Abstract
Der Beitrag will dazu ermutigen, für die Entwicklung einer Ethik der Polizei starker als bislang auch Einsichten aus der Geschichte der Philosophie miteinzubeziehen. In einem ersten Schritt soll plausibel werden, dass die Polizei durch ihre Arbeit an den Grenzen und Grenzsituationen unseres Lebens eine ursprüngliche Nähe und Offenheit zur Philosophie hat (Kap.1). Deren unverzichtbare Verwiesenheit auf die Geschichte („Weisheit der Alten“) (Kap.2) wird – einem Hinweis Werner Schieweks folgend – auf dem Hintergrund der politischen Philosophie für die Ethik der Polizei und ihrer Ausbildung schrittweise entfaltet (Kap.3): Persönliche Letztverantwortung des Menschen, ein sozialer und solidarischer Begriff von Freiheit, die schlechterdings zentrale Bedeutung vor allem der „musisch-literarischen“, gewaltreduzierenden Ausbildung der künftigen „Wächter“, ihre Vorbereitung auf die Maßlosigkeit des Menschen oder die Kultivierung ihrer Affekte etwa in einer Atmosphäre des „Schönen“ sind mögliche Aspekte, an die eine Ethik der Polizei vielleicht bei Platon anknüpfen kann. Das gilt vor allem für ein Verständnis der polizeilichen Kardinaltugend: der Tapferkeit. Als feste Überzeugung über das, was für den Staat gefährlich ist, zeichnet sich die Tapferkeit durch eine besondere Furcht aus: Durch die Furcht der Wächter vor sich selbst und ihrer eigenen Ambivalenz. Die Einübung in diese Furcht kann im Rahmen der Ausbildung u.a. in einer Auseinandersetzung mit der radikalen Moralkritik bestehen, wie sie Platon anhand unterschiedlicher sophistischer Positionen diskutiert. Abschließend gibt der Beitrag noch einen Ausblick auf weitere Perspektiven für die Polizeiethik, die sich aus der Geschichte der Philosophie ergeben: Zum einen im Anschluss an Kant die mögliche Relevanz von Hoffnung für moralisches Handeln auch in der Polizei; zum anderen die Möglichkeit einer philosophischen „Therapie“ von starken Emotionen wie etwa Angst oder Zorn.