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Publicly Available Published by De Gruyter Oldenbourg April 16, 2019

Die Angst des Schiris vor dem Elfmeter. Zur Interaktionssoziologie des Fußballspiels

The referee’s fear of the penalty kick. Towards an interaction sociology of football games
  • Justus Heck EMAIL logo
From the journal Sport und Gesellschaft

Zusammenfassung

Obwohl Sportinteraktionen selten ohne einen Unparteiischen ablaufen, ist dieser Umstand soziologisch kaum erforscht. Die Spielleitung im Fußball, dem hier das Hauptinteresse gehört, ist in der Regel an einen neutralen Dritten delegiert, der das Spiel situativ beeinflusst, wie z.B. Elfmeterentscheidungen zuweilen drastisch vor Augen führen. Über einen Vergleich von Spielen ohne Schiedsrichter mit dem Kreisligafußball frage ich nach den strukturellen Unterschieden, die die Anwesenheit eines Schiedsrichters erzeugt. Dabei zeigt sich, dass ihre Präsenz die lautere und unlautere Konkurrenz im Spiel erhöht und dass sich Spieler und Schiedsrichter in einer strategischen Interaktion befinden. Schließlich beschreibe ich die dramaturgischen Herausforderungen für Schiedsrichter, wie etwa ihre Darstellung von Neutralität und sicheren Entscheidungen.

Summary

Although interactions in sports rarely take place without a referee, there is only scant research in sociology on this matter. In such games the supervision is delegated to a neutral third person who can change the game’s course, as exemplified most drastically by controversial calls for a penalty kick in football (soccer). At the same time, the referee fundamentally alters the game as an interaction. By empirically comparing “pick-up” football without a referee to supervised amateur football, I trace the structural differences of refereed matches. I show that the supervision increases the legitimate as well as the illegitimate competition between the teams. Finally, I address dramaturgical challenges for referees, such as how they represent neutrality and confidence in their decisions.

1 Angst als psychisches Korrelat der Entscheidungsdelegation

Der Titel dieses Artikels verdankt sich der Erzählung „Die Angst des Tormannes beim Elfmeter“, die Peter Handke 1970 publizierte. Aber anders als Handke suggeriert, kann der Torwart beim Elfmeter nur gewinnen, nämlich dann, wenn er den mutmaßlich sicheren Treffer vereitelt. Demgegenüber haben Schütze und Schiedsrichter Anlass, den Elfmeter zu fürchten; der Schütze, weil er den Strafstoß vergeben könnte, und der Schiedsrichter, weil die Entscheidung für oder wider einen Elfmeter so folgenreich ist. Falsche Elfmeterentscheidungen manifestieren in drastischer Weise den Einfluss, den Schiedsrichter auf den Spielverlauf ausüben. Dabei interveniert der Unparteiische meistens unabsichtlich[1] zu Gunsten einer Mannschaft und gefährdet die Norm, dass das Spiel einem fairen Leistungsvergleich der Mannschaften unterliegt. In solchen Fällen gerät die Spielarchitektur potentiell in die Krise, dass die Spieler die Begegnung unter sich ausmachen und der Schiedsrichter in dieser Hinsicht neutral und unbeteiligt bleibt.

Ob Schiedsrichter (kurz: SR) einen Strafstoß geben oder nicht, eine Seite wird sich wohl stets benachteiligt fühlen: Wird der Elfmeter gegeben, beschwert sich die Mannschaft, die das vermeintliche Foul begangen hat, wird er nicht gegeben, beklagt sich die andere. Ob die Einführung des video assistant referee (VAR) diesen Effekt in Spitzenspielen völlig auffangen kann, bleibt abzuwarten. Denn selbst bei eindeutig richtigen Strafstoßentscheidungen entstehen routinemäßig Proteste der Spieler, Trainer und Fans. Außerdem hat die Entscheidung nicht nur Folgen für das Torverhältnis, sondern auch für das Verhalten der Spieler im laufenden Match, denn die womöglich benachteiligte Mannschaft wird vermehrt gegen die SR-Entscheidungen protestieren und versuchen, eine „Wiedergutmachung“ für sich herauszuholen. Hinzu kommen für den Unparteiischen andere Entscheidungen, die in ihren Wirkungen auf das Spiel dem Strafstoß wenig nachstehen. Zu denken ist an Abseitsentscheidungen, persönliche Strafen oder Freistöße aus aussichtsreicher Position. Insgesamt treffen Fußball-SR an die 200 Entscheidungen pro Spiel (Helsen/Bultynck 2004) und haben im Gegensatz zu Kampfrichtern einen relativ großen Ermessensspielraum (Brand/Neß 2004), was unmöglich spurlos an der Spieldynamik vorübergeht.

Mit der Übertragung der Entscheidungskompetenz auf einen unparteiischen Dritten ist diese zwar den Mannschaften aus der Hand genommen, doch folgt daraus nicht, dass die Entscheidungen automatisch akzeptiert werden. Mancher Pfiff stürzt Spieler in eine Akzeptanzkrise, in der sie ihre Entrüstung beim SR abladen. Nicht bloß einzelne Maßnahmen des Unparteiischen rufen Kritik hervor, sondern auch der Pfeifstil, mit dem er ein Spiel zu leiten pflegt. Hier tut sich ein weiteres Entscheidungsdilemma auf: Denn entweder pfeift er zu streng und zerstört eventuell den Spielfluss oder er wendet die Regeln zu lax an und trägt aus Sicht von Fans und Kommentatoren zur Eskalation des Spiels bei (Pilz 2000: 19). Was man bei dieser Analyse der Folgen umstrittener Entscheidungen leicht übersieht, ist die im Weiteren näher zu untersuchende Leistung der SR-Rolle, den Protest umzuleiten: Nicht das gegnerische Team wird angegangen, das viel zur beklagten Situation beitrug, sondern ein Unbeteiligter.

Mit ihren Entscheidungen machen sich SR bei Spielern und Fans unbeliebt, aber damit nicht genug, es droht ihnen bei falschen Interventionen oder wenig souveränem Verhalten eine schlechte Note vom Kollegen, der das Spiel beobachtet und bewertet. Eingedenk der Entgleisungen von Fans erscheint es nicht mehr übertrieben, im Anschluss an Handke von Angst zu sprechen. Unter einem ähnlichen Aspekt wurde die Spielleitung in der Psychologie thematisiert (Brand 2002a). Angst und Stress sind allerdings keine soziologischen Begriffe. Dieser Artikel interessiert sich stattdessen für die widersprüchlichen Erwartungen, die an Schiedsrichter im Amateurfußball gerichtet werden, und den daraus resultierenden Rollenstress (Goode 1960). Ungeachtet des Entscheidungsdrucks, der aus der Rasanz des Matches und den Sichtverhältnissen erwächst, entpuppt sich die darstellerische Notwendigkeit als ein wesentlicher Generator von Rollenstress, unparteiisch zu agieren und Sicherheit beim Entscheiden auszustrahlen. Neben diesen darstellerischen Anforderungen verändert der Hinzutritt der SR das Spiel fundamental, wie schon Simmel für andere Figuren unparteiischer Dritter beschrieb (Simmel 2006: 123ff.). Um die Folgen genauer zu verstehen, die der Hinzutritt eines Unparteiischen für das Fußballspiel als Interaktion hat, vergleiche ich den SR-Fußball mit der Spielorganisation, die ohne Schiedsrichter auskommt. Ob die SR-Rolle ihren Inhabern tatsächlich das Fürchten lehrt, ist für diese Analyse nachrangig.

2 Fußball als triadische Interaktion

Die Probleme und Entscheidungsdilemmata des SR lassen sich nicht ohne Bezug auf die Spielsituation oder das Verhalten der Spieler untersuchen. Obwohl niemand in Abrede stellen würde, dass Fußball im Kern ein Sportspiel von Angesicht zu Angesicht ist, sind interaktionssoziologische Studien zum Fußball rar (Fele 2008; Müller 2014; Müller 2015; Paris 1983; Berger/Hammer 2007). Interaktionen sind neben Gesellschaft und Organisationen ein soziologisches Untersuchungsobjekt sui generis und werden im Alltag als Gespräch, Treffen oder Situation bezeichnet. Im Anschluss an Goffman und Luhmann begreift man sie als einfache Sozialsysteme, die sich über wechselseitige Wahrnehmung und Kommunikation unter Anwesenden konstituieren (Kieserling 1999). Wie Müller (2015) betont, ist der Sport auf die körperliche Kopräsenz und damit auf die Anwesenheit anderer Wettkämpfer angewiesen. Da Kommunikation unter den Bedingungen von Kopräsenz nahezu zwangsläufig anläuft, fallen also Fußballspiele wie Fahrstuhlfahrten, Partys oder Gerichtsverfahren unter die Kategorie der face-to-face Interaktionen.

