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Schwangerschaftsabbruch, pränatale Diagnostik und intrauterine Therapie

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Zusammenfassung.

Wegen der engen Symbiose zwischen Mutter und Kind, die charakteristisch für die Schwangerschaft ist, können sich Interessenskonflikte zwischen den beiden Individuen entwickeln. Konflikte, bedingt durch die Bedrohung der mütterlichen Gesundheit einerseits und das Recht des Fetus auf Leben, stellen Ausnahmesituationen dar und können in der Regel ohne Opferung der Fetus gelöst werden. Bei unerwünschten Schwangerschaften stellt sich die Frage nach der Priorität von dem Recht der Mutter auf Autonomie und Wahrung ihrer psychosozialen Gesundheit und dem Recht auf Leben des Fetus. Auch die frühzeitige Diagnose eines kranken Fetus mit Aussicht auf ein schwerbehindertes Kind kann – bedingt durch die psychische Belastung – als Bedrohung der mütterlichen Gesundheit aufgefaßt werden. Die gesetzlichen Vorgaben zur Lösung dieser Konflikte variieren zwischen verschiedenen Ländern und unterliegen ihrerseits Anpassungen und Veränderungen. In Anbetracht der verschiedenen kulturellen und religiösen Einflüsse moderner Gesellschaften kann es keinen übergreifenden Konsens zur Lösung dieser Konflikte geben, und die Entscheidung wird im Einzelfall in Abhängigkeit von den moralischen und religiösen Auffassungen der Betroffenen unter Beachtung der rechtlichen Rahmenbedingungen gefällt. In der Schweiz ist nach wie vor eines der ältesten und restriktivsten Gesetze über den Schwangerschaftsabbruch gültig, das eine Unterbrechung nur in Situationen ernsthafter Bedrohung des Lebens oder der Gesundheit der Mutter nach entsprechender Bestätigung durch einen medizinischen Fachexperten zuläßt. Die Anwendung bzw. die Auslegung des Gesetzes hat in den letzten 50 Jahre eine erhebliche Ausweitung erfahren und in der Mehrzahl der Kantone wird die psychosoziale Notlage im Zusammenhang mit einer unerwünschten Schwangerschaft als ernste Bedrohung der Gesundheit der Mutter akzeptiert, so daß der Schwangerschaftsabbrucht straffrei ist. Dem Parlament liegt eine neue Initiative zur Anpassung des Gesetzes an die herrschende Rechtspraxis vor, in dem der straffreie Schwangerschaftsabbruch bis zu 14 Wochen nach der letzten Periode auf Wunsch der Frau gefordert wird. Jenseits dieses Zeitpunkt wird dem Recht des Fetus auf Leben zunehmend Gewicht eingeräumt, so daß die Priorität des Rechtes der Mutter auf Autonomie und Selbstbestimmung nicht mehr gegeben ist. Der Schwangerschaftsabbruch beschränkt sich jenseits von 14 Wochen in der Regel auf Fälle mit schwerer nachgewiesener Pathologie des Fetus. Nach Erreichen der extrauterinen Lebensfähigkeit des Fetus (22–24 Wo-chen) wird der Abbruch auch bei nachgewiesener Pathologie des Fetus zunehmend restriktiv gehandhabt und beschränkt sich auf die Fälle mit schwerer Pathologie ohne Aussicht auf ein extrauterines Überleben oder ein Minimum an kognitiver Entwicklungsfähigkeit wie etwa bei Trisomie 13, 18, Anencephalus oder beidseitiger Nierenagenesie.

Durch die Fortschritte der pränatalen Diagnostik ist eine präzise Abklärung fetaler Erkrankungen mit detaillierter Beurteilung der Prognose möglich. Die Methoden der Molekularbiologie ermöglichen den Nachweis oder Ausschluß von genetischen Erkrankungen wie auch von Virusbefall fetaler Zellen, so daß die Entscheidung für einen Schwangerschaftsabbruch in diesen Fällen nicht mehr auf Grund von Wahrscheinlichkeitsangaben, sondern abgestützt auf den definitiven Nachweis diskutiert werden kann.

Die fetalen Erkrankungen, die einer intrauterinen Behandlung zugängig sind, bilden eine zunehmend länger werdende Liste, die mit der Transfusion von Blut bei Hämolyse wegen Rhesusinkompatibilität begonnen hat. Dazu kommt eine Reihe chirurgischer Eingriffe wie die Laserkoagulation kommunizierender Gefäße beim Zwillingstransfusionssyndrom oder die Ableitung von Flüssigkeit aus verschiedenen Körperhöhlen des Fetus in die Amnionhöhle. Diese Eingriffe werden unter Ultraschallsicht durchgeführt. Größere Eingriffe, die eine Eröffnung des Uterus erforderlich machen, beschränken sich auf Zwerchfellhernien, die Entfernung großer Teratome sowie auch die Behebung obstruktiver Uropathien. Die Erfolgsrate dieser invasiven Eingriffe, die nur in wenigen Zentren durchgeführt werden, bleibt begrenzt. Medizinische Behandlungen des Fetus können durch Verabreichung von Medikamenten an die Mutter mit transplazentarem Übertritt zu dem Fetus oder durch direkte Injektion in Nabelschnurgefäße erfolgen. Die häufigste Indikation stellen Tachyarrhythmien mit Herzinsuffizienz des Fetus dar.

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Schneider, H. Schwangerschaftsabbruch, pränatale Diagnostik und intrauterine Therapie. Ethik Med 10 (Suppl 1), S46–S57 (1998). https://doi.org/10.1007/PL00014822

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