Skip to content
BY 4.0 license Open Access Published by De Gruyter (A) October 17, 2023

Meinungsfreiheit und Moralismus

  • Christian Neuhäuser

Abstract

In Germany, like in many other liberal countries, there is an extensive public discourse about freedom of speech being at risk. It will be insisted in this contribution that on the one hand, freedom of speech as a subjective right of basic law is not endangered. On the other hand, it should be acknowledged that in public discourse moralistic exaggerations are quite common. Against this background, the paper asks when different opinions are to be respected and at what point it is permitted or even required to condemn them as immoral. The basic argument advanced here is that opinions should be respected as long as they are based in or at least supported by reasonable moral theories. Those opinions that do not have such a support can be labelled as properly immoral and criticized as such.

In der öffentlichen Diskussion, aber auch in akademischen Debatten ist immer wieder zu hören, dass die Meinungsfreiheit in Deutschland gefährdet sei.[1] In diesem Artikel möchte ich mich kritisch mit dieser Behauptung auseinandersetzen, allerdings nicht unmittelbar auf empirischer Ebene. Stattdessen möchte ich konzeptionelle und normative Grundlagen herausarbeiten, um diese Behauptung richtig einschätzen zu können. Ich werde allerdings dafür argumentieren, dass aus dieser Sicht einerseits die Meinungsfreiheit als subjektives Recht im Sinne des Grundgesetzes nicht gefährdet ist. Andererseits ist es doch sehr wahrscheinlich, dass Meinungsäußerungen manchmal durchaus auf eine Weise moralisch sanktioniert werden, die problematisch ist. Dies kann zurecht als überzogenes Moralisieren, also als Moralismus, bezeichnet werden.[2] Allerdings gibt es auch Meinungsäußerungen, die selbst stark unmoralisch oder sogar würdeverletzend sind und daher zurecht moralisch sanktioniert werden. Ich werde daher dafür plädieren, mit allgemeinen Urteilen darüber, dass die Meinungsfreiheit gefährdet sei, vorsichtig zu sein. Gleiche Vorsicht gilt allerdings in Bezug auf solche Aussagen, die vertreten, dass alle vollständig unwidersprochen immer und überall ihre Meinung sagen können sollten. Stattdessen sind einige Differenzierungen unter Zuhilfenahme von moralischen Prinzipien notwendig, um zu bestimmen, wann unterschiedliche Meinungen zu respektieren sind und wann es erlaubt oder sogar geboten ist, sie zu verurteilen.

Ich denke, dass solche Differenzierung und die Bestimmung normativer Orientierungsprinzipien hilfreich sind, um zu einer gewissen Gelassenheit im öffentlichen Diskurs über Fragen der Meinungsfreiheit kommen zu können und der Versuchung der empörten Polarisierung zu widerstehen. Weder ist das Recht auf Meinungsfreiheit gefährdet noch darf jede Person überall alles sagen, ohne dass ihr widersprochen werden darf und ohne dass darauf hingewiesen werden darf, dass es unmoralisch ist, was sie da sagt. Wenn man das einmal akzeptiert, dann ist es möglich, mit Blick auf Einzelfälle zu diskutieren, ob und auf welche Weise moralische Reaktionen auf Meinungsäußerungen überzogen und in diesem Sinne moralistisch sind. In solchen Fällen ist es dann natürlich erlaubt, diese moralistische Kritik selbst wiederum moralisch zu kritisieren. Aber solch eine Diskussion muss aufgrund ihrer Komplexität auf der Ebene konkreter Fälle stattfinden. Allzu vorschnelle allgemeine Urteile über die angebliche Gefährdung der Meinungsfreiheit oder ein scheinbares Recht auf unwidersprochene Meinungsäußerungen lenken von solch einer gewissenhaften Prüfung ab und reden eine unversöhnliche Polarisierung und einen fundamentalen Missstand herbei, die so einfach nicht bestehen. Zumindest lässt sich das nicht einfach so undifferenziert mit Verweis auf einige kontroverse Fälle behaupten.

Ich werde die Argumentation in sechs Schritten entfalten. In einem ersten Schritt werde ich einige allgemeine Beobachtungen zum Diskurs über die Meinungsfreiheit anstellen. Dazu werde ich darauf hinweisen, dass in den letzten Jahrzehnten die Behauptung einer starken Einschränkung der Meinungsfreiheit von rechtsradikaler Seite als Instrument der politischen Rhetorik verwendet worden ist. Diesen Umstand gilt es im Diskurs über Meinungsfreiheit zu berücksichtigen. In einem zweiten Abschnitt werde ich kurz auf das Grundrecht auf Meinungsfreiheit eingehen und darlegen, dass es keine guten Gründe gibt zu glauben, dieses Grundrecht als Abwehrrecht gegen den Staat sei gefährdet. Zudem werde ich argumentieren, dass die stärkere Forderung nach einem Recht auf einen fairen Wert der Meinungsfreiheit unangemessen ist, weil das eine Überforderung des Rechtsystems darstellen würde und selbst illiberal wäre.

In einem dritten Schritt wechsele ich auf eine nichtrechtlich moralische Ebene. Auf dieser Ebene können durchaus strengere Regeln herrschen als im Recht. Es ist einerseits möglich, dass nicht alle Dinge, die zu sagen rechtlich erlaubt ist, von einem moralischen Standpunkt auch gesagt werden sollten.[3] Es ist andererseits aber auch möglich, dass moralische Reaktionen auf bestimmte Meinungsäußerungen auf moralistische Weise überzogen sind. In einem eher lockeren Anschluss an John Stuart Mill werde ich daher zwischen dem intrinsischen und instrumentellen Wert der Meinungsäußerung unterscheiden und beide moralisch einordnen. Davon ausgehend werde ich in einem vierten Abschnitt einen Vorschlag für Orientierungsprinzipien dafür machen, wie moralisch mit unmoralischen Meinungsäußerungen umzugehen ist, um dem Problem des Moralismus zu entkommen. Dazu werde ich zwischen würdeverletzenden, klarerweise unmoralischen, und moralisch kontroversen, aber respektablen, Meinungsäußerungen unterscheiden. Ich werde auch dafür argumentieren, dass solch eine Unterscheidung unausweichlich ist, weil es selbst unmoralisch wäre, auf bestimmte Meinungsäußerungen nicht moralisch zu reagieren.

Auf der Grundlage dieser Orientierungsprinzipien werde ich im fünften Abschnitt drei Phänomene darauf hin diskutieren, wie sie moralisch zu beurteilen sind. Dies sind erstens Meinungsäußerungen, die in einer engen Verbindung zu Gewalt stehen. Das können direkte Aufrufe zur Gewalt, aber auch bestimmte Formen der Hassrede sein. Zweitens geht es um das Phänomen des Silencing. Dem damit verbundenen Vorwurf zufolge werden Meinungsäußerungen zu Unrecht so starken moralischen und sozialen Sanktionen ausgesetzt, dass Personen sich nicht mehr trauen, ihre Meinung zu sagen. Drittens wird moniert, dass die Wissenschaftsfreiheit aufgrund einer inakzeptablen Moralisierung bestimmter wissenschaftlicher Meinungsäußerungen gefährdet sei. Gerade hier ist aufgrund des hohen moralischen Wertes der freien wissenschaftlichen Betätigung äußerste Vorsicht geboten. In einem sechsten und abschließenden Schritt geht es dann um eine moralstrategische Perspektive auf die moralischen Grenzen der Meinungsfreiheit und moralistische Übertreibungen. Ich werde die Konsequenzen für politische Stabilität und den Schutz vulnerabler Gruppen diskutieren und dafür argumentieren, dass aus dieser Perspektive in vielen Fällen eine erhebliche moralische Mäßigung die besseren Konsequenzen hat. Das ist allerdings nicht immer so, wie sich ebenfalls zeigen wird.

1 Der Diskurs über das Recht auf Meinungsfreiheit

In dem Diskurs darüber, ob in Deutschland das Recht auf Meinungsfreiheit gefährdet ist oder nicht, sind meiner Ansicht nach drei Beobachtungen wichtig.[4] Ich erhebe dabei keinen Anspruch auf Vollständigkeit und auch keinen Anspruch darauf, dass diese Beobachtungen von mir durch eine sozialwissenschaftlich strenge Diskursanalyse gedeckt seien. Dies müsste von methodisch in dieser Hinsicht kompetenteren Personen geleistet werden. Es handelt sich einfach um sozialphilosophische Beobachtungen und so sollten sie auch gelesen werden. Die erste Beobachtung besteht darin, dass es von rechtsradikaler Seite seit vielen Jahrzehnten eine Strategie der Diskursverschiebung nach rechts gibt, bei der die Behauptung einer angeblich gefährdeten Meinungsfreiheit eine wichtige taktische Rolle spielt. Die zweite Beobachtung besagt, dass aufgrund der Digitalisierung des öffentlichen Diskurses eine viel größere Mehrstimmigkeit entstanden ist, die gesellschaftliche Pluralität und Meinungsvielfalt zum Ausdruck bringt. Die dritte Beobachtung besteht darin, dass auch aufgrund der Digitalisierung des öffentlichen Diskurses mehr unmoralische und sogar würdeverletzende Äußerungen sichtbar werden und wohl auch stattfinden, was durch die digitale Aufmerksamkeitsökonomie noch zusätzlich befördert wird.

