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BY 4.0 license Open Access Published by De Gruyter April 5, 2023

Novalis und Nietzsche. Analogien und Differenzen zweier Dichter-Denker

  • Silvio Vietta EMAIL logo
From the journal Nietzsche-Studien

Abstract

Novalis and Nietzsche: Analogies and Differences Between Two Poetic Thinkers. There are several substantial similarities between Novalis and Nietzsche. Stylistically, they both present their arguments and ideas in the form of short and concise prose (Aphorismus, Fragment), but there is also considerable overlap in terms of the general orientation of their thinking: both exhibit a certain concern for earthly nature and show an interest in the figure of the extraordinary individual, but they also have a common interest in physiology, in the idea of fiction, and in the night as a allowing for greater experiential depth. Moreover, Novalis and Nietzsche both warned of the rise of nationalism in Europe, to some extent anticipating a new form of war that eventually became a reality in the First World War. This essay, thus, seeks to outline a range of connections between early German romanticism and Nietzsche that would require further research.

I Lektürespuren Nietzsches

Nietzsche hat Novalis schon als junger Mann gelesen: „Den Nachmittag laß ich gewöhnlich in des Onkels Bibliothek; ich fand da Novalis (dessen philosophische Gedanken mich interessirten)“ (Nachlass 1859, 6[77], KGW I 2.130). Interessant, was den jungen Nietzsche an Novalis interessiert: „dessen philosophische Gedanken“.[1] Zu seiner Zeit war Novalis ja schon von Klischees überhäuft: Hegel sah in ihm eine Art realitätsflüchtigen kränklichen Jüngling. Mit Novalis verband er „Leerheit von bestimmten Interessen […], Scheu vor der Wirklichkeit […], Schwindsucht“.[2] Heine reduzierte die ganze Romantik auf „die Wiedererweckung der Poesie des Mittelalters“ und eine auf das „Unendliche und lauter spiritualisierte Beziehungen“ fixierte Kunst.[3] Auch Nietzsches Bild der Romantik, die er stark von der Musik her bewertet, ist ja nicht positiv. In einer späten Aufzeichnung fasst er sein Urteil nochmals zusammen: Die Romantik sei eine rückwärtsgewandte „krankhafte décadence-Form […], ganz und gar unfruchtbar … Das Verlangen nach ehedem ist selbst ein Zeugniß für eine tiefe Unlust und Zukunftslosigkeit“ (Nachlass 1888, 15[97], KSA 13.463). Umso bemerkenswerter, dass zumindest der junge Nietzsche von Novalis’ „philosophische[n] Gedanken“ angezogen wurde. Er zitiert ihn auch in Menschliches, Allzumenschliches I (1878) im Zusammenhang mit dem religiösen Leben:

Novalis, eine der Autoritäten in Fragen der Heiligkeit durch Erfahrung und Instinct, sprich das ganze Geheimniss einmal mit naiver Freude aus: „Es ist wunderbar genug, dass nicht längst die Association von Wollust, Religion und Grausamkeit die Menschen aufmerksam auf ihre innige Verwandtschaft und gemeinschaftliche Tendenz gemacht hat“ (MA I 142).

Nietzsche hat Novalis in der Schlegel-Tieck’schen Ausgabe von 1815 gelesen. Diese Ausgabe machte immerhin einige wichtige Fragmente zugänglich. Beide Referenzen Nietzsches sind nicht ohne Respekt für den früh verstorbenen Romantiker geschrieben. Zweifellos war sein Fragment auch für Nietzsche hochinteressant. Denn er führt ja seinerseits das religiöse Gefühl des „Heilige[n]“ auf einen „Seelenzustand“ zurück, der mit höchst subjektiven Stimmungen und Gefühlen verbunden ist und in Wahrheit sich seiner Meinung nach mit der Religion nur verbrämt: das Gefühl „letzter Bedeutsamkeit des Daseins, […] Bewunderung, ja Anbetung“, aber auch „Herrschsucht“, „Selbstvergötterung“, verbunden „mit Selbstverachtung und Grausamkeit“ und eben auch: „Wollust“ (MA I 142). Das alles hat er ausgeführt, bevor er Novalis zitiert. Die Novalis-Stelle, welche die Begriffe „Religion“, „Wollust“ und „Grausamkeit“ miteinander vernetzt, hat somit den Charakter eines Resümees seiner eigenen Gedanken. Novalis befindet sich offenbar auf einer Gedankenspur, die Nietzsche selbst aufgenommen und in seinem radikalisierenden Denk-Duktus durchdacht hat.

Einen anderen wichtigen Gedankengang von Novalis hat Nietzsche aufgenommen: seine Kritik an Goethe. Deutschlands größter Dichter gehört zu den wenigen Dichter-Denkern, die Nietzsche weitgehend positiv sah: „Goethe ist der letzte Deutsche, vor dem ich Ehrfucht habe“ (GD, Streifzüge eines Unzeitgemässen 51). Umso mehr war ihm wohl Novalis’ Goethe-Kritik interessant. Nietzsche vermerkt sie unter den Begriff: „der Haß des Novalis gegen Goethe –“ (Nachlass 1888, 15[86], KSA 13.457). Aber der Begriff ist falsch. Novalis hat nie etwas oder jemanden gehasst. Was Nietzsche meinte, hat er im selben Jahr – 1888 – noch genauer ausgeführt, auch hier unter demselben Begriff: „der typische Haß der Kranken gegen die Vollkommenen“ (Nachlass 1888, 16[36], KSA 13.496). Es geht um Novalis’ Kritik an Goethes Roman Wilhelm Meisters Lehrjahre (1795/96), den er anfänglich bewunderte – „Göthe ist jetzt der wahre Statthalter des poëtischen Geistes auf Erden“ (HKA II, 466) –, dann aber zunehmend als „ein fatales und albernes Buch“, „so pretentiös und pretiös – undichterisch im höchsten Grade“, eine „Wallfahrt nach dem Adelsdiplom“ (HKA III, 646) kritisierte. Nietzsche zitiert aus Novalis’ Kritik: „„Mit Stroh und Läppchen ist der Garten der Poesie nachgemacht.“ „Der Verstand darin ist ein naiver Teufel.““ Und: „„Künstlerischer Atheismus ist der Geist des Buchs““ (Nachlass 1888, 16[36], KSA 13.496). Novalis habe das geschrieben, „wo er für Tieck rasete, der damals gerade einen Schüler Jakob Böhmes abzugeben schien.“ Für Nietzsche: eine Form von dummer Tölpelei. Aber immerhin: die Kritik an Novalis hat ihn so weit interessiert, dass er sie als eine der wenigen Zitate im Nachlass der 1880er Jahre wörtlich aufführt.

Es ist nicht nur diese Stelle und sind nicht nur diese Gedanken, die Nietzsche mit Novalis in Zusammenhang bringen. Es ist auch eine ganze Reihe anderer Motive, die Nietzsche nicht kennen konnte, weil sie zu seiner Zeit noch nicht publiziert waren, in denen sich sein Denken mit dem von Novalis eng berührt. Diesem Themenkomplex ist dieser Aufsatz gewidmet. Wir verfolgen die Analogien zwischen Novalis und Nietzsche auf der Basis der heute vorliegenden Gesamtausgaben beider Dichter-Denker, aber verweisen dabei natürlich auch auf die Differenzen, die sich dabei auftun.

Bevor wir dazu kommen, aber noch ein Wort zur Forschungslage: Man kann sagen, eine größere Arbeit zum Thema Novalis und Nietzsche liegt bisher nicht vor. Schon früh hat sich Philipp Witkop mit der Lyrik beider Dichter-Denker in Die Deutschen Lyriker von Luther bis Nietzsche (1921) beschäftigt, in dem aber beide Autoren nicht weiter in Zusammenhang gebracht werden.[4] Auch Max Kommerell hat sich diesem Thema gewidmet. Sein Buch ist über weite Strecken eine schematisierende Studie zu Goethes Gedichten mit zwei kurzen Interpretationen von Novalis’ Hymnen an die Nacht (1800) und Nietzsches Dionysos-Dithyramben (1889).[5] Weiterhin bemerkenswert ist eine Studie von Kurt Besser zur Problematik der aphoristischen Form bei Lichtenberg, Fr. Schlegel, Novalis und Nietzsche (1935).[6] Besser betont zu Recht, dass beide Autoren „in Analogien“ denken, Nietzsche verwende dabei noch mehr „das Stilmittel der Antithese“. Bei Novalis wie Lichtenberg wirkten häufig die „Niederschriften ganz formlos“, während es Nietzsche gelinge, „den genialen Augenblickseinfall [zu] kristallisieren oder das Komplexe eines Problems zur überzeugenden Formel [zu] kondensieren.“[7] Zu den neueren Studien gehört auch eine umfangreiche Arbeit von Gregor Schwering, die sich vor allem Novalis’ Lehrlingen zu Sais (1802) zuwendet und Nietzsches Also sprach Zarathustra (1883–85).[8] Schwering betont die „Leiblichkeit“ der Sprache beider Autoren und macht das auch fest an der Frage: „Wie wird über den Leib gesprochen und wie kommt er selbst darin zu Wort?“ – eine Fragestellung, die auch uns im Kapitel II. 4 beschäftigen wird.