Müller begründet die Interaktionsgebundenheit[2] des Sports ferner mit der Beeinflussung der Situation durch anwesende Athleten und Zuschauer sowie mit dem Umstand, dass sich Leistungen „nicht von der jeweiligen Situation abstrahieren und auf das Spiel gegen einen anderen Gegner […] übertragen lassen“ (Müller 2014: 199). Darüber hinaus ist es sinnvoll, die Entscheidungspraxis von Kampf-, Punkt- und Schiedsrichtern in Rechnung zu stellen. Denn sowohl im Profi- als auch im Amateurfußball handelt es sich um triadische Interaktionen, in denen seit Ende des 19. Jahrhunderts ein mit der Spielleitung betrauter Schiedsrichter mit den Mannschaften auf dem Platz steht.[3] Angesichts dieser grundlegenden Struktur des Fußballs und der meisten anderen Mannschaftssportarten verwundert es, dass den SR in der Soziologie bisher so wenig Beachtung geschenkt wurde (Askins et al. 1981; Dohmen/Sauermann 2015; Emrich/Papathanassiou 2003; Pilz 2000; Rains 1984; Rees et al. 1986; Synder/Purdy 1987). Die folgende Argumentation bezieht sich nicht auf Punktrichter, die man von den Kampf- oder Schiedsrichtern unterscheiden sollte (McFee 2013), indes auf all jene Unparteiischen mit großem Ermessenspielraum, der dem der Fußball-SR ähnelt, wie etwa im Basketball, Hockey, Handball oder Rugby.

Die vorhandenen Studien berücksichtigen nicht konsequent, dass sich mit den unparteiischen Dritten die Bedingungen weitgehend ändern, unter denen zwei Teams um den Sieg kämpfen (Simmel 2006: 123ff.). Eher wird das Schiedsrichterwesen als quasi-natürliche Eigenschaft des modernen Sports vorausgesetzt und demgemäß selten untersucht. Das Hinzutreten des Dritten macht freilich charakteristische Verhaltensmuster der Beteiligten erst verständlich, z.B. die „Theatralik“ von Spielern oder die von SR zur Schau gestellte Sicherheit beim Entscheiden, obwohl sie unsicher sind. Diese Verhaltensmuster sind Folgen der Entscheidungsdelegation und eines neuen Mischverhältnisses von Kooperation, Konkurrenz, Streit und Tausch zwischen den Mannschaften. Zwar diagnostizieren etwa Dunning und Elias (1984) diesbezüglich „Spannungen“ und „Polaritäten“ in Sportspielen. Die für ein Fußballspiel wohl prägnanteste Spannung besteht zwischen Kooperation und Konkurrenz unter den Mannschaften.[4] Aber Dunning und Elias prüfen nicht, ob der Unparteiische auf dem Platz daran etwas ändert.

Generell kommen soziale Formen wie Kooperation, Konkurrenz, Streit und Tausch in diversen Mischverhältnissen vor und ihre „Reinheitsgrade“ variieren (Kieserling 2011). Konkurrenz wird bspw. durch zusätzliche Tausch- und Kooperationsbeziehungen zwischen den Wettbewerbern begrenzt (Kieserling 2010: 262) und in diesem Sinne „getrübt“. Z.B. vermögen Unternehmen normalerweise Konkurrenten und Tauschpartner dadurch gut zu trennen, dass sie mit ihren Kunden und Zulieferern tauschen, während sie mit anderen Anbietern konkurrieren.[5] In Sportspielen ohne Schiedsrichter müssen indes die konkurrierenden Mannschaften in hohem Maße kooperieren, um die Regeleinhaltung zu gewährleisten und das Match zu Ende zu spielen (DeLand 2013). Simmels Überlegung zu dem Unterschied, den Dritte für Zweierbeziehungen machen, bildet hier den Ansatzpunkt für die am Beispiel des Fußballs zu plausibilisierende These, dass die Anwesenheit eines SR die Möglichkeiten lauterer und unlauterer Konkurrenz zugleich steigert und parallel dazu die Kooperationsnotwendigkeiten zwischen den Teams absenkt. So hätte man es mit einem paradoxen Effekt zu tun: Obwohl eine Rolle allein für die Regeleinhaltung und ihre Durchsetzung abgestellt ist – man könnte mit einem Wort sagen, zur „Disziplinierung“ (Foucault 2007) –, führt das auf dem Feld nicht dazu, dass fairer gespielt würde, sondern zur Ausreizung des legitimen Verhaltens und Überschreitung seiner Grenzen.

Soziologie und Sozialpsychologie haben häufig auf die Bedeutung von Zuschauern für das menschliche Verhalten hingewiesen. Wird man von anderen Personen beobachtet, stellt man bewusst und unbewusst sein Verhalten darauf ein (Goffman 1990). Auch Sportler orientieren sich entsprechend am zuschauenden Publikum. Neben den Sportlern hat das Publikum bisher den Löwenanteil wissenschaftlicher Aufmerksamkeit auf sich gezogen (Werron 2010). Die vorliegende Analyse fokussiert demgegenüber auf den SR als zentralen Beobachter und thematisiert nicht im gleichen Maße, was sich durch die Anwesenheit der Fans im Stadion am Verhalten der Spieler oder des SR ändert.[6] Die Vernachlässigung anderer Publika scheint mir vertretbar, da sie keine Entscheidungsbefugnisse im Spiel haben und nicht unter der Erwartung antreten, neutral zu sein.[7] Schließlich möchte dieser Beitrag die Soziologie des Dritten (Lindemann 2006; u.a.) um eine Studie über anwesende und neutrale Dritte ergänzen (Heck 2016). Im Gegensatz zu Zuschauern sind neutrale Dritte speziellen Anforderungen hinsichtlich des universalistischen Handelns ausgesetzt, und zu ihrem Rollenprogramm gehört es, Verantwortlichkeit für situative Dynamiken zu übernehmen, die aus der Konkurrenz oder dem Streit zweier Parteien erwachsen. Die Funktion dieser Verantwortungsübernahme für die Situation nenne ich weiter unten die präventive Entstörung des Interaktionssystems Fußballspiel.

3 Methodologische Bemerkungen

Um die SR-Rolle in ihren grundsätzlichen Funktionen und Folgen für die Spielsituation zu analysieren, bietet es sich an, die voraussetzungsvolle Situation des Profifußballs zugunsten der Analyse einer viel einfacheren zurückzustellen. Vor diesem Hintergrund vergleiche ich mithilfe vorhandener Studien und einer eigenen empirischen und explorativen Untersuchung den Kreisligafußball mit dem selbstorganisierten Fußball der „Wilden Liga“ in Bielefeld, die weitgehend auf Schiedsrichter verzichtet. Der Vergleich orientiert sich am Bezugsproblem der Regeldurchsetzung und der Streitbelegung. Ziel des Artikels ist, die These der Konkurrenzsteigerung durch Hinzutritt eines SR empirisch zu plausibilisieren. Die Ligen halte ich für vergleichbar, weil in beiden das Spiel im Vordergrund steht und nicht die berufliche Karriere einzelner Spieler oder einer Mannschaft. Das Ziel, ein Spiel zu gewinnen, ist in beiden Ligen vorhanden, denn hier wie dort geht es um Punkte, Meisterschaft sowie um Auf- oder Abstieg.[8] Ein empirischer Befund stärkt diese Annahme: Rees et al. (1986) bestätigten die Hypothese nicht, Freizeitbasketball ohne Schiedsrichter sei weniger siegesorientiert als mit.

Sicherlich lassen sich neben dem Auftreten des SR andere Erklärungsmuster für die Konkurrenzsteigerung heranziehen. Während Pilz (2000) dem Profifußball eine pervertierte Leistungs- und Siegesorientierung zuschreibt, trifft das jedoch weit weniger auf die Kreisliga zu. Nicht zu vernachlässigen sind Effekte der Selbstselektion, die erklären, warum Vereinsspieler eher zu unfairen Mitteln in der Konkurrenz um den Sieg greifen, als die der Wilden Liga. Dem lässt sich entgegnen, dass die Spielweise sowohl in der Wilden Liga als auch im Vereinsfußball Sozialisation erfordert, d.h., dass das Spielsystem die Spieler formt. Vereinsspieler werden folglich in das Spielsystem eingewöhnt und Wild-Ligisten passen ihr Spielverhalten im Kampf um den Liga-Pokal an geleitete Spiele an. Darüber hinaus haben oder hatten einige Wild-Ligisten eine Vereinsmitgliedschaft, die sie keineswegs aufgrund der Unfairness im Vereinsfußball aufgaben. Schließlich darf man die gesellschaftlichen Erklärungen von Konflikten auf den Fußballfeldern nicht aus den Augen verlieren: Wenn zwei Mannschaften mit betont konfligierender Identität aufeinandertreffen, ist sicher die Bereitschaft größer, sich unfairer Mittel zu bedienen. Anliegen dieses Beitrags ist nicht, die alternativen Erklärungen als unwahr hinzustellen, sondern sie um eine zu erweitern, die mit der Zurechnung auf die Dreierstruktur des Spiels arbeitet oder anders formuliert, mit der Unterscheidung zwischen differenzierter und undifferenzierter Regeldurchsetzung.