Erstens ist der Vorwurf der bedrohten Meinungsfreiheit ein Teil rechtsradikaler Strategie, wie David Lanius kürzlich überzeugend dargelegt hat.[5] Verstöße gegen das Verbot der Holocaust-Leugnung und Schmährede werden bewusst begangen, um dann gegen die entsprechenden Gerichtsurteile beim Bundesverfassungsgericht und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte klagen und sich als Verteidiger der Meinungsfreiheit darstellen zu können. Auf dieselbe Weise werden Hassrede und Beleidigungen betrieben, um ebenfalls den Eindruck erwecken zu können, hier ginge es um einen Kampf um Meinungsfreiheit. Das hat den Effekt, dass diese Thematik immer wieder in der öffentlichen Diskussion auftaucht und kontrovers diskutiert wird. Der Rechten hilft dies dabei, sich politisch besser organisieren zu können, weil es für ihre vielen Anhänger und einige Anhängerinnen bestärkend wirkt. Darüber hinaus werden hin und wieder auch problematische Gerichtsurteile erwirkt, wie beispielsweise in dem Fall von Renate Künast, in dem selbst übelste Beleidigungen der Politikerin gegenüber als Meinungsfreiheit erklärt werden, weil sie angeblich auch anders gemeint sein könnten.[6]

Der entscheidende Effekt besteht aber darin, dass durch die erhöhte Aufmerksamkeit für diese Gerichtsurteile eine Diskursverschiebung nach rechts stattfindet. Rechte Politiker können immer wieder rechtsextreme Äußerungen von sich geben, die im Verhältnis zu den justiziablen Formen der Holocaust-Leugnung und der Schmährede deutlich harmloser wirken. Weil die Skandalisierung jedoch bereits schon bei diesen extremen Äußerungen erfolgt, bleibt eine angemessene moralische Empörung bei den vermeintlich harmloseren Äußerungen aus. So konnte der damalige Vorsitzende der AfD den Holocaust im Jahre 2018 als „Fliegenschiss“ der deutschen Geschichte bezeichnen. Die Empörung war relativ schwach, weil sie sich bereits an radikaleren Meinungsäußerungen verbraucht hatte.[7]

Es handelt sich hier also um eine Art Wellenbrechertaktik, um rechtsextreme Positionen immer stärker diskursfähig zu machen. Diese Taktik scheint recht erfolgreich zu sein. Die kritische Auseinandersetzung mit der Frage, ob die Meinungsfreiheit in Deutschland bedroht ist, muss sich darüber klar sein, dass es diese Taktik gibt. Wer eine Gefahr für die Meinungsfreiheit sieht, sollte sich explizit von diesen rechtsradikalen Strategien distanzieren, um naheliegende Verwechslungen zu vermeiden und seine Sensibilität für diese Problematik zu artikulieren. Ansonsten besteht die ernste Gefahr, diese Taktik fahrlässig zu unterstützen, was politisch wenig verantwortungsbewusst wäre.[8]

Die zweite Beobachtung besteht darin, dass sich in den letzten Jahren die Vielstimmigkeit im öffentlichen Diskurs erheblich erhöht hat. Das Internet und die dort bestehenden digitalen Diskursräume haben offensichtlich einen hohen Anteil daran. Menschen werden dadurch bestärkt, dass sie sich mit anderen Menschen austauschen können, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben, in einer ähnlichen Lebenslage und mit ähnlichen Problemen konfrontiert sind. Sie erfahren, dass sie nicht allein sind, können sich zusammenschließen und gemeinsam eine hörbare politische Stimme formen. Auf diese Weise sind vielfältige Diskriminierungen und Ausmaße dieser Diskriminierung sichtbar geworden. So hat sich beispielsweise durch diese Diskurse gezeigt, wie sehr Frauen im beruflichen Umfeld noch immer benachteiligt und wie häufig sie belästigt werden. Es ist deutlich geworden, wie sehr Menschen mit internationalen Familien und Menschen mit diversen Geschlechtsidentitäten mit Missachtung, Ablehnung, Hass und sogar Gewalt konfrontiert sind.[9]

Die Spannbreite diskutierter Ausgrenzungen und Diskriminierungen reicht von kleinen Unaufmerksamkeiten und Vorurteilen bis zu krassen Formen der Ausgrenzung und Demütigung. Einerseits besteht die Leistung digitaler Diskurse darin, diese Phänomene sichtbar zu machen und als gesellschaftliche Probleme zu markieren. Gleichzeitig sind diese Diskurse oft sehr diffus und wenig übersichtlich. Häufig ist nicht klar, welches Problem welches Ausmaß hat, was vielleicht überbetont wird und was unterbelichtet bleibt, wer wovon betroffen und wofür verantwortlich ist. Diese Unübersichtlichkeit kann schnell zu Orientierungs- und Hilflosigkeit führen.[10] Besonders gravierend ist es, wenn die spezifische Form der strukturellen Einbettung von Diskriminierung nicht sichtbar wird. Einige nutzen diese Unklarheit, um die strukturelle Dimension beispielsweise von Rassismus oder Sexismus einfach zu leugnen.[11] Dies ist ein großes Problem. Andere hingegen sehen in jeder verbalen Unaufmerksamkeit unmittelbar einen strukturellen Rassismus oder Sexismus. Das ist sicherlich ein deutlich kleineres Problem, aber nicht unproblematisch, weil es zu einer unnötigen Polarisierung beiträgt.

Dies führt zu der dritten Beobachtung, nämlich dass digitale Diskurse häufig sehr stark emotionalisiert und polarisiert stattfinden. Das liegt einerseits an der gerade beschriebenen Unschärfe, die viel Interpretationsspielraum lässt. Andererseits wird dies jedoch auch durch die doppelte Anonymität des Digitalen befördert.[12] Viele digitale Meinungsäußerungen und Kommentare sind nicht mit Real-namen versehen und werden offensichtlich dafür genutzt, um sehr viele negative Emotionen zum Ausdruck zu bringen. Da die Interaktionsform im Internet zudem sehr vermittelt ist und es keine unmittelbar erlebten sozialen und emotionalen Reaktionen gibt, greifen übliche Korrektur- und Sanktionsmechanismen nicht. Diskursteilnehmerinnen unterschätzen entweder die emotionale Kraft ihrer Beiträge oder sie setzen bewusst darauf, sozial ungestraft verletzen zu können. Oft ist nicht klar, wann was der Fall ist.

Die Polarisierung digitaler Diskurse liegt also zum Teil in dieser starken Emotionalisierung begründet. Zum Teil geht sie aber auch darauf zurück, dass die Pluralisierung öffentlicher Stimmen und damit verbundener Ansprüche für viele Menschen eine Überforderung darstellt, der sie unabhängig von der Frage, inwieweit diese Ansprüche gerechtfertigt sind, durch kategoriale Ablehnung zu entkommen suchen. Ein großer Anteil der Polarisierung hat aber sicherlich auch mit echten Interessengegensätzen zu tun. Je mehr Menschen zum Ausdruck bringen, dass sie sich benachteiligt sehen, desto mehr ist es aus ihrer Sicht der Fall, dass andere Menschen ungerechtfertigte Privilegien haben. Umgekehrt sind umso mehr berechtigte Ansprüche bedroht, je mehr andere Menschen ungerechtfertigte Forderungen erheben. Ganz gleich, wie man es dreht und wendet: Solange keine Einigkeit darüber besteht, was berechtigte Forderungen und ungerechtfertigte Privilegien sind, solange gibt es aufgrund neuer Ansprüche einen neuen Verteilungskampf um Status, Geld und Macht. Das polarisiert. Der Meinungskampf ist dann einfach ein Teil dieses Verteilungskampfes. Dieser Meinungskampf ist jedoch nicht mit einer strukturellen und erst recht nicht einer staatlichen Einschränkung des Rechts auf Meinungsfreiheit zu verwechseln.

2 Das Recht auf Meinungsfreiheit und der faire Wert der Meinungsfreiheit

Ein öffentlich ausgetragener Meinungskampf ist also von einer Einschränkung des Rechts auf Meinungsfreiheit zu unterscheiden. Dies gilt insbesondere für die rechtliche Ebene solch eines Rechts. Juristisch wird das Recht auf Meinungsfreiheit nämlich als Abwehrrecht gegen den Staat verstanden, der die freie Meinungsäußerung nicht durch Zensur einschränken darf.[13] Artikel 5 des Grundgesetzes besagt in Absatz 1:

Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

Dieses Recht gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Den Absatz 2 desselben Artikels stellt klar:

Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

Es ist für die philosophische Diskussion in diesem Aufsatz nicht wichtig, die Details von juristisch vertrackten Fragen zu klären, beispielsweise danach, was allgemeine Gesetze sind.[14] Relevant ist vielmehr allein, dass es sich bei dem gerade zitierten zweiten Absatz um Ausnahmen von dem Recht auf Meinungsfreiheit gegen den Staat handelt. In Fällen von Schmährede und Holocaustleugnung kann der Staat diese Meinungsäußerungen sanktionieren.[15] In Fällen der Beleidigung und der Hassrede können Gerichte diese gegen die Meinungsfreiheit abwägen und ebenfalls zu einer Verurteilung kommen. Insgesamt scheinen die Gerichte in Deutschland der Meinungsfreiheit dabei einen sehr hohen Stellenwert einzuräumen.[16] Selbst in Fällen, die Laien als sehr üble Beleidigungen ohne jeden sachlichen Bezug erscheinen, wie im Falle von Renate Künast, tun sich Gerichte mit einer Verurteilung schwer und machen die Meinungsfreiheit stark.[17]

Vor diesem Hintergrund erscheint das Urteil doch ganz eindeutig, dass das subjektive Abwehrrecht der Meinungsfreiheit in Deutschland nicht gefährdet ist. Das ist anders als in Staaten wie beispielsweise der Türkei, Russland oder China, wo staatlicherseits starke Repressalien bestimmten Meinungen gegenüber bestehen. Tatsächlich werden in Deutschland und auf EU-Ebene gegenüber dem deutschen Staat insbesondere im Bereich rechtsextremer Hassrede und der Holocaustleugnung immer wieder Verfahren durch alle Instanzen angestrengt, die eine Verletzung der Meinungsfreiheit behaupten, aber nie erfolgreich sind. Ich möchte daher noch einmal betonen, dass die Behauptung einer Gefährdung der Meinungsfreiheit in Deutschland ins Verhältnis zu der Lage in Ländern wie der Türkei und der politischen Strategie der Rechtsextremen gesetzt werden sollte. Eine erhebliche Qualifizierung erscheint unter diesen Bedingungen dringend nötig, um dem Vorwurf der politischen Verantwortungslosigkeit zu entgehen.

