism seems to be part of a much wider Jewish discussion about the question of the appropriate way to be a Jew. The inner Jewish discussions about the group show that Judaism concludes a wide spectrum of options which do not at all have to be religious. Chabad Lubavitchers respond to their critics by modifications of their behaviour as well as with opposition. The paper tries to explain how religious nonconformist groups are an integrative part of the society and by this play an active part in the public discussions of religious topics.
© 2015 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/München/Boston