Zum Datenkorpus gehören insgesamt 21 leitfadengestützte Interviews und informale Gespräche mit insgesamt neun SR, die vornehmlich in der Kreisliga pfeifen, auf deren Interviews ich im Folgenden mit dem Kürzel „SRI“ verweise. Die Interviewdauer schwankte zwischen der zeitlichen Spanne einer Halbzeitpause und einem über 100-minütigen Telefonat. Die „SRI“-Verweise und alle übrigen sollen im Text die Befunde belegen, denen sie nachstehen, und zeigen an, dass mindestens einer der befragten SR einen solchen Beitrag sinngemäß so geäußert hat. Die Interviews und die informalen Gespräche sind teilweise transkribiert oder liegen als Gedächtnisprotokolle vor. Außerdem umfasst das Datenkorpus ein Interview mit einem Ex-FIFA-SR (ebenfalls „SRI“), drei Spielbeobachtungen von Spielen mit SR und von dreien der Wilden Liga, auf die ich mit dem Kürzel „SB“ verweise sowie informale Gespräche mit Spielern dieser Ligen, die ich hauptsächlich im Zeitraum von Januar bis Juni 2017 durchgeführt habe. Das selbsterhobene Material habe ich um Erfahrungen höherklassiger Schiedsrichter ergänzt. Dafür habe ich sieben publizierte Erfahrungsberichte von Amateurund (ehemaligen) Spitzenschiedsrichtern und den Dokumentarfilm „Referees at work“ ausgewertet. Die Berichte sind jeweils mit den ersten beiden Buchstaben ihres Autors zitiert, z.B. „SC“ für Schröder, die Dokumentation als „RW“. Hauptsächlich zitiere ich aus diesen Erfahrungsberichten solche Beobachtungen der Autoren, die in der Kreisliga zumindest nicht ausgeschlossen sind. Um die Konsequenzen des Hinzutritts des SR auszuleuchten, wurden die einzelnen Materialien in einer für die Grounded Theory typischen Weise kodiert (Strauss/Corbin 2010) und unter der jeweiligen, für einen Abschnitt, zentralen Fragestellung zusammengefasst.

4 Wilde Spiele: die Spielorganisation ohne Schiedsrichter

Nicht alle Fußballligen betrauen SR mit der Spielleitung, wofür die Wilde Liga in Bielefeld reichlich Anschauungsmaterial bietet. Im Folgenden thematisiere ich aufgrund eigener Beobachtungen und informeller Gespräche mit Wild Ligisten, wie es die Mannschaften dieser Liga schaffen, ihre Spiele regelkonform zu Ende zu spielen. Dabei manifestiert sich der hohe Kooperationsbedarf dieser Spielweise und daher, dass Fairness unter den Spielern eine Strukturnotwendigkeit dieser Spielorganisation ist, welches die Entscheidungsdelegation in geleiteten Spielen weitestgehend ersetzt.

Zunächst gibt es die basale Rollendifferenzierung in Spieler auf der einen Seite und einem Regelhüter auf der anderen in der Wilden Liga nicht. Stattdessen ist die Regeleinhaltung selbst organisiert: Spieler sind nicht nur Spieler, sondern zugleich Schiedsrichter. Sie müssen das Spiel daher zusätzlich unter dem Aspekt verfolgen, ob Regelverletzungen begangen werden (DeLand 2013: 661). Wer das Spiel unterbrechen darf, unterliegt lokal gebildeten Gepflogenheiten. In der Wilden Liga müssen jene Spieler das Spiel unterbrechen, die vermeintlich gefoult wurden oder die eine gute Sicht hatten, vor allem als letzter Mann bei Abseitsstellung eines Angreifers. Obwohl dieses Arrangement oftmals zur unmittelbaren Akzeptanz des bezichtigten Regelübertreters führt, liegt dem doch eine Schwierigkeit zugrunde: Die unmittelbar betroffenen Spieler beider Mannschaften müssen sich einig sein, ob die Anzeige des Verstoßes berechtigt ist. Mit anderen Worten, es bedarf andauernd eines faktischen Konsenses der betroffenen Spieler.

Ein fundamentales Beurteilungsproblem der Situation erschwert die Einigung, denn für die Mannschaften im Allgemeinen sowie für Täter und Opfer im Besonderen herrscht in Fragen der Spielbeobachtung ein „Kreuzfeuer gegensinniger Erlebniszentrierung“ (Heisterkamp 1977: 457). Es handelt sich um ein, für die Konsensfindung, unvorteilhaftes Zurechnungsgefüge, weil der verdächtigte Täter der Ansicht ist, nur auf das Opfer reagiert zu haben, während das mutmaßliche Opfer denkt, die aggressive Initiative sei unzweifelhaft vom foulenden Spieler ausgegangen. Erschwerend kommt hinzu, dass sich sowohl Täter als auch Opfer aus strategischen Gründen zuweilen auf den Standpunkt stellen, Recht zu haben, was auch in der Wilden Liga nicht ausgeschlossen ist, wenn etwa Auseinandersetzungen um Elfmeterentscheidungen entbrennen.[9] Sollte sich kein faktischer Konsens einstellen, wird das Spiel unterbrochen und die umstehenden Spieler beginnen zu diskutieren. Sowohl Rees et al. (1986) als auch Pilz und Trebels (1976: 145ff.) bestätigen in ihren Experimenten mit Freizeit- und Schulbasketballern, dass dieselben Spieler ohne Schiedsrichter mehr streiten als mit. Die Gefahr eines minutenlangen Streits oder sogar eines Spielabbruchs[10] droht. Die Konsenssuche hat also das Potenzial, das Spiel in einen Streit zu verwandeln und in eine Entscheidungskrise zu stürzen.

Werden sich die beiden unmittelbar Beteiligten nicht einig, gilt die Erwartung, dass die umstehenden Akteure die Szene beurteilen. Auf weiter entfernt Stehende rekurrieren die Betroffenen selten, auf Zuschauer überhaupt nicht. Offen und von Spiel zu Spiel unterschiedlich ist in der Wilden Liga, ob Mannschaftskameraden die Darstellung ihres Mitspielers diskreditieren oder sich bei ihrer Intervention strikt an der Mannschaftssolidarität orientieren. Bestätigt ein Gegenspieler die Beurteilung einer Regelübertretung, beendet dies die Diskussion zuverlässig. Für den Fall eines anhaltenden Streits zweier Spieler, für den sich keines der Teams interessiert, hält die Wilde Liga eine Isoliertechnik parat: Man wechselt die zankenden Spieler einfach aus und spielt weiter. Je ernster und härter jedoch gespielt wird, desto mehr gewinnen Mannschaftserleben und Mannschaftssolidarität an Relevanz, mit der Folge, dass diese Bestätigungen und Isolierbarkeiten abnehmen.

Es finden sich drei (Teil-)Lösungen für die geschilderten Probleme, die eine über Moral bzw. Fairness abgesicherte Kooperation zwischen den Spielern und den Teams voraussetzen. Erstens weiß jeder, wer sich beschwert, verlangsamt das Spiel, bricht vielleicht einen Streit vom Zaun oder provoziert eine Maßregelung seiner eigenen Mitspieler. In einer Form der Selbstzensur akzeptieren die Spieler folglich mehr und beschweren sich weniger, als man annehmen könnte.[11] Zweitens haben die Spieler auf dem Platz einen Ruf zu verlieren, wenn sie jede Anmutung einer Normverletzung anzeigen und bezweifeln. Moralisch achtbare Spieler halten sich deshalb an die Erwartung, nachsichtig zu sein: Sie akzeptieren hartes Einsteigen und Foulanzeigen gegen sich. Eine moralische Spielweise drückt sich nicht zuletzt darin aus, dass kaum taktische oder verdeckte Fouls begangen, keine Fouls vorgetäuscht oder Gegenspieler beleidigt werden. Drittens etabliert sich zwischen den Mannschaften im Laufe des Spiels eine Art Reziprozitätskasse für (un-)nachsichtiges Verhalten. Wenn eine Seite ohne Murren mehrere eigene Regelübertretungen akzeptiert hat, also in die Reziprozitätskasse einzahlt, steigt der moralische Druck auf die Gegenseite, es ihr gleich zu tun, selbst wenn sie sich im konkreten Fall im Recht wähnt. Die Probleme mit der Regeleinhaltung entspannen sich, wenn ein Team klar führt, so dass ihm das andere den Sieg kaum mehr streitig machen kann und sie verschärfen sich, wenn ein Sieg für beide noch erreichbar ist.