Eine mögliche Qualifizierung besteht darin, nicht das formale Recht auf Meinungsfreiheit gefährdet zu sehen, aber den fairen Wert dieses Rechts. Diese Unterscheidung geht auf John Rawls zurück, der sie auf das Recht auf politische Beteiligung bezieht.[18] Selbst wenn formal alle Bürgerinnen dasselbe Recht auf politische Beteiligung haben, so hängt der faire Wert doch von bestimmten weiteren Faktoren ab, die es ermöglichen, sich tatsächlich gleichermaßen aktiv am politischen Geschehen zu beteiligen. Dazu gehören materielle Voraussetzungen, eine gewisse Kompetenz im Umgang mit Medien, sprachliche Fähigkeiten, ein bestimmtes Auftreten, Zeitressourcen, personale Netzwerke, soziale Macht und sicherlich auch noch andere Dinge. Rawls hält den fairen Wert des Rechts auf politische Beteiligung für so wichtig, dass der Staat durch entsprechende Institutionen dafür sorgen muss, dass es wirklich zu einer fairen Verteilung in der Möglichkeit der politischen Beteiligung kommt. Zwar müssen nicht alle Bürger exakt dieselben Chancen auf politische Beteiligung haben, aber die Chancen sollten nicht zu ungleich verteilt sein.[19]

Nun ist es möglich, dieses Argument auch auf die freie Meinungsäußerung anzuwenden. Dann wäre nicht das formale Recht auf freie Meinungsäußerung durch moralische und andere sozialen Sanktionen gefährdet, aber sein fairer Wert. Manche Menschen trauen sich im öffentlichen Diskurs nicht mehr, das zu sagen, was sie denken. Sie werden in Bezug auf bestimmte Meinungen mundtot gemacht und sozial isoliert, was als Silencing bezeichnet wird. Sie könnten ihre Meinung zwar weiterhin sagen, ohne staatliche Repressalien fürchten zu müssen, aber der persönliche Preis dafür ist zu hoch. Der faire Wert ihres Rechts auf Meinungsfreiheit ist dann nicht gegeben. Der Staat müsste hier diesem Argument zufolge ähnlich wie bei der politischen Beteiligung eingreifen, um den fairen Wert des Rechts auf Meinungsfreiheit herzustellen. Obwohl diese Argumentation auf den ersten Blick einleuchtend erscheinen mag, scheitert sie aus zwei Gründen. Erstens hängt es beim Wert der Meinungsfreiheit anders als bei der politischen Beteiligung und anders als beim formalen Recht auf Meinungsfreiheit tatsächlich von der moralischen Dignität der Meinung ab, ob dieser Wert schützenswert ist oder nicht. Dieses Gegenargument werde ich in den nächsten Abschnitten ausführlich diskutieren.

Zweitens spricht einiges dagegen, dem Staat die Aufgabe zu überantworten, den fairen Wert der Meinungsfreiheit zu schützen: denn dann müsste er erheblich in die Meinungsfreiheit selbst eingreifen. Er müsste all jene Meinungsäußerungen sanktionieren, die im gesellschaftlichen Diskurs als moralisierend und als Auslöser von Schweigespiralen aufgefasst werden. Darüber gäbe es natürlich erhebliche Meinungsverschiedenheiten. Der Staat würde in diesen Fragen übermächtig und müsste geradezu totalitäre Züge als Sittenwächter annehmen. Das Abwehrrecht auf Meinungsfreiheit gegen den Staat wäre damit aber hinfällig. Hinzu kommt noch erschwerend, dass der faire Wert auch impliziert, dass alle Menschen eine faire Chance haben, ihre Meinung im öffentlichen Diskurs kundzutun. Es müsste also wahrscheinlich so etwas wie Quotenregelungen oder Losverfahren geben, um sich in Zeitungen, Onlineforen und Talkshows äußern zu können. Auch dies wäre eine extrem freiheitsbeschränkende Konsequenz.

Aufgrund dieser illiberalen Folgen ist es also kontraproduktiv, eine rechtliche Sicherung des fairen Werts auf Meinungsfreiheit zu fordern. In diesem Zusammenhang ist es übrigens interessant zu notieren, dass es häufig sehr aktive Teilnehmer am öffentlichen Diskurs sind, die den angeblichen Verlust ihrer Meinungsfreiheit beklagen. Diese öffentlichen Kommentatorinnen und Meinungsführer realisieren aber offensichtlich ohnehin bereits einen tendenziell eher unfair hohen Wert ihrer Meinungsfreiheit. Sie sind im öffentlichen Diskurs sehr viel stärker präsent und haben eine viel besser hörbare Stimme als fast alle anderen Bürgerinnen. Immerhin können sie ja den Verlust ihrer Meinungsfreiheit in den Massenmedien sehr öffentlichkeitswirksam beklagen und tun dies auch regelmäßig.[20] Die meisten Menschen können ihre Sicht der Dinge nicht so wirkungsreich äußern. Um den fairen Wert der Meinungsfreiheit kann es diesen Stimmen, die den Verlust der Meinungsfreiheit beklagen, also gar nicht gehen. Da das formale Recht auch nicht gefährdet ist, kann sich dieser Vorwurf nicht auf der Ebene des Rechts bewegen, sondern muss selbst als Teil der politischen Moral verstanden werden. Das ist ein wichtiges Zwischenergebnis und wird von jenen Kritikerinnen oft selbst nicht richtig gesehen. Der Frage, wie dieser Vorwurf eines moralischen Verlustes der Meinungsfreiheit gemeint sein kann und wann er berechtigt ist, wende ich mich im nächsten Abschnitt zu.

3 Die Moral der Meinungsfreiheit

Meinungsfreiheit kann nicht nur als juridisches Recht, sondern auch als moralisches Recht oder als moralischer Wert verstanden werden. Dann könnte die Meinungsfreiheit auch gefährdet sein, wenn das formale Recht nicht bedroht ist. Allerdings lässt sich das dann gewissermaßen moralische Recht auf Meinungsfreiheit nicht rein formal betrachten, sondern es stellt sich unweigerlich die Frage nach dem moralischen Wert der Meinungsfreiheit.[21] Denn nur mit Blick auf diesen Wert besteht auch ein Recht und nur eine Verletzung des Wertes kommt überhaupt als Einschränkung des entsprechend bedingten moralischen Rechts auf Meinungsfreiheit in Frage. Ich werde also zuerst den moralischen Wert der Meinungsfreiheit diskutieren, um dann anhand von drei Fällen zu prüfen, ob und wie dieser Wert verletzt ist. Das sind erstens Hassrede und indirekte Aufforderungen zur Gewalt, zweitens Formen des bereits angesprochenen Silencing, und drittens die Freiheit der Wissenschaft und ihrer Kommunikation.

John Stuart Mill zufolge hat die Meinungsfreiheit einen zweifachen Wert.[22] Sie ist Ausdruck der individuellen Autonomie und zeigt an, dass jemand ein respektables Gesellschaftsmitglied ist. Selbst wenn einem Menschen diese Dinge nicht wichtig sind, so ist es doch bedeutsam, dass sie ihm wichtig sein könnten. Deswegen hat Meinungsfreiheit ganz allgemein einen Wert. Der andere Wert ist stärker instrumentell. Eine große Meinungsvielfalt und die Toleranz abweichender Meinungen helfen bei der Wahrheitsfindung im öffentlichen Diskurs, sorgen für sozialen Zusammenhalt und helfen dabei, den sozialen Frieden zu wahren. In beiden Fällen gilt der Wert der Meinungsfreiheit jedoch nur bedingt. Er übertrumpft nicht immer andere und konfligierende Werte, sondern könnte ihnen gegenüber nachrangig sein.

Es gibt klare Beispiele dafür, dass der Wert der Meinungsfreiheit in beiden Fällen beschränkt ist, auch wenn dies bei Mill nicht so klar ist. Extrem respektlose Meinungen etwa haben selbst keinen Respekt verdient. Es gibt keinen Grund, die Meinung eines Menschen zu respektieren, der es für richtig hält, bestimmte Gruppen von Menschen zu demütigen und zu erniedrigen.[23] Auf diese Weise rassistische oder sexistische Meinungen etwa sind einfach nicht respektabel. Sie tragen auch nichts zur Autonomie der Menschen bei. Autonomie hat einen Bezug zur Vernunft in dem Sinne, dass Menschen selbstständig zwischen vernünftigen Alternativen wählen können müssen.[24] Es erhöht ihre Autonomie nicht, auch noch die Wahl zwischen extrem unvernünftigen Alternativen zu haben. Natürlich ist hochumstritten, was vernünftig ist. Aber es ist hier gar nicht nötig, diese Frage zu klären. Vielmehr reicht es klarerweise unvernünftige Meinungen auszuschließen.

Das zeigt ein einfaches Beispiel. Ein Mensch hat die Wahl zwischen vier Getränken, sagen wir Bier, Wein, Wasser und Cola. Es ist vielleicht mehr oder weniger vernünftig, das eine oder andere Getränk zu wählen. Doch diese Frage muss nicht geklärt werden, um zu wissen, dass eine fünfte Alternative, nämlich Benzin, die Autonomie der wählenden Person nicht erhöht.[25] Auch Meinungen, die klarerweise wie Benzin sind, erhöhen die Autonomie eines Akteurs also nicht und sie müssen nicht respektiert werden. Im Gegenteil kann es sogar gefordert sein, diesen Meinungen entschieden entgegenzutreten, beispielsweise, um sich mit den dadurch gedemütigten Menschen zu solidarisieren.[26] Natürlich stellt sich dann drängend die Frage, welche Meinungen nicht respektabel sind. Im nächsten Abschnitt werde ich dafür argumentieren, dass menschenverachtende Meinungsäußerungen, die Würdeverletzungen darstellen, nicht respektabel sind. Etwas Ähnliches gilt in etwas abgeschwächter Form für andere klarerweise unmoralische Meinungsäußerungen, die nicht unmittelbar demütigend sind. Hier genügt es erst einmal festzuhalten, dass der unmittelbare Wert der Meinungsfreiheit als autonomiefördernd nur bedingt gilt.

