Abstract
Musik ist eine Kunst des Maßes. Tonhöhe, Tondauer, Takt und Metrum, ferner Tempo und Lautstärke sind die messbaren musikalischen Parameter, die über- oder unterschritten werden können. Die Kategorie des Überflusses generiert in der Musik daher eine Reihe von Oppositionen wie: zu hoch/zu tief (Tonhöhe), zu laut/zu leise (Dynamik) usw. Ein dynamisches Ungleichgewicht entsteht, das zu Zwecken des musikalischen Ausdrucks nutzbar gemacht werden kann. Das Streben nach dynamischer Steigerung durch Überfluss ist ein typisches Merkmal romantischer Musik. Systemtheoretisch betrachtet bilden Produktion und Rezeption von Musik homöostatische Systeme aus, die durch Überfluss und/oder Mangel (Beschränkung) geregelt werden.
„Zu viel! Zu viel! O, daß ich nun erwachte!“
Richard Wagner, Tannhäuser, 1. Akt, 2. Szene.
Der Ausruf des Minnesängers Tannhäuser aus Richard Wagners gleichnamiger Oper könnte als ein Motto für Überfluss und Überdruss in der Musik des 19. und 20. Jahrhunderts bis hin zu unserer Gegenwart gelten. Zwar ist Überfluss keine musikalische Kategorie, aber die Phänomene des „Zu viel!“ oder des „Zu wenig!“ lassen sich bei ihr sehr wohl beobachten.
About the author
Eckhard Roch, Professor für Systematische Musikwissenschaft am Institut für Musikforschung der Universität Würzburg (seit Oktober 2021 pensioniert). Arbeitsschwerpunkte: Musiksoziologie, Musiktheorie der Antike, Musiktheorie und Ästhetik des 18. und 19. Jahrhunderts und Musikgeschichte des 19. bis 20. Jahrhunderts.
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