Unter der älteren Forschung zu Nietzsche und der Frühromantik hat wahrscheinlich Ernst Behler mit seinem Aufsatz zum Thema den wichtigsten Beitrag geliefert.[9] Behler weist zunächst darauf hin, dass Nietzsches kritisches Romantikbild sich nicht an der Frühromantik orientiert, sondern an der Spätromantik und hier an der Typologie dreier Merkmale, „die in der Romantikauffassung des 19. Jahrhunderts vorherrschend geworden sind“[10]: (1) die seit Goethe gängige „Gleichsetzung der Romantik mit Krankheit, Verfall“, (2) der „Klischeebegriff der Romantik […] als Zersetzung der Vernunft“, (3) die seit Heinrich Heine gängig gewordene Identifizierung von Romantik mit dem christlichen Mittelalter.[11] Es ist klar, dass damit die Frühromantik nicht getroffen ist. Aber was könnte Nietzsche an der Frühromantik interessiert haben?

Behler demonstriert dies vor allem an Friedrich Schlegel und seinem Antikenbild, in dem bereits das Dionysische angelegt sei. Friedrich Schlegel habe „Nietzsches dionysische Sehweise der griechischen Welt vorweggenommen“, wobei Behler einen „tiefgreifenden Unterschied zwischen Schlegel und Nietzsche“ darin sieht, dass für Letzteren die Humanität der Griechen auch die „Grausamkeit“ miteinschließe.[12] Novalis kommt erst dort ins Spiel, wo es um die Fichte-Rezeption geht und damit eine neue Form der philosophischen Reflexion in der Ästhetik. Beide – Friedrich Schlegel wie Novalis – gehen an die „artistische Umbildung der Fichteschen Reflexionsmethode“ dahingehend, „daß sich Schlegel und Novalis bereitwillig in den grenzenlosen Gang des Denkens einließen und die Reflexion als unendlich anerkannten.“[13] Damit betreten wir auch die „transitorische“ Welt des romantischen Fragments wie des Nietzscheanischen Aphorismus. Behler konstruiert meines Erachtens zu Unrecht einen Gegensatz zwischen beiden Formen, denn „Fragment“ definiert sich in der Romantik nicht mehr nur in der alten Auffassung von Fragment als „abgebrochenes Bruchstück“, sondern ebenso sehr wie Nietzsches Aphorismus als „ein abgegrenztes, in sich beschlossenes, kurzes Prosawerk“, ein „kleines Kunstwerk“.[14] Novalis und Schlegel haben ihre Fragmente ähnlich gedanklich und sprachlich zugespitzt und geformt, wie dies Nietzsche mit seinen Aphorismen getan hat.

Neuere Forschungen zur Kurzform des Aphorismus bestätigen die Analogien mit der romantischen Fragmentform, obwohl dieser Vergleich in ihnen nicht gezogen wird: Die Arbeit von Donatella Morea[15] betont die „moltiplicità“ der Erfahrungen, Gedanken, Gefühle, auf welche der Aphorismus antworte, indem er mit seiner „Offenheit und Dynamik“ den Leser herausfordere, und die entsprechende „kontinuierliche Reformulierung und Problematisierung der Erkenntnis“.[16] Beide Kriterien kann man ohne Abstriche auch für das romantische Fragment als eigenständige Kurzform geltend machen. Auch die Bestimmung des Aphorismus als eine Form des „Gedankenexperiments“[17] durch Joel Westerdale[18] ist Fragment-tauglich und entspricht unserer Einschätzung beider Autoren als experimentale Dichter-Denker. Bei aller Abhängigkeit Nietzsches wie auch Friedrich Schlegels von der Antike kann man dafür plädieren, in Anlehnung an die ältere Arbeit von Kurt Besser sowohl die romantische Fragmentform wie auch den nietzscheanischen Aphorismus als genuine Denk- und Sprachformen eines neuen Experimentaldenkens in einer offenen Reflexionskette erweiterter und auch alternativer Betrachtungsweisen zu sehen mit dem Impuls an den Leser, seine eigenen kritischen Perspektiven miteinzubringen.

Eine ebenfalls aus dem Jahre 1978 stammende Arbeit zu Nietzsche und der deutschen Literatur stammt von Bruno Hillebrand und ist im Wesentlichen eine Quellensammlung von Äußerungen deutscher Dichter zu Nietzsche. Sie erwähnt Novalis nur an fünf Stellen, darunter in der „Einführung“, in der Novalis als Anhänger eines „transzendentalen Idealismus“ dargestellt wird, der Nietzsche eher fremd war.[19] Zu den weiteren Quellen, die Hillebrand aufführt, gehört Richard Dehmels schroffe Ablehnung der Frühromantik eines Novalis und Friedrich Schlegel als „Schwarmgeisterei“.[20] Interessant dagegen ist die Einschätzung von Johannes Schlaf aus dem Jahre 1907, der in der Frühromantik bereits einen wichtigen Vorläufer zu Nietzsches Gestalten des „Europäers“ und des „Übermenschen“ erkannte.[21] Das ist eine Spur, die auch wir in unserem Beitrag verfolgen.

Das Buch von Elrud Kunne-Ibsch zur Stellung Nietzsches in der Entwicklung der modernen Literaturwissenschaft von 1972 enthält nur zwei kurze Verweise auf Novalis: Der eine, für die Forschung durchaus relevante Hinweis betrifft das Thema Sprachreflexion. Kunne-Ibsch verweist zurecht darauf, dass Nietzsche darin „seiner Zeit ein ganzes Stück voraus“ war, und sieht hier auch in Novalis einen Vorläufer.[22] Allerdings berücksichtigt sie dabei nicht mehr meine Dissertation zum Thema Sprache und Sprachreflexion in der modernen Lyrik von 1970, in welcher ich mit Novalis und seiner Form der Sprachreflexion beginne und ihr ein ganzes Kapitel widme.[23] Der andere Hinweis bezieht sich auf die frühe Studie von Karl Joël von 1905, in der dieser bereits darauf verweist, dass sich Nietzsches Kritik an der Romantik mehr auf die epigonenhafte Spätromantik, nicht auf die geistig aktive Frühromantik beziehe, zu der er bereits eine „frappante Ähnlichkeit“ konstatiere.[24] Die große Studie von Matthias Politycki, Umwertung aller Werte? Deutsche Literatur im Urteil Nietzsches aus dem Jahre 1989, erwähnt Novalis auch eher marginal neunmal. Darunter befindet sich allerdings der wichtige Hinweis, dass Nietzsches Gedanke der „Subjekts-Vielheit“ bereits in Novalis’ Blüthenstaub-Fragmenten von 1798 vorgedacht sei.[25] Eine Parallelität ergebe sich auch aus dem Motiv der „Selbstüberwindung“ bei Nietzsche wie bei Novalis, den Nietzsche ansonsten wie Hölderlin zu den „décadents“ zähle.[26]

Die Aufarbeitung der wichtigsten Übereinstimmungen des Frühromantikers mit Nietzsche ist also noch ein offenes Forschungsfeld, dem wir uns jetzt zuwenden.

II Analogien der Dichter-Denker

1 Stilistisch

Wie bereits kurz erwähnt: Beide – Novalis wie Nietzsche – waren Experimentaldenker.[27] Sie stießen mit dem Instrument des geschärften Denkens in neue Dimensionen der Erkenntnis vor. Novalis hat seinen Begriff des Experiments direkt aus den Naturwissenschaften abgeleitet: „Experimentiren mit Bildern und Begriffen im Vorstell[ungs]V[ermögen] ganz auf eine dem phys[ikalischen] Experimen[tiren] analoge Weise. Zus[ammen] Setzen. Entstehen lassen – etc.“ (HKA III, 443).[28] Hier wird der Experimentalbegriff auch sogleich auf die Ästhetik übertragen. Novalis entwirft eine radikal moderne Ästhetik, die sich von der Nachahmungsästhetik emanzipiert hat und neue Techniken der analogen Kombination oder „Construktion“ von Begriffen wie auch Bildern entwirft: Modell einer Ästhetik, wie sie in der jüngeren Moderne im Fahrwasser Cézannes und der sprachexperimentellen Dichtung eines Stéphane Mallarmé erst im späten 19. und im 20. Jahrhundert realisiert wird.[29]

Nietzsche hat seine Philosophie selbst als eine Form der „Experimental-Philosophie“ definiert, diese allerdings nicht von der Physik abgeleitet. Im Gegenteil: In den modernen Naturwissenschaften sah Nietzsche eine Form der „Hybris“.[30] Aber: Er habe die bisherige Philosophie und Psychologie durchforscht. „Aus der langen Erfahrung, welche mir eine solche Wanderung durch Eis und Wüste gab, lernte ich Alles, was bisher philosophirt hat, anders ansehn: – die verborgene Geschichte der Philosophie“, und dies mit dem Mut zur radikalen Wahrheit und Einsicht auch ihrer Werte-Umwertung: „Eine solche Experimental-Philosophie, wie ich sie lebte, nimmt versuchsweise selbst die Möglichkeiten des grundsätzlichen Nihilismus vorweg“ (Nachlass 1888, 16[32], KSA 13.492). Nietzsche betont, dass er seine „Experimental-Philosophie“ nicht nur betrieben, sondern auch „gelebt“ hat. Es ist sozusagen eine mit eigenem Lebenssaft erfahrene und – er sagt auch: mit seinem „Herzen“ – geschriebene Denkweise. Ich denke, das kann man auch von Novalis sagen: Novalis hat seine Experimente des Denkens als eine Lebensform realisiert, die mit seiner ganzen Existenz verbunden war. Sein Leben war – wie das Nietzsches – ein permanenter, innovativer Gedankenstrom.