Dasselbe trifft auf den zweiten, stärker instrumentellen Wert der Meinungsfreiheit zu und ist eigentlich ganz offensichtlich. Besonders deutlich ist das mit Blick auf die Werte des sozialen Zusammenhalts und Friedens. Entwürdigende Meinungen und Hassrede tragen offensichtlich nicht zum sozialen Zusammenhalt und Frieden bei. Etwas sehr Ähnliches ist aber auch bei der Wahrheitsfindung der Fall. Wenn Meinungen auf offensichtlich falschen Überzeugungen beruhen, wie beispielsweise der Annahme unterschiedlicher menschlicher Rassen, dann tragen sie nichts zur Wahrheitsfindung bei.[27] Demgegenüber deutlich klarer ist die Lage bei Meinungen, die demütigend sind und als Sprechakte sogar selbst Menschenwürdeverletzungen konstituieren. Nun ließe sich allerdings einwenden, dass es ja eine Meinungsverschiedenheit darüber geben kann, was offensichtlich falsche Überzeugungen sind und wann Sprechakte als Menschenwürdeverletzungen zu verstehen sind. Das ist richtig und ein guter Grund, der Meinungsfreiheit einen hohen rechtlichen Stellenwert einzuräumen. Dasselbe gilt aber eben nicht auf der moralischen Ebene. Hier ist nicht zu sehen, warum es unangemessen sein sollte, in solchen Fällen beispielsweise zwischen dem moralischen Wert der Meinungsfreiheit und der Solidarität mit gedemütigten Menschen abzuwägen. Es gibt keinen ersichtlichen Grund, der Meinungsfreiheit moralisch einen absoluten Vorrang einzuräumen.

Immerhin geht es ja nicht um die Frage, ob Meinungsäußerungen staatlicherseits unterbunden oder sanktioniert werden sollen. Es geht vielmehr nur um die Frage, ob es angemessen ist, auf bestimmte Meinungsäußerungen sozial sanktionierend zu reagieren. Das kann beispielsweise die Reaktion der Empörung sein, aber auch des diskursiven Ignorierens. In später noch zu diskutierenden Fällen der politischen Meinungsäußerung kann die Reaktion auch politisch sein und beispielsweise in einer Demonstration bestehen. Diese Reaktionen sollten sich üblicherweise selbst innerhalb des Rechtsrahmens bewegen. Der Versuch etwa, jemanden physisch am Sprechen zu hindern, stellt eine Verletzung der körperlichen Unversehrtheit dar und wird strafrechtlich entsprechend geahndet. Dasselbe gilt für klare Fälle der Beleidigung. Interessant sind natürlich Formen des zivilen Ungehorsams, die ja auch einen Rechtsbruch darstellen, aber in bestimmten Fällen aufgrund ihres politischen Charakters und immer partiell ungerechter Rechtssysteme eine gewisse Legitimität besitzen können.[28] Solche Fälle wären gesondert zu diskutieren.

Das Ergebnis dieser kurzen, eher allgemeinen Diskussion des Wertes der Meinungsfreiheit hier ist jedenfalls eindeutig. Moralisch betrachtet hat die Meinungsfreiheit keinen absoluten Wert. Stattdessen muss stets abgewogen werden, was auf der anderen Seite moralisch auf dem Spiel steht. Menschenwürdeverletzungen beispielsweise lassen sich nicht durch den Verweis auf Meinungsfreiheit rechtfertigen, so hatte ich argumentiert. Allerdings ist bei dieser Abwägung auch der hohe doppelte Wert der Meinungsfreiheit als Teil der Autonomie und als Instrument für Frieden, Toleranz und Wahrheitsfindung zu berücksichtigen. Wie also könnte solch eine Abwägung aussehen? Dazu möchte ich im nächsten Abschnitt einen Vorschlag machen.

4 Orientierungsprinzipien für die moralische Kritik von Meinungen

Es sollte bereits deutlich geworden sein, dass im öffentlichen Diskurs auf moralischer Ebene zwischen dem Wert der Meinungsfreiheit und anderen moralischen Belangen abgewogen werden muss. Es ist nicht plausibel anzunehmen, dass die Meinungsfreiheit immer in dem Sinne wichtiger ist, dass alle Äußerungen unwidersprochen hingenommen oder sogar respektiert werden müssen. Wer menschenverachtende Dinge sagt, gar indirekt zur Gewalt aufruft und Hass sät, hat offensichtlich keinen Respekt dafür verdient. Auch erscheint es unangemessen zu fordern, dem dürfe nicht widersprochen werden. Im Gegenteil ist es selbst ein Ausdruck der Meinungsfreiheit, jenen Meinungen deutlich zu widersprechen, die stark unmoralisch sind. Es kann sogar moralisch gefordert sein, dies zu tun, beispielsweise, um Solidarität mit verbal erniedrigten Personen zu zeigen. Das erscheint noch relativ einsichtig. Die entscheidende Frage ist dann, welche Form solch ein Widerspruch annehmen sollte. Um in der Frage weiterzukommen, wann welche Art des Widerspruchs beispielsweise als Empörung angemessen ist, möchte ich eine dreifache Unterscheidung in der moralischen Einschätzung von Meinungen vorschlagen. Diese Unterscheidung kann auch dabei helfen zu bestimmen, wann moralische Reaktionen auf bestimmte Meinungsäußerungen moralistisch sind und wann nicht.

Ich denke, man kann zwischen Meinungsäußerungen unterschieden, die erstens würdeverletzend oder zweitens zwar nicht würdeverletzend, aber offensichtlich unmoralisch oder drittens vielleicht ungewöhnlich bis bedenklich, aber nicht offensichtlich unmoralisch sind. Die Angemessenheit der moralischen Reaktion hängt davon ab, in welche Kategorie eine Meinungsäußerung fällt. Eine würdeverletzende Meinungsäußerung, auch wenn sie nicht justiziabel ist, lässt eine starke moralische und auch emotionale Reaktion der Empörung oder der Wut angemessen erscheinen. Auf eine offensichtlich unmoralische Äußerung hin ist eine starke moralische Zurechtweisung angezeigt, die allerdings emotional zurückhaltend und weniger persönlich ausfallen sollte. Andere und auch stark abweichende Meinungen, die nicht offensichtlich unmoralisch sind, haben hingegen Respekt verdient. Ich möchte diese Unterscheidung ein wenig vertiefend erläutern, weil ich denke, dass sie dabei helfen kann, einen differenzierteren Umgang mit der Meinungsfreiheit zu finden, als es in der gegenwärtig recht aufgeregten Debatte der Fall ist.

Würdeverletzende Meinungsäußerungen sind Sprechakte, die die Würde eines Menschen unmittelbar in Frage stellen und dadurch angreifen. Solche Meinungsäußerungen stellen direkte Schädigungen dar. Eine Verteidigung, die darauf abstellt, dass man ja nichts getan, sondern nur etwas gesagt hätte, geht daher fehl. Sprech- und Schreibakte sind Handlungen, die genauso schädlich sein können wie andere Handlungen.[29] Worin besteht aber die Schädigung der Würdeverletzung? Es gibt natürlich unterschiedliche Auffassungen davon, was Würde ist.[30] Meiner Ansicht nach besteht der Kerngedanke darin, dass alle Menschen gleichrangige Mitglieder in der Gemeinschaft der Menschen sind.[31] Wenn jemand zum Ausdruck bringt, dass ein anderer Mensch kein gleichrangiges Mitglied dieser Gemeinschaft ist, dann verletzt dies die Würde dieses Menschen. Das geschieht beispielsweise auf offensichtliche Weise dann, wenn Menschen als Tiere, als dämonische Wesen oder als Untermenschen bezeichnet werden.[32]

Es gibt allerdings auch weniger eindeutige Beispiele, die durchaus würdeverletzend sein können. Dies ist etwa bei bestimmten sexistischen, rassistischen oder klassensnobistischen Äußerungen der Fall. Wenn Frauen etwa systematisch auf bestimmte Körperteile oder sexuelle und reproduktive Funktionen reduziert werden, dann spricht ihnen das offensichtlich die soziale Gleichrangigkeit ab und ist würdeverletzend.[33] Wenn bestimmten Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe oder einer zugeschriebenen ethnischen Zugehörigkeit verminderte kognitive Fähigkeiten oder eine Neigung zur Kriminalität zugeschrieben wird, dann ist das ebenfalls würdeverletzend.[34] Dasselbe gilt für klassensnobistische Äußerungen, die Angehörige bestimmter sozialer Schichten kategorial als faul, dumm, sittenlos oder unanständig abstempeln, was üblicherweise ja drastischer ausgedrückt wird, ich hier aber nicht wiederholen möchte.[35] Solch Äußerungen bringen zum Ausdruck, dass diese Menschen als Menschen nicht den gleichen Rang wie andere Menschen hätten, und das macht diese Sprechakte zu Würdeverletzungen.

Solche Äußerungen sind empörend, weil sie den zentralen Grundkonsens humanistischer Gesellschaften verlassen. Dieser Grundkonsens besteht darin, dass alle Menschen die gleiche Würde haben und sie daher die gleiche Achtung verdienen. Das bedeutet nicht nur, dass sie dieselben grundlegenden Menschen- und Grundrechte haben. Wenn man sich die Geschichte des Würdebegriffs und der sozialen Kämpfe um Würde anschaut, dann wird deutlich, so meine ich, dass es vielmehr darum geht, als gleichrangiger Mensch geachtet zu werden. Wird diese Achtung verweigert und verbal sogar Verachtung zum Ausdruck gebracht, dann handelt es sich dabei um würdeverletzende Meinungsäußerungen. Auf solche Äußerungen sind starke moralische und sogar empörte und wütende Reaktionen angemessen.[36] Immerhin wird hier an den Grundlagen anständiger Gesellschaften gerüttelt. Daher erscheint es geradezu als unanständig, für solche Meinungen die Freiheit einzufordern, sie müssten in dem Sinne respektiert werden, dass ihnen nur inhaltlich, aber nicht performativ entschieden widersprochen wird.

