Zusammenfassung
Ist es Aufgabe der Medizinethik und medizinethischer Kommissionen, moralische Urteile von der Art zu fällen, dass eine Handlung oder Praktik, wie der assistierte Suizid, moralisch richtig oder legitim ist? Der folgende Beitrag argumentiert dafür, dass sich die Medizinethik solcher Urteile enthalten sollte. Seine These ist, dass die Aufgabe der Medizinethik nicht in moralischen Bewertungen, sondern in der Reflexion auf diejenigen Güter, Tugenden und Pflichten besteht, die bei einer solchen Handlung oder Praktik auf dem Spiel stehen. In diesem Sinne übt er Kritik an einer verbreiteten Auffassung von Moral und Ethik.
Abstract
Definition of the problem:
Is it the task of medical ethics and of medical ethics committees to pass moral judgements on whether an act or a practice such as assisted suicide is morally right or legitimate?
Arguments:
The article argues for not seeing the task of medical ethics in such moral appraisals but in the reflection on the goods, virtues and duties which are at stake with respect to such an act or practice. In this sense the article criticises a widespread concept of morality and ethics.
Conclusion:
Medical ethics should abstain from such judgements.
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Fischer, J. Güter, Tugenden, Pflichten. Ethik Med 18, 148–163 (2006). https://doi.org/10.1007/s00481-006-0423-0
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DOI: https://doi.org/10.1007/s00481-006-0423-0