Abstract
Kant stellte seine ‘Rassenlehre’ erstmals 1775 vor; und obwohl er sie dann 1785 und 1788 weiter ausarbeitete, blieben die Grundzüge dieselben; und auch in den 1790er Jahren hat er sie im Wesentlichen nicht verändert oder gar aufgegeben. Auch hat es zu keiner Zeit irgendwelche Inkonsistenzen zwischen seiner ‘Rassenlehre’ und seiner eigentlichen Philosophie, insbesondere seiner Moralphilosophie, gegeben. Einerseits können (moralische) Unterschiede zwischen Menschen als freien Wesen (Personen) im Hinblick auf Kants Aussagen zu Rassen als solchen keine Rolle spielen, da solche Unterschiede nicht angeboren, geschweige denn innerhalb einer Rasse sowie im Falle von Rassenmischung notwendig vererblich sind. Andererseits können (empirische) Unterschiede zwischen Menschen als bloßen Naturwesen (Tieren) im Hinblick auf Kants moralische Urteile keine Rolle spielen, da sie nicht zurechenbar sind. Der Vorwurf des “Rassismus” ist nur in zwei Fällen möglich: (1) Eine wissentlich falsche Aussage über Rassen erfolgt in alleiniger Diskriminierungsabsicht. Das müssten Kants Gegner beweisen. (2) Empirische Unterschiede, ob wirklich gegeben oder irrtümlich angenommen, dienen als Grundlage für rechtliche oder soziale Diskriminierung. Genau das ist mit Kant’s Moralphilosophie prinzipiell und in Bezug auf die ganze Menschheit ausgeschlossen. Die Literatur, in der Kant “Rassismus” vorgeworfen wird, zeigt einen eklatanten Mangel an systematischer, methodenkritischer und prinzipientheoretischer Sorgfalt und Textvertrautheit bei der Kant-Exegese.