Anders ist die Lage bei offensichtlich unmoralischen, aber nicht würdeverletzenden Äußerungen. Offensichtlich unmoralische Äußerungen sind meiner Ansicht nach solche, die von keiner etablierten Moraltheorie gestützt werden. Auf den ersten Blick klingt dies vielleicht etwas konservativ; denn es können ja neue Moraltheorien entstehen und neu Position beziehen. Aber erstens stehen weltweit seit etwa 2500 Jahren doch recht stabile Moraltheorien im Konflikt miteinander, so dass sich im Laufe der Jahrhunderte schon so etwas wie ein etablierter Bereich herausgebildet hat. Zweitens – und das ist wichtiger – geht es ja nur negativ darum, offensichtlich unmoralische Meinungen nach dem gegenwärtigen Stand der Moraltheorie auszuschließen. Wer damit unzufrieden ist, hat immer noch die Möglichkeit, bestehende Theorien anders zu interpretieren oder eine neue Theorie vorzuschlagen, die nach kritischer Prüfung durchaus zum Teil etablierter Theorien werden kann. Entscheidend ist, dass diese ökumenische Prüfung die wohl beste Möglichkeit ist, mit dem Faktum des moralischen Pluralismus umzugehen, ohne in moralische Beliebigkeit zu verfallen.

So ist beispielsweise die moralische Meinung, man dürfe mit seinen eigenen Kindern machen, was man will, offensichtlich unwahr. Es wäre für die öffentliche Moral klarerweise ganz fatal, wenn die Menschen dazu einfach nur zu sagen hätten, dass dies nun einmal eine andere Meinung als ihre eigene sei. Ein Recht, das Kindesmissbrauch verbietet und streng ahndet, wäre dann bloß ein konventionelles Recht, so wie Links- oder Rechtsverkehr. Solch einen moralischen Nihilismus möchte wohl kaum jemand vertreten.[37] Hier bewährt sich die Überprüfung anhand der gängigen Moraltheorien, denn sie alle lehnen Kindesmissbrauch kategorisch als nicht zu rechtfertigende Schädigung ab. Es gibt auch andere Beispiele, die auf diese Weise als offensichtlich unmoralisch bestimmt werden können. Dies gilt beispielsweise für Massentierhaltung oder für vorsätzliches Lügen, um sich selbst einen Vorteil zu verschaffen.

Meiner Ansicht nach ist es in solchen Fällen durchaus angemessen, Meinungen entschieden zu widersprechen, die derartige Dinge gutheißen. Dies kann durchaus im moralisierenden Ton geschehen, denn es geht ja nicht nur um unterschiedliche Faktenkenntnisse, sondern tatsächlich um unmoralische Meinungen. Allerdings muss der Widerspruch sachlich bleiben, so denke ich, und darf üblicherweise nicht von Wut oder Empörung getragen sein. Warum ist das so? Anders als entwürdigende Sprechakte sind unmoralische Meinungen selbst nicht unmittelbar Schädigungen. Sie bringen zwar zum Ausdruck, dass unmoralische Dinge für gut befunden werden. Aber als bloße Meinungsäußerung ist dies noch nicht unmittelbar schädlich.[38] Dies unterscheidet diese Äußerungen beispielsweise von Hassrede oder Aufrufen zu Gewalt. Eine empörte oder wütende Reaktion hingegen hätte schädigenden Charakter, denn der Ausdruck dieser Gefühle stellt in sozialen Beziehungen so etwas wie eine emotionale Belastung dar.

Die erste Schädigung ginge also von der stark emotionalen Reaktion aus und sollte üblicherweise unterbleiben, wenn es nicht weitere Gründe gibt, die sie rechtfertigen. Ich sehe allerdings nicht, welche Gründe das sein könnten. Wenn auf unmoralische Meinungsäußerungen, die nicht würdeverletzend sind, mit starken moralischen Gefühlen oder anders sanktionierend reagiert wird, dann stellt das demzufolge eine moralistische Moralisierung (sic!) des Diskurses dar. Es ist eine überzogene Reaktion, weil sie eine unnötige Schädigung mit sich bringt.[39] Oft dient dies ohnehin dazu, sich selbst moralisch zu erheben, nicht selten auch, um von eigenen Verfehlungen abzulenken.[40] Jedenfalls trägt solch ein Moralismus eher zu einer Polarisierung und Radikalisierung bei, so lässt sich beobachten, statt durch Mäßigung und Differenzierung moralischen Anstand zu stärken. Auch konsequentialistisch betrachtet erscheinen solche überzogenen Reaktionen also problematisch und sollten unterbleiben.

Bei abweichenden Meinungen, die nicht offensichtlich unmoralisch sind, ist sogar noch mehr als moderierte Kritik gefordert. Selbst wenn man diesen Meinungen überhaupt nicht zustimmt, so muss man sie doch respektieren. Es muss also stets zum Ausdruck kommen, dass andere Personen berechtigt sind, diese Meinungen zu haben und sich der Streit über die verschiedenen Meinungen ausschließlich auf der Ebene der Argumente abzuspielen hat. Ein gutes Beispiel dafür sind Ansichten über verschiedene wirtschaftliche Organisationsformen. Wenn eine Person marktsozialistischen und eine andere Person kapitalistischen Vorstellungen anhängt und sie dies zum Ausdruck bringen, dann müssen sie ihre jeweiligen Meinungen in dem beschriebenen Sinne respektieren und sich auf argumentativer Ebene streiten. Weder stellen diese Positionen unmittelbar Würdeverletzungen dar noch sind sie offensichtlich unmoralisch. Vielmehr sind beide durch verschiedene, einander freilich widersprechende Moraltheorien gedeckt.

Allerdings ändert sich die Lage, wenn es in dem Streit zu bösartigen Unterstellungen oder Beleidigungen kommt. Es ist wichtig, dies im Blick zu halten, denn oft gleiten Diskurse auf diese Weise ins Unmoralische ab. Wenn eine Marktsozialistin beispielsweise als Stalinistin diffamiert wird, dann ist dies offensichtlich unmoralisch. Es handelt sich dabei um eine Rhetorik des Verächtlichmachens und es gibt keine Moraltheorie, die das gutheißt. Allerdings ist es dann nicht die marktsozialistische oder kapitalistische Position, die unmoralisch sind, sondern eben jene Rhetorik des Verächtlichmachens ist es. Gleiches gilt natürlich auch, wenn ein Befürworter des Kapitalismus allein deswegen als habgieriger Egoist diffamiert wird. Nicht nur die vertretenen Positionen können also offensichtlich unmoralisch sein, sondern auch die rhetorischen Strategien und kommunikativen Haltungen. Gut zu beobachten ist das beispielsweise in den Kommentarspalten von Onlinezeitungen.[41] Es ist wichtig, das zu betonen, weil natürlich auch diese Form der offensichtlich unmoralischen Meinungsäußerung nicht durch ein moralisches Recht auf Meinungsfreiheit gedeckt ist.

Es gibt noch einen weiteren Grund dafür, die Bedeutung von Sprechakten und kommunikativen Strategien zu betonen. Es gibt nämlich einen Unterschied zwischen einem öffentlichen moralischen Diskurs und einem politischen Diskurs. In der Politik herrschen offensichtlich andere Spielregeln als in anderen Diskursen.[42] Es wird politisch einfach mehr gestritten und das zum Teil mit recht harschen Worten. Es gibt auch nachvollziehbare Gründe dafür, warum das so ist. Immerhin prallen hier sehr grundsätzlich unterschiedliche Meinungen darüber aufeinander, wie das Zusammenleben für alle verbindlich zu regeln ist. Dies provoziert Streit und gerade benachteiligte Gruppen haben oft keine andere Möglichkeit, als sich durch Provokationen und eine kämpferische Haltung für ihre Anliegen auch Gehör zu verschaffen.[43] Trotzdem gibt es natürlich auch in der Politik klare Grenzen für moralisch akzeptable Meinungsäußerungen. Würdeverletzende Äußerungen sind weiterhin kategorisch unerlaubt und offensichtlich unmoralische Positionen können ebenfalls als solche gebrandmarkt werden. Vielmehr ist es nur so, dass auch bei moralischen Meinungsverschiedenheiten stark emotionalisiert und mit politischen Mitteln gestritten wird. Dieser Unterschied zwischen bloß moralischen und politisierten moralischen Diskursen wird im nächsten Abschnitt noch einmal relevant, wenn es um die Wissenschaftsfreiheit und ihre angebliche Gefährdung geht.

5 Aufrufe zur Gewalt, Silencing und Wissenschaftsfreiheit

Es wird Zeit, mit Hilfe der erarbeiteten Differenzierung der moralischen Bewertung von Meinungsäußerungen einen Blick auf verschiedene Bereiche zu werfen, in denen die freie Meinungsäußerung in einem moralischen und nicht rechtlichen Sinne gefährdet sein könnte. Ich werde drei Beispiele diskutieren, nämlich zuerst Aufrufe zur Gewalt und Hassrede, dann das Phänomen des sogenannten Silencing und drittens schließlich die beklagte Einschränkung der Wissenschaftsfreiheit. Das erste Beispiel dient vor allem dazu, noch einmal deutlich herauszustellen, dass aus moralischer Sicht offensichtlich nicht alles gesagt werden darf, was rechtlich erlaubt ist. Meiner Kenntnis nach vertritt dies eigentlich auch niemand ernsthaft, zumindest in Deutschland. Komplizierter ist es bei den anderen beiden Fällen. Hier geht es darum festzustellen, ob und in welchem Ausmaß diese Phänomene bestehen und sie dann differenziert zu bewerten. Meiner Einschätzung nach gibt es keine Cancel Culture und auch keine ernsthaft als solche zu bezeichnende Einschränkung der Wissenschaftsfreiheit in Deutschland. Es gibt aber durchaus einzelne Ereignisse des Silencing oder Mundtotmachens. Diese sind als Einzelfälle differenziert zu problematisieren und zu bewerten, so werde ich argumentieren.