Dabei neigen beide Dichter-Denker zu einer apodiktischen Kurzform des Gedankens: Novalis’ Fragmente und Nietzsches Aphorismen bzw. Fragmente. Wie bereits erwähnt steht die Fragmentform der Romantik in einem Zusammenhang mit einer neuen Form von Leseraktivität. Novalis: „Fragmente dieser Art sind litterairische Sämereyen. Es mag freylich manches taube Körnchen darunter seyn – Indeß wenn nur einiges aufgeht“ (HKA II, 462). Das steht im Zusammenhang mit der These: „Der wahre Leser muß der erweiterte Autor seyn“ (HKA II, 470). Im Gegensatz zur Systemform der Philosophie soll das offenere Fragment den Leser beflügeln, den angesprochenen Gedanken weiterzudenken. So entsteht eine Kette der Gedankenfolgen, eine in die Zukunft offene Form einer Reflexionskette. Das ist zugleich das Ende einer Hermeneutik der Endgültigkeit. Ein philosophischer Gedanke erzeugt den nächsten und wieder nächsten: Rezeptionsgeschichte als fortlaufender Prozess.

Auch für Nietzsche kommt eine systemhafte Form seines Denkens und Schreibens nicht in Frage. Er verachtet die Systemform: „Ich mißtraue allen Systematikern und gehe Ihnen aus dem Weg. Der Wille zum System ist, für uns Denker wenigstens, etwas, das compromittirt, eine Form unsrer Immoralität“ (Nachlass 1888, 18[4], KSA 13.533). Eine ähnliche Systemkritik hat übrigens auch ein anderer Romantiker formuliert, Wilhelm Heinrich Wackenroder: „Wer ein System glaubt, hat die allgemeine Liebe aus seinem Herzen verdrängt! Erträglicher noch ist Intoleranz des Gefühls als Intoleranz des Verstandes; – Aberglaube besser als Systemglaube.“[31]

Der Aphorismus bei Nietzsche hat für ihn selbst allerdings auch noch eine andere Funktion. Im Anschluss an die oben zitierte Bewunderung für Goethe schreibt Nietzsche in der Götzen-Dämmerung (1889): „Der Aphorismus, die Sentenz, in denen ich als der Erste unter Deutschen Meister bin, sind die Formen der „Ewigkeit“; mein Ehrgeiz ist, in zehn Sätzen zu sagen, was jeder Andre in einem Buche sagt, – was jeder Andre in einem Buch nicht sagt …“ (GD, Streifzüge eines Unzeitgemässen 51). Für Nietzsche haben seine Aphorismen quasi Ewigkeitswert. Die meisten davon sind auch wie in Stein gemeißelt. Stilistisch hat er, wie er selbst bekennt, vom „römische[n] Stil“ eines Sallust und Horaz, von deren Kompaktheit der Form gelernt (Nachlass 1888, 24[1], KSA 13.623). Novalis hat ebenfalls Horaz und auch Vergil gelesen und sogar übersetzt (HKA I, 552–555). Für beide Dichter-Denker hat die kompakte, epigrammatische Kurzform eine ähnliche Funktion, wie sie Novalis explizit intendierte: den Leser anzuregen, sein Denken in Gang zu bringen. Das gilt auch für Nietzsches Kurzformen. Nietzsches Denken ist allerdings dadurch in der Wirkung auch viel zeitlicher, als er selbst annahm. Vieles davon ist gut, vieles aber auch böse aufgegangen. Beide Dichter-Denker denken und schreiben in einer geballt-verdichteten Form, die in der Tat dem Denken viele Impulse schenkt. Beide, Fragment wie Aphorismus, sind durchaus ausgearbeitete Formen von Kurzprosa, perfekt in ihrer Form, aber offen für weitere Reflexionen. Darin liegt die Konvergenz von romantischem Fragment und nietzscheanischem Aphorismus.

Beide – Novalis wie Nietzsche – lieben die ästhetische Form. Beide sind literarische Philosophen. Wenn – mit Hegel zu sprechen – der Begriff das Reich der Philosophie definiert,[32] so ist die Bildlichkeit ein auszeichnendes Merkmal der Poesie. Der Aufklärungsphilosoph Alexander Gottlieb Baumgarten definiert daher seine „Ästhetik“ als eine „Wissenschaft der sinnlichen Erkenntnis“.[33] Diese schätzt er zwar nach dem Rang der Vorstellungen in der Rationalitätsphilosophie als eine „gnoseologia inferior“ ein, aber er bekämpft dabei doch das Vorurteil, die „sinnlichen Empfindungen, Einbildungen, Erdichtungen, alle die Wirrnisse der Gefühle und Leidenschaften seien eines Philosophen unwürdig.“[34] Auf der Wahrheitssuche im Terrain der sinnlichen Wahrnehmung hat auch die Literatur ihren Platz, die Baumgarten schon in einer früheren Schrift als eine Form der „sinnlichen Rede“ („oratoria sensitiva“) definiert hatte.[35]

Novalis wie Nietzsche sind Dichter-Denker, die zwar denkerisch in Begriffen, aber auch in einer bilderreichen, nicht abstrakt-begrifflichen Sprache sprechen, wie sie die Literatur kennzeichnet. Beide werten auch die Sinnlichkeit explizit gegenüber der Begrifflichkeit auf. Nietzsche polemisiert gegen die „tückische und blinde Feindseligkeit der Philosophen gegen die Sinne“ (Nachlass 1888, 14[134], KSA 13.318). Für Novalis ist die Sprache der Poesie eine „Hieroglyphistik der 2ten Potenz“, eine „Ton und Schriftbildersprache 2“, will sagen: „ein Ausdruck mit um des Ausdrucks willen“ (HKA II, 588), welche ihre Bild- und Tonqualitäten explizit herausstellt. Zudem haben beide Autoren auch Texte in der Form von Rollenprosa geschrieben, Nietzsche seinen Zarathustra, Novalis seine Lehrlinge zu Sais. In beiden Fällen stehen die Protagonisten dieser Texte auch den Autoren nahe, jedenfalls jene Passagen, in denen Zarathustra die Erde preist und die Lehrlinge die Natur. Darauf kommen wir gleich im nächsten Abschnitt zu sprechen.

Allerdings äußert Nietzsches Zarathustra auch große Bedenken gegen die Dichter. Mit Platon verkündet er in Von den Dichtern: „die Dichter lügen zuviel“ (Za II, KSA 4.163).[36] Und er teilt auch gleich die für Zarathustra schlimmste Lüge mit: „denn alle Götter sind Dichter-Gleichniss, Dichter-Erschleichniss!“ (KSA 4.164) Das wiederum nimmt ein Motiv von Herodot und Hegel auf, die beide der Meinung waren: „Homer und Hesiod [haben] den Griechen ihre Mythologie gegeben.“[37] Für Zarathustra: die schlimmste Tat der Dichter. Zarathustra ist denn auch „der Dichter müde“ (KSA 4.165). Jedoch bekennt er: „Aber auch Zarathustra ist ein Dichter“ (KSA 4.163). Ist darum alles, was er selbst – Zarathustra – sagt, „Dichter-Gleichniss, Dichter-Erschleichniss“? Manche Sätze Zarathustras sind wohl auch mit dem funkelnden Augenzwinkern der Ironie geschrieben. Sicher will Zarathustra nicht alle seine Lehren als Lügen verstanden wissen. Dann hätte er sich sparen können, sie zu verkünden, und Nietzsche sich sparen können, sie aufzuschreiben. Wohl aber will Zarathustra seinen Jüngern auch Distanz zu seinen Lehren beibringen. Darum zieht er selbst sich immer wieder in die Einsamkeit zurück. Es gibt genug Lehren, die Zarathustra wie Nietzsche selbst immer wieder verkünden und sicher nicht selbst annullieren wollen. Darunter die vom Tod Gottes. Die Erfindung der Götter war für ihn ein schlimmes „Dichter-Erschleichniss“. Der Lügen-Vorwurf gegen die Dichter richtet sich vor allem dagegen.

Wenden wir uns also nun den inhaltlichen Motiven zu, die beide Denker-Dichter verbindet.

2 Sinnverlust und neue Werte: Die Natur – die Erde

Bereits Ende des 18. Jahrhunderts taucht jener Begriff auf, den Nietzsche zu einem Zentralbegriff der Epochengeschichte erheben sollte: Nihilismus. Friedrich Heinrich Jacobi verwendet den Begriff gegen Fichte, um damit dessen Ich-Philosophie negativ zu charakterisieren, wenngleich der Begriff des Nihilismus schon vor Jacobi mehrfach gegen Kant gerichtet wird.[38] Aber auch die spätere, Nietzscheanische Bedeutung eines absoluten Werteverlustes taucht in der Zeit schon auf. Und auch das Thema vom „Tod Gottes“ ist um 1800 schon da, wenn Jean Paul im Siebenkäs (1796/97) den „toten Christus vom Weltgebäude“ herab verkünden lässt, „dass kein Gott sei.“[39] Jean Paul erzählt diesen Traum in Absicht der Abwehr. Seine Seele „weinte vor Freude, daß sie wieder Gott anbeten konnte.“[40] Aber Hegel verkündet den Tod Gottes auch ohne solche Auferstehung, wenn er in der Phänomenologie des Geistes (1807) das „harte Wort ausspricht, daß Gott gestorben ist.“[41] Novalis hat an solcher Spekulation nicht Teil, aber schreibt: „Die Zeit ist nicht mehr, wo der Geist Gottes verständlich war. Der Sinn der Welt ist verlohren gegangen“ (HKA II, 594). Ähnlich die Formulierung: „Ehemals war alles Geistererscheinung. Jezt sehn wir nichts, als todte Wiederholung, die wir nicht verstehn. Die Bedeutung der Hieroglyfe fehlt. Wir leben noch von der Frucht besserer Zeiten“ (HKA II, 545).

