Zusammenfassung
Der Nachweis, dass sowohl die Einladung Peter Singers wie auch Thilo Sarrazins zu Vorträgen an deutsche Universitäten durch das grundgesetzlich verankerte Recht auf Wissenschaftsfreiheit gedeckt ist, kann sehr leicht geführt werden. Viele Menschen sind aber dennoch der Auffassung, Peter Singer sollte aufgrund seiner angeblich ableistischen Thesen an Universitäten keine Vorträge halten; auch sind viele Menschen der Auffassung, Thilo Sarrazin sollte aufgrund seiner angeblich rassistischen Thesen an Universitäten keine Vorträge halten. Es wird gezeigt, dass es keinen substantiellen Unterschied zwischen dem Fall Sarrazin und dem Fall Singer gibt, der es rechtfertigen würde, in dem einen Fall (Singer) die Einladung zu Vorträgen an Universitäten zu verteidigen, in dem anderen Fall (Sarrazin) aber nicht. Wer denkt, Singer dürfe an eine Universität eingeladen werden, muss auch denken, Sarrazin dürfe an eine Universität eingeladen werden; und wer das Recht verteidigt, Singer an eine Universität einzuladen, muss auch das Recht verteidigen, Sarrazin an eine Universität einzuladen.
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Notes
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Wie nicht anders zu erwarten, sind solche Vorgänge kompliziert, und ich kann sie hier nur grob wiedergeben, zumal ich die Vorgänge um Peter Singer nur aus zweiter Hand kenne. Ich beziehe mich bei der Darstellung vor allem auf das Buch von Anstötz, Hegselmann & Kliemt 1995, auf den Band von Hegselmann & Merkel 1991 sowie auf Singers eigene Ausführungen in der zweiten Auflage seines Buches Praktische Ethik, in dem er einen Anhang veröffentlicht hat („Wie man in Deutschland mundtot gemacht wird“, Singer 1994, 425–451); es gab noch weitere Vorfälle ähnlicher Art im Zusammenhang mit Singers Thesen (etwa mit Hartmut Kliemt, Norbert Hoerster und Helga Kuhse), aber diese lasse ich hier außen vor.
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Singer lässt allerdings, wenn ich recht sehe, unerwähnt, dass die Aristotelian Society of Great Britain im Rahmen ihrer Jahrestagung am 16. Juli 1989 eine Resolution angenommen hat, in der Besorgnis über die Aktionen gegen Singer ausgedrückt und der Forderung nach Redefreiheit und akademischer Freiheit Ausdruck verliehen wird (vgl. Anstötz et al. 1995, 11).
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Auch Vorwürfe der Art, das Siegener Seminar sei didaktisch unzureichend gewesen, hätte nicht genügend Literatur berücksichtigt, hätte einen widersprüchlichen Ankündigungstext gehabt usw., dienten allein dazu, vom eigentlichen Anliegen der Akteure abzulenken; es ist kein Zufall, dass Kliemt von ganz ähnlichen Vorwürfen bezüglich seines Singer-Seminars berichtet (Kliemt 1995, S. 69).
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Schönecker, D. (2021). Singer und Sarrazin. Eine vergleichende Studie zur Wissenschaftsfreiheit. In: Özmen, E. (eds) Wissenschaftsfreiheit im Konflikt. J.B. Metzler, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-62892-8_8
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Publisher Name: J.B. Metzler, Berlin, Heidelberg
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