„Ohne im geringsten Philosoph zu sein oder auch nur heißen zu wollen, hat der Naturforscher ein starkes Bedürfnis, die Vorgänge zu durchschauen, durch welche er seine Kenntnisse erwirbt und erweitert.” (Mach, „Erkenntnis und Irrtum”.)
Literatur
H. Vaihinger, Die Philosophie des Als Ob. 7. u, 8. Aufl., Leipzig, Meiner, 1922.
B. Fließ, Einführung in die Philosophie des Als Ob. Bielefeld-Leipzig 1922.
G. Viola, La clinica come scienza dell’individuale et la sua posizione nella gerarchia delle scienze. Arch. di pat. e clin. med., vol. II, fasc. 1, 1923.
Ich verweise besonders auf das treffliche Buch: F. Enriques, I problemi della scienza. Bologna, Zanichelli, 1906.
Diese Arbeiten sind leider im Auslande (auch in Deutschland) noch ungenügend bekannt. Neuerdings hat aber N. Pende—wohl der hervorragendste Schüler von Viola—in der Zeitschr. f. Konstitutionslehre (Bd. 8, H. 5, 1922) darüber ausführlich berichtet. Ich verweise auch auf die demnächst erscheinende „Autoergographie” von Viola in dem großen, von L. R. Grote herausgegebenen Werke „Die Medizin der Gegenwart in Selbstdarstellungen” (Leipzig, Verlag von F. Meiner).
J. Schultz, Die Grundfiktionen der Biologie. Berlin, Born traeger, 1920.
Vaihinger, Wie die Philosophie des Als Ob entstand. Leipzig, Meiner, 1921.
Nach Vaihinger haben vier Momente vor allem das Verständnis und den Erfolg seines philosophischen Systems erleichtert: der Voluntarismus (Paulsen, Wundt), die biologische Erkenntnistheorie (Mach, Avenarius), die Philosophie Nietzsches und der Pragmatismus (Peirce, James u. a.).
A. Tilgher, Relativisti contemporanei. 4. Aufl., Rom, 1923.
R. H. Francé, Zoësis. Eine Einführung in die Gesetze der Welt. München, Hanfstaengl, 1920. In diesem interessanten Buche wird auch der Begriff der Fiktionen (die Francé mit dem Worte „Doketismen” bezeichnet) eingehend besprochen.
W. Ostwald, Grundriß der Naturphilosophie. 3. Aufl., Leipzig, Reklam, 1919, S. 22.
G. Marchesini, Le finzioni dell’anima. S. 51. Bari, Laterza, 1905.
G. Ettisch, Entwicklungsmechanik und praktische Medizin. Deutsche mediz. Wochenschr. Nr. 19, 20, 22, 23; 1922.
D. Kulenkampff, Deutsche med. Wochenschr., Nr. 35, 1921.
G. Viola, La dignità scientifica della Patologia speciale, ecc. (Riforma medica Nr. 40, 1920); Lez. di Patologia spec. medica, Bologna 1920.
Es ist hier nicht der Ort für eine Diskussion über den Begriff des „Normalen” in der Biologie (Literatur bei Rautmann, Deutsche med. Wochenschr. Nr. 51 1923). Ich kann aber nicht unterlassen, daran zu erinnern, daß dem statistischen oder mathematischen Begriff, der den „Normalmenschen” mit Hilfe der Variationsreihen bildet, Grote (Zeitschr. f. Konstitut., Bd. 8, Heft 5, 1922), den Begriff der „Responsivität” entgegengestellt hat, d. h. der Kongruenz zwischen den Lebensäußerungen eines Menschen und seinen biologischen Notwendigkeiten: nach diesem Begriff ist jedes Individuum der Maßstab für die eigene Normalität. In einem gewissen Sinne hatte diese Idee De Giovanni zum Vorläufer, wenn er bei der Einschätzung der pathologischen Vorgänge ermahnt, in Rechnung zu ziehen, „was das Erfordernis der Natur des Patienten” ist. Das statistische Kriterium der Normalität ist bisher allgemein angenommen worden und würde übrigens seinen praktisch nutzbaren Fiktionswert beibehalten, auch wenn man den Ideen Grotes folgen würde.
