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Zusammenfassung

Am Fall des Gedankenstrichs behandelt der Aufsatz die intramedialen Techniken, insbesondere Schriftbildlichkeit, ikonische und rhythmisch-musische Form, mittels derer im Fragment Möglichkeiten diskursiver Erkenntnis, assoziative Verdichtung sowie eine ästhetische Kraft als solche, ein »tätiger Sinn des Gefühls« werden aktualisiert und potenziert.

Abstract

The essay explores the intramedial techniques of Novalis’ fragments in its graphic, iconic, and harmonic-rhythmical dimensions. These techniques sublate determinate propositions and exponentiate an indeterminate potential of knowledge, associative concentration, as well as an aesthetic-poietic power, an »active sense of feeling« in the writer or reader.

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Literatur

  1. Dazu eine treffende Einschätzung Jurij Striedters: »In der Erweiterung des Begriffs ›Poetisieren‹ vom rein ästhetischen auf den ethischen Bereich und in der Übertragung bestimmter poetischer Kategorien, ja des Begriffes ›Poesie‹ selbst auf das Leben wird [...] das ›Poetische‹ bei Novalis praktisch über jede Begrenzung hinaus erweitert.« (Jurij Striedter, Die Fragmente des Novalis als ›Präfigurationen‹ seiner Dichtung, München 1985, 142).

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  2. Poesie kann nicht falsch sein. Besitzt sie als Theorie ihrer selbst Wahrheitswert, so ist sie qua Poesie immer schon wahr: »Die Ansicht eines jeden von ihr ist wahr und gut, sofern sie selbst Poesie ist.« (Friedrich Schlegel, Gespräch über die Poesie, in: ders., Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe in fünfunddreißig Bänden, hrsg. Ernst Behler, München, Paderborn, Wien 1958ff., II [1967], 284–351, hier: 285).

  3. Vgl. Philippe Lacoue-Labarthe, Jean-Luc Nancy, L’absolue littéraire, Paris 1978

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  4. und Winfried Menninghaus, Unendliche Verdopplung. Die frühromantische Grundlegung der Kunsttheorie im Begriff absoluter Selbstreflexion, Frankfurt a. M. 1987 (im Folgenden zitiert im fortlaufenden Text unter Angabe der Seitenzahlen in Klammern).

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  5. Ein groß angelegtes Unternehmen in dieser Ausrichtung, Novalis primär als Ver fasser eines begrifflichen Systems, als Philosoph (der Einbildungskraft, des Gefühls) im traditionellen Sinn und also in einer Reihe mit zeitgleicher deutscher Subjektphilo sophie zu lesen, wurde unternommen in den Arbeiten Manfred Franks. Vgl. vor allem Manfred Frank, Einführung in die frühromantische Ästhetik. Vorlesungen, Frankfurt a.M. 1989, und ders., Unendliche Annährung: Die Anfänge der philoso phischen Frühromantik, 2. Aufl., Frankfurt a.M. 1998.

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  6. Tendenziell verfallen selbst hervorragende Interpreten wie Gerhard Neumann, Jürgen Daiber und Franziska Struzek-Krähenbühl immer wieder einer solchen Tren nung von Poesie und Theorie bei Novalis, schon in der Anlage und im Plan ihrer Untersuchungen. Vgl. Gerhard Neumann, Ideenparadiese. Untersuchungen zur Aphoristik von Lichtenberg, Novalis, Friedrich Schlegel und Goethe, München 1976

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  7. Jürgen Daiber, Experimentalphysik des Geistes. Novalis und das romantische Experiment, Göttingen 2001

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  8. und Franziska Struzek-Krähenbühl, Oszillation und Kristallisation. Theorie der Sprache bei Novalis, Paderborn 2009.

