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Intermedialitätsphilologie? Lichtenbergs Textmodell und der implizite Mediendiskurs der Literatur

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Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte Aims and scope Submit manuscript

Zusammenfassung

Der Beitrag verortet die aktuelle Debatte um das Verhältnis des Textmediums Literatur zu den Bild- und Tonmedien historisch durch eine Lektüre von G.C. Lichtenbergs Hogarth-Kommentaren. Dabei wird gezeigt, wie das Medium Text den eigenen Mangel an Anschaulichkeit durch mediensimulierende Strategien kompensiert, die in ein intermediales Modell der Lektüre einflieβen.

Abstract

The essays traces back the current discussion on the relation between the text-based medium of literature and the audiovisual media by a reading of G.C. Lichtenberg’s explanations of Hogarth’s engravings. Here, the text is introduced as a medium that compensates its own lack of sensuality by simulating other media. These strategies give way for a intermedial model of reading.

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Pethes, N. Intermedialitätsphilologie? Lichtenbergs Textmodell und der implizite Mediendiskurs der Literatur. Dtsch Vierteljahrsschr Literaturwiss Geistesgesch 76, 86–104 (2002). https://doi.org/10.1007/BF03375841

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