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Publicly Available Published by De Gruyter (A) September 9, 2018

Jessica Homan Clark, Triumph in Defeat. Military Loss and the Roman Republic, Oxford – New York (Oxford University Press) 2014, XVIII, 253 S., 4 Ktn., ISBN 978-0-19-933654-8 (geb.) £ 59,–

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Clark Jessica Homan Triumph in Defeat. Military Loss and the Roman Republic, () , XVIII, S., , ISBN Oxford University Press Oxford – New York 1 253 4 Ktn. 978-0-19-933654-8 (geb.) £ 59,– 2014


Die Geschichte der römischen Republik ist (auch) eine Geschichte nahezu beispiellosen militärischen Erfolges über viele Generationen hinweg. Nachdem sie die verschiedenen Gemeinwesen auf der italischen Halbinsel niedergerungen (und deren Truppen in ihr Aufgebot integriert) hatten, brachten die Armeen der Republik in einer Zeitspanne von rund einhundert Jahren zunächst den westlichen und anschließend den östlichen Mittelmeerraum unter ihre Kontrolle. Auch in der krisenhaften Zeit der späten Republik gelang es den Römern, ihren Einflussbereich beträchtlich zu erweitern. Als der erste römische Princeps Augustus seine Herrschaft etablierte, waren die Fundamente für das Imperium Romanum der Kaiserzeit längst gelegt und gefestigt worden. Die Siege, die Rom über Jahrhunderte hinweg in zahlreichen Feldzügen errungen hatte, wurden nicht nur im Ritual des Triumphzuges, sondern in vielen Bereichen der äußerst heterogenen römischen Geschichtskultur zelebriert, was gerade in der jüngeren Forschung in einer Reihe von instruktiven Arbeiten untersucht worden ist.

Im Rückblick auf die römische Erfolgsgeschichte kann freilich leicht übersehen werden, dass die Legionen auf ihrem Siegeszug durch den Mittelmeerraum auch eine „blutige Spur gefallener Soldaten“ aus den eigenen Reihen hinterließen – nach Ausweis der römischen historiographischen Überlieferung unterlagen die Armeen der Republik in rund 90 großen Schlachten, bei denen sie jeweils mindestens 5.000 eigene Gefallene zu beklagen hatten (s. zuletzt R. Schulz, Feldherren, Krieger und Strategen. Krieg in der Antike von Achill bis Attila, Stuttgart 2012, 180). Schon angesichts dieser Bilanz liegt es nahe, sich den militärischen Niederlagen der römischen Republik in einer eigenen Untersuchung zuzuwenden.

Die bislang wohl bekannteste Studie zu diesem Thema hat Nathan Rosenstein im Jahr 1990 mit einer Monographie vorgelegt, in der er sich insbesondere mit den Auswirkungen von Niederlagen auf die politischen Karrieren der jeweils besiegten Feldherren beschäftigt hat (Imperatores Victi. Military Defeat and Aristocratic Competition in the Middle and Late Republic, Berkeley – Los Angeles 1990). Insgesamt kann als ein Ergebnis der Arbeit festgehalten werden, dass militärische Niederlagen für den betreffenden Feldherrn keineswegs das Ende aller politischen Ambitionen bedeuten mussten. Rosensteins Arbeit wurde in einer Reihe von Rezensionen kontrovers diskutiert und vor kurzem in zwei Aufsätzen von John Rich und Martin Waller wieder aufgegriffen, in denen die grundlegende These Rosensteins um einige Aspekte modifiziert wird (M. Waller, Victory, Defeat and Electoral Success at Rome, 343–91 B.C., Latomus 70, 2011, 18–38; J. Rich, Roman Attitudes to Defeat in Battle under the Republic, in: F. Marco Simón et al. [eds.], Vae Victis! Perdedores en el mundo antiguo [Instrumenta 40], Barcelona 2012, 83–111).

Jessica C(lark) legt mit ihrer Arbeit, die aus einer Dissertation an der Princeton University hervorgegangen ist, die erste Monographie zum Thema der römischen Niederlagen seit Rosensteins Buch vor. C. interessiert sich in ihrer Untersuchung insbesondere für die zeitgenössischen Reaktionen auf militärische Niederlagen in Rom, wobei der Umgang mit den besiegten Feldherren auch für sie einen wichtigen Aspekt des Themas darstellt. Nur in Ansätzen behandelt C. die vielfältigen Repräsentationen der Niederlagen der Republik in der römischen Geschichtskultur, was gerade angesichts des Umstandes, dass der Platz der Triumphe im sozialen Gedächtnis der Römer in den letzten Jahren in einigen interessanten Arbeiten untersucht wurde, gewiss ein interessantes Unterfangen gewesen wäre.

