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Der Marquis de la Taillade-Espinasse alias Prof. Dr. Gustav Jaeger: eine Süskind’sche Inspiration

The Marquis de la Taillade-Espinasse alias Prof. Dr. Gustav Jaeger: A Süskindian inspiration

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Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte Aims and scope Submit manuscript

»Alles Lebendige, so es auf der Welt bestehen will, muss riechen, verstehst Du? Irgendeinen Geruch haben.« Michail Schischkin, Briefsteller.

Zusammenfassung

Der Artikel weist durch detaillierte Textvergleiche Patrick Süskinds unzweifelhafte Kenntnis von Gustav Jaegers Werk Entdeckung der Seele nach. Die weitschweifigen olfaktorischen Theorien des deutschen Zoologen liefern Süskind wichtiges Hintergrundwissen für seinen Roman Das Parfum. Die Figur des Aufklärungsgelehrten Taillade-Espinasse, so die Hauptthese des Artikels, ist eine satirisch-karikierende Repräsentation Jaegers.

Abstract

By means of close textual comparison, the article reveals Patrick Süskind’s knowledge of Gustav Jaeger’s original late-nineteenth century account of olfactory perception, Entdeckung der Seele. This work provides Süskind with inspiration and background knowledge for his 1985 bestseller, Perfume. Specifically, the figure of Taillade-Espinasse, the enlightenment scholar, is a caricature of the German scientist himself.

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Notes

  1. G. W. F. Hegel, Werke in zwanzig Bänden, Theorie-Werkausgabe, Frankfurt a. M. 1970, III, 402–403.

  2. Patrick Süskind, Das Parfum. Die Geschichte eines Mörders, Zürich 1985.

  3. Frizen und Spancken nennen ihn einen »Hypnotiseur und Scharlatan«. Werner Frizen, Marilies Spancken, Patrick Süskind. Das Parfum, Oldenbourg Interpretationen, München, Düsseldorf, Stuttgart 1998, 78–80.

  4. Gustav Jaeger, Entdeckung der Seele. Zwei Bände. Dritte stark vermehrte Auflage, Leipzig 1884, nachfolgend mit Band- und Seitenzahl direkt im Text zitiert. Zitate aus dem zweiten Band sind der 4. Auflage entnommen, hrsg. vom Gustav Jaeger-Verein, Berlin, Stuttgart, Leipzig 1912. Abgesehen vom »Einleitenden Vorwort« von Prof. Karl Endriss ist der Band textidentisch mit der dritten Auflage. Beide Bände umfassen je über 400 Seiten.

  5. Siehe »aura« und »aure« im etymologischen Wörterbuch des Centre National de Ressources textuelles et lexicales, das Internetportal des Centre national de la recherche scientifique. Online: <http://www.cnrtl.fr/etymologie/aure>.

  6. Siehe »épinards« im etymologischen Wörterbuch des Centre National de Ressources textuelles et lexicales, das Internetportal des Centre national de la recherche scientifique. Online: <http://www.cnrtl.fr/etymologie/épinard>.

  7. Jaeger selbst stellt die Verbindung zur Parfümerie her: »Warum können wir diese Düfte, die jetzt unbenutzt verloren gehen, nicht ebenso gut sammeln, wie die Parfümeure die Blumendüfte?« (I, 324).

  8. Eine analoge Stelle ist I, 139; Jaeger diskutiert auch »Sympathieduft«.

  9. So ging z. B. der Nobelpreis 2004 für Physiologie oder Medizin an zwei Geruchsforscher, Richard Axel und Linda Buck.

  10. Für eine Überblicksdarstellung olfaktorisch-literarischer Entwicklungen, siehe auch meinen Artikel »What’s this Smell? – An Overview of Recent Writings in the Multidisciplinary World of Olfactory Perception«, KulturPoetik. Journal for Cultural Poetics 15:1 (2015), 70–104.