1. Aufrufe zur Gewalt und Hassrede sind Sprechakte, die offensichtlich unmoralisch sind. In vielen Fällen sind sie auch justiziabel, aber nicht in allen. Damit ein Aufruf zur Gewalt juristisch als solcher identifiziert wird, muss er zweifelsfrei als solcher zu erkennen sein. Auch Hassrede muss eindeutig und andere Deutungsmöglichkeiten müssen ausgeschlossen sein, damit sie strafrechtlich relevant wird.[44] Aus liberaler Perspektive gibt es den guten Grund, diese Restriktionen auf rechtlicher Ebene möglichst streng zu handhaben, um das Abwehrrecht der Meinungsfreiheit gegen den Staat nicht zu beschädigen. Auf moralischer Ebene hingegen sind viele auch nicht justiziable Fälle eindeutig. Wenn beispielsweise eine Politikerin vulgär beschimpft wird, dann ist das Hassrede. Wenn eine andere Politikerin das Schießen auf Flüchtlinge an Grenzen als legitim beschreibt, dann ist dies ein indirekter Aufruf zur Gewalt. Wenn eine Partei fordert, dass ,die Grünen aufgehängt werden‘ sollten, dann ist das ebenfalls ein Aufruf zur Gewalt.

Andere Deutungen sind vielleicht denkbar, aber kaum plausibel. Die bloß semantische Möglichkeit einer anderen Deutung reicht moralisch offensichtlich nicht aus, um von dem Vorwurf der Hassrede und des Aufrufs zur Gewalt zu befreien. In Wahrheit wissen nämlich alle Beteiligten, was gemeint ist. Dies nicht anzuerkennen, gäbe Hassrednerinnen und Gewaltverherrlichern geradezu grenzenlose Möglichkeiten, die sittliche Sprache zu missbrauchen und damit der Moral einen erheblichen Teil ihrer sozialen Kraft nehmen. Meinungsäußerungen, die plausibel als Hassrede und Aufrufe zur Gewalt einzustufen sind, stellen Würdeverletzungen dar. Es handelt sich um Sprechakte, die nicht nur zu Würdeverletzungen aufrufen, sondern selbst würdeverletzend sind. Bei Hassrede ist das offensichtlich, beispielsweise wenn Menschen als Tiere, vulgär als Geschlechtsorgane oder als Untermenschen bezeichnet werden. Bei Gewaltaufrufen scheint dies auf den ersten Blick vielleicht nicht so klar zu sein. Allerdings bringen sie unmittelbar zum Ausdruck, dass der Leib und das Leben mancher Menschen weniger wert ist als das Leben und der Leib anderer Menschen. Auch das ist direkt würdeverletzend.

2. Ganz anders stellt sich die Lage beim sogenannten Silencing dar. Dabei werden Menschen aufgrund der zum Teil erheblichen moralischen Reaktion auf ihre Meinungsäußerungen so stark eingeschüchtert, dass sie sich nicht mehr trauen, ihre Meinung zu sagen. Sie unterliegen einem Konformitätsdruck und werden, so lässt sich der Ausdruck „Silencing“ wohl übersetzen, mundtot gemacht. Manchmal ist sogar von einer Epidemie des Silencing oder einer Cancel Culture die Rede. Das wiederum wird dann zum Anlass genommen, um die Meinungsfreiheit grundsätzlich in Gefahr zu sehen. Belegt wird diese Behauptung mit einer Reihe von Einzelbeispielen. Theoretisch ist das allerdings unterkomplex und daher unbefriedigend, weil es eine Erklärung dafür bräuchte, wann und in welchem Ausmaß solche Aufzählungen von Beispielen es rechtfertigen, von einer Kultur des Mundtotmachens zu sprechen, womit ja ein strukturell verbreitetes und gesellschaftlich verankertes Phänomen angesprochen wäre.[45] Solange solch eine theoretische Fundierung ausbleibt, muss diese Rede von einer Cancel Culture als bloße und wahrscheinlich politisch motivierte Rhetorik eingeschätzt werden. Ich werde mich damit hier also nicht weiter befassen, einfach weil es an Belegen für die Behauptung einer Cancel Culture fehlt.

Anders ist die Lage bei einzelnen Phänomenen des Silencing. Es ist gut belegt, dass es sie gibt. Allerdings gilt es zu beachten, dass die Begriffe Silencing und Mundtotmachen negativ besetzt sind und unmittelbar zum Ausdruck bringen, dass etwas moralisch Falsches geschehen sei. Dasselbe gilt für die Behauptung eines Konformitätsdrucks. Werden diese Begriffe in scheinneutraler Allgemeinheit verwendet, besteht jedoch die Gefahr, den moralischen Wert der Meinungsfreiheit genau auf die hier kritisierte Weise zu verabsolutieren. Um dem zu entgehen, müssen die einzelnen Fälle darauf hin bewertet werden, ob die ursprünglichen Meinungsäußerungen würdeverletzend, offensichtlich unmoralisch oder respektabel sind. Dann muss geprüft werden, ob die moralische Reaktion darauf verhältnismäßig ist. Es ist nämlich durchaus angemessen, so hatte ich argumentiert, auf würdeverletzende Äußerungen mit moralischer Empörung und Wut zu reagieren, und zwar auch – oder sogar vielleicht gerade –, weil dies einen gewissen Druck aufbaut. Offensichtlich unmoralische Äußerungen können ebenfalls moralisch streng, aber weniger emotional geahndet werden. Nur abweichende Meinungen, die respektabel sind, müssen rein argumentativ bearbeitet werden.

Letztlich müssen also die einzelnen Fälle daraufhin geprüft werden, ob die moralischen Reaktionen auf Meinungsäußerungen gerechtfertigt sind oder nicht. Es kann gut sein, dass dabei immer wieder in einem moralistischen Sinne überzogen auf abweichende Meinungen reagiert wird oder unmoralische Meinungen mit einer Empörung und einer Wut belegt werden, die nur bei Würdeverletzungen angemessen wären. Moralismus und moralisierende Effekthascherei sind sicherlich keine seltenen Phänomene, insbesondere wenn moralische Meinungen weit auseinandergehen, wie in unseren gegenwärtigen sehr pluralistischen Gesellschaften.[46] In solchen Fällen kann es in einem weiteren Schritt durchaus angemessen sein, auf diesen Moralismus hinzuweisen und ihn selbst als unmoralisch zu entlarven.[47] Die Diagnose einer Struktur des Silencing oder einer Cancel Culture wäre aber nach wie vor nur dann angemessen, wenn solche Phänomene als sehr häufig und strukturell verankert aufgedeckt werden. Ohne solche Belege hat diese Diagnose allerdings selbst den moralisierenden Charakter einer moralischen Effekthascherei und ist entsprechend moralisch zurückzuweisen.

3. Die hier vorgeschlagene Differenzierung erscheint mir auch für Meinungsäußerungen im wissenschaftlichen Kontext angemessen. Zunächst gilt es noch einmal zu betonen, dass der rechtliche Schutz der Wissenschaftsfreiheit und der damit notwendig verbundenen Meinungsfreiheit ein sehr hohes Gut darstellt. Die Verbeamtung und damit nahezu bestehende Unkündbarkeit von Wissenschaftlerinnen ist dafür meiner Meinung nach ein wichtiges Mittel. Anders steht es jedoch auch in der Wissenschaft um die Frage der erlaubten moralischen Reaktionen auf würdeverletzende und offensichtlich unmoralische Äußerungen. Diese sind nicht bereits dadurch gedeckt, dass sie von einem Wissenschaftler und unter dem Deckmantel der Wissenschaftlichkeit getätigt werden. Vor dem Hintergrund der historischen Erfahrung einer Praxis der Wissenschaft, in der schon Antisemitismus, Rassismus, Sexismus, Homophobie und Euthanasie gerechtfertigt wurden, sollte es eigentlich selbstverständlich sein, dass Wissenschaft eines kritischen Diskurses und einer moralischen Selbstkorrektur bedarf.[48] Wieder gilt aber natürlich, dass Moralismus und Effekthascherei zu vermeiden sind. Wieder gilt ebenfalls, dass umstritten ist und ausgehandelt werden muss, wann das der Fall ist. Auch hier sind also differenzierte Einzelfallprüfungen nötig und Pauschalurteile ohne solche genauen Prüfungen einmal mehr wenig hilfreich.

Allerdings ist die Lage im Falle der Wissenschaft noch ein wenig komplizierter. Denn es sollte dreifach zwischen wissenschaftlichen, moralischen und politischen Meinungsäußerungen unterschieden werden. Zumindest solange es nach dem gegenwärtigen Stand der Moralphilosophie einen moralischen Pluralismus und keine epistemisch privilegierten Zugänge zu moralischen Wahrheiten gibt, haben moralische Äußerungen eben keinen wissenschaftlichen Status, sondern können allenfalls als philosophisch wohlerwogen gelten.[49] Dasselbe gilt in erhöhtem Maße für politische Meinungsäußerungen, bei denen dann noch dazukommt, dass sie zusätzlich politischen Spielregeln unterworfen sind. Wie bereits angedeutet unterscheiden sich politische Diskurse von moralischen Diskursen dadurch, dass sie nicht machtfrei sind und dies auch nicht als Ideal anstreben.[50] Stattdessen wird auch diskursiv um politische Macht gestritten, was eine andere Form des Streits und der Rhetorik erlaubt als in moralischen Gesprächen.

