Abstract
Die Verwaltungsgerichtsbarkeit hat in Europa erst im vergangenen 20. Jahrhundert feste Wurzeln geschlagen. Je nach der politischen Entwicklung in den einzelnen Staaten konnte sie entstehen, sich verfestigen und zu einem selbstverständlichen Bestandteil der Rechtsordnung werden. Während im 19. Jahrhundert die Aufmerksamkeit sich hauptsächlich auf die Gewährleistung von Freiheit und Eigentum des Einzelnen richtete, als deren Hauptgarant häufig die ordentliche Gerichtsbarkeit galt, setzte sich vor dem Hintergrund des Rechtsstaatsgedankens allmählich die Auffassung durch, dass das gesamte Handeln der öffentlichen Gewalt einer Aufsicht unterliegen sollte. Schon in Westeuropa verliefen die Entwicklungen allerdings nicht gleichmäßig. Selbst nach dem Zusammenbruch der nationalsozialistischen Willkürherrschaft in Deutschland hielten sich nach 1945 in Portugal und in Spanien, zeitweise auch in Griechenland, autoritäre Regime, die aus ihrem Selbstverständnis heraus eine umfassende Kontrolle der Exekutive nicht zu bejahen vermochten. In den sozialistischen Ländern Mittel- und Osteuropas gar beanspruchten die führenden Machtgruppen einen absoluten Primat der Politik, der durch Rechtsnormen nicht sollte eingeschränkt werden können.