Das ist sicher ein anderer Tonfall als Nietzsches Klage über den Tod Gottes und den damit verbundenen metaphysischen Werteverlust, wie ihn der „tolle Mensch“ in FW 125 vorträgt: „Gott ist todt! Gott bleibt todt!“ Dieser Aphorismus umkreist das geschichtsphilosophische Ereignis des Werteverlustes der christlichen Religion bildmächtig in Bildern des Absturzes, der Vernachtung, Erkaltung, Verwesung, wie auch viele Aphorismen der späten Jahre diesen Werteverlust als „Heraufkunft des Nihilismus“ (Nachlass 1887/88, 11[411], KSA 13.189) beschreiben.

Beide – Novalis wie Nietzsche – sind geschichtsphilosophische Denker, die ein komplexes Ereignis umkreisen: den Verlust an christlicher Glaubenssubstanz und den damit verbundenen Niedergang metaphysischer Werte, die in der abendländischen Geistesgeschichte durch Platon und das Christentum gegeben waren. Die Geschichte des Nihilismus ist auch die der Aufklärung und ihrer Entdeckung der Projektivität der Religionen – sie sind „Setzungen“ der Menschen, nicht „an sich“ wahr[42] – wie aber auch ein Ergebnis der Politik der Zeit: so Napoleons Säkularisierung christlicher Reiche und Liegenschaften im Jahr 1803.[43]

Novalis wie Nietzsche reagieren darauf mit jeweils eigenen neuen Sinnsetzungen. Diese sind in Novalis’ Lehrlingen zu Sais eng mit dem Begriff der Natur verbunden, in Nietzsches Zarathustra mit dem des Lebens. In Novalis’ Lehrlingen sind es zunächst einige der Lehrlinge, die einen regelrechten Zerstörungskrieg gegen die Natur planen und vorschlagen: „‚Wohl‘, sagen Mutigere [der Lehrlinge], ‚laßt unser Geschlecht einen langsamen, wohldurchdachten Zerstörungskrieg mit dieser Natur führen. Mit schleichenden Giften müssen wir ihr beizukommen suchen‘“ (HKA I, 89). In dieselbe Richtung weist auch die schon vorher geäußerte analytische Formulierung eines anderen Lehrlings: „Unter ihren Händen [denen der Naturwissenschaftler] starb die freundliche Natur, und ließ nur tote, zuckende Reste zurück“ (HKA I, 84).[44] Eine positive Naturerfahrung können dagegen die Dichter vermitteln: „Wer also ihr [der Natur] Gemüt recht kennen will, muß sie in der Gesellschaft der Dichter suchen, dort ist sie offen und ergießt ihr wundersames Herz“ (HKA I, 84).

Nietzsche lässt seinen Zarathustra die Bedeutung der Erde verkünden, und dies gleich in der Vorrede: „Ich beschwöre euch, meine Brüder, bleibt der Erde treu und glaubt Denen nicht, welche euch von überirdischen Hoffnungen reden! Giftmischer sind es, ob sie es wissen oder nicht“ (Za I, Zarathustra’s Vorrede 3).[45] Es geht hier aber auch um die Differenzen: Novalis’ Naturbegriff ist von Spinoza beeinflusst, und sein Wort „deus sive natura“ meint für ihn die Aufgehobenheit Gottes in der „einen Substanz“ der Natur.[46] Nietzsches Zarathustra aber verbindet seine Erden-Lehre mit einer scharfen Polemik gegen das Christentum und dessen Erlösungslehre. Sie führt uns weg von der Erde in ein Himmelreich, das nach Zarathustra nur bessere oder schlechtere „Giftmischer“ versprechen.

Interessanterweise fokussieren aber beide Dichter-Denker auf einen gemeinsamen Begriff der Natur- bzw. Diesseitserfahrung: die Wollust. Dieser Begriff interessierte ja Nietzsche besonders an Novalis. In den Lehrlingen führt der Weg zur Natur ins Innere des poetischen Subjekts, der dabei seine eigene intensive Naturerfahrung realisieren kann, die naturhafte Zeugungslust im Menschen:

„Wem regt sich nicht“, rief der Jüngling mit funkelndem Auge, „das Herz in hüpfender Lust, wenn ihm das innerste Leben der Natur in seiner ganzen Fülle in das Gemüt kommt! Wenn dann jenes mächtige Gefühl, wofür die Sprache keine andere Namen als Liebe und Wollust hat, sich in ihm ausdehnt wie ein gewaltiger, alles auflösender Dunst, und er bebend in süßer Angst in den dunkeln und lockenden Schoß der Natur versinkt, die arme Persönlichkeit in den überschlagenden Wogen der Lust sich verzehrt, und nichts als ein Brennpunkt der unermeßlichen Zeugungskraft, ein verschluckender Wirbel im großen Ozean übrig bleibt!“ (HKA I, 104)

In solcher Erfahrung der „Wollust“ und seiner „Religion“ äußere sich „der eigentliche, echte Natursinn“ (HKA I, 106).

Das ist nicht so weit entfernt von Nietzsches Zarathustra, wenn er lehrt: „Das Leben ist ein Born der Lust“ (Za III, Von alten und neuen Tafeln 16). Eine Lust, die sogar Ewigkeit will: „„Doch alle Lust will Ewigkeit –, „will tiefe, tiefe Ewigkeit!““ (Za III, Das andere Tanzlied 3). So ist auch die „Wollust“ bei Nietzsche positiv konnotiert.[47] Sie gehört zu den „drei Bösen“, die Zarathustra erst von ihren christlichen Vorurteilen reinwaschen muss. Dann aber preist er sie: „Wollust: für die freien Herzen unschuldig und frei, das Garten-Glück der Erde, aller Zukunft Dankes-Überschwang an das Jetzt“ (Za III, Von den drei Bösen 2, KSA 4.237).

Allerdings mischt Nietzsches Zarathustra seinen Begriff von Leben und Lust auch mit Begriffen, die Novalis ganz fremd sind: „Wille zur Macht“, „Selbstsucht“ und „Herrschsucht“. Er führt diese Trias im Zarathustra so ein: „Wollust, Herrschsucht, Selbstsucht: diese Drei wurden bisher am besten verflucht und am schlimmsten beleu- und belügenmundet, – diese Drei will ich menschlich gut abwägen“ (Za III, Von den drei Bösen 1) – also: rehabilitieren. Die „Herrschsucht“ und der „Wille zur Macht“ sind für Nietzsches Zarathustra mit dem Begriff des Lebens eng verbunden. Mit dieser Trias dringt aber auch ein ganzes Paket zeitgenössischen Denkens in sein Denken ein: Schopenhauers „Wille“, Darwins Evolutionslehre u. a.[48] Es ist allerdings auch ein Begriff, der große Phasen der abendländischen Kulturgeschichte und sogar Weltgeschichte gut beschreibt.[49] In der positiven Bewertung von Lust als Natur- und Lebenserfahrung aber kommen Novalis und Nietzsche überein und stehen damit beide auch in einer kritischen Opposition – nicht zu Jesus Christus, aber zu einem augustinischen Christentum, das jahrhundertelang die Lust und die Liebe auf Erden eher perhorresziert als gefeiert hat.[50]

3 Der Übermensch

Zur neuen Sinnstiftung bei Nietzsche gehört der „Übermensch“: „Ich lehre euch den Übermenschen. Der Mensch ist Etwas, das überwunden werden soll. […] Der Übermensch ist der Sinn der Erde. Euer Wille sage: der Übermensch sei der Sinn der Erde!“ (Za I, Zarathustra’s Vorrede 2). Bekanntlich ist kaum ein Begriff schlimmer geschunden worden als dieser.[51] Novalis kennt diesen Begriff nicht. Aber er entwirft einen Gedankengang, der mit Nietzsches Übermenschen verwandt ist. An seinen Freund Friedrich Schlegel schreibt Novalis am 1. August 1794 im Zusammenhang mit den Auswirkungen der Französischen Revolution: „Mich interessiert jetzt zehnfach jeder übergewöhnliche Mensch – denn eh die Zeit der Gleichheit kommt, brauchen wir noch übernatürliche Kräfte“ (HKA IV, 140). Das politische Problem, mit dem sich Novalis und seine liberalen Zeitgenossen konfrontiert sahen, war ja, dass der politische Gedanke der Freiheit und Gleichheit durch die Französische Revolution in die Welt gesetzt war, im Verlauf der Revolution aber in terreur ausartete. Novalis sah, dass auch für Deutschland eine Zeit der Freiheit und Gleichheit anbrechen werde, die selbst aber nun eine Art Bildungsprogramm forderte, um die Menschen auf einer möglichst hohen Ebene darauf vorzubereiten.