Moralbasierte Unterdrückung und Lösung des Streits scheitert an Spielern, denen wenig an der Achtung der eigenen und gegnerischen Spieler liegt und an Situationen, in denen sich die Mannschaften uneins sind, ob ein Entgegenkommen geboten wäre. Sobald die Unnachgiebigkeit des Gegners mit eigener Uneinsichtigkeit beantwortet wird, kippen wilde Spiele an dieser Stelle von positiver Reziprozität auf negative (Axelrod 2006). Einen Ausweg eröffnen Kompromisse: Statt eines geforderten Elfmeters erhält der Gegner einen Freistoß, oder eine Mannschaft bleibt in Ballbesitz statt einen Freistoß zu erhalten, wobei sie „hinten rum spielen“ muss, was einen Neuaufbau des Angriffs aus der eigenen Hälfte verlangt. Obwohl die Wilde Liga ein durchaus körperbetontes Spiel praktiziert, sind die Spieler nicht in der Lage, unter diesen Umständen ständig an den Grenzen legitimer Härte oder des Abseits zu operieren. Der Einsatz legitimer Konkurrenzmittel ist von daher beschränkt. Insgesamt hängt die Ordnung des Spiels von der Kooperation unter den Mannschaften ab, sodass Streit unterbunden oder lösbar wird. Kurzum, die Konkurrenten bekämpfen einander mit moralischen Bandagen.

5 Der Schiedsrichter als Konfliktschwelle

Welche Funktionen und Folgen könnte die Entscheidungsdelegation für das Spiel haben, außer der offensichtlichen, dass die Spieler nicht mehr entscheiden? Mit der Spielleitung durch Schiedsrichter differenzieren sich die Rollen für Regelüberwachung und der Teilnahme am Spiel, was vier erhebliche Konsequenzen hat.

Erstens verlieren die Mannschaften die Option, selber über Regelanwendungen zu disponieren, wie es in der Wilden Liga üblich ist. Wenn über die Regelanwendung disponiert werden kann, stellen Foulszenen zwar sehr ergiebige, aber bei Weitem nicht die einzigen Konfliktanlässe dar. Vielmehr bergen alle Regelungen die Gefahr, dass ein Spiel zum Konflikt eskaliert, sich entspinnend an Fragen wie, wer mitspielen darf, wann angestoßen und abgepfiffen wird oder unter welchen Umständen das Spiel abgebrochen werden muss. Ferner werden wesentliche Ereignisse des Spiels, darunter der Endstand, die Namen der Torschützen sowie die Art und Anzahl der Verwarnungen, erst verlässlich erinnert, wenn sie einer unparteiischen Instanz übertragen sind. SR installieren ein für einen Ligabetrieb unerlässliches und belastbares Interaktionsgedächtnis. Ähnlich wie Vermittler im Streit, reduziert der SR folglich potenzielle Streitanlässe in einem außergewöhnlichen Maße allein dadurch, dass sie den Teams entzogen sind (Heck 2016).

Zweitens trifft man schon vor Anpfiff wichtige Vorbereitungen. Wie in Interaktionen üblich, werden die Teilnehmer nach spezifischen Prozeduren als legitime Teilnehmer akzeptiert (SB). Zwar ist der Teilnehmerstatus der Spieler und des Schiedsrichters schon vor dem Anpfiff geklärt, weil der Schiedsrichter für das Spiel angesetzt wurde und er in dieser Funktion die Spielerpässe kontrolliert hat. Aber die symbolische Akkreditierung erfolgt bei der Begrüßung auf dem Platz. Die Begrüßung ist deshalb von Belang, da sie die Anerkennung des SR als neutrale und entscheidende Instanz in Anwesenheit aller Spieler und der Fans demonstriert. Die Anerkennung des Dritten hat ähnliche Konsequenzen wie die des Richters in einem Gerichtsverfahren (Luhmann 2008a: 53ff.) oder die Mitgliedschaft in einer Organisation (Luhmann 1999): Sich später dem Dritten zu widersetzen hieße, die freiwillige Identifizierung mit den Teilnehmerbedingungen aufzugeben, was zu einem Selbstwiderspruch führen würde. Eindringlicher und anhaltender Protest gegen die Spielleitung ist daher ein revolutionärer Akt, der früher oder später die Mitgliedschaftsfrage aufwirft: Willst du den Regeln gemäß mitmachen oder nicht?

Man könnte denken, SR bekleiden einen ähnlichen Status wie Unpersonen in Interaktionen. „Unperson“ nannte Goffman eine Kategorie von Teilnehmern (Goffman 1990: 151f.), auf deren Gegenwart andere Anwesende keine Rücksicht nehmen. Kinder, Kranke und Dienstboten sind seine Beispiele. Zwei Indikatoren untermauern diese Vermutung: Zum einen sind SR regelmäßig Ziel von Beleidigungen und sogar von Drohungen mit Gewalt (Vester 2013). Andererseits weichen sie dem Spielgeschehen zuweilen wie jemand aus, der nicht darum gebeten werden muss oder werden angeschossen, ohne dass sich jemand entschuldigt. SR sind allerdings keine Unpersonen avant la lettre, denn sie würden sonst eher ignoriert als beschimpft. Die Unparteiischen haben überdies einen für Unpersonen untypischen Einfluss, den die Spieler berücksichtigen. Sie ignorieren den SR demnach nicht, sondern stellen ihr Verhalten weitgehend auf ihn ein;[12] daher die Not, Fouls zu verdecken und leise zu beleidigen. Trifft der Ball den Unparteiischen, befindet dieser darüber, ob das dem natürlichen Lauf des Geschehens oder einer mit dem Platzverweis zu ahndenden Absicht geschuldet war. Echte Unpersonen müssten Schimpfe und Balltreffer umstandslos hinnehmen.

Drittens sind die Teams eines geleiteten Matches nicht mehr auf die eigene Konsensfindung angewiesen; mehr noch, die Vereinsspieler können sich eine Indifferenz gegenüber dem leisten, was faktisch um sie herum passiert, während eine Entscheidungskrise in einem wilden Spiel die umstehenden Spieler in die Streitbeendigung hineinzieht. Kreisligaspieler sind daran gewöhnt, die Entscheidungen des Schiedsrichters zu übernehmen. Alles, was dieser entscheidet, ist für den Verlauf der Interaktion verpflichtend. Dabei sind Pfiffe genauso bindend wie ausbleibende Pfiffe. Sei der ertönte oder ausgebliebene Pfiff falsch, umstritten oder unglücklich für eine Mannschaft, im Moment der Entscheidung erhält er eine (nahezu) unumstößliche Rechtskraft.[13] Da nicht der schmerzhaft getroffene Spieler definiert, ob ein bestimmter Körpereinsatz legitim ist, vermag man an und jenseits der Grenzen legitimer Härte und anderer Regeln zu agieren, ohne moralische Schranken beachten zu müssen. Genauso verlieren moralische Verpflichtungen des positiv reziproken „Wie du mir, so ich dir“ an Bedeutung, denn man schuldet der anderen Mannschaft ja nichts.

Im Gegensatz zu Konflikten vor Gericht sehen die SR-Maßnahmen viertens keine Diskussion unter den Beteiligten vor. Es verhält sich zumeist sogar so, dass der SR tätig wird, bevor die Spieler überhaupt ihre Meinung artikulieren. Das Votum des SR kommt der offenen Konfliktkommunikation zuvor und unterbindet auf diese Weise eine Entscheidungskrise. In Anbetracht der möglichen Strafen für Protest, der Unabänderbarkeit der Entscheidung und des Zeitdrucks im Spiel werden die allermeisten Entscheidungen, obgleich teilweise unter Protest, rasch hingenommen. Darin liegt die präventive Entstörung des Spiels, weil es nicht mehr dazu kommt, dass der Streit Raum greift und auf das gesamte Spiel überspringt. Deshalb ist es ein Problem, wenn der Unparteiische nach dem Pfiff ‚bis zu acht Sekunden‘ (SRI) abwartet, bevor er sich endgültig festlegt. In dieser Zeit äußern die Beteiligten nämlich ihre Auffassungen und identifizieren sich mit einer Erwartung im Konflikt, was anders als in Gerichtsverfahren die Akzeptanz der Entscheidung einschränkt.