Eine Prämisse von C.s Arbeit besteht darin, dass Siege wie Niederlagen bis zu einem gewissen Grad Gegenstand einer jeweils vorzunehmenden Definition sind. In Rom hatte der Senat durch das Instrument der Triumphvergabe ein Mittel in der Hand, um einen Feldzug offiziell für siegreich beendet zu erklären, auch wenn das jeweilige Operationsgebiet keineswegs unter dauerhafte Kontrolle Roms gestellt worden war, was schon bald eine erneute Kampagne notwendig machen konnte (3). Eine Frage, die C. in diesem Zusammenhang besonders interessiert, besteht darin, nach welchen Kriterien der Senat hier vorging und ob dabei im Laufe der Zeit Veränderungen der Praxis zu erkennen sind.

Den chronologischen Schwerpunkt ihrer Arbeit legt C. auf ein „long century“ (15) vom Beginn des Zweiten Punischen Krieges (218) bis hin zum Sieg der Römer über die Kimbern im Jahr 101. Für die frühere Zeit biete die Quellenlage keine ausreichende Untersuchungsgrundlage, während sich die politischen Bedingungen der Epoche der späten Republik so fundamental von der früheren Zeit unterschieden, dass C. von einer Integration in ihre Arbeit absehen möchte. So verständlich das Streben nach einer Beschränkung des zu untersuchenden Zeitraumes auch ist, ist es doch bedauerlich, dass C. die Zeit vor dem Beginn des Hannibalkrieges, von einigen Hinweisen auf die Schlachten an der Allia und bei Caudium abgesehen, nicht systematisch bearbeitet hat – haben diese Jahrzehnte römischer (Militär-)Geschichte doch gerade in Hinsicht auf militärische Niederlagen einiges an Material zu bieten (Samnitenkriege, Pyrrhos, Erster Punischer Krieg).

Im ersten Kapitel beschäftigt sich C. zunächst mit der Frage, auf welche Weise Niederlagen in Rom generell wahrgenommen wurden („When in Rome: Remembering and Re-evaluating Defeat“, 16–49). In diesem Zusammenhang weist sie zu Recht darauf hin, dass es in Rom offenbar, anders als etwa in Athen, keine öffentlichen Trauerrituale für Kriegstote und auch keine Monumente gab, welche die Gefallenen der Republik ehrten und die Erinnerung an sie weitertrugen. Daran anschließend arbeitet C. verschiedene Formen von Niederlagen heraus („tactical, operational, and strategic“, 38), um hiervon ausgehend ihre bereits in der Einleitung formulierte (Vor-)Annahme detaillierter zu entfalten (39–49). Die Römer seien in ihren Kriegen keineswegs kontinuierlich erfolgreich gewesen. Die Kunst des Senates bestand allerdings darin, Niederlagen auf dem Schlachtfeld lediglich als vorübergehende Rückschläge erscheinen zu lassen, indem der Sieg in dem jeweiligen Feldzug, über die Vergabe eines Triumphes, nach einem passenden Erfolg deklariert wurde. Dieses Vorgehen sei etwa in Hinsicht auf Roms Kriege auf der Iberischen Halbinsel zu beobachten, wo die Römer, obgleich sie nach Ausweis der Triumphe, die über Spanien gefeiert wurden, kontinuierlich erfolgreich gewesen zu sein scheinen, 200 Jahre benötigten, um das Gebiet tatsächlich zu ‚befrieden‘ (42).