Novalis schreibt im selben Brief an Friedrich Schlegel, dass er sich eine „Bartholomäinacht“ für den Despotismus wünscht. Wenn Novalis zu Recht vermutete, dass auch für Deutschland eine Zeit der Gleichheit und Freiheit kommen würde, konnte er allerdings nicht ahnen, wie stark die Kräfte der Restauration im 19. Jahrhundert sein würden und wie lange eine Liberalisierung der Politik in deutschen Landen auf sich warten ließ. Auch die Reichsgründung von 1871 brachte ja keine freiheitliche Republik, sondern eine erneuerte Monarchie mit den katastrophalen Folgelasten eines Ersten und dann auch Zweiten Weltkrieges.

In Glauben und Liebe (1798) nun hoffte Novalis, in einem aufgeklärten Herrscherpaar wie dem am 16. November 1797 inthronisierten Friedrich Wilhelm III. und seiner Frau Luise jene Vorbilder zu finden, die der kommenden Zeit der Gleichheit – also der Demokratie – den Weg zu einem höheren Menschentum weisen könnten.[52] „Alle Menschen sollen thronfähig werden. Das Erziehungsmittel zu diesem fernen Ziel ist ein König“ (HKA II, 489). Nietzsche wie Novalis sehen also in der „Gleichheit“ ein Problem: „Denn die Menschen sind nicht gleich: so spricht die Gerechtigkeit“ im Zarathustra (Za II, Von den Gelehrten).[53] Dabei spricht Zarathustra über das Volk in vielfach abwertendem Ton und nennt es auch: „Pöbel“.[54] Im Gespräch mit den Königen erfährt er aber, dass diese selbst auf der Suche sind. Sie suchen nach dem „Menschen, der höher ist als wir: ob wir gleich Könige sind“ (Za IV, KSA 4.306). Ihm führen sie einen „Esel zu“ – wohl eine Anspielung auf den „Hebräer“, Jesus. Nietzsche sieht nicht mehr, wie Novalis, in den Königen ein Erziehungsmittel des Menschen. Wohl aber will er wie jener die Gleichheit überwinden und die Menschen auf eine höhere Ebene heben. Dabei dienen ihm allerdings auch die Könige, die selbst auch Suchende sind.

Zarathustras „Übermensch“ soll „ein Übergang und ein Untergang“ sein (Za I, Zarathustra’s Vorrede 4 und Za IV, Vom höheren Menschen 3), also ein transitorisches Wesen, das den bisherigen Menschen überwindet. Soweit liegen Novalis’ Suche nach dem „übergewöhnlichen Menschen“ und Nietzsches Suche nach dem „Übermenschen“ nicht so weit auseinander. Allerdings sind die Werte, die dieser und jener damit verbindet, sehr unterschiedliche. Für Nietzsches Zarathustra lässt der „Übermensch“ alle karitativen Werte des Christentums hinter sich: Er ist „nicht der Nächste, nicht der Ärmste, nicht der Leidendste, nicht der Beste“ (Za IV, Vom höheren Menschen 3). Bedingung seiner Möglichkeit ist der Tod Gottes: „Gott starb: nun wollen wir, – dass der Übermensch lebe“ (Za IV, Vom höheren Menschen 2).

Novalis denkt einen ähnlichen Gedanken, aber unter Aufhebung der Gottesvorstellung in den Menschen: „Alles was von Gott praedicirt wird enthält die Menschliche Zukunftslehre. […] jeder Mensch der jezt von Gott und durch Gott lebt, selbst soll selbst Gott werden“ (HKA III, 297). Novalis’ Überwindung des orthodoxen Christentums ist sanfter. Er sucht – wie er in Christenheit oder Europa (1799) ausführt – nach einer neuen Spiritualität, die den Geist des orthodoxen Christentums hinter sich lässt und in der „das Wesen der Kirche […] ächte Freiheit“ sein soll (HKA III, 524). Und wenn Novalis schreibt: „Das Papstthum liegt im Grabe“ (HKA III, 524), so weiß Zarathustra wie der „alte Papst“, den Zarathustra trifft und den er in seiner Höhle bewirtet: „Dieser alte Gott nämlich lebt nicht mehr: der ist gründlich todt“ (Za IV, Ausser Dienst, KSA 4.326).[55] Und damit auch sein Papsttum. Für Novalis eröffnet sich so eine neue „Freiheit“, und er zielt dabei auf eine „heilige Zeit des ewigen Friedens“ (HKA III, 524). Nietzsche zielt auch auf Freiheit, aber eingebettet in eine neue Ethik der Härte, der kriegerischen Mannbarkeit, der Selbstliebe und Unbarmherzigkeit. Davon ist Novalis weit entfernt.

4 Körperlichkeit, physiologische Forschung

Novalis schreibt in seinem Allgemeinen Brouillon (1798/99): „Es giebt nur einen Tempel in der Welt und das ist der menschliche Körper“ (HKA III, 565). Auch für Nietzsches Zarathustra ist die Lehre vom „Leib“ eine seiner Hauptbotschaften: „Der Leib ist eine grosse Vernunft, eine Vielheit mit Einem Sinne“ (Za I, Von den Verächtern des Leibes). Beide Dichter-Denker stehen in einer frühen Phase der Physiologie und waren selbst Pioniere auf diesem Gebiet. „Physiologie“ ist eine der umfangreichen Kategorien, unter die Novalis seine Aufzeichnungen in dem Brouillon selbst gegliedert hat.[56] Er reflektiert dort über elementare physiologische Prozesse wie „Athmen“, „Schlaf“, „Wachen“, „Brennmaterialien des Körpers“, „Wachsthum“, „Schmerz“, innere und äußere „Reitze“, die Wirkung von „Gemüthsaffecten auf bes[ondre] Organe“, „Kreislauf“ u a. Dazu kommen eine Vielzahl von Einträgen zur „Medicin“, darunter „Kranckheit“, „Pathologie“, „narcotische Gifte“, Arzneymittel“ u. a.

Novalis’ naturwissenschaftliche Studien fallen vor allen Dingen in seine Freiberger Zeit, also in die Jahre 1798–99. Und sie fallen in eine Zeit, in der die empirischen Naturwissenschaften mit der Botanik eines Carl von Linné, der Physiologie des Engländers William Harvey, der Geologie eines Abraham Gottlob Werner, dem Lehrer von Novalis, und auch der Medizin im Aufschwung waren. Unter den medizinischen Werken konsultierte und zitierte Novalis vor allem die Arbeiten des Schotten John Brown („Brownische Erregungstheorie“, HKA III, 369) sowie den Wissenschaftler und Arzt Andreas Röschlaub. Brown sah in der „Erregbarkeit“ durch äußere wie innere „Reitze“ den Hauptfaktor des Lebens und teilte dementsprechend Krankheiten in „sthenische“ (Kraftvoll) und „asthenisch“ (schwach) bewirkte Reizzustände auf. Novalis übernimmt die Kategorien (HKA III, 477), glaubt allerdings auch, dass dies die Krankheit nicht erkläre (HKA III, 455).[57] Röschlaub war Anhänger Browns, dessen Theorie er adaptierte und dessen Reiztheorie er durch eine der inneren und äußeren „Potenzen“ zu ergänzen suchte. Novalis interpretiert nun die Philosophie Fichtes auch als eine „Erregungstheorie“: „Fichtes W[issenschafts]L[ehre] ist die Theorie der Erregung“ (HKA III, 383).[58] Er notiert auch, dass alle „äußren Potenzen“ als „innere“ wirksam sein müssen, deren „Summe“ dann den „Körper“ ausmache (HKA III, 352). Auch die Sauerstoff-Theorie fasziniert Novalis. Er vergleicht die „Seele“ mit „Oxygène“: „Aehnlichkeit der Seele mit Oxygène“ (HKA III, 440). Und er schreibt in seiner spekulativen Art: „Der Geist ist das Oxygène des Körpers – die Seele ist die eindringende Basis des Oxygèns. Leben ist ein Feuerproceß. Je reiner der Geist ist, desto heller und feuriger das Leben“ (HKA III, 318).

Man kann vorläufig resümieren: Novalis gerät im Prozess der Umwandlung der traditionell-metaphysischen Begriffe von „Geist“ und „Seele“ in naturwissenschaftliche Bahnen, allerdings ohne diese Begriffe ganz aufzugeben. Immerhin gibt es einige Fragmente, in denen sich die Metaphysik schon weitgehend materialisiert. So notiert sich Novalis: „Die Seele ist ein consonirter Körper“ (HKA III, 369). „In der Materie selbst liege der Grund des Lebens“ (HKA III, 659).[59] Auch seine „Menschliche Zukunftslehre“ ist, wie wir im letzten Abschnitt sahen, von Nietzsches Übermenschlehre und ihrer Absorption der Theologie in Anthropologie nicht so weit entfernt.