Dass Schiedsrichter Spiele präventiv entstören, mag überraschen, weil man in ihnen oftmals die eigentliche Störquelle sieht. Denn die SR-Entscheidungen provozieren Akzeptanzkrisen einzelner Spieler oder einer kompletten Mannschaft. Aber dahinter verbirgt sich die Umleitung des Protests von der gegnerischen Mannschaft auf den Unparteiischen. Im SR finden die empörten Spieler einen Blitzableiter, der als Unbeteiligter der Maßgabe eines „denial of reciprocity“ leichter als der Gegner gerecht wird. Selbst wenn also eine Maßnahme des SR eine Akzeptanzkrise hervorruft, befällt selbige nur Einzelne und im schlimmsten Falle eine Mannschaft. Dass ein Konflikt unter den Mannschaften entbrennt, wird so unwahrscheinlicher, und der SR stabilisiert auf diese Weise das Interaktionssystem Fußballspiel.

Mit der Delegation der Spielleitung an einen neutralen Dritten wird daher eine Konfliktschwelle in das Spiel eingezogen, die das volle Ausschöpfen aller regelkonformen Konkurrenzmittel garantiert und welche die Kooperation der Mannschaften bei der Streitbeilegung wie in wilden Spielen überflüssig macht.

6 Die moralische Entfesselung der Spieler

Zwar passen die Teams ihre Spielweise an den Schiedsrichter an, doch heißt das nicht, ab jetzt würde fair gespielt. Denn neben der legitimen Konkurrenz wächst zugleich die illegitime in dem Umfang, wie der SR nichts davon mitbekommt oder nichts mitbekommen will (Askins et al. 1981: 95f.; Emrich/Papathanassiou 2003: 16; Synder/Purdy 1987: 396).[14] Anders als in wilden Spielen sind die Gegenspieler hinsichtlich der Regelüberwachung keine relevanten Beobachter, sondern der SR und seine Assistenten, falls er solche hat. Infolge der Entscheidungsübertragung ist eine über Kooperation und Moral gesicherte Regeleinhaltung nicht mehr notwendig. Dieser Umstand zieht eine moralische Entfesselung der Spieler nach sich oder verschafft ihnen zumindest neue Verhaltensoptionen. Im Schatten und Halbschatten der schiedsrichterlichen Aufmerksamkeit überziehen sich die Spieler mit sogenannten Nickeligkeiten, was verharmlosend für unerlaubte Kneifer, Rempler, Tritte, Schläge und verbale Verunglimpfungen steht. Der Sinn dieses „aggressive face-work“ (Goffman 1989: 24f.) ist zweifellos, den Gegner zu provozieren und ihm justiziable Verhaltensweisen zu entlocken. Alle von mir befragten Kreisliga-SR haben dieses Phänomen beschrieben und der Ex-FIFA-Referee Meier (2016: 86) fasst zusammen: „So unsportlich Provokationen sind, so selbstverständlich sind sie im Fußball geworden – und zwar über alle Ligen hinweg.“ Neben verdeckten und taktischen Fouls zählen Versuche, den Spielleiter zu täuschen, zu den unlauteren Konkurrenzinstrumenten, darunter die gelegentlich exzentrisch choreografierte „Schwalbe“. Im wilden Spiel ereignet sich das nicht in derselben Größenordnung, ebenso wenig wie die routinierten Reklamationen der Spieler, die etwa wider besseren Wissens einen Elfmeter fordern. Die Selbstzensur, wie sie für wilde Spiele typisch ist, fehlt zum Gutteil.

Spieler sind geradezu gezwungen, ein taktisches Verhältnis zur eigenen Darstellung zu entwickeln. Als Beispiel soll das Gefoult-Werden dienen, denn es avanciert zu einer Performance ersten Ranges. Es reicht nicht, zu fallen, um einen Pfiff auszulösen, man muss richtig fallen. Zum einen muss das Foul als Foul überhaupt kenntlich werden, da der Schiedsrichter meistens mehrere Meter entfernt steht und seine Aufmerksamkeit nicht per se gegeben ist. Zum anderen muss das Fallen des mutmaßlich Gefoulten als Indikator für einen illegitimen Körpereinsatz identifizierbar werden. Beides spricht dafür, unmissverständlich zu demonstrieren, dass man unrechtmäßigerweise zu Fall kam, z.B. indem man im Fallen die Arme in die Luft reißt, ein schmerzverzerrtes Gesicht auflegt und nach der Landung sich den vermutlich getroffenen Teil des Körpers hält. Aber damit inszeniert der Gefoulte seine Darstellung und weicht von dem ab, was „wirklich“ geschah bzw. geschehen wäre. Komplementär dazu produziert der Angreifer Unschuldsgesten. Wie im Gerichtsverfahren für die Parteien hat das für die Fußballer zur Folge, dass sie „sich dazu genötigt fühlen, um Recht zu erhalten, ihre Unschuld verlieren“ (Luhmann 2008a: 67).

Natürlich birgt die Inszenierung die Gefahr, dass die Herstellungsbemühungen sichtbar werden und dem Unparteiischen als Täuschungsabsicht erscheinen, es wie ein echtes Foul aussehen zu lassen. Das Timing des Fallens macht dessen Inszenierung sichtbar. Mancher Kicker hebt zu früh ab. Wer damit auffällt, dem sagt man „Fallsucht“[15] nach. Selbst wenn die Berührung durch den Gegenspieler entscheidend war, sieht es so aus, als wolle er einen Pfiff erheischen. In diesem Sinne übersetzt sich die physikalisch wirksame Berührung nicht automatisch in ein sozial glaubwürdiges Verhalten. Gegenläufig dazu kann man zu spät fallen, was ebenfalls unglaubwürdig wirkt. In diesem Fall ist eine Berührung seitens des Gegners mindestens vorstellbar, aber meistens bringt eine solche den ballführenden Spieler nicht direkt aus dem Tritt. Warum fällt er trotzdem? Entweder weil er tatsächlich erst zeitlich versetzt zu Fall kam, was bei hohen Geschwindigkeiten nicht auszuschließen ist, oder aber er lässt sich nach dem misslungenen Versuch fallen, den Ball trotz Tacklings zu kontrollieren. Ist das Misstrauen gegenüber einem Spieler schon geweckt, wird das Urteil im Zweifel gegen den Angeklagten ergehen.

Faire Verhaltensweisen werden nicht vollends eingestellt, etwa wenn der Ball ins Aus gespielt wird, weil ein Spieler am Boden liegt (Müller 2014: 204). Und obschon die Fußballinteraktion gerade einschließt, den Gegner körperlich anzugehen, bringt der Hinzutritt eines SR eine für Meisterschaftsligen charakteristische und von allen Regularien abweichende unlautere Konkurrenz und eine professionelle Unfairness ins Rollen, deren Restmoralität darin liegt, den Gegenspieler nicht vorsätzlich zu verletzten und die Nickeligkeiten nach dem Spiel zu vergessen.[16] Neben der moralischen Entfesselung während des Spiels sprechen zwei weitere Indikatoren für die professionelle Unfairness. Einerseits nimmt man nicht nur das abweichende Verhalten als Teil des Spiels hin, sondern trainiert das Foulen sogar (Emrich/Papathanassiou 2003: 7f.). Andererseits prägt die Vorstellung des „fairen Fouls“ die Moral junger, aber mehrjähriger Vereinsspieler, die besagt, dass es fair sei, nur dann unfair zu spielen, wenn es nötig ist (Pilz 2000: 16f.). Entgegen der Regularien und Fairplay-Initiativen erwarten Trainer, Mitspieler und zum Teil die Zuschauer ein solches Verhalten professioneller Unfairness.

Täuschungsversuche und das Inszenierungsgebot veranschaulichen, wie die Spieler die Einschätzung des SR beeinflussen und wie sein Hinzutritt eine neue strategische Komponente ins Spiel einführt (Goffman 1986; Cunningham et al. 2015). Das Spiel wird insofern theatralisch(er), als die Spieler vom SR beobachtet werden und diesen Umstand in ihrem Verhalten einpreisen. Das Theatralische ist dabei nicht allein auf die moralische Entfesselung der Spieler zurückzuführen, vielmehr ist es mit den sich wandelnden dramaturgischen Herausforderungen in der Triade verknüpft.

7 Die dramaturgischen Herausforderungen für SR

Nicht nur die Spieler stehen vor neuen dramaturgischen Herausforderungen, der SR tut es ebenso. Während sich die Kicker in Inszenierung und Täuschung üben, eignet sich der SR ein Misstrauen gegenüber den ihm dargebotenen Darstellungen an und ist zudem gehalten, seine Neutralität und die Richtigkeit der Entscheidungen gegenüber den Spielern und Fans zu vertreten.