Im nächsten Abschnitt wendet sich C. dann dem Zweiten Punischen Krieg zu, der für Rom einen der verlustreichsten Konflikte in der Geschichte der Republik darstellte („Costs and Benefits: Winning the Second Punic War“, 50–93). Hier gibt C. einen Überblick zum Kriegsverlauf und zu den Reaktionen auf der römischen Seite auf die Niederlagen gegen Hannibals Armee in Italien. Für die ersten Kriegsjahre bis zur Schlacht von Cannae (216) konstatiert C., dass in Rom, trotz der verlustreichen Misserfolge an der Trebia (218) und am Trasimenischen See (217), eine grundsätzlich optimistische Erwartungshaltung geherrscht habe, den Krieg bald gewinnen zu können. In der Tat weist u. a. das enorme Aufgebot, dass die Konsuln L. Aemilius Paullus und C. Terentius Varro im August 216 nach Cannae führten, darauf hin, dass die Römer planten, Hannibals Armee vernichtend zu schlagen, was wohl zu einem baldigen Kriegsende geführt hätte. Die katastrophale Niederlage in Apulien (je nach Quelle ca. 50.000 bis 70.000 gefallene Römer und Bundesgenossen) führte dann zu einem anderen Verlauf und einem anderen Charakter des Krieges. In diesen Jahren gingen die Römer in Hinsicht etwa auf die Ausschöpfung des Rekrutierungspotentials und den Einsatz materieller Ressourcen an ihre Grenzen, während sie es weiterhin ablehnten, mit den Karthagern aus einer Position der strategischen Schwäche heraus Verhandlungen zu beginnen, um ihre Hegemonialposition in Italien nicht zu gefährden. Schließlich gelang es den Römern, das Blatt zu wenden, die Karthager stimmten nach der Niederlage bei Zama einem Friedensvertrag zu, der den römischen Sieg besiegelte. Eine langfristige Folge des Erfolges bestand darin, dass die Erinnerung an den Krieg schon bald nach dessen Ende überhöht und zum Sinnbild eines aufopferungsvollen Kampfes stilisiert wurde, in dem Verhandlungen oder gar eine Kapitulation nicht in Frage kommen.

Im dritten Kapitel untersucht C. den Umgang mit Niederlagen im ersten Drittel des zweiten Jahrhunderts („Managing Defeat: The Senate and the Triumph, 201–167 B.C.E.“, 94–133). In dieser Zeit habe der Senat danach gestrebt, die Kontrolle über die Bewertung und Deutung des Ausgangs der Feldzüge in den verschiedenen Operationsgebieten in Griechenland, Oberitalien, Ligurien und auf der Iberischen Halbinsel zu erlangen. Wenn römische Heere auf dem Schlachtfeld unterlagen, strebte der Senat stets danach, dass die Römer möglichst bald einen kompensatorischen Sieg erkämpften. Hierdurch sei auch das Phänomen zu erklären, dass besiegte Feldherren in ihrem Einsatzgebiet belassen wurden. Der Senat wollte diesen nämlich die Gelegenheit geben, selbst diesen Sieg herbeizuführen. War ein passender Erfolg errungen, wurde die jeweilige Kampagne für beendet erklärt. Das führte mitunter auch dazu, dass römische Befehlshaber, die einige Jahre später einen neuen Feldzug gegen bereits besiegte Gegner anzetteln wollten, von diesem Vorhaben abgehalten wurden. Dem Senat sei es dabei auch darauf angekommen, die Deutungshoheit über die Narrative zu erhalten, in denen in Rom von den jeweiligen Feldzügen berichtet wurde. Auf diese Weise sei es dem Senat weitgehend gelungen, den Eindruck zu vermitteln, dass er die Situation auf den verschiedenen Kriegsschauplätzen jederzeit unter Kontrolle habe. Dies sei schließlich auch als Reaktion auf die turbulenten Jahre des Zweiten Punischen Krieges zu verstehen, durch die das Verlangen nach einem starken Senat, der Übersicht und Kontrolle wahrt, gestiegen sei.

Ab der Mitte des zweiten Jahrhunderts beobachtet C. einen zunehmenden Wandel hinsichtlich der Reaktionen, die in Rom auf Niederlagen erfolgten, was sie im vierten Abschnitt ihrer Studie untersucht („Alternative Endings: Responding to Repeated Defeat, 156–130 B.C.E.“, 134–171). In dieser Zeit hätten die Römer sich mit dem Umstand konfrontiert gesehen, dass Gegner, die sie bereits als besiegt oder wenigstens als unter Kontrolle gehalten wähnten, sich wieder gegen die römische Hegemonie zur Wehr setzten (Karthago, Korinth) sowie damit, dass die Kämpfe an der Nordgrenze Makedoniens und vor allem auf der Iberischen Halbinsel (Viriathus, Numantia) immer wieder aufflammten. Dies habe in einigen Fällen dazu geführt, dass die Römer danach strebten, einen definitiven Schlussstrich zu ziehen, wo ihre Vorfahren ein bis zwei Generationen früher noch auf ein Geflecht von harten Friedensverträgen und Bündnissen gesetzt hatten. Die prominentesten Opfer dieser neuen Kompromisslosigkeit seien Karthago und Korinth gewesen.