  11. Daten zur globalen Kosmetik und Parfümindustrie sind nicht leicht zu aggregieren, da darunter nicht immer dieselben Produktionszweige subsumiert werden. Siehe Geoffrey Jones, Beauty Imagined: A History of the Global Beauty Industry, Oxford 2010, bes. 9, Anm. 2. Der globale Parfümhandel beträgt ca. 28 Mrd., mit Wachstumsprognosen von bis zu 45 Mrd. innerhalb der nächsten Jahre. Siehe auch folgende Quellen für statistische Information zur globalen Parfümindustrie: <http://www.kafkaesqueblog.com/2014/02/20/the-global-fragrance-industry-world-markets-popular-fragrances-sales-figures/>; <http://www.perfumerflavorist.com/fragrance/trends/Report-Global-Perfume-Market-To-Reach-About-456B-by-2018-208332331.html>; <http://www.statisticbrain.com/perfume-industry-statistics/> für den US-amerikanischen Markt; <http://brandongaille.com/26-cosmetics-industry-statistics-and-trends/>, amerikanische und globale Zahlen.

  12. Siehe etwa Luca Turin, Tania Sanchez, Perfumes: The Guide, New York 2008.

  13. So Joachim Kaiser, »Viel Flottheit und Phantasie. Patrick Süskinds Geschichte eines Monsters«, Süddeutsche Zeitung, 18. 03. 1985, 5. Marcel Reich-Ranicki, »Des Mörders betörender Duft. Patrick Süskinds erstaunlicher Roman«, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 2. 3. 1985, Literaturbeilage. Wolfram Schütte, »Parabel und Gedankenspiel. Patrick Süskinds erster Roman Das Parfum«, Frankfurter Rundschau, 6. 4. 1985, 17. Hans-Josef Ortheil, »Das Lesen – ein Spiel: Postmoderne Literatur – die Literatur der Zukunft!«, Die Zeit, 17. 4. 1987. Harry Nutt, »Kürzelkritik und Kritik des Kürzels«, die tageszeitung, 29. 9. 1986. Wolfram Knorr, »Aus Zwerg Nase wird ein Frankenstein der Düfte. Der deutsche Autor Patrick Süskind macht Furore mit seinem ersten Roman Das Parfum«, Die Weltwoche, 21. 3. 1985, 47. Michael Fischer, »Ein Stänkerer gegen die Deo-Zeit«, Der Spiegel 10:1985, 237, 240.

  14. Gerhard Stadelmaier, »Lebens-Riechlauf eines Duftmörders«, Die Zeit Nr. 12, 15. 3. 1985, 55.

  15. Dieter Stolz, »Patrick Süskind’s Parfum: ›No one knows how well made it is‹«, in: Arthur Williams, Stuart Parkes, Julian Preece (Hrsg.), German-Language Literature Today: International and Popular? Bern 2000, 19–30, hier: 21. Das Förster-Zitat selbst stammt aus Die Wiederkehr des Erzählens. Deutschsprachige Prosa der 80er und 90er Jahre, Darmstadt 1999, 178.

  16. Als autoritatives wissenschaftliches Instrument wird Wikipedia zwar noch nicht wahrgenommen, aber die Seite zu Süskinds Parfum, 2003 eingerichtet, ist umfassend, detailreich in ihrem kulturhistorischen, inhaltlichen, thematischen und gattungsbezogenen Wissen und zudem ausgezeichnet dokumentiert. Die Seite spricht alle wichtigen Punkte der Diskussion um den Roman kompetent an und ist als Einstieg in diverse Fragestellungen durchaus brauchbar, <http://de.wikipedia.org/wiki/Das_Parfum>.

  17. Frizen, Spancken (Anm. 3). Die ursprünglichen Feuilletonkommentare sind darin aufgeführt. Die Autoren kontrastieren die »moralistischen Versuche […] den Roman abzuwerten«, die sie in den Feuilletons entdeckten, mit der »wissenschaftliche[n] Reflexion«, die »fünf Jahre nach Erscheinen des Romans« einsetzte (14), und betonen, wie sehr nebst Feuilleton und Literaturwissenschaft sich auch die Pädagogik und Literaturdidaktik des Romans bemächtigt hat (16).

