Die Grenzen des Fortschritts

Paragrana: Internationale Zeitschrift für Historische Anthropologie 30 (1):30-42 (2021)
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Abstract

Die Geschichte Europas wird spätestens seit der Aufklärung dominiert vom „Mythos des Fortschreitens“ (Sting). Fortschreiten bedeutet zunächst in einem formalen Sinne, die Dinge in einer spezifischen Weise wahrzunehmen, d.h. eine bestimmte Interpretation von Veränderungen vorzunehmen, dabei eine spezifische Richtung einzuschlagen, eine spezifische Betonung der Zukunft herauszustellen und letztlich ein spezifisches Ziel in der Zukunft zu realisieren zu suchen, wobei der Fortschritt nicht identisch mit der Erreichung des Ziels ist (Spaemann). Mit der Idee des Fortschritts gelingt eine Sicherung der Unvergeblichkeit jedes Schrittes, wobei er jede seiner Phasen zur bloßen Vorstufe der ihr folgenden herunterstuft (Blumenberg). Mit ihm lässt sich die beste aller Welten noch vervollkommnen, weil das Ziel der Vollendung in die Optimierung integriert wird: Der Fortschritt kennt nur eigene Grenzen bzw. kennt er keine mehr, weil er die Bewegung der Grenzverschiebung ist. Daher kommt er auch nie ans Ziel. Und das gilt nicht nur für Wissenschaft und Technik, sondern auch für die Bildung und den Menschen: Dieser wird zu einem sich stetig selbst überbietenden und optimierbaren Wesen ernannt. Erst die Selbstermächtigung des Menschen als homo faber, eine nicht auf Transzendenz teleologisierte Geschichte und die Depotenzierung Gottes durch den Deismus machen den modernen Fortschritt möglich. Doch mittlerweile droht der Fortschritt „das Ziel zunichte zu machen, das er verwirklichen soll – die Idee des Menschen“ (Horkheimer).

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