Diese dreifache Unterscheidung ist für die Frage, ob die Wissenschaftsfreiheit durch moralische oder sogar durch unangemessene moralistische Kritik gefährdet ist, von zentraler Bedeutung. Nicht alles, was eine Wissenschaftlerin sagt, ist schon eine wissenschaftliche Meinung. Wenn sie sich moralisch oder politisch äußert, dann ist auch moralische oder politische Kritik angemessen. Im Falle der Moral muss sich diese Kritik an den oben differenzierten Richtlinien orientieren. Im Falle der Politik ist es eine Frage der politischen Moral, was angemessen ist oder nicht. Darüber lässt sich natürlich ebenfalls streiten. Aber das ist einfach keine Frage der Wissenschaftsfreiheit. Ebenso sind nicht alle Veranstaltungen, die an Universitäten stattfinden, allein deswegen schon wissenschaftliche Veranstaltungen.[51] Eine Party beispielsweise wird sicherlich nicht dadurch zu einer wissenschaftlichen Veranstaltung, dass sie an der Universität stattfindet. Dasselbe gilt für politische Veranstaltungen. Wenn beispielsweise rechtsradikale Politiker als Gesprächspartner eingeladen werden, dann handelt es sich dabei um eine politische und nicht um eine wissenschaftliche Veranstaltung. Denn von diesen Politikern sind natürlich politische Meinungsäußerungen zu erwarten. Welche politische Reaktion darauf angemessen ist, ob beispielsweise Demonstrationen oder ziviler Ungehorsam, das gilt es abzuwägen; es sei denn, man hält diese Dinge für grundsätzlich unerlaubt, was aber außerordentlich undemokratisch wäre.[52]

Mit der Wissenschaftsfreiheit haben solche Abwägungsfragen allerdings nichts zu tun, weil es dabei gar nicht um Wissenschaft, sondern um Politik geht. Manchmal mag natürlich nicht klar sein, ob eine Situation politisch ist, moralisch stark aufgeladen oder wirklich in einem moralisch unproblematischen Sinne rein wissenschaftlich. Dann ist auch nicht klar, wie Meinungsäußerungen zu bewerten und welche Reaktionen angemessen sind. Aber wieder gilt, dass in solchen Grenzfällen abzuwägen ist und es darüber vernünftige Meinungsverschiedenheiten geben kann. Wieder kommt es also auf eine genaue Analyse und Bewertung von Einzelfällen an. Pauschalurteile sind auch im Bereich der Wissenschaftsfreiheit unangemessen. Solange die systematische moralische oder politische Beschränkung der Wissenschaftsfreiheit nicht belegt ist, stellt die Rede von einer Gefährdung der Wissenschaftsfreiheit eine moralistische Verkürzung dar.

6 Moralstrategische Mäßigung moralischer Kritik

Eine moralische und manchmal auch empörte Kritik moralisch problematischer Meinungsäußerungen kann genauso angemessen sein wie eine politische Reaktion auf politische Meinungsäußerungen auf politischen Veranstaltungen. So haben es die bisherigen Überlegungen gezeigt. Dies als Einschränkung der Meinungsfreiheit zu bezeichnen, ist in einem doppelten Sinne falsch. Erstens unterschlägt es die Unterscheidung zwischen einem Abwehrrecht auf freie Meinungsäußerung gegenüber dem Staat und einem moralischen Anspruch auf einen respektvollen Umgang mit unterschiedlichen Meinungen. Letzterer besteht eben nicht immer, sondern nur bei Meinungsäußerungen, die nicht würdeverletzend und nicht offensichtlich unmoralisch sind. Der zweite Fehler liegt darin, diese nötige Differenzierung zu unterschlagen und übermäßig zu pauschalisieren. Der generelle und gänzlich undifferenzierte Verweis auf die Meinungsfreiheit als Reaktion auf moralische Kritik oder im Falle von Würdeverletzungen auch auf moralische Empörung erweist sich selbst als moralistisch. Solch ein Moralismus ist aufgrund mangelnder Differenzierung stark überzogen, so dass sich zusätzlich der Verdacht aufdrängt, er diene vor allem der Selbstimmunisierung oder Zwecken der politischen Rhetorik.[53]

Ob eine unangemessene moralische Kritik vorliegt, muss also am Einzelfall geprüft werden. Es kann natürlich durchaus sein, dass solch eine Prüfung immer wieder Formen des Moralisierens und der moralischen Effekthascherei aufdeckt. Das beste gegenwärtige Beispiel dafür ist wohl der Vorwurf einer starken Einschränkung von Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit selbst, die auch in Deutschland angeblich extrem gefährdet seien. In dieser Pauschalität ist der Vorwurf moralistisch und in der vorgebrachten Form nicht selten effekthascherisch. Er ist also, so denke ich, offensichtlich unmoralisch und entsprechend zu kritisieren. Es ist dann durchaus erlaubt, und vielleicht sogar manchmal geboten, auf solche und andere unmoralische Meinungsäußerungen mit moralischer Kritik zu reagieren. Zugleich kann es jedoch geboten sein, eine gewisse Zurückhaltung zu üben. Dafür gibt es meiner Einschätzung nach zwei Gründe, auf die ich abschließend kurz eingehen möchte. Der erste Grund hat mit politischer Stabilität zu tun. Der zweite Grund liegt in dem Schutz der durch würdeverletzende oder offensichtlich unmoralische Meinungsäußerungen diskriminierten Menschen.

Würdeverletzende und unmoralische Meinungsäußerungen sind oft kalkulierte Provokationen. Sie dienen dazu, den öffentlichen Ton rauer werden zu lassen, die Grenzen des Sagbaren zu verschieben und zu polarisieren. In politischen Systemen mit strukturellen Ungerechtigkeiten verführen sie außerdem viele Menschen, die sich ungerecht behandelt sehen, ihrer Wut freien Lauf zu lassen. Auch dieser Mechanismus kann Teil eines politischen Kalküls sein, das letztlich darauf ausgerichtet ist, den liberalen und demokratischen Rechtsstaat zu destabilisieren. An verschiedenen Orten in Europa und den USA lässt sich gut beobachten, wie diese Destabilisierung vonstatten geht.[54] Pauschale Klagen über den Verlust oder die Gefährdung der Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit spielen diesem Kalkül in die Hände. Darüber sollte man sich im politisierten moralischen Diskurs im Klaren sein, und das ist ein starkes Argument für eine Mäßigung, zumindest dann, wenn man an liberaler Rechtsstattlichkeit festhalten will.

Nun können eben auch empörte Reaktionen auf Würdeverletzungen und starke moralische Kritik an unmoralischen Meinungsäußerungen indirekt jenes politische Kalkül der Destabilisierung unterstützen, indem sie zur Verrohung des Diskurses und zu Polarisierung beitragen. Das liefert einen guten Grund dafür, mit Empörung und Kritik zurückhaltend umzugehen und sie so zu gestalten, dass sie sich möglichst wenig leicht instrumentalisieren lassen. Auf der anderen Seite gibt es aber auch gute Gründe für eine kämpferische Haltung, damit sich die Grenzen des Sagbaren nicht ins Würdelose verschieben, und um die Wehrhaftigkeit von Würde und Moral zum Ausdruck zu bringen. Hier stehen also einmal mehr schwierige Abwägungsfragen an, die eine genaue Betrachtung der jeweiligen Fälle und situativen Kontexte erfordern. Zugleich wäre es vielleicht eine gute Aufgabe für eine tatsächlich praktische Philosophie und politische Ethik, bei der Suche nach einer Tonart zu helfen, die zugleich wehrhaft für Würde und Moral streitet, ohne sich zum Zwecke der Polarisierung instrumentalisieren zu lassen und zu einer diskursiven Verrohung beizutragen.

Den zweiten Grund für eine Zurückhaltung bei moralischer Kritik unmoralischer Äußerungen schließt daran an. Letztlich ist nämlich entscheidend, was für jene Menschen am besten ist, die durch unmoralische oder sogar würdeverletzende Äußerungen diskriminiert werden. Eine moralisch harsche oder auch wütende Kritik an solchen Äußerungen kann durchaus ein Ausdruck von Solidarität sein und deutlich machen, dass diese unmoralischen oder würdelosen Standpunkte nicht geteilt werden. Die Diskriminierten wissen dann, dass sie nicht allein sind. Auf der anderen Seite gilt es auch hier zu berücksichtigen, wie sehr in emotional stark aufgeladenen und politisierten Kontexten eine Tendenz zur Polarisierung und zur Lagerbildung besteht. Wenn politisch mächtige oder aber gewaltbereite Bevölkerungsgruppen sich in ihrer diskriminierenden Haltung zunehmend gegen Kritik immunisieren und radikalisieren, dann kann dies für die diskriminierten Menschen eher negative Folgen haben, weil sich ihre Lage verschlechtert.