  18. Alain Corbin, Le miasme et la jonquille. L’odorat et l’imaginaire social, xviii e -xix e siècles, Paris 1982; deutsch als Pesthauch und Blütenduft, 1984; englisch als The Foul and the Fragrant, 1986. Frizen und Spancken nennen Corbins Buch »eine der wichtigsten kulturgeschichtlichen Quellen Süskinds« (Anm. 3), 44.

  19. Frizen, Spancken (Anm. 3), 9.

  20. Roald Dahl, »Bitch«, Playboy 21:7 (US-Ausgabe), Juli 1974, 76 passim. »Bitch« erschien erstmals 1975 auf Deutsch als Kuschelmuschel. Vier erotische Geschichten, Reinbek 2002. Zu dieser Verbindung siehe auch meine Untersuchung The Smell of Books. A Cultural-Historical Study of Olfactory Perception in Literature, Ann Arbor 1992, bes. 303–308. Darauf verweist auch die Wikipediaseite, ebenso Frizen, Spancken (Anm. 3), 51.

  21. Online hier <http://www.jaeger.co.uk/>. The Guardian stellte 2012 ein kurzes Internet-Feature zur Geschichte des Geschäfts zusammen, <http://www.theguardian.com/business/gallery/2012/apr/16/jaeger-clothing-history-pictures>. Der Nutzen der Jaegerkleidung ist in Selections from the Essays on Health-Culture and the Sanitary Woollen System beschrieben (New York, 1886; online <https://archive.org/details/selectionsfromes00jgrich>). Wie modisch die englische Intelligentsia sich in Jaegerkleidung ausnahm, beschreibt John J. Weisert, »Clothes Make the Man«, Shaw Review 4 (1961), 30–31.

  22. Patrick Süskind, »Amnesie in litteris«, L’80, Zeitschrift für Literatur und Politik, 37, Köln 1986; hier zitiert aus Drei Geschichten und eine Betrachtung, Zürich 2005, 82.

  23. Harold Bloom, The Anxiety of Influence: A Theory of Poetry, Oxford, New York 1973.

  24. Siehe Judith Ryan, »The Problem of Pastiche: Patrick Süskind’s Das Parfum«, The German Quarterly 63 (1990), 396–403. Neil H. Donahue nennt Das Parfum »a sensational novel«. »Scents and Insensibility: Patrick Süskind’s New Historical Critique of ›Die neue Sensibilität‹ in Das Parfum (1985)«, Modern Language Studies 22:3 Sommer 1992, 36–43, hier: 36. Auf Autoridentität, Originalität und postmoderne Kreativität hin analysiert auch Jeffrey Adams, »Narcissism and Creativity in the Postmodern Era: The Case of Patrick Suskind’s Das Parfum«, The Germanic Review 75/4 (2000), 259–279.

  25. Selma Gienger, Das Vermächtnis des 7. Parfums – Die Liebe, Schützingen 2009. Ebenso Frank Goertz, »Das Geheimnis des guten Duftes«, Mühlacker Tagblatt (3. Aug. 2009). Online <http://muehlacker-tagblatt.de/archiv/die-geheimnisse-des-guten-duftes/> und Michael Hoppe, »Die Entdeckung der Seele«, Naturscheck (Winter 2011), 22–25 und »Ein verkannter Wohltäter«, Naturscheck (Frühling 2012), 38–39, greifen das Thema auf. Naturscheck, Magazin und Ökobranchenbuch, <http://www.naturscheck.de>. Für beide Autoren ist Gienger die Hauptinformationsquelle. In ihrer Internetpräsenz als Heilpraktikerin und Homöopathin erwähnt sie Jaeger häufig, <http://www.anthropine.de/gustav-jaeger-ein-genie-der-entdecker-der-anthropine/>.

  26. Die einzige umfassende wissenschaftliche Studie zu Jaeger und dessen Werk ist Heinrich Weinreich, Duftstofftheorie: Gustav Jaeger (1832–1917). Vom Biologen zum »Seelenriecher«, Stuttgart 1993. Eine informative kurze Biografie mit Schwerpunkt auf Jaegers reformerischer und homöopathischer Tätigkeit ist Peter Wörz, »Der neuen Welt gehört ein neuer Rock. Gustav Eberhard Jaeger: Biologe, Kleiderrreformer, Naturmediziner«, Der neuen Welt ein neuer Rock: Studien zu Kleidung, Körper und Mode an Beispielen aus Württemberg, Forschungen und Berichte zur Volkskunde in Baden-Württemberg, Bd. 9. Hrsg. Christel Köhle-Hezinger, Gabriele Mentges, Stuttgart 1993, 131–141.

