Zusammenfassung
Die ›Wiedergeburt‹ des Interesses am Kosmos, an der Rolle des Menschen, vor allem des Individuums, die Reformation und die humanistische Neubesinnung auf die Antike (s. Kap. 1), auch die Tierkunde, bilden den inspirierenden Hintergrund für Denker und Forscher der frühen Neuzeit, die das Verhältnis des Menschen zum ›Tier‹ und dessen ›Seele‹ neu reflektieren, und zwar jenseits des scholastischen Konzepts einer »anima sensitiva« (Ingensiep/Baranzke 2008). Montaigne gibt in seinen Essays (1580) erste wirkmächtige ethische Impulse, indem er das individuelle Tier in den Blick nimmt. Aber auch die reformatorische Theologie fordert neu heraus, über das Leiden der Kreaturen Gottes nachzudenken (s. Kap. 23). Individualismus und Humanismus, Wissenschaft und Theologie bereiten der neuzeitlichen Tierethik in Europa den Weg und begleiten sie weit über Darwins Zeiten hinaus. Dieser historische Gang seit den Anfängen der Neuzeit führt über allgemeine und spezielle tierethische Diskurse in der angelsächsischen und deutschen philosophischen Aufklärung (Bentham, Kant, Schopenhauer u. a.) bis zu heute aktuellen Kernpositionen und tangiert heterogene Praktiken und Probleme im konkreten Tierschutz.
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Literatur
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Ingensiep, H.W. (2018). Neuzeit. In: Ach, J., Borchers, D. (eds) Handbuch Tierethik. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-05402-9_3
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