Abstract
Vor dem Hintergrund der aktuellen Frage nach einer angemessenen Einladungspolitik für akademische Veranstaltungen wird zunächst betont, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung zum absoluten Kern jeder liberalen politischen Ordnung gehört. Seine Wahrnehmung unterliegt jedoch zugleich klaren Bedingungen und weist Legitimitätsgrenzen auf. Im vorliegenden Artikel werden fünf solche Bedingungen genereller Art formuliert, nämlich ein a) Moralitätskriterium, b) ein Reziprozitätskriterium, c) ein Legalitätskriterium, d) ein republikanisches Gemeinwohlkriterium und e) ein Relevanzkriterium. Es folgen weitere sechs Kriterien für die Limitierung des wissenschaftstypischen Gebrauchs von Meinungsfreiheit: f) das Sozialisationskriterium, g) das Expertisekriterium, h) das Einschlägigkeitskriterium, i) das Methodenkriterium, j) das Qualitätskriterium und k) das Objektivitätskriterium. Illiberale Positionen werden sodann als solche definiert, die das Prinzip des Vorrangs der Grundfreiheiten nicht anerkennen. Schließlich stelle ich Überlegungen zum Toleranzbegriff mit dem Ergebnis an, dass gegenüber illiberalen Positionen Toleranz in der Regel nicht angemessen ist.