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Die Potentiale des Ethischen. Über die Quellen des Gutseins

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Zeitschrift für Ethik und Moralphilosophie Aims and scope Submit manuscript

Zusammenfassung

Es ist eine gängige Praxis ethischer Reflexion, zwischen verschiedenen Systemen moralischer Werte zu unterscheiden und dann die einen gegen die anderen auszuspielen. Im Text wird eine Reflexionsform vorgestellt, die gewissermaßen einen ‚Schritt zurück‘ von derartigen vordergründigen Wertsystemen tritt und stattdessen die Quellen des Ethischen betrachtet, Quellen, die wir in unserer alltäglichen ethischen Praxis oft genug nicht beachten oder für selbstverständlich halten. Zu diesen Quellen oder Potentialen des Ethischen zähle ich das, was ich als das Idiotische, das Ästhetische, das Dianoetische, das Eudaimonische, das Transzendentale, das Transzendierende und das Transzendente bezeichne. Ethische ‚Systeme‘ manifestieren diese Potentiale in der einen oder anderen, je eigenen Ausformung. Die ethischen Potentiale gehen auf mancherlei Wegen in ethische Systeme ein, ohne je ganz in einem einzigen System aufzugehen. Der ‚Schritt zurück‘ ist ein Rückgang auf die vielfältigen Quellen des Ethischen in den Potentialen. Er kann uns auch dabei helfen, etwas über die Zukunft der Ethik zu sagen.

Abstract

A common practice of ethical reflection is to distinguish different sets of moral value and then to pit one against another. The paper offers a reflection which is a kind of “step back” from the foreground of such sets of moral values into the sources of the ethical, sources often recessed or taken for granted as we go about the daily practice of ethical life. These sources or “potencies of the ethical” comprise what I call the idiotic, the aesthetic, the dianoetic, the eudaimonic, the transcendental, the transcending and the transcendent. Understanding the potencies allows us to look differently at different ethical orientations and systems. The ethical potencies enter into these systems in diverse ways and without being identical with or exhausted by any one system. The “step back” might help us return to the multiple sources of the ethical in the potencies. It might also help us have something to say about the future of ethics.

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Notes

  1. Im ursprünglichen Sinne des griechischen Wortes idios. Der Term ‚idiotisch‘ in ‚idiotisches Potential‘ hat Konnotationen wie ‚eigen‘, ‚eigentümlich‘, ‚privat‘, ‚in sich‘ oder ‚unerschlossen‘. (Anm. d. Übers.).

  2. Vgl. Desmond 2001.

  3. Ich verwende den Ausdruck ‚System‘ hier in einem breiten Sinn als Sammelname für mehr oder weniger konsistente Ensembles oder Aggregate ethischer Werte, nicht aber für in sich geschlossene Ganzheiten.

  4. Vgl. Desmond 1995, 2001, 2008 und 2013.

  5. Vgl. Anm. 1. (Der Übers.).

  6. Ich erwähne diese hier nur beiläufig, werde darauf aber abschließend noch einmal kurz zur näheren Klärung zurückkommen.

  7. Aus einem irischen Volkslied. (Anm. d. Übers.).

  8. Vgl. abermals Desmond 2001 und 2008.

  9. Die einschlägigen ethischen Überlegungen werden ausführlicher entwickelt in Desmond 2001. Ich weise obendrein darauf hin, dass diese Potentiale konkretere Gestalt gewinnen in unmittelbaren, selbstvermittelnden und intermediären Formen, die in den Teilen III und IV von Desmond 2001 eingehender behandelt werden. ‚Unmittelbare Konkretisierung‘ meint das tatsächliche Gegebensein eines Wertes, noch bevor wir achtsam daran teilhaben und zu seiner Anreicherung beitragen. Unsere Teilhabe nimmt dann eine selbstvermittelnde Form an, und deshalb behandele ich in Teil III die Selbstentwicklung des Guten im Menschen durch die Entfaltung der verschiedenen Formen der ethischen Selbstwerdung: vom rudimentären Begehren mit seiner Dringlichkeit hin zur Entfesselung der Freiheit jenseits bloßer Autonomie, die erst in der Gemeinschaft des agapeischen Dienstes Gestalt annimmt. In Teil IV erkunde ich schließlich diejenigen Formen sozialer Intermediation, die das Versprechen der ethischen Potentiale am konkretesten zum Ausdruck bringen, aber auch die reichsten Möglichkeiten des vierfachen Sinns von Sein. In den verschiedenen Formen von Gemeinschaft, von der Familie über die Netzwerke von Nutzens- und Brauchbarkeitsbeziehungen bis hin zu den Gemeinschaften erotischer Souveränität und agapeischen Dienstes nimmt das reiche Versprechen des Ethos immer konkretere Gestalt an. In der höchsten Gemeinschaftsform, der des agapeischen Dienstes, verstehen wir die Bedeutung des ethischen Versprechens, das bereits inkognito im gegebenen Seinsethos anwesend ist, in ihrer ganzen Fülle. Wir werden über das Ethische hinaus auf die religiöse Gemeinschaftsform verwiesen.

Literatur

  • Desmond, William, 1995. Being and the Between. Albany, N.Y.: SUNY Press.

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  • 2001. Ethics and the Between. Albany, N.Y.: SUNY Press.

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  • 2008. God and the Between, Oxford: Blackwell.

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  • 2013. “Ethics and the Evil of Being”. In: Fran O’Rourke (ed.), What Happened in and to Moral Philosophy in the 20 th Century? Philosophical Essays in Honor of Alasdair MacIntyre, Notre Dame: University of Notre Dame Press, 423-459.

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Erstveröffentlichung unter dem Titel The Potencies of the Ethical. On the Sources of Being Good, in: Mary Shanahn (Hrsg.), An Ethics of/for the Future, Newcastle upon Tyne: Cambridge Scholars Publishing 2014, 62-75. Aus d. Engl. von Henning Tegtmeyer.

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Desmond, W. Die Potentiale des Ethischen. Über die Quellen des Gutseins. ZEMO 1, 127–141 (2018). https://doi.org/10.1007/s42048-018-0003-2

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