Zum vorläufigen Abschluss dieses Abschnitts noch ein Fragment von Novalis zur „Religionsgeschichte“, das auch Nietzsche geschrieben haben könnte und das unsere eigene Gegenwart auf schreckliche Art bestätigt: „Bey Mönchen hat Onanie und Paederastie daraus entstehen müssen“ (HKA III, 262). Nietzsche nutzt die Physiologie zur Kritik an der alten onto-theologischen Metaphysik noch viel entschiedener als Novalis und auch zur Findung eines neuen, nicht mehr theologisch besetzten Denkansatzes.[60] Nietzsche identifiziert sich mit dem neuen physiologischen Denken: „Wir Physiologen“ setzt er gegen „alle Priester und Moralisten“, die in die Vergangenheit zurückwollten. Dass das nicht geht: „Wir Physiologen wenigstens wissen das.“ Geschichte hat nur eine Zukunftsdirektion und kennt keine „Rückbildung“ (GD, Streifzüge eines Unzeitgemässen 43). Und wenn Novalis mit der Geschichte der Religion Missstände verband, so ist für Nietzsche das ganze Arsenal christlicher Ethik wie „Sündengefühl“, „Kasteiung des Fleisches“, Hoffnung auf „Erlösung“ Ausdruck einer kranken Religionsgeschichte, die die wahren „physiologischen“ Bedingungen des Körpers nicht kannte und – wie er schreibt – immer noch nicht kennt (Nachlass 1888, 14[179], KSA 13.363 f.). Das Ganze schildert Nietzsche auch als eine infame Strategie, durch „Mißhandlung des Leibes“ eben jene religiösen Gefühle allererst zu erzeugen, um sie dann erlösen zu können, also letztlich: Macht auszuüben durch Religion. Die ganzen Systeme der Theologie, Moral, aber auch Ökonomie und Politik könnten so nach Nietzsche auf ihre physiologischen Gründe zurückgeführt werden. Das wären geradezu „Remeduren der „Modernität““ (Nachlass 1887, 9[165], KSA 12.433).

Aber was verbindet Nietzsche mit „Physiologie“? In Jenseits von Gut und Böse (1886) verzeichnet er unter der Überschrift „Von den Vorurteilen der Philosophen“:

das meiste bewusste Denken eines Philosophen ist durch seine Instinkte heimlich geführt und in bestimmte Bahnen gezwungen. Auch hinter aller Logik und ihrer anscheinenden Selbstherrlichkeit der Bewegung stehen Werthschätzungen, deutlicher gesprochen, physiologische Forderungen zur Erhaltung einer bestimmten Art von Leben (JGB 3).

Nietzsches Begriff der Physiologie ist, wie erwähnt, stark von der Evolutionslehre bestimmt. Das wird auch ein paar Eintragungen später deutlich, wenn er Weltanschauungen generell zurückführt auf den „Bann physiologischer Werthurtheile und Rasse-Bedingungen“ (JGB 20). Er weist da explizit Lockes „Oberflächlichkeit in Bezug auf die Herkunft der Ideen“ zurück. Das richtet sich wohl vor allem gegen Lockes Herleitung der „einfachen Ideen“ aus den Sinnen.[61]

Beide – Novalis wie Nietzsche – kommen so auch zu einer ähnlichen Beurteilung von Krankheit. Beide waren kranke Menschen. Novalis litt an Lungentuberkulose, die ihn auch früh – mit 29 Jahren – hinraffte. Nietzsche litt seit seiner Kindheit an Depressionen, Schlafstörungen, Augenkrankheiten, seit Ende 1888 auch an zunehmenden Zuständen der Demenz. Noch kurz zuvor – im Oktober 1888 – reflektiert er über den positiven Wert von Krankheit in seiner Biographie. Gerade die „Wohlthaten“ der Krankheit an sich will er „am wenigsten unterschätzt“ wissen, obwohl Krankheiten auch die „Wehr- und Waffen-Instinkte des Menschen“ schwäche (Nachlass 1888, 24[1], KSA 13.617). Gleichwohl: „Krankheit ist ein mächtiger Stimulans. Nur muß man gesund genug für das Stimulans sein“ (Nachlass 1888, 15[118], KSA 13.480).

Ähnlich sah das wohl Novalis. Für ihn ist die Poesie:

die große Kunst der Construction der transzendentalen Gesundheit. Der Poët ist also der transzendentale Arzt. Die Poësie schaltet und waltet mit Schmerz und Kitzel – mit Lust und Unlust – Irrthum und Wahrheit – Gesundheit und Kranckheit – sie mischt alles zu ihrem großen Zweck der Zweck – der Erhebung des Menschen über sich selbst (HKA II, 535).

Krankheit ist also auch für Novalis ein Stimulans, genauer: kann es werden, wenn die Poesie sie dazu macht. Ähnlich das Fragment: „Jede Krankheit, jede Verletzung sollte benutzt werden können zu jenem großen Zwecke“ (HKA III, 315). Krankheit ist also auch für ihn nicht per se schlecht, wenn sie ein starker Geist umwidmet zu einem Mittel der Höher- und Weiterentwicklung des Menschen und der Menschheit. Hier berühren sich wieder Novalis’ und Nietzsches Gedanken zu einer Höherentwicklung des Menschen.[62]

Beide, Novalis wie Nietzsche, gehören in eine geschichtsphilosophische Bewegung, welche an der Transformation traditionell metaphysischer Begriffe in solche der Physiologie arbeitet. Dabei geht Nietzsche noch sehr viel radikaler vor in der Ablehnung und Abwehr der traditionellen Metaphysik, die Novalis seinerseits vielfach mit neuen physiologischen Einsichten noch zu vermitteln sucht.

5 „Fictionen“

Im Zusammenhang mit der Metaphysikkritik beider Denker steht der Begriff der „Fiction“. Novalis liest die Ichphilosophie Fichtes als eine fiktive Konstruktion um den Begriff des Subjekts herum: „Fichtens Ich – ist ein Robinson – eine wissenschaftliche Fiction zur Erleichterung d[er] Darstellung und Entwick[lung] d[er] W[issenschaftslehre]“ (HKA III, 405).

Das heißt: Novalis liest den philosophischen Text gar nicht mehr ontologisch als Darstellung der Produktion und Verarbeitung von Wissenschaft, sondern wie einen Roman nach dem Modell von Daniel Defoes’ Robinson Crusoe (1719), als eine Fiktion, auf der man eine solche Lehre, wie sie Fichte erdacht hat, aufbauen kann. Philosophie wird damit zu einer Art Konstruktion auf Hypothesenbasis. Philosophie, Poesie und sogar Mathematik rücken zusammen: „Der poët[ische] Phil[osoph] ist en état de Createur absolu. Ein Kreis, ein Triangel werden auf diese Art crëirt“ (HKA III, 415).

Das wiederum hängt zusammen mit Novalis’ Abkehr von der Nachahmungstheorie, über die wir in Kapitel II. 1 gesprochen haben. An ihre Stelle tritt bei Novalis eine moderne Konstruktionstheorie, die auf der Grundlage der menschlichen „Einbildungskraft“ operiert und verschiedene Systeme – Philosophien wie Romane – „construirt“. Dabei verwendet Novalis den Begriff der Fiktion positiv im Sinne eines tragenden Konstruktionselements oder sogar einer Konstruktionsbasis. Er spricht geradezu von der „Wunderkraft der Fiction“, und dies auch in der Geschichte: „Wunderkraft der Fiction. […] So die Annahme – der ewige Friede ist schon da – Gott ist unter uns – hier ist Amerika oder Nirgends – das goldne Zeitalter ist hier – wir sind Zauberer – wir sind moralisch und so fort“ (HKA III, 421). Das ist die Grundlage für Novalis’ „magischen Idealismus“: Er nimmt Fiktionen – dazu gehören auch Kunstmärchen – und baut auf ihnen Utopien auf. Fiktionen sind für ihn Vorgriffe auf eine utopische Zukunft. Fiktion ist eine gegenwärtige Annahme unseres Denkens, und insofern ist die Zukunft in ihr schon präsent, wenn eben auch nur als „Fiction“. Eine solche Fiktion kann und soll aber den Weg in eine Zukunft weisen, in der sie zur Real-Präsenz wird, also zur geschichtlichen Wirklichkeit. Die Fiktion hat also bei Novalis die Funktion einer zukunftsweisenden und zukunftsöffnenden Utopie, der wir uns aber, wenn wir ihr folgen, annähern können und damit den Zustand, den sie verspricht, in die Gegenwart hereinholen. Das heißt es für Novalis, „Zauberer“ oder auch „Magier“ zu sein. Oder: die Wirklichkeit zu „poetisieren“.

Ein anderes Wort für Fiktion ist der Begriff der „Hypothese“. In seinen Dialogen (1802) schreibt Novalis: „Hypothesen sind Netze, nur der wird fangen, der auswirft. Ist nicht America selbst durch Hypothese gefunden?“ (HKA II, 668) Es war ja sogar eine falsche Hypothese, die Kolumbus nach Amerika führte. Er wollte auf diesem Weg Indien finden und fand Amerika. Novalis subjektiviert den Prozess der Erkenntnis wie auch des Geschichtsfortschrittes, indem er sie auf das Konstruktionsprinzip der „Hypothese“ oder „Fiction“ – egal ob richtig oder falsch – gründen lässt. Das ist eine recht moderne Theorie.