7.1 Der misstrauische Blick

In meinen Interviews kommt zum Vorschein, dass SR sich stets mit der Frage konfrontiert sehen, ob man sie täuschen will. Virulent wird sie nicht bloß, wenn Spieler im gegnerischen Strafraum zu Boden gehen, sondern auch bei einer Reihe anderer Situationen. Im strategischen Ausdrucksspiel stellen sich die Unparteiischen infolgedessen mit einem auf Täuschung eingestellten Blick auf die Darstellungen der Spieler ein (Goffman 1986), was einer speziell geschulten Wahrnehmung gleichkommt (Goodwin 1994). Grundsätzlich sei das Problem weniger gravierend, wie ein erfahrener SR bemerkt, weil nur einzelne Fußballer exzellente Schauspieler seien (SRI). Verräterisch ist etwa, wenn der vermeintlich Gefoulte dem Blick des SR ausweicht, weil er ein schlechter Lügner ist (VO: 55). Trotzdem gewöhnen sich die Unparteiischen bereits in Amateurligen anhand von Videosequenzen, in denen Spieler offensichtlich täuschen, an diese strategische Spielsituation (SRI). Problematisch ist eine Fehlentscheidung aufgrund eines Täuschungsversuchs für sich genommen nicht, aber die anlaufende Erwartung wäre es, der Referee ließe sich täuschen. Ein SR, der an das Gute in den Akteuren auf dem Platz glaubt, tut deshalb gut daran, seine Philanthropie zu moderieren.

Um sachlich korrekte Entschlüsse zu fassen und umzusetzen, sucht der SR nach Hinweisen, die schwer manipulierbar sind. Wo sie jedoch hernehmen? Einen ersten Anhaltspunkt liefert – noch vor dem strittigen Foul – der Blick des Spielers, wenn er sich in Vorbereitung seines Körpereinsatzes eher am Gegenspieler als am Ball orientiert (SRI). Aus der Blickrichtung schließt der SR z.B. beim Eckstoß, dass es sich nicht um einen (erlaubten) Kampf um den Ball handelt, sondern um eine (verbotene) Attacke auf den Körper. Geht ein Spieler in einem Zweikampf zu Boden, fragt er sich in einem nächsten Schritt, ob das Bewegungsmuster der im Zweikampf befindlichen Spieler nach dem Billard-Kugel-Prinzip und das Fallmuster des mutmaßlich gefoulten Spielers ‚natürlich‘ aussehen oder ob Spuren willentlicher Einwirkung erkennbar sind (SRI). Weiteren Aufschluss darüber, was geschehen ist, gibt die Richtung, in die der Ball wegrollte. War der Angreifer noch am Ball, verändert sich nicht selten dessen Richtung (SRI) und wird damit zum Indiz für die (regelkonforme) Ballorientiertheit der Attacke. Die Darstellung des Gefoult-Werdens wirkt glaubwürdig, wenn sich der gefoulte Spieler keine Mühe gibt, es so aussehen zu lassen, als sei er gefoult worden, weil er keine Kraft mehr hat und nur still auf Hilfe hofft (VO: 58); wenn also keine Anstrengungen auszumachen sind, einen bestimmten Eindruck erwecken zu wollen.

Erkenntnisse über komplexe Situationen vermittelt außerdem die Performanz des ganzen Teams (Goffman 1990: 77ff.). So erscheinen wie von Geisterhand synchronisierte Reaktionen der Mitspieler glaubwürdig.[17] Die synchrone Spielerreaktion lässt auf gleiches Erleben der Situation schließen, die aus Sicht des SR aufgrund der Spontaneität nicht abgesprochen und aufgrund der Intensität der Enttäuschungsdarstellung schwer simuliert sein kann. Das ist natürlich weder eine Garantie dafür, dass es die Spieler richtig gesehen haben, noch dafür, dass sie ehrlich sind. Zwar validiert die Teamdarstellung der Spieler den gewünschten Eindruck, aber immer wieder diskreditieren einzelne Spieler den Gesamteindruck eines Spielzugs, wenn sie dem SR ungewollt mitteilen, was tatsächlich geschah. Wenn alle Mannschaftsmitglieder in Torjubel ausbrechen, bloß einer nicht, der beim Eckstoß den gegnerischen Torwart behindert hat und der als einziger nach dem SR Ausschau hält, ob er dabei gesehen wurde, dann vermag der Unparteiische aus diesem zweifelnden Ausschauhalten zu folgern, dass der Treffer illegitim erzielt wurde (ME1: 16f.). Ein zweites Beispiel: Wenn sich ein Kapitän lieber um die Vorbereitung eines Freistoßes kümmert, anstatt sich nach dem Befinden seines am Boden liegenden Mitspielers zu erkundigen, wird deutlich, dass das Foul in seinen Folgen nicht so schlimm gewesen sein kann (SRI).

Der Körpereinsatz reiht sich bisweilen in eine Interaktionsgeschichte des Zweikampfes ein, welche die SR zu Rate ziehen (SRI). Als Folge der taktischen Zuordnung von Spieler und Gegenspieler treffen konkrete Spielerpaare mehrfach aufeinander. Sollte der Referee zwei Spieler wiederholt bei Nickeligkeiten und Fouls beobachtet haben, steigt aus seiner Sicht die Wahrscheinlichkeit, dass der zuletzt Gefoulte beim nächsten Mal zurückholzt. Liegt ein derartiges ‚Revanchefoul‘ in der Luft, gewinnt das Gefoult-Werden an Überzeugungskraft, unabhängig davon, ob es sich tatsächlich so zugetragen hat. Eine Art Foulbilanz anzulegen wäre nicht weiter erstaunlich, würde nicht gleichzeitig unter den Referees die Norm ausgegeben, jede Situation für sich und abgelöst von vorherigen Aktionen zu beurteilen, um solchermaßen die Objektivität zu gewährleisten (SRI). Genauso widersprechen Personenerwartungen der Objektivitätsnorm, die der Unparteiische vor oder während des Matches bildet. In jeder Mannschaft gebe es einen ‚Meckerer‘ oder einen ‚Vorlauten‘, der alle Entscheidungen anzweifelt, dessen Protest die SR daher nicht mehr ernst nehmen (SRI). Zum anderen stellen sie sich auf Spieler ein, die Fouls im Strafraum vortäuschen. Dem ‚Schwalbenkönig‘ misstrauen sie mehr als anderen, sogar auf die Gefahr hin, an ihm begangene Fouls nicht zu ahnden. Auf Nachfragen bei den beteiligten Spielern, was vorgefallen ist, verzichten die SR weitgehend; bereits in den unteren Ligen sage niemand zu seinen Ungunsten aus (SRI).

7.2 Doing being neutral

Während die Spieler der kritischen Beobachtung der SR ausgesetzt sind, stehen die Referees gleichfalls unter Beobachtung der Spieler. Wie für Richter, Vermittler, Journalisten oder Dolmetscher wird die Darstellung von Neutralität zur zentralen Verhaltensvorschrift der Referees (Clayman 2001). Unabhängig sein reicht nicht, neutrale Dritte müssen ihre Neutralität aufführen. In Anlehnung an die Ethnomethodologie ist also zu fragen, wie das „doing being neutral“ der SR aussieht. Dass die SR auf eine neutrale Darstellung bedacht sind, kam in vielen Interviews zur Sprache. Sie weisen auf elaborierte Formen ihrer Selbstbeobachtung im Spiel hin.

Sicherlich unterminieren Korruptionsvorwürfe, die Studien zum Heimvorteil und die Bevorzugung kulturell ähnlicher Mannschaften das Vertrauen, die Entscheidungen seien objektiv und der SR neutral. Indes sind jene Faktoren nicht zu übersehen, die den Eindruck von Neutralität erzeugen und flankieren, wie etwa öffentliche Statistiken über die Spielleitung der SR (Rains 1984) oder die organisatorische Ansetzungspraxis der SR. Die Statistiken lassen selten den Schluss zu, der SR richte sich gezielt und wiederholt gegen eine bestimmte Mannschaft (Deutscher et al. 2017). Abgesehen davon, dass jedes Team mal in den Genuss des Heimvorteils kommt, affirmiert ein „veil of ignorance“ (Rawls 2005: 136ff.) vor einem konkreten Spiel die Anerkennung des Unparteiischen: Niemand weiß zu Beginn, ob er Opfer oder Profiteur einer Fehlentscheidung werden wird, und hofft, es trifft die Gegenseite.

