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Im Griff des Politischen–Konfliktfähigkeit und Vaterwerdung in Emilia Galotti

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Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte Aims and scope Submit manuscript

Zusammenfassung

Emilia Galotti ist keinesfalls die Illustration politischer Harmlosigkeit. Im Zentrum steht die Umstrukturierung der Familie zur politischen Einheit, angeführt von Odoardo als Souverän des niemals apolitischen ‚Privaten‘. Am Ende steht die Konfliktfähigkeit der Familie. Der Ausgang des Menschen aus selbstverschuldeter Unmündigkeit wird bestimmt von einem–via Carl Schmitt explizierten–allumfassenden Griff des Politischen.

Abstract

Contrary to its traditional reception, Emilia Galotti does not illustrate the political helplessness of the German bourgeoisie. Rather, the play portrays how the family is restructured as a political entity, lead by Odoardo as sovereign of a ’private ‘that can never be apolitical. This process concludes with the family’s ability to engage in conflict. The release from a self-incurred tutelage is determined by an all-encompassing grip of the political, explicated with the help of Carl Schmitt.

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Wilms, W. Im Griff des Politischen–Konfliktfähigkeit und Vaterwerdung in Emilia Galotti. Dtsch Vierteljahrsschr Literaturwiss Geistesgesch 76, 50–73 (2002). https://doi.org/10.1007/BF03375839

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