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  9. Bezüglich der hier aufgezeigten Problematik gibt es von David Wellbery in einer neueren Arbeit den methodischen Vorschlag, ein genuin deutsch-romantisches Paradigma des Denkens von Form vom konstruktivistisch-strukturalen Denken differen-zieller Form zu unterscheiden. Die dabei als deutsch-romantisch markierte Episteme umfaßt weit mehr als die sogenannte deutsche Frühromantik, aber die These ist nicht, dass jeder Autor, der zufällig einer historisch-zeitlich bestimmten Epoche angehört, nur und genau einem der zwei Paradigmen zugeordnet werden könnte. Überschneidungen sind möglich und meiner Ansicht nach im Fall von Friedrich Schlegel und Novalis ganz sicher gegeben. Die deutsche Romantik denkt nach Wellberys Vorschlag Form positiv (und unproblematisch) als Selbstbildung, Autopoiesis und Leben. Das wird beispielhaft ausgeführt anhand von Texten von Goethe, A.W. Schlegel und Schopenhauer. Die Theorie des Lebens (Form), die hier skizziert wird, könnte für eine Interpretation von Novalis oder F. Schlegel also im Detail mit Elementen des (post)konstruktivistischen Paradigmas verbunden werden (vgl. David E. Wellbery, »Romanticism and Modernity: Epistemological Continuities and Discontinuities«, European Romantic Review 21/3 [2010], 275–289). Ebenfalls gegen eine rein post-strukturale Lesart der Frühromantik argumentiert Franziska Struzek-Krähenbühl (Anm. 12) für eine Theorie der Sprache bei Novalis, die bewusst paradoxal zwischen metaphysischer und dekonstruktiver Sprachauffassung im Schweben verbleibt.

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  10. Vgl. Georg W. Bertram, Jasper Liptow (Hrsg.), Holismus in der Philosophie. Ein zentrales Motiv der Gegenwartsphilosophie, Velbrück 2002.

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  11. Diese hier nur knapp angedeuteten Überlegungen können als Ansatz zur Reflexion der Möglichkeitsbedingungen und Methodik von Literaturwissenschaft, Literaturtheorie und Philosophie gleichermaßen dienen. Vgl. dazu die Bemühungen Michael Gampers, der unter dem Leitbegriff des Experiments literaturwissenschaftliche Methodik und Zielsetzung aktuell zu begründen versucht: »Literatur [setzt] ihre diskurs-und kulturrelevanten Akzente nicht allein in Inhalten, sondern auch und vor allem aufgrund sprachlicher Formgebung. Literatur konstituiert Wirklichkeit und Wissen wesentlich über Form sowie über Ausstellung und Thematisierung von Form. Sie reflektiert damit stets die Bedingungen der Möglichkeit des Erscheinens von Wissen und ist so immer auch, qua formaler Gestaltung, Wissen vom Wissen [...]. Dies bedeutet: dass literarisches Wissen [...] einen hohen Grad an darstellungstechnischer Komplexität erreicht. [...] Wissenschaft und Literatur [kennen] andere Formen der Verarbeitung dieses Wissens [...] und [...] in der Kennzeichnung, Beschreibung und Analyse dieser formalen Differenz, in die sich immer die Spannung zwischen allgemeiner Ordnung und individueller Realisierung einträgt [...], [besteht] ein spezieller Beitrag, den die Literaturwissenschaft zur Wissensgeschichte leisten kann.« (Michael Gamper, Christine Weder, »Gattungsexperimente. Explorative Wissenspoetik und Literarische Form [...]«, in: Michael Gamper [Hrsg.], Experiment und Literatur. Themen, Methoden, Theorien, Göttingen 2010, 96–180, hier: 106f., meine Hervorhebung). Gamper und Weder setzen (zu Recht) als heute unkontrovers eine theoretische Dimension von Poesie qua Poesie voraus, eine Erkenntnis- und Wissensproduktion in Literatur als solcher. Die zentralen oben angeführten Thesen der Autoren sind genau genommen zweierlei: 1. Literatur enthält immer schon eine selbstreflexive Thematisierung und Darstellung der eigenen Erkenntnisproduktion und des eigenen Erkenntnispotenzials, weil sie Erkenntnis und Wissen wesentlich durch oder in ihrer Form der Darstellung produziert, ausstellt und vermittelt. 2. Literatur offenbart jede Theorie und Erkenntnis als singulare, gegenüber einem Begrifflich-Allgemeinen je singular realisierte, weil sie Erkenntnis und Wissen wesentlich durch oder in der (singulären) Form ihrer Darstellung produziert, ausstellt und vermittelt. Ganz parallel hat Gerhard Neumann in seiner umfassenden Studie zur Aphoristik bei Lichtenberg, Novalis, F. Schlegel und Goethe dem Aphorismus um 1800 überhaupt eine besondere Vermittlungskraft von individueller Instanz und Begriff, Einzelnem und Allgemeinem zugesprochen. Auch Neumann arbeitet beide bei Gamper generell auf Literatur bezogenen Thesen heraus: 1. Die Aphorismen um 1800 produzieren und vermitteln ihre Erkenntnis und Theoreme wesentlich durch oder in der Form ihrer Darstellung und enthalten so eine »›transzendentale‹ [...], die Bedingung der Möglichkeit menschlicher Erkenntnis bedenkende« (Neumann [Anm.12], 42), eine selbstreflexive Dimension (vgl. Neumann [Anm.12], 39–42, 750–756 und 818–830). 2. Die kritische Erkenntnis dieser Aphoristik reflektiert und vermittelt Singularität und Allgemeinheit auf neue und gelingende Weise: »Der Aphorismus erscheint [...] als diejenige Erkenntnisform, die durch die Wechselkorrektur darstellerischer durch denkerische, denkerischer durch darstellerische Mittel dahin gelangt, den auf logische Weise allein nicht lösbaren Konflikt zwischen sinnlichem Detail und begrifflicher Abstraktion für das Verstehen zu nutzen — und zwar in ›Formen‹ des Verstehens, die zwischen Geist und Gefühl, zwischen Begriff und Bild stehen.« (Neumann [Anm. 12], 745). Speziell in Bezug auf den Aphorismus bei Novalis wird gesagt: »Er gibt sich selbst als die Form solcher neuen [...] Erkenntnis zu erkennen [...]. Die Form des Aphorismus stellt sich selbst als die der neuen Denkform gemäße Ausdrucksmöglichkeit dar.« (Neumann [Anm.12], 270).