  27. Ernst Haeckel, im Bemühen Einheit des Organischen und Anorganischen zu illustrieren, sprach z.B. auch von der »Kristallseele« als Teil einer monistischen Weltanschauung; ebenso von »Zellgedächtnis«, »Mneme«. Zusammengefasst in: Ernst Haeckel, Kristallseelen. Studien über das anorganische Leben, Leipzig 1917.

  28. Z.B. seine Polemik gegen Samuel Butler und Hermann Müller, die die Existenz einer vis formativa eher im Spirituellen als im Stofflichen suchen. Dabei ist Jaeger unerschütterlich von sich selbst überzeugt und glaubt, dass seine Entdeckung »eine neue Bahn gebrochen« habe, »so gut wie die Darwinsche Lehre«, I, 347–348.

  29. Gabriel Finkelstein beschreibt dieses intellektuelle Klima für Emil Du Bois-Reymond und zeigt, wie für Naturwissenschaftler öffentliche Vorträge zur Vermittlung von Ideen vor gebildetem, wenn auch nicht fachspezialisiertem Publikum integrierter Teil ihrer Arbeit waren. Gabriel Finkelstein, Emil Du Bois-Reymond: Neuroscience, Self, and Society in Nineteenth-Century Germany, Cambridge, MA, London 2013.

  30. Siehe Wörz (Anm. 26). Der ganze Teil II des Bandes von Christel Köhle-Hezinger und Gabriele Mentges ist Gustav Jaeger gewidmet, »Gustav Jaeger – ein Fallbeispiel«, mit Schwerpunkt auf seiner unternehmerischen Tätigkeit, 129–192.

  31. Jaegers Jahre in Wien sind gut dokumentiert und in den ideengeschichtlichen Hintergrund der Zeit eingebettet in Anton Szanya, »Ein Schwabe in Wien: Gustav Jaeger als Pionier des Darwinismus in Österreich«, Aufklärung und Kritik 1 (2012), 196–224; und 2 (2012), 150–173.

  32. Charles Darwin, On the Origin of Species, 1859. Die erste deutsche Übersetzung, Über die Entstehung der Arten, von Heinrich Georg Bronn, erschien 1860.

  33. Jaegers Darstellungen zu seinem Kleidungsregime erschienen gesammelt als Die Normalkleidung als Gesundheitsschutz. Gesammelte Aufsätze aus dem Neuen Deutschen Familienblatt, Stuttgart 1880. Der illustrierte Produktekatalog der New Yorker Filiale am Broadway ist online: <http://libmma.contentdm.oclc.org/cdm/ref/collection/p16028coll13/id/1800> .

  34. Siehe dazu Weinreich (Anm. 26), Kapitel VII, »Jaegers Beiträge zur Morphogenesis«, 106–127.

  35. 1880 erfolgte die zweite und 1884/85 die dritte, »stark vermehrte Auflage«, aus der hier zitiert wird. Sie enthält drei Abteilungen. Teil A des ersten Bandes umfasst die »Gesammelte[n] ältere[n] Aufsätze«; Teil B bietet »Neuere Aufschlüsse und Beweise«; und der ganze zweite Band als Teil C stellt »Neueste Entdeckungen« vor, zusammen mit Experimenten und Messungen.

  36. Diese Jaeger’schen Alltagsbeobachtungen, die einen Großteil seiner Theorien stützen, sind zugleich Stärke und Schwäche seines Denkens und Argumentierens. Nur eine umfassende Studie zur Rhetorik der Evidenz Jaegers könnte darüber Aufschluss geben.

  37. »Sprachliches über die Seele«, I, 349–368.