Für Nietzsche dagegen ist „Fiktion“ sehr viel negativer konnotiert im Sinne von „falscher Annahme“. Wie Novalis hält Nietzsche das Ich für eine kunstvolle „Erfindung“, die allerdings auf dem Denkfehler basiert, die Projektion für das Wesen zu halten. Nietzsches abwertender Gebrauch von „Fiktion“ zeugt sich schon im Begleitpartikel „nur“: „Das „Subjekt“ ist ja nur eine Fiktion; es giebt das Ego gar nicht, von dem geredet wird, wenn man den Egoism tadelt“ (Nachlass 1887, 9[108], KSA 12.398). Das Wörtchen „ich“ bezeichnet also nicht mehr als eine Illusion. Für Nietzsche: eine Vertauschung von Ursache und Wirkung. „Ich“ sehe etwas und setze mich selbst als wesenshafte Ursache des Sehens. Die Frage ist dann: Wer ist dieses „Ich“, das sich selbst als Ursache aller Handlungen zu erkennen meint? Die Frage bleibt bei Nietzsche selbst unbeantwortet. Für ihn gilt – und er formuliert dies gegen Descartes –, dass man das „ich“ nicht versubstantialisieren darf: „Er [Descartes] wollte über „Einbildung“ hinweg zu einer Substanz, welche denkt und sich einbildet“ (Nachlass 1885, 40[22], KSA 11.639). In diesem Sinne kritisiert Nietzsche alle Geistbegriffe als falsche Formen der „Fiktion“: „Es gibt weder „Geist“, noch Vernunft, noch Denken, noch Bewußtsein, noch Seele, noch Wille, noch Wahrheit: alles Fiktionen, die unbrauchbar sind“ (Nachlass 1888, 14[122], KSA 13.301 f.). Aber wofür stehen dann diese „Fiktionen“? Für Nietzsche sind sie letztlich „Werkzeug[e] der Macht“ zur „Nützlichkeit der Erhaltung“ der Gattung Mensch, mithin: fiktive Selbst-Setzungen zur Realitätsbewältigung. Die komplexe Frage, wer oder was denn solche Erfindungen in die Welt zu setzen überhaupt imstande ist, spart Nietzsche aus. Es muss ja selbst eine Form des Denkens sein, die solche Begriffe von „Denken“ und „Geist“ in die Welt setzt. „Erkenntniß als Mittel zu Macht“ (Nachlass 1887, 9[72], KSA 12.373) – ja gut, aber welche Geisteskraft vermag es, Geist, Bewusstsein, Denken in uns Menschen zu erzeugen? Hier hätte Nietzsche auch auf das Thema Sprache zu sprechen kommen müssen. Aber er hat die Sprachphilosophie eines Wilhelm von Humboldt, die ihm hätte weiterhelfen können, nicht rezipiert.[63]

Was hätte Novalis zu Nietzsches Deutungen gesagt? Aus seiner Sicht hätte er sagen können: Ich bin deiner Meinung, das Ich, meinetwegen auch das Denken erklären wir uns durch „Fiktionen“, Formen der „Erdichtetheit“, vielleicht auch „falsch“, aber trotzdem nützlich, wenn sie uns und der Menschheit jetzt und in Zukunft dienen. Für Nietzsche sind solche Fiktionen auch nützlich, aber die utopische Energie, die Novalis befeuerte, ist bei ihm ein Stück weit verloren gegangen. Das definiert die Differenz zwischen Frühromantik und Nietzsche: Der Glaube an die Kraft der Utopie und ihrer Fiktionen ist in der Frühromantik noch stark, verflüchtigt sich aber zusehends auch schon früh im 19. Jahrhundert in der mittleren und späteren Romantik und erst recht bei Georg Büchner und Schopenhauer, eben bis hin zu Nietzsche. Bei ihm wird denn auch, wie erwähnt, der Fiktionsbegriff zumeist negativ gebraucht. Wie gesagt: Novalis und Nietzsche liegen in der „Fiktionierung“ des Ich und in der Subjektivierung des Fiktionsbegriffs gar nicht so weit auseinander, aber für Nietzsche hat das nicht mehr, wie noch für Novalis, eine utopische Funktion, sondern ist ihm nur mehr eine falsche Form des Bewusstseins.

6 Nacht

Am 13. Mai 1797 hat Novalis eine Art Vision am Grab seiner junge Verlobten Sophie von Kühn. Aus diesem Erlebnis entsteht seine erste Hymne an die Nacht – sie ist in der Zählung der Hymnen an die Nacht die dritte, in der Forschung auch „Urhymne“ genannt.[64] Das Journal (1797) berichtet darüber: „Abends gieng ich zu Sophieen. Dort war ich unbeschreiblich freudig – aufblitzende Enthusiasmus Momente – Das Grab blies ich wie Staub, vor mir hin – Jahrhunderte waren wie Momente – ihre Nähe war fühlbar – ich glaubte sie solle immer vortreten“ (HKA IV, 35 f.). Die dritte Hymne an die Nacht feiert diese Erfahrung. Ich zitiere aus der Hymne in der freirhythmischen Prosa-Fassung des Athenaeum-Druckes:

Einst da ich bittre Tränen vergoß, da in Schmerz aufgelöst meine Hoffnung zerrann, und ich einsam stand am dürren Hügel, der in engen, dunkeln Raum die Gestalt meines Lebens barg – einsam, wie noch kein Einsamer war, von unsäglicher Angst getrieben – kraftlos, nur ein Gedanken des Elends noch. – Wie ich da nach Hilfe umherschaute, vorwärts nicht konnte und rückwärts nicht, und am fliehenden, verlöschten Leben mit unendlicher Sehnsucht hing: – da kam aus blauen Fernen – von den Höhen meiner alten Seligkeit ein Dämmerungsschauer – und mit einemmale riß das Band der Geburt – des Lichtes Fessel. Hin floh die irdische Herrlichkeit und meine Trauer mit ihr – zusammen floß die Wehmut in eine neue, unergründliche Welt – du Nachtbegeisterung, Schlummer des Himmels kamst über mich – die Gegend hob sich sacht empor; über der Gegend schwebte mein entbundner, neugeborner Geist (HKA I, 135).

Im Folgenden kommt es zu einer visionären Verbindung mit der toten Geliebten: „An Ihrem Halse weint ich dem neuen Leben entzückende Tränen. – Es war der erste, einzige Traum – und erst seitdem fühl ich ewigen, unwandelbaren Glauben an den Himmel der Nacht und sein Licht, die Geliebte“ (HKA I, 135).

Die Hymne gliedert sich in zwei Blöcke, jeweils eingeleitet von Temporaladverbien: „Einst da“ / „da kam“. Der erste Block schildert die schmerzvoll „aufgelöste“ und „einsame“ Gestalt des Trauernden, geradezu erstarrt am Grab der Geliebten („dürren Hügel, der in engen, dunkeln Raum die Gestalt meines Lebens barg“). Dagegen nun setzt der zweite Block eine Erfahrung ganz anderer Art: „da kam aus blauen Fernen […] ein Dämmerungsschauer“. Diese neu hereinbrechende Erfahrung trennt Licht und Nacht. Des „Lichtes Fessel“ zerreißt. Die „Nachtbegeisterung“ mit ihrer „neuen, unergründlichen Welt“ kommt über das Ich. Sie zaubert die Vision einer „erhobenen“ Neugeburt des Ich („über der Gegend schwebte mein entbundner, neugeborner Geist“). Und: die Begegnung mit der verstorbenen Geliebten („durch die Wolke sah ich die verklärten Züge der Geliebten“). Dann folgt erneut eine Zeitangabe, welche aber nun die Entzeitlichung der Vision schildert: „Jahrtausende zogen abwärts in die Ferne, wie Ungewitter“. Der „Traum“, den das Gedicht beschwört, endet in einer Umarmung und dem Glücksgefühl ihrer Gegenwart im „Glauben an den Himmel der Nacht und sein Licht, die Geliebte.“ Die Nacht eröffnet hier den tieferen visionären Wahrnehmungsraum, in welchen das lyrische Ich seine Vision einer Wiederfindung hineinprojizieren kann. Die Nacht verwischt so auch die Linie zwischen Leben und Tod. Novalis ist ohnehin der Meinung: „Die zufällige, oder einzelne Form unsers Ich hört nur für die einzelne Form auf – der Tod macht nur dem Egoïsmus ein Ende“ (HKA II, 248 f.). Nacht eröffnet ihm also den tieferen Wahrnehmungsraum, in welchem die Grenzen des Tages verschwimmen und die Zusammengehörigkeit des Seins, auch über den Tod hinaus, sich offenbaren kann.

Auch für Nietzsche eröffnet die Nacht eine tiefere Wahrnehmung: „die Nacht überredet zum Tode“ (MA II, WS 8). Er meint dies hier als eine Verdüsterung durch den Sonnenentzug. Aber am Schluss des dritten Teiles vom Zarathustra haben wir ebenfalls eine Art Preisgesang auf die „Mitternacht“, in welcher sich ein tieferer Wahrnehmungsraum eröffnet. Hier spricht die Nacht selbst:

O Mensch! Gieb Acht!

Was spricht die tiefe Mitternacht?

„Ich schlief, ich schlief –,

„Aus tiefem Traum bin ich erwacht: –

„Die Welt ist tief,

„Und tiefer als der Tag gedacht (Za III, Das andere Tanzlied 3).

Man muss vielleicht auch die wunderbare Vertonung dieser Verse durch Gustav Mahler im Ohr haben, um die Tiefe dieser Verse auszuloten. Nietzsches Bild der Tiefe enthüllt natürlich nicht, wie bei Novalis, das Bild einer Toten – er hatte in seinem Leben niemanden, mit dem er so tief verbunden war wie Novalis mit Sophie von Kühn. Aber einen tiefen Blick auf das Sein eröffnet auch ihm die Nacht:

„Tief ist ihr Weh –,

„Lust – tiefer noch als Herzeleid:

„Weh spricht: Vergeh!