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  12. Novalis, Schriften. Die Werke Friedrich von Hardenbergs in vier Bänden und einem Begleitband, hrsg. Paul Kluckhohn, Richard Samuel, 3. Aufl., Darmstadt 1977ff., II [1977], 672f.

  13. Gerhart von Graevenitz hat in einer beeindruckenden Studie argumentiert, dass der Buchdruck genau wie die Druckgrafik unter den Gesetzen der in der Neuzeit in der Malerei schon entwickelten Linearperspektive stand. D.h., die Drucktechnik erzeugte nach von Graevenitz eine »ganz neue Intensität der Verbindung von Schrift und Bild« (Gerhart von Graevenitz, Das Ornament des Blicks. Über die Grundlagen des neuzeitlichen Sehens, die Poetik der Arabeske und Goethes »West-östlichen Divan«, Stuttgart 1994, 4), genauer: ein »perspektivisches Schrift-Bild« (5). Dieser These zufolge aktivierte und lenkte gedruckte Schrift von Anfang an den hermeneutisch lesenden wie den perspektivischen Blick (den Blick, mit dem wir Bilder sehen) gleichermaßen und verquickte so typografisches und perspektivisches Medium. Die Studie zeigt, dass diese Tatsache in Goethes West-östlichem Divan implizit reflektiert wird, dass also die »Poesie über Poesie« (4) im Divan anstelle des alten Primats der Stimme in der Dichtung deren neue optische Präsenz in der Schrift vor Augen führt. Von Graevenitz versteht es allerdings explizit als gewisse Einschränkung, dass die wechselseitige Transparenzwerdung von Bild und Schrift bei Goethe nur referenziell, auf thematischer Ebene und mit metaphorischen Mitteln angerufen werde und wer den könne — eben weil die Gedichte des Divans »auf ihre gedruckte Schriftlichkeit beschränkt« (230) seien. Der Autor sieht bei Goethe also keine performative Dimen sion, keine Arbeit an der Bildwerdung der Schrift der Gedichte selbst, wie sie vorlie gender Aufsatz bei Novalis aufzeigen möchte: Auf gedruckte Schriftlichkeit beschränkt zu sein, d.h., keine herkömmlichen Bilder im Text eingesetzt zu haben, ist für Novalis kein Hindernis.

