Abstract
Entsprechende Analysen von Walter Benjamin und Michel Foucault wieder aufgreifend, rückt der Beitrag den historischen Zusammenhang und die Wechselwirkungen zwischen Kapitalismus und Biopolitik in den Mittelpunkt. In den Blick kommen dabei nicht nur die biopolitische Produktion nutzbarer Körper für die kapitalistische Wachstumsökonomie oder die zunehmende kommerzielle Vermarktung biomedizinischer Technologien. Anknüpfend an Benjamins Fragment Kapitalismus als Religion wird darüber hinaus verdeutlicht, wie die kapitalistische Steigerungslogik einen eigentümlichen motivationalen Horizont für die beständige Optimierung des „bloßen Lebens“ erzeugt. Exemplarisch konkretisiert wird diese theoretische Perspektive an zwei aktuellen biopolitischen Phänomenen, dem „erweiterten Anlageträger-Screening“ und dem bioethischen Postulat der procreative beneficence, der Zeugung desjenigen Kindes mit den „besten“ Lebenschancen. In Abgrenzung sowohl von Entwürfen einer affirmativen Biopolitik als auch von politikwissenschaftlichen Governance-Konzepten plädiert der Beitrag abschließend für eine Politisierung der Biopolitik, die auf die Unterbrechung der Dynamik „gesteigerter Menschhaftigkeit“ zielt.