Abstract
In Goethe begreift Georg Simmel den Weimarer Klassiker erkenntnisleitend als Genie, das sich hoch über den gewöhnlichen Zwiespalt von Leben und Handeln erhebt und exemplarisch als Kontrapunkt zur ‚Moderne‘ erscheint bzw. das Konzept der Lebensphilosophie idealtypisch realisiert. In acht Variationen über das Grundthema ‚Einheitlichkeit‘ wird der Dichter-Denker als ‚Urphänomen‘ behandelt, dessen Leben und Werk primär anhand der naturwissenschaftlichen Idee einer ‚Metamorphose‘ zu erschließen sei. Simmels ‚Philosophie über Goethe‘, die ihren Gegenstand als eine Art Symbol präsentiert, ist literaturwissenschaftlich eher unergiebig, behält ihren Rang jedoch als Dokument der kulturgeschichtlichen Physiognomie Deutschlands im frühen 20. Jahrhundert.