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  14. An dieser Stelle wäre eine eingehende Untersuchung einzusetzen, die Novalis im Kontext neuerer und neuester philosophischer und interdisziplinärer Arbeiten zum sogenannten »iconic turn« positioniert. Gottfried Boehm hat in den neunziger Jahren mit der Setzung dieses Begriffs jenen Anstrengungen einen Namen gegeben, die wesentlich darauf abzielen, nach hundertjähriger Dominanz des »linguistic turn« auch nichtsprachliche, womöglich nicht-zeichenhafte, bildliche und rein sichtbare Grundlagen von Sinn, Erkenntnis und Mitteilung wissenschaftlich wieder anzuer-kennen (vgl. Gottfried Boehm, »Die Wiederkehr der Bilder«, in: ders. [Hrsg.], Was ist ein Bild?, München 1994, 11–38). Zur Schriftbildlichkeit im Kontext des »iconic turn« im Besonderen vgl. die Einleitung des von Sybille Krämer und Horst Bredekamp herausgegebenen Sammelbands Bild — Schrift — Zahl, dessen Foci und Motivation ein weiteres Beispiel des Versuchs darstellen, Kunst, Kultur und Kulturtechniken nicht mehr so ausschließlich unter den Paradigmen von Sprache zu denken: »Lange, vielleicht allzu lange galt Kultur als Text! [...] Kaum eine andere Interpretationsfigur hat die kulturtheoretische Debatte der letzten Jahrzehnte so nachhaltig geprägt, wie diese semiologisch-strukturalistische Maxime. Die bis in die 80er Jahre dominierende Textmetapher verwandelte die Kulturwelt in eine Welt diskursiver Zeichen und Sinnbezüge.«

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  15. Horst Bredekamp, Sybille Krämer, »Einleitung. Kultur, Technik, Kulturtechnik: Wider die Diskursivierung der Kultur«, in: dies. [Hrsg.], Bild — Schrift-Zahl, München 2003, 11–22, hier: 11).

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  16. Bernhard Waldenfels betont zwei zentrale Punkte zum angemessenen Grundverständnis des Phänomens der Aufmerksamkeit, die Novalis’ Überlegungen zu einer Übung und Potenzierung einer »ursprünglichen« ästhetischen Erfahrung eines unbestimmten, unendlichen Grunds alles bestimmten Bemerkens und Erkennens sehr genau entspricht: 1. Aufmerksamkeit ist immer auch eine »Gesamterfahrung, die intermodal verfasst ist und sich noch nicht auf verschiedene Sinnesmodi verteilt. [...] Untersuchungen zur audiovisuellen Interaktion [...] beweisen, wie sehr Färb- und Gehöreindrücke einander verstärken, so dass etwa ein rot eingefärbter Zug gegenüber einem grün eingefärbten Zug bei der Testperson eine größere Lautstärke erzielt. In eine ähnliche Richtung weist die haptische Kunst blinder oder sehbehinderter Künstler, die [...] das Gesamtsensorium aktivieren und so [...] der Aufmerksamkeit neue Wege eröffnen« (Bernhard Waldenfels, »Von der Wirkmacht und Wirkkraft der Bilder«, in: Gottfried Boehm, Birgit Mersmann, Christian Spies [Hrsg.], Movens Bild. Zwischen Evidenz und Affekt, München 2008, 46–63, hier: 50). 2. Als Form einer »Initialerfahrung« — etwas Neues oder Überraschendes tritt auf, fällt mir auf, und zwar dieses und nicht vielmehr jenes- ist Aufmerken oder Aufmerksamkeit nicht adäquat erfasst, wenn verstanden als schon intentional gerichteter und geregelter Akt des Subjekts, das sein Augenmerk oder Gehör auf ein bestimmtes Objekt richtet. Vielmehr ist Aufmerksamkeit ein »Doppelereignis« von Affektion oder Widerfahrnis (»Pathos«; etwas springt mir ins Auge, ähnlich frz. »sauter aux yeux«) und Erwiderung, aber dies wiederum nicht so verstanden, dass sich Pathos und Response in ein zeitlich bestimmt geregeltes Kausalgeschehen entschlüsseln ließen, wo das Ursacheereignis von der Folge auch getrennt beschreibbar ist (vgl. 50f. und zu den philosophischen Grundlagen und Voraussetzungen dieser Thesen Waldenfels, Phänomenologie der Aufmerksamkeit, Frankfurt a.M. 2004). Zur Interaktion von Seh-, Tast- und oft sogar Hörsinn im Bildsehen vgl. auch Gottfried Boehm, »Augenmaß. Zur Genese der ikonischen Evidenz«, in: Boehm, Mersmann, Spies (Anm. 40), 14–45, hier: 28. Boehm entwickelt in diesem Aufsatz ebenfalls hier direkt relevante Thesen zum unbestimmten, undifferenzierten Kontinuum, das als Grund jede bestimmte intentionale Wahrnehmung und Erfahrung erst ermöglicht, als bestimmtes Objekt selbst also nie erkennbar ist, sich aber in ästhetischer Erfahrung, Liebe oder Freundschaft, in Evi- dewzerfahrungen zeigt, als Grund von (neuen) Möglichkeiten der Verbindung aufscheint (vgl. 20–23).

