Die relative Eigengesetzlichkeit der Kultur

In Uwe H. Bittlingmayer, Alex Demirović & Tatjana Freytag (eds.), Handbuch Kritische Theorie. Springer Fachmedien Wiesbaden. pp. 539-558 (2019)
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Abstract

Bei aller Schwierigkeit, solch unterschiedliche Gegenstandsbereiche wie das Schaffen des kommunistischen Parteitheoretikers Antonio Gramsci und des als Kritische Theorie bezeichneten Forschungs- und Theoriezusammenhangs zu vergleichen, lassen sich grob zwei Gemeinsamkeiten konstatieren: ein gemeinsamer Ausgangspunkt und, damit zusammenhängend, eine inhaltliche Schwerpunktsetzung. Ausgangspunkt war das Scheitern der ArbeiterInnenbewegung nach dem Ersten Weltkrieg. Damit verbunden erschienen einige Grundannahmen marxistischer Theorie fraglich und erneuerungsbedürftig, was zur gemeinsamen Schwerpunktsetzung führte, der Auseinandersetzung mit Kultur.In der Auseinandersetzung mit Kultur suchten Gramsci wie auch die VertreterInnen der Kritischen Theorie die Antworten auf die Frage nach dem Ausbleiben der Revolution und dem Scheitern der ArbeiterInnenbewegung. Kultur wurde dabei in einem sehr weit gehenden Verständnis untersucht, nämlich als Konglomerat von Ideen und Vorstellungen, von Denk- und Wahrnehmungsweisen und praxisrelevanten, unbewussten Strukturen. Erst in zweiter Hinsicht trat Kultur im engeren Sinne – als Kunst, Literatur, Musik, Theater, etc. – in den Fokus sowohl Gramscis als auch der Kritischen Theorie. Grundlage all dessen war die Ablehnung eines ökonomistischen Reduktionismus. Sowohl die Beschäftigung mit den besagten künstlerischen Ausdrucksformen als auch mit neuen Formen Herrschaft, dem Fordismus bzw. der Kulturindustrie, teilten Gramsci und die Kritische Theorie.Neben den Gemeinsamkeiten gibt es allerdings auch einen zentralen Unterschied: Das Vertrauen in die Arbeiterklasse als zentraler Akteurin des linken Projekts und der Geschichte ist bei Gramsci weitgehend intakt, bei der Kritischen Theorie gebrochen. Diese wesentliche Differenz zeigt sich etwa in unterschiedlichen Gewichtungen der Wirkungsweisen und Effekte von Ideologie sowie auch in dem Glauben an das Populare der Kultur.

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