Zudem sei zu beobachten, dass besiegte Feldherren in Rom nun deutlich eher damit zu rechnen hatten, nach ihrer Rückkehr aus dem Krieg von Volkstribunen angeklagt zu werden, was vorher nur in Ausnahmefällen vorgekommen war. Zwar sei der offizielle Anlass dieser Klagen jeweils ein anderer als die Niederlage selbst gewesen, der Zusammenhang sei aber deutlich zu erkennen. Der bekannteste Fall ist wohl der des C. Hostilius Mancinus, der sich mit seinem Heer 137 den Numantinern ergeben musste, wofür er schließlich aus dem Senat ausgestoßen wurde (in den er jedoch später wieder zurückkehren konnte).

Im letzten Kapitel betrachtet C. dann die Entwicklung für die letzten Jahrzehnte des zweiten Jahrhunderts („Bad Politics: Defeats, Nobility, and New Men, 120–101 B.C.E.“, 172–207). In dieser Zeitspanne sei hinsichtlich des Umgangs mit Niederlagen und deren Deutung ein zunehmender Verlust an Einfluss und Kontrolle seitens des Senates zu beobachten. Dies sei u. a. eine Folge der offenkundigen Schwierigkeiten gewesen, die etablierte Vertreter der Nobilität dabei hatten, die Feldzüge in Nordafrika und die Kämpfe gegen die Kimbern und Teutonen zu einem siegreichen Ende zu führen. Resultat sei letztlich ein steigender Einfluss einzelner Feldherren gewesen, die das abnehmende Vertrauen der Bevölkerung in die militärischen Fähigkeiten der Nobilität ausnutzen konnten. Die hervorragendsten Vertreter dieser Gruppe an ‚neuen Männern‘ waren C. Marius und L. Cornelius Sulla, deren frühe Karrieren wiederum bereits den Weg hin zur der Entwicklung der späten Republik im ersten Jahrhundert wiesen.

Den Abschluss des Buches bilden eine pointierte Zusammenfassung (208–213), ein umfangreiches Literaturverzeichnis (215–233) sowie ein Register zu Namen und Orten (235–240). Ein Index Locorum, der angesichts der breiten Materialbasis, auf die C. zurückgreift, durchaus willkommen gewesen wäre, fehlt leider.

Die Hauptthese C.s, nach der der römische Senat danach strebte, die Deutung über die Narrative zu erlangen und zu erhalten, in denen Kriege und ihre Niederlagen in Rom wahrgenommen wurden, ist überzeugend. Das gilt auch für den konstatierten Verlust an Einfluss, welchen der Senat im Laufe des zweiten Jahrhunderts hinnehmen musste. An einigen Stellen hätte man sich jedoch größere Vorsicht in der Auseinandersetzung mit dem vorliegenden Quellenmaterial gewünscht. Dies betrifft zum Beispiel die Auswertung der Statistik zur Triumphvergabe in den Kriegen auf der Iberischen Halbinsel im vierten Kapitel, die auf einer sehr fragmentarischen Quellenlage beruht. Auch C.s Interpretation, dass Niederlagen nicht nur keinen Nachteil für die Karriereaussichten der jeweiligen Feldherren mit sich bringen mussten, wie bereits von Rosenstein festgestellt, sondern sogar als Vorteil fungieren konnten, beruht auf einer recht schmalen statistischen Grundlage (beide Anmerkungen finden sich auch bereits in der Rezension zu C.s Arbeit, die Ida Östenberg in BMClR [2015.01.36] veröffentlicht hat).

C. ist sich dieser Lücken im Quellenmaterial allerdings bewusst und weist selbst an mehreren Stellen hierauf hin. Nicht alle Leserinnen und Leser werden C.s Deutungen in diesen und anderen Fällen folgen wollen, doch verschleiert sie keineswegs die teils problematische Quellenlage, was dabei helfen wird, sich jeweils ein eigenes Urteil zu bilden. Auffallend ist, dass C. ihre Kapitel oftmals mit einer Zusammenfassung der Ergebnisse beginnt, die ja eigentlich erst noch herauszuarbeiten wären. Man kann sich durchaus fragen, ob dieses Vorgehen eine glückliche Lösung darstellt, da die Gefahr besteht, den Blick vor vornherein auf eine mögliche Schlussfolgerung hin zu verengen.

Dennoch lässt sich aber festhalten, dass C. eine sehr interessante und weitgehend gelungene Studie vorgelegt hat, in der sie eine klare These vertritt, die dabei hilft, ein angemessenes Bild vom – offenbar komplexen – Umgang mit militärischen Niederlagen in Rom im ‚langen zweiten Jahrhundert‘ zu erlangen, und zudem eine Reihe von interessanten Perspektiven für weitere Forschungen eröffnet.

Published Online: 2018-09-09
Published in Print: 2018-09-03

© 2018 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Downloaded on 9.6.2024 from https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/klio-2018-0120/html
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