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Licensed Unlicensed Requires Authentication Published by De Gruyter 2024

Planetare Tragik und die Möglichkeit der Intervention

From the book Kann das Anthropozän gelingen?

  • Asmus Trautsch

Abstract

Der Aufsatz diskutiert den Zusammenhang des geologischen Anthropozänbeginns um die Mitte des 20. Jahrhunderts mit zwei Prozessen der Nachkriegszeit, der atomaren Aufrüstung und der Great Acceleration, und identifiziert in diesen Entstehungs- und Erhaltungsbedingungen der Anthropozänkondition eine dialektische Dynamik. Diese Struktur findet sich in verbreiteten Narrativen des Anthropozäns nicht wieder, dafür in der Form der griechischen Tragödie. Eine vergleichende Analyse zentraler Merkmale versucht sie als Modell komplexer anthropogener Selbstschädigungen durch nicht-intendierte Nebenfolgen, wie sie für das Anthropozän charakteristisch sind, plausibel zu machen. Im Anschluss an die These einer planetaren Tragik wird gezeigt, dass mit ihr das Anthropozän gerade nicht in ein Narrativ schicksalhafter Unausweichlichkeit gerückt wird, sondern für eine Kritik tragischer Prozesse offen bleibt, die bereits zur antiken Tragödie selbst gehört. Das Tragödienmodell erweist sich für Interventionen und Unterbrechungen destruktiver Dynamiken ungeeignet, wie an Beispielen aus der attischen Tragödienüberlieferung argumentiert wird. In einem weiteren Schritt begründet der Text, warum aktuelle Diagnosen, ob die ökologischen Veränderungen wie die Überschreitung mehrerer Kipppunkte im Klimasystem irreversibel geworden sind oder ob sie sich noch unterbrechen und korrigieren lassen, als notwendig unsicher gelten müssen. Daraus folgt eine Kritik von Konzeptionen eines „guten Anthropozäns“ und die Begründung der abschließenden These, dass der nicht mehr anhand der Idee des industriellen Fortschritts bewertete Zivilisationsprozess im Anthropozän immer nur provisorisch und unvollständig gelingen kann.

© 2024 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston
Downloaded on 4.5.2024 from https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/9783111091396-003/html
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