Abstract
Der Mensch ist das einzige lebendige Wesen, das zu sich selbst »ich« sagen kann, d.h. ihm kommt die Fähigkeit zu, in rückbezüglicher Wendung auf sich von sich selbst Kenntnis zu gewinnen. Das den Menschen vor allen anderen Lebewesen Auszeichnende ist dieses Vermögen der Selbsterfassung, seine sich wissende Ichheit oder Personalität als Instanz der Selbst- und Sinnvergewisserung. Diese selbstbezügliche Verfaßtheit des Menschen als Person ist nun die Voraussetzung für das überraschende Phänomen, daß ein Wesen nach seiner eigenen Wesensverfassung zu fragen vermag, ja beunruhigt über sich selbst, die Frage nach seinem Selbst für unausweichlich erachtet. Die irgendwann aufbrechende Rätselfrage zielt dahin: Wer bin ich? - woher komme ich? wohin gehe ich? Was ist dieses »zwischen den beiden Abgründen des Unendlichen und des Nichts« sich entdeckende und deshalb vor sich selbst »erschaudernde« Ich, das ich bin? Solches Fragen ist gleichsam die Konzentration des zu sich selbst Ich-sagenden auf das Problem einer wohlgegründeten und schließlich auch unverwechselbaren Ich-Identität. - Daß ein Ich überhaupt von sich Kenntnis zu gewinnen, sich als freie Ursache seiner Handlungen anzuschauen und hinsichtlich seiner individuellen Eigenschaften mit sich zu identifizieren vermag, ist für Fichte in originären, spontanen Akten dieses Ich begründet, - sei es auch, daß diese Akte durch interpersonale Begegnung evoziert werden müssen. Deshalb ist für Fichte die Beziehung des Ich zu sich, die das Rätsel seiner selbst ergründen will, notwendig anderes und weitaus mehr als bloß die Modifikation von intersubjektiven Beziehungen, die andere zu ihm aufgenommen, ihm bekundet und als indirekte Kenntnis seiner selbst implantiert haben.