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Licensed Unlicensed Requires Authentication Published by De Gruyter May 4, 2019

Der Mangel an Spenderorganen und das Selbstbestimmungsrecht

  • Dieter Birnbacher

Zusammenfassung

Angesichts des fortgesetzten Rückgangs des Organspendeaufkommens in Deutschland werden Forderungen nach Einführung der Widerspruchsregelung bei der Organübertragung post mortem seit längerem nicht mehr nur von der Ärzteschaft, sondern verstärkt auch von politischer Seite erhoben. Gegenstand des Beitrags ist die Prüfung der Vereinbarkeit der gegenwärtig diskutierten Vorschläge zu einer Erhöhung des Organaufkommens mit dem individuellen Selbstbestimmungsrecht, ohne damit eine gesamthafte ethische Nutzen-Kosten-Bilanz dieser Strategien zu präjudizieren. Der Beitrag geht davon aus, dass hauptsächlich drei Faktoren für die Beurteilung relevant sind: 1. ob der Eingriff in die körperliche Integrität zu Lebzeiten oder post mortem erfolgt; 2. die Intensität des Wunsches, nach dem Tod vor solchen Eingriffen geschützt zu sein; 3. das Ausmaß des sozialen Drucks, einen solchen Eingriff zuzulassen. Es ergibt sich, dass eine Widerspruchsregelung unter dem Gesichtspunkt des Selbstbestimmungsrechts einerseits nicht optimal, andererseits aber auch nicht schlechthin inakzeptabel und jedenfalls der Alternative einer Zwangserklärungsregelung vorzuziehen ist.

Abstract

On the backdrop of the continued decrease in the number of organ transplantations in Germany demands for a shift to an opt-out-regulation are not only voiced by medical associations but increasingly also by political agents. The contribution examines how far the strategies under discussion are compatible with the individual’s right to self-determination, without thereby prejudging an overall ethical cost-benefit analysis. It starts from the premise that three considerations are primarily relevant: 1. whether the violation of the integrity of one’s body occurs before or after death; 2. the intensity of the desire not be subjected to this violation; 3. the intensity of the social pressure to become a donor. The conclusion is that, under aspects of personal autonomy, an opt-out-regulation is not optimal but not inacceptable either, and in any case preferable to the alternative of a forced choice.

Online erschienen: 2019-05-04
Erschienen im Druck: 2018-05-01

© 2019 by Walter de Gruyter Berlin/Boston

Downloaded on 10.6.2024 from https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/jwiet-2018-230109/html
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