  38. Siehe dazu Gabriel Finkelstein, »Emil du Bois-Reymond zum Konzept ›The Seat of the Soul‹«, Journal of the History of the Neurosciences: Basic and Clinical Perspectives, 23:1 (2014), 45–55.

  39. Der Begriff der Seele wurde nicht bloß theologisch, sondern – und nicht nur von Jaeger – auch im Sinne von »Essenz« materialistisch verstanden. Siehe Haeckels »Plastidulseele« und »Kristallseele« oder Jaegers »Seele der Landwirtschaft«, so der Titel von Abschnitt III, Bd. 2, 94–176, worunter er im Wesentlichen die Düngung, d.h. die Manifestationen von Lebens- und Wachstumsprinzipien versteht.

  40. Eine explizite Stellungnahme Jaegers für die Homöopathie, wo »unsagbar kleine Mengen die frappantesten Wirkungen liefern«, findet sich in I, 328.

  41. Kritisch zu Jaegers Methode und deren Wissenschaftlichkeit, siehe Weinreich (Anm. 26), Abschnitt IX, 9, 176 ff. Jaeger erlebt sein wissenschaftliches Waterloo an der Naturforscherversammlung 1879 in Baden, Weinreich (Anm. 26), IX, 10.

  42. Jaeger beschreibt seine Mess- und Darstellungstechnik in I, 393 ff. und II, 17–26.

  43. Weinreich (Anm. 26), 163, stellt in Bezug auf Jaegers Theoriewildwuchs fest, dass er als Reaktion auf Einwände »die Seelentheorie immer wieder erweiterte und verfeinerte, so daß letztlich jeder Negativbeweis durch irgendeine Konstruktion der Lehre angepaßt wurde«.

  44. So z. B. gegen Wilhelm Wundt, II, 22.

  45. »Vortrag gehalten auf dem 52. Kongress der Ärzte und Naturforscher zu Baden am 24. September 1879«, I, 391–410. Siehe auch Weinreich (Anm. 26), 192 ff.

  46. Siehe auch die Vorrede in I, vii.

  47. Insbesondere Kapitel 15 der Entdeckung der Seele verweist auf olfaktorische »Sexualaffekte«, I, 180 ff., ein Thema, das Jaeger in den Umkreis der etwas jüngeren Arztkollegen und frühen Sexualwissenschaftler Iwan Bloch (1872–1922) und Havelock Ellis (1859–1939) rückt.

  48. Paul Jellinek, Die psychologischen Grundlagen der Parfümerie: Untersuchungen über die Wirkungen von Gerüchen auf das Gefühlsleben, Heidelberg 1951. 2. Aufl. 1965, 33. Für Jaegers Grundideen zu Kultur und Parfümerie, siehe I, 367–368.

  49. Z.B. Mariella Pazzaglia, »Body and Odors: Not Just Molecules, After All«, Current Directions in Psychological Science 24/4 (2015), 329–333.

  50. Die vom Autor im Depot des Stuttgarter Stadtmuseums 2013 eingesehenen reinwollenen Textilien in der Sammlung Jaeger sind von außerordentlicher Feinheit und auch ohne Beimischung moderner Chemiefasern überraschend elastisch.

  51. In den »Vorreden« zur zweiten und dritten Auflage der Entdeckung der Seele weist er auf Widerstände gegen seine Lehre hin (I, v‑vii); auch in II, 19–23, verteidigt er sich, mit deutlich antisemitischen Untertönen, gegen als ungerecht empfundene Kritik. Eine kurze Gesamtwürdigung seines Werkes gibt Walther Kröner, »Gustav Jaeger, ein großer Lebenslehrer der Vergangenheit und Zukunft«, Heilkunde – Heilwege 2 (1956), 2–6.

  52. Jaeger verweist auch auf Fausts Erfahrung in Gretchens Stube, der einen »Zauberduft« wahrnimmt, der ihn dazu drängt, »so grade zu genießen« (I, 185–86); J. W. Goethe, Faust, Erster Teil, »Abend. Ein kleines reinliches Zimmer«, 2721–22.