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  17. Man vergleiche Benjamins Studien zu Baudelaire: die Intention, der Wille, die gewalttätige Schreibpraxis zur Forcierung eines untergründigen Ausbruchs der Korrespondenzen trotz ihres oberflächlichen Verlusts in modernen Zeiten. Vgl. Walter Benjamin, Charles Baudelaire. Ein Lyriker im Zeitalter des Hochkapitalismus, in: ders., Gesammelte Schriften in sieben Bänden und vierzehn Teilbänden, hrsg. Rolf Tiedemann, Hermann Schweppenhäuser, Frankfurt a.M. 1974ff., 1.2 [1974], 509–691.

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  18. Gottfried Boehm kommt in seinen Analysen der ästhetischen Bildbetrachtung in einigen zentralen Punkten derjenigen ästhetisch-produktiven Erfahrung, um die es meiner Ansicht nach Novalis generell (in allen möglichen Erfahrungen und künstlerischen Tätigkeiten) zu gehen scheint, sehr nahe. Boehm beschreibt die Präsentationsleistung, die jeder Präsenzeriahrung in einer Bildbetrachtung zugrunde liegt, als Spannung und Wechsel zwischen genau gesteuerter, sukzessive fokussierender Aufmerksamkeit und Zurücktreten des Blicks in die Perspektive einer simultanen Überoder Gesamtschau, in der dieser nicht mehr auf Einzelnes im Bild Dargestelltes gerichtet ist, sondern das Bild gesehen wird: »Es ist eine alte Einsicht, dass für die ikonische Präsenz die Zwischen- und Leerräume, das Unausdrückliche — das der fokus-sierende Blick verdrängt — eigentlich bedeutsam sind. [...] [D]ie Spannung zwischen Blickpunkten und Simultanansicht [stellt] das eigentliche Schlüsselphänomen dar [...]. Und zwar deshalb, weil wir mit dem Blick aufs Ganze die Fülle der Details ›übersehen‹, in einen unausdrücklichen Zustand ›versetzen‹ — wie wir umgekehrt mit dem Blick aufs Detail die Weite des Bildhorizonts und seine integrierende Kraft ›verdrän-gen‹ (Gottfried Boehm, »Repräsentation — Präsentation — Präsenz. Auf den Spuren des homo pictor«, in: ders. [Hrsg.], Homo Pictor, Colloquium Rauricum Bd. 7, München 2001, 3–13, hier: 8).

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Villinger, R. Gedankenstriche Theorie und Poesie bei Novalis. Dtsch Vierteljahrsschr Literaturwiss Geistesgesch 86, 547–577 (2012). https://doi.org/10.1007/BF03375857

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