Es ist hiierbei interessant, zu bemerken, daß Vaihinger dort, wo er von der Kritik der ästhetischen Urteilskraft (3. Tl., Kap. 5) spricht, behauptet, daß der homme moyen auch das Ideal der Schönheit bildet. Das stimmt vollkommen mit der Tatsache überein, daß Viola bei der Messung mit seiner anthropometrischen Methode an den Statuen des Apolls von Belvedere und des Antinoos eine überraschende Übereinstimmung mit den normalen Mittelwerten fand, die sich bei der Messung einer sehr großen Zahl von Individuen ergeben hatten: daraus schloß er nur—in Übereinstimmung mit Quételet—, daß „das ästhetische Gefühl für die Proportionen des menschlichen Körpers nichts anderes als synthetische Schätzung des Durchschnittes sei”. (Vgl. Lavori dell’ Istituto di Clinica medica di Padova, Vol. II, lettura V, Milano, Hoepli 1905.)
W. Vix, Die Philosophie des „Als Ob” in ihrer Anwendung auf den Begriff des Bewußtseins und des Unbewußten. Zeitschr. f. d. ges. Neurologie u. Psych., Bd. 63, S. 183, 1921.
Vgl. A. Crehore, The present outlook of science. Scientia, Bd. 33, H. 4, 1923.
Julius Bauer, Vorlesungen über allgemeine Konstitutions- und Vererbungslehre. Berlin, Springer, 1921.
Vgl. H. Schade, Die Bedeutung der Katalyse für Medizin. Kiel, Mühlau, 1907.—Derselbe, Vgl. H. Schade, Die physikalische Chemie in der inneren Medizin. 3. Aufl. Dresden-Leipzig, Steinkopff, 1923.
E. Rignano, La memoria biologica. Bologna, Zanichelli, 1922.
A. Murri, Pensieri e Precetti. Per cura di A. Gnudi e di A. Vedrani, Bologna, Zanichelli, 1913.
Vgl. E. Rignano, Psicologia del Ragionamento. Kap. V. Bologna, Zanichelli, 1920.
Richard Koch, Die ärztliche Diagnose. Kap. VII. 2. Aufl., Wiesbaden 1920.
Fr. Kraus, Die allgemeine und spezielle Pathologie der Person. S. 49. Leipzig, Thieme, 1919.—Ich möchte auch auf die Fußnote 3, S. 396 hinweisen, wo ich die Übereinstimmung zwischen dem messenden Formtheoretiker und der intuitiven Auffassung des Künstlers hervorgehoben habe.
J.v. Kries, Immanuel Kant und seine Bedeutung für die Naturforschung der Gegenwart. Berlin, Springer, 1924.
G. Fano, Cervello e cuore. Bologna, Zanichelli, 1923.
H. Beitzke, Über den Entzündungsbegriff. Ergebnisse der allgemeinen Pathologie. Jhrg. 20, 2. Teil, München, Bergmann, 1923.
Fr. Kraus, l. c.. S. 55.
Dieser Gedanke Vaihingers erinnert mich immer fast instinktiv an die Worte, mit denen Gotamo Buddho seine eigene Lehre mit erhabener Objektivität betrachtet; er vergleicht sie mit einem Floß, das wohl zum Entrinnen tauglich ist, aber nicht mehr festgehalten wird, wenn man das Ufer erreicht hat. („Die Reden Gotamo Buddhos aus der mittleren Sammlung.” Übersetzt von K. F. Neumann, 1. Bd., S. 327, München 1922. Man könnte übrigens ziemlich viel interessante Vergleiche zwischen der Philosophie des „Als Ob” und dem Buddhismus ziehen, obwohl sich, soweit mir bekannt, noch niemand damit beschäftigt hat.
A. Schopenhauer, Parerga und Paralipomena. 2. Teil, Kap. 23, § 289, Reclam, Leipzig.
E. Gallico, L’oeuvre de Jules de Gaultier. Mercure de France, I. August 1913.
5. Italienischer Kongreß für Philosophie, Florenz, 15—19. Oktober 1923.
F. Nietzsche, Der Wille zur Macht. 3. Buch, Aphor. 539, Leipzig, Kröner, 1911.
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Auszug aus „Giornale di Psichiatria clinica e Tecnica manicomiale”. 51. Jahrg. Heft III–IV. 1923.
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Rietti, F. Das Als Ob in der Medizin. Annalen der Philosophie 4, 385–416 (1924). https://doi.org/10.1007/BF02885145
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