„Doch alle Lust will Ewigkeit –,

„– will tiefe, tiefe Ewigkeit! (Za III, Das andere Tanzlied 3).

Alle Verse werden durch einen Glockenschlag von „Eins“ bis „Zwölf“ ein- und ausgeläutet. Die Tiefe der Nacht offenbart hier das dionysische Wesen des Lebens: Lust, Wollust, nicht Schmerz und „Herzeleid“, also die Tiefe der Nietzscheanischen Lebensphilosophie selbst. Nacht eröffnet bei beiden Dichter-Denkern einen tieferen Wahrnehmungsraum, in dem sich die Kernzonen der Lebensauffassungen beider Dichter-Denker aussprechen können.

7 Politische Prophetie: Der große Krieg

Schließlich folgt in unserem Vergleich von Novalis und Nietzsche eine erstaunliche Analogie beider Dichter-Denker in der Beurteilung der Politik der Zukunft. Nietzsche sah mit kritischem Blick die zunehmende Nationalisierung der europäischen Staaten: „Kritik der Vaterländerei“: „Es ist eine Niederung von Mensch und Seele, welche den nationalen Haß bei sich aushält (oder gar bewundert und verherrlicht) […]. Thatsächlich ist eine niedrigere Species zum Übergewicht gelangt – –“ (Nachlass 1886/87, 7[47], KSA 12.310 f.). Ende 1888, Anfang 1889 wettert er noch schärfer gegen

diese fluchwürdige Aufreizung zur Völker-, Rassen-Selbstsucht, die jetzt auf den <Namen> „große Politik“ Anspruch macht; ich habe kein Wort um mein Verachtung vor dem <geistigen> Niveau auszudrücken, das jetzt in Gestalt des deutschen Reichskanzlers und mit den preuß<ischen> Offizier-Attitüden des Hauses Hohenzollern sich zu Lenkern der Geschichte der Menschheit be<rufen> glaubt, diese niedrigste Species Mensch […]. Es giebt mehr Dynamit zwischen <Himm>el und Erde als diese gepurpurten Idioten sich träumen lassen … (Nachlass 1888/89, 25[6], KSA 13.640 f.).

Das zielt auf Bismarck und wohl schon auf Wilhelm II., der am 15. Juni 1888 deutscher Kaiser wurde und gleich mit markigen Reden den deutschen Sieg und die preußische Armee feierte.[65] Bemerkenswert an Nietzsches Kritik ist dabei der Hinweis auf das politische „Dynamit“, deren Wirkung die politische Führung offenbar völlig unterschätzte. Wenige Zeilen vorher prognostiziert Nietzsche: „Denn <wenn ein> Vulkan in Thätigkeit tritt, so haben wir Convulsionen auf Erden, wie es noch keine gab. <Der> Begriff Politik ist gänzlich in einen Geisterkrieg aufgegangen, alle Machtgebilde <sind> in die Luft gesprengt, – es wird Kriege geben, wie es noch keine auf Erden gab. –“

Man kann dies heute nicht anders als einen Hinweis auf den Ersten und vielleicht auch auf den Zweiten Weltkrieg lesen, die Nietzsche selbst ja nicht mehr erlebt, aber vorausgesehen hat: „Kriege […], wie es noch keine auf Erden gab.“ Diese Prognose ist umso bemerkenswerter, als die politischen und auch militärischen Eliten in Deutschland und auch Österreich die Wirkung zumindest des Ersten Weltkrieges völlig unterschätzt hatten.[66] Sie glaubten damals, es werde eine Art Neuauflage des 1870/71-er Krieges geben. Tatsächlich war der Erste Weltkrieg der erste großtechnische Krieg der Menschheitsgeschichte, der mit Maschinengewehren, Panzern, Flugzeugen, U-Booten, Gas geführt wurde.

Aber nun zu Novalis: Erstaunlicherweise sah auch er den bedrohlichen Krieg bei einer zunehmenden Nationalisierung der europäischen Staaten voraus, aber dies nun schon 90 Jahre vor Nietzsche. In seinem geschichtsphilosophischen Essay Die Christenheit oder Europa (1799) beginnt er mit der Idealprojektion eines einheitlichen, religiös fundierten Europa, mit einer Fiktion oder einer rückwärtsgewandten Utopie: „Es waren schöne glänzende Zeiten, wo Europa ein christliches Land war, wo Eine Christenheit diesen menschlich gestalteten Welttheil bewohnte; Ein großes gemeinschaftliches Interesse verband die entlegensten Provinzen dieses weiten geistlichen Reichs“ (HKA III, 507). Reformation und auch Aufklärung hätten diese Einheit zerstört. In seiner Gegenwart sah Novalis Deutschland in einer kulturellen Hochphase als Vorreiter einer neuen friedensliebenden Kultur, Fanal für eine „neue Geschichte, eine neue Menschheit“ und auch einer „jungen überraschten Kirche“ (HKA III, 519). Novalis hat das Zeitalter der napoleonischen Kriege gegen die europäischen Staaten – zuerst gegen Italien, dann Preußen, England, Spanien, Polen, Russland – nicht mehr ganz erlebt. Sie waren ja der Auslöser für die neue, nationalistische und zunehmend hegemoniale Machtpolitik der Großmächte in Europa, die dann Anfang des 20. Jahrhunderts in den Ersten Weltkrieg mündete.

Wie später Nietzsche sah auch Novalis die Gefahr einer solchen fatalen Entwicklung des Nationalismus voraus. Er prophezeite, „wenn man nicht den Palmenzweig ergreift, den allein eine geistliche Macht darreichen kann“: „Es wird so lange Blut über Europa strömen bis die Nationen ihren fürchterlichen Wahnsinn gewahr werden“ (HKA III, 523). Eine erstaunliche Parallele zu Nietzsches „es wird Kriege geben, wie es noch keine auf Erden gab“. Novalis’ Hoffnungen auf einen dauerhaften Frieden in Europa haben sich so wenig erfüllt, wie Nietzsches Kritik den Krieg hat abwenden können. Erst als zwei Weltkriege Europa selbst ausgeblutet und Deutschland mit einer so schrecklichen Schuld belastet haben, wie es sich weder Novalis noch Nietzsche haben vorstellen können, hat sich in Europa zumindest ein Frieden auf Zeit eingerichtet. Novalis schrieb schon 1799 die bedrohlichen Sätze:

Erst durch genauere Kenntniß der Religion wird man jene fürchterlichen Erzeugnisse eines Religionsschlafs, jene Träume und Deliria des Heiligen Organs besser beurtheilen und dann erst die Wichtigkeit jenes Geschenks recht einsehen lernen. Wo keine Götter sind, walten Gespenster (HKA III, 520).[67]

Auch hier hat die Geschichte Novalis schrecklich bestätigt: mit dem „Gespenst“ eines fanatischen Nationalismus im 19. Jahrhundert und noch schrecklicher mit dem „Gespenst“ des Totalitarismus der „politischen Religionen“ (Eric Voegelin) des 20. Jahrhunderts.[68] Sowohl der nationale wie der internationale Sozialismus waren ja ersatzreligiös aufgeputschte Machtapparate, welche Millionen von Toten produzierten. In Novalis’ Vision lauerten noch schrecklichere „Gespenster“, als er ahnen konnte. Novalis glaubte damals: „Nur die Religion kann Europa wieder aufwecken und die Völker sichern, und die Christenheit mit neuer Herrlichkeit sichtbar auf Erden in ihr altes friedensstiftendes Amt installiren“ (HKA III, 523). Das neue „Evangelium“ des Novalis ist eine Friedensbotschaft, eine der Versöhnung des Menschen mit der Natur und einer neuen freien Religiosität, an die aber so, wie sie der Autor wünschte, schon Nietzsche nicht mehr glaubte und die auch in der Geschichte nicht Fuß fasste. Die Geschichte der Moderne selbst steigerte sich immer mehr und immer tiefer in jenen „fürchterlichen Wahnsinn“, der von den Völkern Europas dann auch jenen „Blut“-zoll abforderte, den Novalis und auch Nietzsche von diesem Kontinent nicht abwehren konnten.

III Schlussgedanke

Warum hat es trotz der eingangs erwähnten Arbeiten noch keine fundamentalen Studien zum Verhältnis von Novalis und Nietzsche gegeben? Ich sehe einen Hauptgrund darin, dass vor allem Novalis lange Zeit konservativer interpretiert wurde, als es sein Werk verdient hätte. Novalis und die Romantik sind ja auch in der Phase der Metternich’schen Politik und um 1815 als Kronzeugen der politischen Restauration in Beschlag genommen worden.[69] Von Nietzsche her liest sich Novalis aber deutlich moderner, als ihn viele der traditionellen Interpretationen gelesen haben. Umgekehrt zeigt sich: Auch Nietzsches Denken steht in geschichtsphilosophischen Traditionen, die er selbst nicht erfunden hat, die vor allem mit der deutschen Frühromantik einsetzen, die er aber in seinen Formulierungen radikalisiert und zugespitzt hat.

So eröffnet der Zusammenhang zwischen beiden experimentellen Dichter-Denkern – Novalis und Nietzsche – auch ein neues Forschungsfeld der geistesgeschichtlichen und auch politikgeschichtlichen Entwicklung, das dieser Beitrag erst angerissen und keineswegs ausgeschöpft hat und das hoffentlich noch fruchtbare Studien auf den Plan rufen wird.

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Published Online: 2023-04-05
Published in Print: 2023-10-27

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