Abstract
Literaturkritikerinnen und -kritiker, die das Neue der Gegenwartsliteratur beobachten und filtern, sind im Vergleich zur Zeit der,Kritikerpäpste‘ mit einem deutlichen Relevanzverlust konfrontiert. Beobachter sprechen ihnen die Unabhängigkeit ihres Urteils ab, und das betrifft nicht nur die Legitimität ihrer literarischen Kriterien, sondern auch ihre Souveränität über ihre medialen Plattformen. Die Frage, was den Blick der Literaturkritik lenkt, ist deswegen auch eine nach ihren ökonomischen und systemischen Bedingungen. Die haben sich im vergangenen Jahrzehnt vor allem durch die Digitalisierung fundamental verändert. Feuilletons und Kritiken, die in der herkömmlichen Landschaft der Massenmedien ihren Ort,unter dem Strich` auf den Zeitungsseiten hatten, finden sich jetzt im Feed, im konstanten Nachrichtenstrom, in Konkurrenz zu Ereignissen und Angeboten höchst unterschiedlicher Dimension wieder. Wie können sie sich behaupten?