Auch in solchen Fällen wäre es möglicherweise besser, einen sanfteren und versöhnlichen Ton anzuschlagen, vielleicht mit dem Ziel, auf Diskriminierung beruhende politische Lager zu spalten und gewaltbereite Menschen in ihrer extremen Haltung zu isolieren. Auf der anderen Seite steht wieder die Solidarität mit den Diskriminierten und eine klare Haltung der Nichttoleranz gegenüber entwürdigenden und offensichtlich unmoralischen Haltungen und Meinungen. Auch hier ist ein ständiger differenzierter und selbstkritischer Diskurs darüber nötig, was in welchem Kontext vielversprechender und aussichtsreicher ist. Wer sich also auf der einen oder anderen Seite in Pauschalisierungen, Übertreibungen und Effekthascherei ergeht, der spielt letztlich einer Politik menschenverachtenden Diskriminierung in die Hände. Nur eine differenzierte, abwägende und zugleich wehrhafte Haltung im Umgang mit würdeverletzenden und offensichtlich unmoralischen, einschließlich moralisierenden, Meinungen kann dem im Dienste derjenigen Menschen entgegenstehen, die verletzenden Meinungen besonders stark ausgeliefert sind.[55]

Literatur

Applebaum, A. (2021), Die Verlockung des Autoritären: Warum antidemokratische Herrschaft so populär geworden ist, München.Search in Google Scholar

Bailey, A. (2018), On Anger, Silence and Epistemic Injustice, in: Royal Institute of Philosophy Supplement 84, 93–115.10.1017/S1358246118000565Search in Google Scholar

Bauman, Z. (2008), Flüchtige Zeiten: Leben in der Ungewissheit, Hamburg.Search in Google Scholar

Bell, M. (2018), Contempt, Honor and Addressing Racism, in: Mason, M. (Hg.), Moral Psychology of Contempt, Lanham, Md., 3–16.Search in Google Scholar

Bell, M. C. (2021), John Stuart Mill’s Harm Principle and Free Speech: Expanding the Notion of Harm, in: Utilitas 33.2, 162–179.10.1017/S0953820820000229Search in Google Scholar

Brodnig, I. (2014), Der unsichtbare Mensch: Wie die Anonymität im Internet unsere Gesellschaft verändert, Wien.Search in Google Scholar

BVerfG (Bundesverfassungsgericht) (1958), Urteil des Ersten Senats vom 15.1.1958, in: Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts 7, 198–230.Search in Google Scholar

Celikates, R. (2016a), Democratizing Civil Disobedience, in: Philosophy & Social Criticism 42.10, 982–994.10.1177/0191453716638562Search in Google Scholar

Celikates, R. (2016b), Rethinking Civil Disobedience as a Practice of Contestation – Beyond the Liberal Paradigm, in: Constellations 23.1, 37–45.10.1111/1467-8675.12216Search in Google Scholar

Coady, A. (2008), Messy morality, Oxford.10.1093/oso/9780199212088.001.0001Search in Google Scholar

dpa (Deutsche Presse-Agentur) (2018a), „Das kann niemals eine Verhöhnung der Opfer sein“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung (3.6.2018), URL: https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/afd-chef-alexander-gauland-verteidigt-zitat-ueber-ns-zeit-15621317.html (31.7.2023).Search in Google Scholar

dpa (Deutsche Presse-Agentur) (2018b), Empörung wegen Gaulands Relativierung der NS-Zeit, in: Die Zeit (3.6.2018), URL: https://www.zeit.de/news/2018-06/03/empoerung-wegen-gaulands-relativierung-der-ns-zeit-180603-99-560879 (31.7.2023).Search in Google Scholar

Düwell, M., Braarvig, J., Brownsword, R., u. Mieth, D. (2014), The Cambridge Handbook of Human Dignity: Interdisciplinary Perspectives, Cambridge.10.1017/CBO9780511979033Search in Google Scholar

Edmundson, W. A. (2020), What Is the Argument for the Fair Value of Political Liberty?, in: Social Theory and Practice 46.3, 497–514.10.5840/soctheorpract202043094Search in Google Scholar

Feinberg, J. (1987), Harm to Others, New York.Search in Google Scholar

Giddens, A. (1988), Die Konstitution der Gesellschaft, Frankfurt am Main.Search in Google Scholar

Hill Collins, P. (2019), Intersectionality as Critical Social Theory, Durham, N. C.10.1215/9781478007098Search in Google Scholar

Hart, H. L. A. (1963), Law, Liberty, and Morality, Stanford, Calif.10.1515/9781503620612Search in Google Scholar

Hermann, S. K., u. Kuch, H. (Hg.) (2010), Philosophien sprachlicher Gewalt, Zürich, 351–369.Search in Google Scholar

Hong, M. (2020), Meinungsfreiheit und ihre Grenzen, in: Aus Politik und Zeitgeschichte 2020.12–13, 16.Search in Google Scholar

Jaster, R., u. Keil, G. (2021), Wen sollte man nicht an Universitäten einladen?, in: Özmen, E. (Hg.), Wissenschaftsfreiheit im Konflikt: Grundlagen, Herausforderungen und Grenzen, Berlin, 141–159.10.1007/978-3-662-62892-8_9Search in Google Scholar

Joas, H., u. Knöbl, W. (2004), Sozialtheorie: Zwanzig einführende Vorlesungen, Frankfurt am Main.Search in Google Scholar

Kornmeier, C. (2020), Grenzen und Spielräume eines Grundrechts: Über das Recht, seine Meinung frei zu äußern, in: Schultz (2020), 23–54.Search in Google Scholar

Kuflik, A. (2006), Liberalism, Legal Moralism and Moral Disagreement, in: Coady, C. A. J. (Hg.), What is wrong with moralism?, Oxford u. Malden, Mass., 85–98.Search in Google Scholar

Lanius, D. (2020), Meinungsfreiheit und die kommunikative Strategie der Rechtspopulisten, in: Schultz (2020), 75–112.Search in Google Scholar

Leong, C., Pan, S. L., Bahri, S., u. Fauzi, A. (2019), Social media empowerment in social movements: power activation and power accrual in digital activism, in: European Journal of Information Systems 28.2, 173–204.10.1080/0960085X.2018.1512944Search in Google Scholar

Smith, D. L. (2016), Paradoxes of Dehumanization, in: Social Theory and Practice 42.2, 416–443.10.5840/soctheorpract201642222Search in Google Scholar

Manne, K. (2020), Down Girl. Die Logik der Misogynie, Berlin.Search in Google Scholar

Margalit, A. (2012), Politik der Würde: Über Achtung und Verachtung, Berlin.Search in Google Scholar

Mason, M. (2018), Contempt: At the Limits of Reactivity, in: Mason, M. (Hg.), The Moral Psychology of Contempt, Lanham, Md., 173–192.Search in Google Scholar

Mieth, C., u. Rosenthal, J. (2020), Spielarten des Moralismus, in: Neuhäuser/Seidel (2020), 35–60.Search in Google Scholar

Neuhäuser, C. (2010), Margalit – Die Sprache der Erniedrigung, in: Hermann/Kuch (2010), 351–369.Search in Google Scholar

Neuhäuser, C., u. Stoecker, R. (2014), Human Dignity as Universal Nobility, in: Düwell et al. (2014), 298–310.10.1017/CBO9780511979033.036Search in Google Scholar

Neuhäuser, C., u. Seidel, C. (Hg.) (2020), Kritik des Moralismus, Berlin.Search in Google Scholar

Neuhäuser, C., u. Seidel, C. (2022), Was ist Moralismus?, Ditzingen.Search in Google Scholar

Özmen, E. (2021), Wissenschaftsfreiheit im Konflikt: Grundlagen, Herausforderungen und Grenzen, Berlin.10.1007/978-3-662-62892-8Search in Google Scholar

Rawls J (2006), Gerechtigkeit als Fairness. Ein Neuentwurf, Frankfurt am Main.Search in Google Scholar

Reckwitz, A. (2017), Die Gesellschaft der Singularitäten. Zum Strukturwandel der Moderne, Berlin.10.1007/978-3-658-21050-2_2Search in Google Scholar

Rosa, H. (2016), Resonanz: Eine Soziologie der Weltbeziehung, Berlin.Search in Google Scholar

Rossi, E., u. Sleat, M. (2014), Realism in Normative Political Theory, in: Philosophy Compass 9.10, 689–701.10.1111/phc3.12148Search in Google Scholar

Rössler, B. (2017), Autonomie: Ein Versuch über das gelungene Leben, Berlin.Search in Google Scholar

Schultz, T. (Hg.) (2020), Was darf man sagen? Meinungsfreiheit im Zeitalter des Populismus, Stuttgart.Search in Google Scholar

Seidel, C. (2020), Wie moralistisch dürfen wir sein? Moralismus als Herausforderung für eine „praktische“ praktische Philosophie, in: Neuhäuser/Seidel (2020), 206–240.Search in Google Scholar

Taylor, C. (2012), Moralism. A Study of a Vice, Montreal u. Kingston, Ont., 2012.10.1515/9780773594692Search in Google Scholar

Thiel, T. (2016), Anonymität und der digitale Strukturwandel der Öffentlichkeit, in: Zeitschrift für Menschenrechte 10.1, 9–24.Search in Google Scholar

Tosi, J., u. Warmke, B. (2016), Moral Grandstanding, in: Philosophy and Public Affairs 44.3, 197–217.10.1111/papa.12075Search in Google Scholar

Tosi, J., u. Warmke, B. (2020), Grandstanding: The Use and Abuse of Moral Talk, New York.10.1093/oso/9780190900151.001.0001Search in Google Scholar

Tully, J. (1999), The Agonic Freedom of Citizens, in: Economy and Society 28.2, 161–182.10.1080/03085149900000001Search in Google Scholar

Young, A., Selander, L., u. Vaast, E. (2019), Digital organizing for social impact: Current insights and future research avenues on collective action, social movements, and digital technologies, in: Information and Organization 29.3, 100257.10.1016/j.infoandorg.2019.100257Search in Google Scholar

Young, I. (2013), Responsibility for Justice, Oxford u. New York.Search in Google Scholar

Van Mill, D., Freedom of Speech (2021), in: Zalta, E. N. (Hg.), The Stanford Encyclopedia of Philosophy (Spring 2021 Edition), URL: https://plato.stanford.edu/archives/spr2021/entries/freedom-speech(31.7.2023).Search in Google Scholar

Weber-Guskar, E. (2020), Der Online-Kommentar: Moralismus in digitalen Massenmedien, in: Neuhäuser/Seidel (2020), 422–447.Search in Google Scholar

Williams, B. (1999), Ethik und die Grenzen der Philosophie, Hamburg.Search in Google Scholar

Published Online: 2023-10-17
Published in Print: 2023-10-26

© 2023 Neuhäuser, publiziert von De Gruyter

Dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz.

Downloaded on 12.6.2024 from https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/dzph-2023-0041/html
Scroll to top button