Abstract
Ob Pastores zur Selbstlosigkeit fähig sind und ob sie die Verfügbarkeit in ihrem Leben wirklich konkret gestalten können, hängt eng mit ihrem persönlichen Gefühl des Eigenwertes zusammen. Solange individuelle Pastores Unruhe und Unbehagen empfinden über ihren eigenen Wert, ihre eigene Bedeutung und Kompetenz, und solange sie sich selbst nicht als diejenigen akzeptieren können, die sie sind mitsamt ihren Unzulänglichkeiten, wird sich das auf ihre Verfügbarkeit für Menschen negativ auswirken. Mehrere Risiken bedrohen sie. Das menschliche Bedürfnis nach Eigenwert ist dermaßen lebensnotwendig, daß Menschen mit nur geringem Eigenwert in Kontakten gewöhnlich mehr mit sich selbst beschäftigt sind als mit anderen; unbewußt benutzen sie andere zur Steigerung des Eigenwertes. Außerdem vermögen sie sich nur schwer in die Bedürfnisse anderer hineinzuversetzen, weil sie von den eigenen Bedürfnissen so stark beansprucht sind. Da sie sich selbst oft entfremdet sind, können sie dem anderen bloß ein ,falsches Selbst' zeigen und ist von wirklicher Offenheit und Nähe kaum die Rede. Schließlich besteht das Risiko, daß man eigene, negative Eigenschaften auf andere projiziert und daß die Intoleranz anderen gegenüber zunimmt. Kurzum: Wie kann ich dir wirklich zur Verfügung stehen, solange ich dich dazu benutze, mein Selbstwertgefühl zu heben? Solange ich von meinen eigenen Bedürfnissen dermaßen in Anspruch genommen bin, daß ich deine Bedürfnisse nicht, oder nur durch meine gefärbte Brille, also nicht objektiv, wahrnehmen kann? Solange ich mich anders gebe als ich in Wirklichkeit bin? Solange ich mich dir gegenüber ablehnend verhalte? So sehen wir, daß ein kümmerliches Selbstwertgefühl auf viele Weisen wirkliche Verfügbarkeit für andere unmöglich macht. Unsere Schlußfolgerung muß daher die sein, daß ein wahrlich verfügbarer Pastor vor allen Dingen Sorge für sich selbst und die eigenen Bedürfnisse haben muß. Erst nachdem der eigene Becher gefüllt worden ist, kann er damit anfangen, daraus wegzuschenken