Der Kontakt mit den Teams und ihren Vertretern ist an sich kein Problem, solange er symmetrisch ausfällt und die Gastgeber nicht versuchen, sich den SR durch Geschenke gewogen zu machen. In den unteren Ligen ist Bestechung nach meinen Recherchen kein Thema. Die Versorgung des SR beschränkt sich auf Getränke und ggf. ein Essen. Wie ernst die Einladung zum Essen nach dem Spiel noch ist, hängt davon ab, wie die Heimmannschaft die Schiedsrichterleistung beurteilt. Ist sie damit unzufrieden, sei es oft besser, die Einladung auszuschlagen (SRI). Vor dem Spiel muss der SR in Erfahrung bringen, in welchen Trikotfarben die Teams auflaufen, damit er seine Trikotfarbe und damit seine Fassade darauf einstellen kann. Er macht sich erkennbar zum Dritten. Eine augenscheinliche Demonstration von Unparteilichkeit stellt der Münzwurf dar, der die Seitenwahl regelt. Schiedsrichter wie auch andere neutrale Dritte praktizieren überdies symmetrische und symmetrisierende Verhaltensmuster (Meyer/Wedelstedt 2013: 74ff.), z.B. beide Seiten mit demselben Engagement zu begrüßen, sich in einem sichtbaren Abstand zu den Teams warmzulaufen, während der rituellen Begrüßung auf dem Platz, beim Schiedsrichterball oder bei einer Ermahnung zweier sich zankender Spieler in der Mitte zu stehen und während des Spiels die Spieler entweder alle zu duzen oder zu siezen (SRI).

Die im Spiel zu ahnenden Regelbrüche machen den Dritten aus Beobachtersicht nicht automatisch zum Parteigänger, vor allem dann nicht, wenn die Regelwidrigkeit sehr offensichtlich ist. In der Konsequenz gewinnen die ‚50/50-Entscheidungen‘ (SRI) mit großem Ermessensspielraum an Signalkraft. Entscheidet der SR in solchen Situation sehr oft für eine Seite, konterkariert dies den gewünschten Eindruck. Konsequentes Entscheiden kann, mit anderen Worten, den Verdacht der Parteilichkeit erwecken. Die Referees fragen sich noch vor dem Pfiff, wie die ‚Außenwirkung‘ dieser Sanktion ausfallen könnte (SRI). Darin wird ein Spannungsverhältnis zwischen Neutralitätsdarstellung und Aufgabenerfüllung offenkundig (Goffman 1990: 33): Man könne nicht die ganze Zeit nur für eine Mannschaft pfeifen, wenn man als unparteiisch gelten will (SRI). Selbst wenn die SR wissen, wie die richtige Entscheidung aussieht, wird sie in einem günstigen Moment zum Wohle der Neutralitätsaufführung zurückgestellt. Nach Fehlentscheidungen entsteht zudem eine unter SR umstrittene Bereitschaft, im Laufe des Spiels die Benachteiligung auszugleichen, was einer symmetrisierenden, aber informalen Verhaltensweise entspricht. Überdies scheint eine Demonstration von Parteilichkeit bei überinvolvierten Referees vorzuliegen, die beispielsweise bei einem Angriff wie Zuschauer mitfiebern oder bei einem Tor zu jubeln scheinen, weil sie richtig auf Vorteil mit anschließender Torerzielung entschieden haben. So wird die unausgesprochene Regel verständlich, dass SR ihre Freude nicht offen zeigen dürfen (CO: 42ff.). Auf dem Platz führt das zu Missverständnissen.

7.3 Die Darstellung sicheren Entscheidens

Neben den Spielern erschweren noch andere Umstände die Suche nach verlässlichen Informationen für die richtige Beurteilung von Spielereignissen, als da wären eine zu große Distanz oder Nähe zum Geschehen, die Geschwindigkeit des Entscheidungsprozesses, die spezifische Perspektive, die in der Sache begründete Uneindeutigkeit, Sichtblockaden, Beeinflussung durch Zuschauer und andere psychologische Faktoren (Plessner/Raab 1999). Man schätzt, dass zehn bis 20 Prozent der Entscheidungen infolgedessen inkorrekt sind (Oudejans et al. 2000). Diese deswegen halbherzig zu vertreten, hätte freilich fatale Folgen: Die Spieler würden ausprobieren (müssen), inwieweit die Regeln noch Anwendung finden. Richtig entscheiden heißt daher fortwährend, die Entscheidungen „accountable“ zu machen (Rains 1984) und sie als sicher zu verkaufen. Sicheres Entscheiden vollzieht sich in drei Phasen, nämlich indem der SR dem Spielverlauf aufmerksam folgt, sodann im Bedarfsfall eingreift und anschließend den Protest bearbeitet, für deren Skizzierung ich auf die mir zur Verfügung stehenden Daten zurückgreife.

Glaubwürdiges Entscheiden beginnt mit der Darstellung von Aufmerksamkeit gegenüber dem Spielgeschehen (Askins et al. 1981: 94f.), was das Gros der Performance ausmacht. Das Beobachten wird, mit anderen Worten, sichtbar gemacht. SR folgen dafür dem Spielgeschehen permanent über den Platz. Bei einer Spielunterbrechung, wenn z.B. der Ball vor einem Eckstoß ruht, richten sie ihren Blick gut sichtbar auf den Strafraum aus. Insofern kommt ihrem Stellungsspiel große Relevanz zu. Zuweilen mutiert es von einem Mittel richtig zu entscheiden, zu einem Selbstzweck, glaubwürdig zu urteilen; jedenfalls kann man selbiges leicht trainieren, kontrollieren und bewerten. Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang die Richtlinie, man solle nur das ahnden, was man gesehen hat (SC: 136). Laut Aussage eines von mir beobachteten Unparteiischen hat er in einer fraglichen Situation keinen Elfmeter gepfiffen, nicht weil ihm die Strafraumszene entgangen sei, sondern weil er eine schlechte Sicht gehabt habe und dabei beobachtet wurde, dass er es nicht genau gesehen haben kann (SB). Das heißt also, der SR konnte keinen Elfmeter geben, weil er nicht eindeutig beim Sehen gesehen wurde. Hätte sich der SR trotzdem zum Strafstoß durchgerungen, hätten die Spieler fortan vermuten müssen, der SR reagiere im Zweifel auf Zuruf und sei beeinflussbar. Umgekehrt darf man schlussfolgern, dass SR nicht alles sehen, was sie richtig entscheiden, weil es reicht, dass man ihnen bei gutem Stellungsspiel zutraut, es richtig gesehen zu haben. Manchmal kommen Spieler mit einem Vergehen davon oder der SR meint, eine illegitime Handlungsabsicht entdeckt zu haben. In solchen Fällen geben sie dem Spieler „im Vorbeigehen“ zu verstehen, dass ein Pfiff zwar ausblieb, sie aber bemerkt haben, was der Betreffende im Schilde führte (SRI; SC: 104f.).

Das Auf-Höhe-der-Situation-Sein untermauern die Referees mit der Geschwindigkeit (Goffman 1990: 30), in der sie entscheiden, das Spiel zu unterbrechen oder weiterspielen zu lassen. Ist die Entscheidung gefallen, will sie als sicher verkauft werden. Neben einer schnellen Entscheidung trägt die differenzierte Einschätzung der Situation zum gewünschten Eindruck bei. Diese zeigt sich in der Stärke und Länge des Pfiffs und gibt Auskunft darüber, wie schwer das Vergehen aus Sicht des SR gewesen ist (SRI). Einen unsicheren Eindruck erwecke die SR-Bereitschaft, diskutieren zu müssen (SRI). Insofern entziehen sich die Unparteiischen gern den Blicken und Kommentaren der Spieler (Brand 2002b: 114), indem sie etwa wortlos die Stelle auf dem Spielfeld markieren, von der aus ein Freistoß getreten werden soll oder indem sie sich umgekehrt möglichst rasch 20 bis 30 Meter vom Tatort entfernen (MER: 37).

Zum sicheren Entscheiden gehört schließlich, den Protest der Spieler zuweilen aufzugreifen; es geht dabei, daran sei erinnert, nicht um die Frage, ob die Entscheidung de facto richtig war. Neben strengen Blicken reagieren SR mit tröstendem Lob, Erklärungen, Entschuldigungen, Humor und Witz sowie Gegenangriffen und Drohungen auf die Kritik. Der Unparteiische fungiert infolgedessen nicht bloß als ein Blitzableiter, sondern auch als jemand, der den Spielern über ihre enttäuschten Erwartungen hinweghilft (Goffman 1952). Es darf als gesichert gelten, dass einige dieser Verhaltensmuster inoffiziellen Charakter haben. Das skizzierte Verhaltensrepertoire zur Protestbearbeitung umfasst abgesehen von berechtigen Drohungen mit persönlichen Strafen, Formen von Rollendistanz (Goffman 2013: 85ff.), die den SR als aufmerksamen und schlagfertigen Beobachter darstellen, den die Situation nicht im Geringsten überfordert, und mit denen sie eine allzu enge Identifizierung mit ihrem Tun verhindern.