  53. Siehe II, 285–299, wo Jaeger die »Humanisierung der Genussmittel« erläutert und dabei die Rolle der Haare als Geruchsträger und Geschmacksverbesserungsagens hervorhebt. Die »Haare weiblicher Personen [hatten auf ihn] in weitaus den meisten Fällen einen Belebungseffekt« (293); spezifisch zum Jungfrauenhaar, 294–295. Grenouille, der seinen Opfern die Haare abschneidet, weiß um deren Duftfunktion (Süskind, 247–248).

  54. In II, 314–15, bringt Jaeger außerdem den »Geruch der Heiligkeit« mit dem Jungfräulichen und der Figur des Engels in Verbindung, die auch bei Süskind prominent erscheint. Bei seiner geplanten Hinrichtung wird Grenouille als »die Unschuld in Person« (300) und kurz darauf explizit als »Engel« wahrgenommen (302); ebenso in seiner Todesszene vom Pariser Gelichter (319–20).

  55. Zu Jaegers Verhältnis von Theorie und Experiment, siehe I, 37. Er legt sich meist nicht bloß die Fragen, die ein Experiment beantworten soll, vor, sondern auch gleich die Antworten.

  56. Für Jaeger, siehe II, 94–173, »Die Seele der Landwirtschaft.« Er legt sich hier mit dem führenden Agrochemiker seiner Zeit, Justus Liebig, an. Siehe auch I, 335–41, bes. 339.

  57. Siehe dazu auch I, 399.

  58. Bei Jaeger immer wieder. So z.B. in der Bestätigung seiner Vermutung, dass verhungerte Tiere »eine stärkere spezifische Ausdünstung haben« als anderswie gestorbene. »Dies ist in der That der Fall […], und ihr Fleisch ist viel reicher an schmeckenden Bestandteilen« (I, 57); in der Verbindung von Seele, Duftstoff und Affekt: »Meine Vermutung, dass die Düfte dabei eine Rolle spielen, wurde sofort bestätigt« (I, 392); oder in der Vermutung einer Affektbeeinflussung durch die Zerstörung eines Duftstoffes: »Das Experiment bestätigte dies auf glänzendste Weise« (I, 402).

  59. Weinreich (Anm. 26), 197. Seine Quellen sind das Stuttgarter Stadtarchiv und die Berliner Klinische Wochenschrift.

  60. Siehe auch I, 335–341, bes. 339.

  61. Veilchen Osmogramm, II, 122.

    figure a
  62. Zur Analyse des Taillade-Espinasse’schen »Theaterspiels« und Grenouilles Rolle darin, siehe auch Frizen, Spancken (Anm. 3), 78–80, hier: 79. Grenouille wusste, »dass die überzeugende Wirkung der Theorie allein auf seinem ersten Menschenparfum beruhte« (Süskind, 79), auf der »Überzeugungskraft des Duftes« eben (107).

  63. Hegel (Anm. 1), III, 402–403.

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Correspondence to Hans J. Rindisbacher.

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Der Autor bedankt sich herzlich bei Selma Gienger, Adeptin der Jaeger-Forschung, für unschätzbare Hinweise, Materialien und Zugang zu privaten Quellen, ebenso wie für Gastfreundschaft und fortlaufende Ermutigung. Ich verdanke ihr auch die ersten konkreten Textgegenüberstellungen in Jaegers und Süskinds Werken. Selma Gienger ist die Ur-Ur-Enkelin Gustav Jaegers, selbst Homöopathin, und baut ihre klinische Arbeit wesentlich auf dem Wissen Ihres Vorfahren auf. Dass dieser bei Süskind als Taillade-Espinasse karikiert erscheint, wie der vorliegende Text nahelegt, entspricht zweifellos nicht ihrer Wertschätzung seines Werks. Ihr ist dieser Essay daher mit dem Hinweis gewidmet, dass sie trotz Süskinds kreativer Freiheit die wahre Jaegerin bleibt.

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Rindisbacher, H.J. Der Marquis de la Taillade-Espinasse alias Prof. Dr. Gustav Jaeger: eine Süskind’sche Inspiration. Dtsch Vierteljahrsschr Literaturwiss Geistesgesch 90, 249–270 (2016). https://doi.org/10.1007/s41245-016-0014-y

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