Der Enttäuschungsabwicklung zuträglich ist eine SR-Aussage wie „Ihr seid der Champ, aber das war gestoßen“ (RW: 27:08). Dem Opfer der Regelwidrigkeit wird also mit Trost und Lob geholfen, sich in sein Schicksal zu fügen: „Das sieht doch jeder hier sofort, dass du der beste Kicker auf dem Platz bist. Die können’s halt nicht besser, als dich zu treten […]“ (SC: 111), während man dem Verteidiger im Stile eines für Drittenpositionen typischen „double talk“ nebenbei stecken könne (Heck 2016: 76f.), dass einem „das pfauenhafte Gehabe des Technikers [also des „besten Kickers“; J.H.] auch auf die Nerven geht […]“ (ebd.). Gebräuchliche Erklärungsmuster zur Frage, warum eine persönliche Strafe ausgeblieben ist, lauten, dass es das erste Vergehen des bezichtigten Spielers gewesen sei, diese sich nur im Mittelfeld abgespielt habe oder die Sicht versperrt gewesen sei (SRI). Entlastung verschafft sich der Referee, wenn er sich von den vorgegebenen Regeln und ihrer Anwendung distanziert, z.B. mit einem „Ich habe die Regeln nicht gemacht!“ (SRI).

Darüber hinaus entschuldigen sich SR für falsche Entscheidungen nach dem Spiel und diskutieren sie offen und schuldbewusst mit Vereinsmitgliedern (SB). Schon während des Spiels lassen sie ‚im Vorbeigehen‘ Zweifel an der eigenen Entscheidung aufscheinen (SC: 199; SRI). Eine andere Reaktionsweise liegt mit der Entgegnung in Form eines Scherzes vor: „Ein Spieler moniert Abseits. Ich: ‚Der Kollege kann gar nicht im Abseits gewesen sein, so schnell ist der nicht mehr.‘“ (VO: 250) Der Witz kann direkt auf Kosten des Protestierenden gehen: „‚Ich würde mir an deiner Stelle mal keine Gedanken machen. Erst mal den Ball ohne Probleme stoppen können. Dann in Ruhe weiterreden.‘“ (ebd.) Zwar bekräftigt Humor eine gewisse Gelassenheit, provoziert aber womöglich die Spieler.[18] Im SR-Repertoire finden sich überdies Gegenangriffe (bei gleichzeitigem Schuldeingeständnis), die eine Delegitimierung des Protests beabsichtigen: „Mit welchem Recht kommentieren Sie meine Entscheidungen? Ich kommentiere auch nicht jeden Ihrer Fehler“ (SRI). Von offizieller Warte aus betrachtet, ist die Drohung mit einer baldigen Bestrafung am heikelsten, mit denen SR das Verhalten der Spieler zu steuern trachten, etwa mit dem Hinweis „Wenn das so weitergeht, weiß ich ja, wie ich beim nächsten Mal entscheiden muss!“ (SRI). Diese Äußerung opfert die Neutralitätsaufführung der Spiel(er)-Steuerung.

8 Schlussbetrachtung

Ziel war, das Fußballspiel in Anlehnung an Simmel als triadische Interaktion mit neutralem Dritten zu beschreiben und das Rollenverhalten der Beteiligten in diesem Lichte zu verstehen. Methodisch habe ich über einen Vergleich von Spielen mit und ohne SR ermittelt, welchen Unterschied es macht, wenn ein SR das Spiel leitet. Die Konsequenz war erstens, dass der Unparteiische als eine Art Trennmechanismus von Konkurrenz und Kooperation zwischen Mannschaften wirkt, indem die lautere wie unlautere Konkurrenz gestärkt und parallel dazu die Kooperationslasten gesenkt werden. Anders als selbstorganisierte Spiele kommt der SR-Fußball mit viel weniger Fairness aus. Zweitens ließ der Übergang von einer Dyade zur Triade die dramaturgischen und strategischen Herausforderungen für Spieler und SR hervortreten, namentlich die Darstellung des richtigen Fallens sowie des neutralen Verhaltens und des sicheren Entscheidens. Die Vermutung sei wiederholt, dass der Hinzutritt von SR mit großem Ermessen in komplexen Mannschaftspielen, wie im Handball, Basketball oder Rugby prinzipiell dieselben Folgen zeitigen dürfte wie im Fußball. Weiterhin wäre zu prüfen, inwiefern die hier angestellten Überlegungen auf Kampf- und Punktrichter anderer Sportarten übertragbar sind.

Sobald die Auffassung des Referees darüber entscheidet, was rechtens ist, hält eine professionelle Unfairness der Spieler Einzug. Kehrseitig verlieren Moral und Fairness ihre Bedeutung für die Stabilität des Interaktionssystems, da der SR das Spiel präventiv entstört und Entscheidungskrisen stellvertretend unterbindet. Es wäre eine Überlegung wert, ob die Verantwortlichkeit des Schiedsrichterwesens nicht nur mit der Unverantwortlichkeit der Spieler zusammenhängt, sondern auch mit der der Zuschauer im Stadion. Wilde Spiele könnten jedenfalls Zuschauern und Fans zum Opfer fallen, was ein Schlaglicht auf die Norm wirft, die sie von der Herstellung des situativen Konsenses ausschließt.

Wie gesehen sind Spieler in der Triade dazu angehalten, Fouls oder legitime Härte als solche darzustellen und implizit um die SR-Einschätzung zu konkurrieren. Die Spielerperformance wird zum Ansatzpunkt für den misstrauischen Blick des SR, der um die leicht manipulierbaren Handlungen der Spieler weiß. Damit Entscheidungen trotz allem als sicher erscheinen, muss bereits ihr Stellungsspiel passen, womit SR ihre Aufmerksamkeit demonstrieren. Die Referees machen von einem breiten formalen wie informalen Verhaltensrepertoire Gebrauch, um Proteste der Spieler zu bearbeiten. Ferner wurde deutlich, wie schwer eine neutrale und gleichzeitig korrekte Leitung des Spiels ist. Für den Eindruck der Neutralität muss manchmal die Korrektheit der Entscheidungen und für die Steuerung des Spiels gelegentlich die Neutralität preisgegeben werden.

Wodurch Schiedsrichter neutral wirken, wurde hier nur explorativ erschlossen. Aber wie werden partikularistische SR-Beziehungen zu einer Seite ausgeschlossen und kontrolliert? Inwiefern belasten Forschungen des Typs „referee bias“ oder audiovisuelle Aufnahmen die Aufrechterhaltung von Neutralität? Wie sehr bindet das Unparteilichkeitsgebot die Referees im Alltag? Ferner verkürzt der „triadische“ Ansatz einer Interaktionssoziologie des Fußballspiels in sträflicher Weise die organisatorischen Bedingungen, auf denen der Fußball beruht. Angefangen bei den lokalen Vereinen, die angehalten sind, Schiedsrichter zu rekrutieren, über Weiterbildungen und Ansetzungen, hin zum allgemeinverbindlichen Regelwerk und den Evaluationen schiedsrichterlicher Leistung: Überall sorgen Organisationen dafür, dass jedes Spiel in denen hier beleuchteten Bahnen läuft.

Zu guter Letzt wäre zu untersuchen, ob und inwieweit sich Profi- und Amateurligen im Fußball hinsichtlich der vorgetragenen Thesen unterscheiden. Den Video Assistant Referee (VAR) gibt es im Amateurfußball nicht und das wird sicher so bleiben. Selbst wenn mit dem Mobiltelefon aufgenommene Szenen manchen SR unterer Klassen in ein schlechtes Licht rücken (SRI), müsste der Video-Schiri lediglich fester Bestandteil einer Theorie des Spitzenfußballs sein. Mit der Erfahrung nur einer Bundesliga-Saison und einer Weltmeisterschaft, in der der technisch aufgerüstete Dritte zum Einsatz kam, gestaltet sich eine soziologische Beurteilung als schwierig. Wollte man eine Vermutung äußern, welche Folgen die Einführung des VAR haben wird, könnte man sagen, dass er dank des technisch hergestellten superpanoptischen Beobachtungsarrangements, bei der Spieler das Beobachtet-Werden nicht mehr sehen, sondern nur erahnen, die Spieler stärker als zuvor diszipliniert (Foucault 2007). Wie oben ausgeführt, hält eine Beobachtung durch SR ohne technische Aufrüstung die Spieler gerade nicht von ihrer professionellen Unfairness ab. Die durch den Hinzutritt des SR erzeugten Möglichkeiten für jene Unfairness werden mit dieser zusätzlichen Überwachungsinstanz vermutlich ein Stück weit abgebaut. Die Zukunft wird zeigen, was und wieviel die Referees in den Videokabinen wirklich sehen.

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Published Online: 2019-04-16
Published in Print: 2019-04-24

© 2019 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Downloaded on 7.5.2024 from https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/sug-2019-0002/html
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